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Nichtzulassungsbeschwerde - Formfehler


Metadaten

Gericht LSG Berlin-Brandenburg 29. Senat Entscheidungsdatum 31.03.2014
Aktenzeichen L 29 AS 314/14 NZB ECLI
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen § 63 SGB 10, § 42 SGB 10

Tenor

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Berufung in dem Urteil des Sozialgerichts Cottbus vom 19. Dezember 2013 wird zurückgewiesen.

Die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren unter Beiordnung von Rechtsanwalt Lwird abgelehnt.

Außergerichtliche Kosten sind auch für das Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.

Gründe

Die Klägerin begehrt die Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Cottbus vom 19. Dezember 2013. In der Hauptsache begehrt sie die Erstattung ihrer Anwaltskosten in Höhe von 309,40 Euro aus einem Vorverfahren.

Mit Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 17. Oktober 2011 beantragte die Klägerin die Verzinsung einer Nachzahlung in Höhe von 271,60 Euro. Antragsgemäß bewilligte der Beklagte mit Bescheid vom 3. November 2011 Zinsen in Höhe von 5,42 Euro. Mit Schreiben des Prozessbevollmächtigten vom 7. November 2011 erhob die Klägerin gegen diesen Bescheid mit der Begründung Widerspruch, es fehle eine Begründung nach § 35 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X). Diesen Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 28. Dezember 2011 zurück und stellte zudem fest, dass im Widerspruchsverfahren gegebenenfalls entstandene Aufwendungen nicht erstattet werden könnten.

Gegen diese Kostenentscheidung hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin bei dem Sozialgericht Cottbus mit der Begründung Klage erhoben, die Kosten des Vorverfahrens seien zu erstatten. Der Widerspruch sei schon deshalb erfolgreich gewesen, weil die notwendige Begründung erst im Widerspruchsbescheid erfolgt sei. Diese Klage hat das Sozialgericht Cottbus mit Urteil vom 19. Dezember 2013 abgewiesen und die Berufung nicht zugelassen.

Die hiergegen erhobene Nichtzulassungsbeschwerde ist zulässig.

Nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) bedarf die Berufung der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluss des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes bei einer Klage, die eine Geld- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 Euro nicht übersteigt. Das gilt nicht, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistung für mehr als ein Jahr betrifft (§ 144 Abs. 1 S. 2 SGG). Die Nichtzulassung der Berufung durch das Sozialgericht kann durch Beschwerde angefochten werden (§ 145 Abs. 1 Satz 1 SGG); diese ist bei dem Landessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten einzulegen (§ 145 Abs. 1 S. 2 SGG). Das Landessozialgericht entscheidet durch Beschluss (§ 145 Abs. 4 Satz 1 SGG).

Vorliegend ist die Berufung nach § 144 Abs.1 Satz 1 Nr. 1 SGG nicht zulässig, weil ein Beschwerdewert von 750 € nicht überschritten wird. Im Streit sind lediglich geltend gemachte anwaltliche Kosten für ein Vorverfahren in Höhe von 309,40 Euro.

Damit ist die Nichtzulassungsbeschwerde insgesamt statthaft. Sie ist zudem form- und fristgerecht am 3. Februar 2014 gegen das am 10. Januar 2014 zugestellte Urteil eingelegt worden.

Die Nichtzulassungsbeschwerde ist jedoch unbegründet. Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Berufung nach § 144 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.

Nach § 144 Abs. 2 SGG ist die Berufung zuzulassen, wenn

1. die Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat,

2. das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder

3. ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

Diese Voraussetzungen sind sämtlich nicht erfüllt.

Der Gerichtsbescheid weicht nicht von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts ab, es liegt kein Verfahrensmangel im Sinne des § 144 Abs. 2 Nr. 3 SGG vor und schließlich kommt der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zu.

Eine grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache, wenn sie eine bisher nicht geklärte Rechtsfrage aufwirft, deren Klärung im Allgemeininteresse liegt, um die Rechtseinheit zu erhalten und die Weiterentwicklung des Rechts zu fördern; allein ein Individualinteresse genügt nicht (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Auflage, 2012, § 144 Rn. 28 m.w.N.). Die Rechtsfrage muss zudem klärungsbedürftig und klärungsfähig sein. Sie ist regelmäßig nicht klärungsbedürftig, wenn sie bereits höchstrichterlich entschieden ist (Leitherer, a.a.O., § 160 Rn. 8 m.w.N.).

Die Klägerin meint wohl, die Rechtssache habe grundsätzliche Bedeutung, weil im § 63 SGB X nicht erwähnt ist, ob er auch in Fällen des § 42 SGB X Anwendung findet. Dem angegriffenen Bescheid habe eine Begründung gefehlt.

Es kann dahinstehen, ob der angegriffene Zinsbescheid im Hinblick auf § 35 Abs. 2 Nr. 1 SGB X überhaupt einer Begründung bedurfte, weil mit ihm letztlich dem Antrag der Klägerin auf Zinsen entsprochen wurde. Außerdem wurde in dem Bescheid darauf hingewiesen, dass die Berechnung nach § 44 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch (SGB I) erfolgte, so dass zumindest die Berechnungsgrundsätze für die anwaltlich vertretene Klägerin nachvollziehbar gewesen waren.

Selbst wenn aber ein Begründungserfordernis und eine unzureichende Begründung angenommen würden, ergibt sich keine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache, weil § 63 Abs. 1 S. 2 SGB X eine abschließende Regelung enthält und nur auf § 41 SGB X Bezug nimmt. Es ist höchstrichterlich längst geklärt, dass eine Erweiterung des Anwendungsbereiches von § 63 SGB X nicht in Betracht kommt (siehe 13. Senat Bundessozialgericht, Urteil vom 20. Oktober 2010, B 13 R 15/10 R, m.w.N., daran anschließend 4. Senat Bundessozialgericht, Urteil vom 19. Juni 2012, B 4 AS 142/11, beide zitiert nach juris). Denn es ist wesentlicher Grundsatz des Kostenerstattungsrechts und höchstrichterlich ebenfalls geklärt, dass eine Kostenerstattung grundsätzlich von der Frage des Obsiegens und Unterliegens abhängt (vergleiche hierzu Urteil des 14. Senats Bundessozialgericht vom 12. Juni 2013, B 14 AS 68/12 R, m.w.N., zitiert nach juris). Maßgebend für die Beantwortung der Frage, ob und inwieweit der Widerspruch erfolgreich oder erfolglos war, ist rein formal ein Vergleich des mit dem Widerspruch Begehrten und des Inhalts der das Vorverfahren abschließenden Sachentscheidung; er ist erfolglos, soweit er förmlich zurückgewiesen worden ist oder soweit der Widerspruchsführer mit seinem sachlichen Begehren nicht durchgedrungen ist (BSG, a.a.O., m.w.N., zitiert nach juris). Es ist für den Senat auch nicht ansatzweise nachvollziehbar, weshalb eine Verwaltung mit einer Kostenerstattungspflicht für Widerspruchsverfahren überzogen werden sollte, wenn „offensichtlich ist“ (so der Wortlaut des § 42 SGB X !), dass allein gerügte Formfehler „die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst“ haben und die Sachentscheidung selbst richtig ist.

Im Übrigen wäre die Klärungsbedürftigkeit einer solchen Rechtsfrage vorliegend wohl auch deshalb nicht gegeben, weil ein Kostenerstattungsanspruch der Klägerin voraussichtlich auch daran scheitern würde, dass die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts wohl nicht nach § 63 Abs. 2 SGB X als notwendig anzusehen wäre, wenn sie nur informativ wissen wollte, wie sich der Zinsbetrag im Einzelnen errechnet hat (vergleiche hierzu den schon den vom Sozialgericht in der angegriffenen Entscheidung zitierten Beschluss des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 8.Mai 2012, L 7 AS 52/11, zitiert nach juris). Eine solche Auskunft kann sie durch einfache Nachfrage bei dem Beklagten erhalten.Aus der Sicht eines vernünftigen Bürgers wäre die Beauftragung eines Rechtsanwaltes unter Berücksichtigung der Sach- und Rechtslage und insbesondere des Streitwertes (hier: 5,42 Euro) nicht in Frage gekommen.

Aus den genannten Gründen kommt mangels hinreichender Erfolgsaussichten der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung auch die Gewährung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren nicht in Betracht (§ 73a SGG in Verbindung mit § 114 der Zivilprozessordnung - ZPO).

Die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 Abs. 1 SGG.

Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde anfechtbar (§ 177 SGG).

Mit der Ablehnung der Beschwerde wird das Urteil des Sozialgerichts Cottbus vom 19. Dezember 2013 rechtskräftig (§ 145 Abs. 4 Satz 4 SGG).