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Bauplanungs-, Bauordnungs- und Städtebauförderungsrecht


Metadaten

Gericht VG Cottbus 3. Kammer Entscheidungsdatum 19.04.2017
Aktenzeichen VG 3 K 1289/14 ECLI ECLI:DE:VGCOTTB:2017:0419.3K1289.14.00
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen § 34 BauGB, § 4 BauNVO, § 67 Abs 1 aF BauO BB, § 80 Abs 1 nF BauO BB

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar, für den Beigeladenen jedoch nur in Höhe von 110 Prozent des sich aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss ergebenden Betrages. Die Klägerin darf die Vollstreckung des Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des aufgrund des Kostenfestsetzungsbeschlusses vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand

Die Klägerin begehrt vorliegend die Aufhebung der dem benachbarten Beigeladenen für den Neubau eines Werkstattgebäudes erteilten Baugenehmigung sowie den Rückbau des Werkstattgebäudes. Hilfsweise erstrebt sie eine Nutzungsuntersagung für die Werkstatt.

Die Klägerin ist gemeinsam mit ihrem Ehemann Eigentümerin des Grundstücks .... … in .... …, Flur …, Flurstück … welches im vorderen, zur .... gerichteten Abschnitts mit einem Wohnhaus bebaut ist. Auf dem hinteren Teil des Grundstücks, an der Grenze zum Grundstück des Beigeladenen – und diese nahezu gänzlich abdeckend -, befindet sich ein massiver Holzschuppen.

Der Beigeladene ist Eigentümer des Grundstücks … Straße … in …, Flur …, Flurstück … und … auf dem er eine Kfz-Werkstatt betreibt. Direkt neben dem Grundstück des Beigeladenen befindet sich eine Autowaschanlage fremder Inhaberschaft. Das Grundstück des Beigeladenen wird bereits seit dem Jahre 1992 gewerblich für den Kfz-Ersatzteilverkauf, der Autoverwertung und dem An- und Verkauf genutzt. Im Jahre 2007 wurde eine Nutzungsänderung vom Pflegedienst zur Kfz-Werkstatt zugelassen.

Am 9. Oktober 2012 beantragte der Beigeladene die Erteilung einer Baugenehmi-gung für die Errichtung eines Werkstattgebäudes auf dem hinteren Teil seines zur Klägerinnenseite gerichteten Grundstücks. Nach der Betriebsbeschreibung handelte es sich dabei um eine Kfz-Werkstatt für Reparaturen und Durchsichten. Die Werkstatt sollte auf einem Teil der Fläche errichtet werden, auf welcher zuvor eine alte, bereits abgebrochene Werkstatt existierte und laut Bauvorlagen eine Höhe von 6,67 m besitzen. Laut Betriebsbeschreibung sollte es sich bei der Werkstatt um ein Einmannunternehmen handeln. Die Betriebszeit sollte werktags von 7:00 bis 18:00 Uhr betragen.

Sowohl das Grundstück des Beigeladenen als auch das Grundstück der Klägerin liegen nach Ansicht des Beklagten im Geltungsbereich des Bebauungsplans N/34/21 „…“, welcher jedoch nach Ansicht des Beklagten nichtig sei. Der Beklagte hat im Ortstermin eine Ortsgestaltungskonzeption … des Büros des Stadtarchitekten der Bezirksstadt … mit Arbeitsstand vom 15. November 1989 vorgelegt. Dieser trägt den handschriftlichen Hinweis auf den Bebauungsplan N/34/21 sowie des Beschlusses der SVV … vom 26. Juni 1991. Weitergehende planungsrechtliche Unterlagen, insbesondere eine Planurkunde, wurden nicht übergeben.

Mit Ausgangsbescheid vom 27. Februar 2013 erteilte der Beklagte dem Beigelade-nen die Baugenehmigung für den Um- und Anbau eines Wohn- und Nebengebäudes und dem Neubau eines Werkstattgebäudes auf dem Grundstück … Straße … in … gemäß der Bauvorlagen. In den Auflagen nimmt die Genehmigung Bezug auf die genannte Betriebsbeschreibung und bestimmt den für allgemeine Wohngebiete geltenden Immissionsrichtwert von 55 dB(A), welcher bezüglich der nächstgelegenen Wohnbebauung, der … Straße, beim Betrieb der Anlage eingehalten werden müsse.

Die Klägerin erhob mit Schreiben vom 21. Oktober 2013 gegen die ihr nicht zugestellte Baugenehmigung Widerspruch, welchen sie im Wesentlichen mit einer Beeinträchtigung ihrer Nachbarrechte begründete. Sie vermutete, dass seit dem Erwerb des Grundstücks seitens des Beigeladenen von diesem dort eine Kfz-Werkstatt betrieben werde. Bereits zuvor sei dort ein Kleingewerbe mit einschränkenden Auflagen ausgeübt, vom Alteigentümer jedoch abgemeldet worden. Der Beigeladene habe nunmehr eine Industriehalle errichtet, in welcher nach dessen Angaben auch LKW’s repariert werden sollen. Dies sei in einem Wohngebiet nicht zulässig und führe zwangsläufig zu einer Wertminderung ihres Grundstücks.

Der Beklagte wies den Widerspruch mit Bescheid vom 24. Juli 2014, zugestellt am 28. Juli, als zulässig aber unbegründet zurück. Nachbarschaftliche Rechte der Klägerin seien vorliegend nicht beeinträchtigt. Insbesondere seien die Abstandsflächen zum Grundstück der Klägerin eingehalten. Die derzeit betriebene gewerbliche Nutzung unterliege aufgrund der seit dem Jahr 1992 auf dem Grundstück ausgeübten gewerblichen Nutzung dem Bestandsschutz.

Die Klägerin hat am 28. August 2014 Klage erhoben. Sie trägt vor, eine Kfz-Werkstatt sei angesichts des Charakters der Umgebung des Vorhabengrundstücks als allgemeines Wohngebiet unzulässig. Insbesondere handle es sich vorliegend wegen der Dimension der Werkstatt mit drei Reparaturbühnen nicht um einen nicht störenden Gewerbetrieb. Hierdurch sei ihr Gebietserhaltungsanspruch beeinträchtigt. Auch würde der mit der Baugenehmigung beauflagte Richtwert von 55 dB(A) nicht eingehalten. Des Weiteren sei vorliegend ein Bestandsschutz nicht gegeben, da die zuvor auf der Vorhabenfläche befindliche Scheune, in welche sich die vorherige Werkstatt befand, vollständig abgerissen worden sei. Zudem erstrecke sich die neue Werkstatt über die Fläche des beseitigten Gebäudes. Aufgrund der Höhe der neuen Werkstatt und der vorhandenen großen Fenster könne Einsicht auf das klägerische Grundstück genommen werden. Angesichts der Höhe des nur 3- 4 Meter von ihrem Grundstück entfernten Gebäudes seien vorliegend auch die Abstandsfläche nicht eingehalten.

Die Klägerin beantragt,

die dem Beigeladenen erteilte Baugenehmigung vom 27. Februar 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. Juli 2014 aufzuheben, ferner den Beklagten zu verpflichten, eine Rückbauverfügung des Werkstattgebäudes auf dem Grundstück … Straße …, .... … zu erteilen,

hilfsweise den Beklagten zu verpflichten, eine Nutzungsuntersagung des Werkstattgebäudes auf dem Grundstück … Straße …, .... … zu erteilen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er bekräftigt sein bisheriges Vorbringen und verweist darauf, dass sich die Grundstücke der Klägerin und des Beigeladenen an der Schnittstelle unterschiedlicher Nutzungsarten befänden. Das Grundstück des Beigeladenen befinde sich in einem faktischen Mischgebiet, wie etwa die unmittelbare Nachbarschaft des Grundstücks des Beigeladenen neben einer Autowaschanlage zeige. Dagegen sei das Grundstück der Klägerin in einem allgemeinen Wohngebiet gelegen. Auch sei kein Verstoß gegen Abstandsflächen gegeben. Angesichts der Höhe des Baukörpers sei ein Abstand von 3,33 m einzuhalten. Dies sei laut amtlichen Lageplan der Fall. Zudem könne sich die Klägerin bereits grundsätzlich nicht auf das Abstandsflächengebot stützen, angesichts der massiven klägerischen Grenzbebauung in einer Länge von ca. 44m zuzüglich einer 26m langen Grenzmauer. Die Grenze zum Grundstück des Beigeladenen sei fast vollständig in einer Länge von 15 m mit diversen Nebengebäuden bebaut.

Der Beigeladene beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er weist insbesondere auf eine Einverständniserklärung des Herrn …, dem Ehemann der Klägerin, hin, in welcher dieser gegen das Betreiben einer Kfz-Werkstatt durch den Beigeladenen auf dessen Grundstück und den damit verbundenen eventuellen Belastungen keinerlei Einwände erhoben habe.

Am 13. März 2017 hat das Gericht durch den zuständigen Berichterstatter Beweis erhoben durch Inaugenscheinnahme des streitgegenständlichen Vorhabenstandortes und seiner Umgebung. Auf die dabei gefertigten Aufnahmen und das Augenscheinsprotokoll wird ergänzend hingewiesen.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf die Gerichtsakte, die beigezogenen Verwaltungsvorgänge, welche zum Gegen-stand der mündlichen Verhandlung gemacht wurden, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage hat keinen Erfolg.

I.

Die Klage ist zulässig. Die Klägerin ist klagebefugt im Sinne des § 42 Abs. 2 VwGO. Die Klagebefugnis setzt voraus, dass ein Kläger geltend macht, in eigenen Rechten verletzt zu sein und dass das möglich erscheint. Sie ist nur dann zu verneinen, wenn eine Verletzung der subjektiven Rechte durch die angegriffene behördliche Entscheidung offensichtlich und eindeutig nach jeder Betrachtungsweise ausgeschlossen werden kann (vgl. BVerwG, Urteil vom 17. Dezember 2013 - BVerwG 4 A 1.13 -, BVerwGE 148, 353, juris Rn. 18). Streitgegenstand ist vorliegend der von der Klägerin erhobene Anspruch auf Aufhebung der dem Beigeladenen erteilten Baugenehmigung (vgl. unten II. 1.) sowie der Erlass einer Rückbauverfügung (vgl. unten II. 2.), hilfsweise einer Nutzungsuntersagung (vgl. unten III.), da der vom Beigeladenen unterhaltene Betrieb nach seiner Art im vorliegenden Baugebiet nach Auffassung der Klägerin unzulässig sei. Die von der Klägerin damit geltend gemachte Verletzung ihres sogenannten Gebietserhaltungsanspruchs ist jedenfalls möglich.

Der vorliegenden Klage steht auch keine Verwirkung von Nachbarrechten entgegen. Verwirkung ist ein im Grundsatz von Treu und Glauben wurzelnder Vorgang der Rechtsvernichtung und bedeutet, dass ein Recht nicht mehr ausgeübt werden kann, wenn seit der Möglichkeit der Geltendmachung längere Zeit verstrichen ist und besondere Umstände hinzutreten, die die verspätete Geltendmachung als Verstoß gegen Treu und Glauben erscheinen lassen. Dies ist insbesondere der Fall, wenn der Verpflichtete infolge eines bestimmten Verhaltens des Berechtigten darauf vertrauen durfte, dass dieser das Recht nach so langer Zeit nicht mehr geltend machen würde (Vertrauensgrundlage), der Verpflichtete ferner tatsächlich darauf vertraut hat, dass das Recht nicht mehr ausgeübt werde (Vertrauenstatbestand) und sich infolgedessen in seinen Vorkehrungen und Maßnahmen so eingerichtet hat, dass ihm durch die verspätete Durchsetzung des Rechts ein unzumutbarer Nachteil entstehen würde (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 25. Februar 2015 - OVG 10 B 6.10 -, juris Rn. 63 m.w.N.). Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht erfüllt. Eine andere Wertung kann vorliegend auch nicht aus der Erklärung - wohlgemerkt des Ehemanns der Klägerin und nicht der Klägerin selbst - „gegen das Betreiben einer Kfz-Werkstatt durch den Beigeladenen auf dessen Grundstück und den damit verbundenen eventuellen Belastungen keinerlei Einwände zu haben“, abgeleitet werden. Vielmehr ist mit dem Erlass der streitgegenständlichen Baugenehmigung ungeachtet der voran-gegangenen Entwicklung ein neuer rechtlicher Sachverhalt gerade auch bezüglich der Einordnung des im Zentrum der Auseinandersetzung stehenden Unternehmens eingetreten, der einer eigenständigen Beurteilung des Verwirkungstatbestands unterliegt. Zwar kann eine Verwirkung auch bei einem Verzicht des Nachbarn ggf. auch mit Wirkung auf den Rechtsnachfolger auf nachbarschützende Rechte eintreten, etwa bei einer ausdrücklichen Zustimmung zu einem Bauvorhaben insgesamt oder zu Abweichungen von der Bauordnung (vgl. OVG Münster, Beschluss vom 20. Januar 2000 - 7 B 2103/99 -; Ortloff, NvWZ 2001, 997, 1001 m.w.N., jeweils zitiert nach beck-online) und bindet insofern auch Rechtsnachfolger (vgl. OVG für das Land Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 05. November 2001 – 3 M 93/01 –, juris), erlischt jedoch bei späteren Abweichungen des Vorhabens (vgl. OVG für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 30. August 2000 – 10 B 1145/00 –, juris). Angesichts des weitestgehend unkonkretisierten Einverständnisses, das wegen des Genehmigungsstempels des Beklagten mindestens im Jahre 2007 erklärt wurde, ist ein maßgeblicher rechtsverbindlicher Verzichtswille für das im Jahre 2013 errichtete Werkstattgebäude nicht mehr ohne Weiteres ableitbar. Tragfähige Anhaltspunkte für einen Vertrauenstatbestand betreffend das konkrete Bauvorhaben des Beigeladenen sind nicht festzustellen.

II.

Die Klage hat in der Sache keinen Erfolg.

1. Der Hauptantrag ist unbegründet. Nach § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO darf die von einem Nachbarn angefochtene Baugenehmigung nur aufgehoben werden, wenn dem genehmigten Vorhaben von der Bauordnungsbehörde nach § 67 Abs. 1 der Brandenburgischen Bauordnung a.F. (BbgBO a.F.) zu prüfende öffentlich-rechtliche Vorschriften entgegenstehen, die zumindest auch dem Schutz des Nachbarn zu dienen bestimmt sind. Auf Rechtsmittel des Nachbarn kann eine rechtswidrige Baugenehmigung daher nur dann aufgehoben werden, wenn sie den Nachbarn in seinen subjektiven Rechten verletzt. Ob die angefochtene Baugenehmigung im Übrigen rechtmäßig ist, ist dagegen unerheblich (vgl. BVerwG, Urteil vom 6. Oktober 1989 - BVerwG 4 C 14.87 -, BVerwGE 82, 343, juris Rn. 9; BVerwG, Beschluss vom 28. Juli 1994 - BVerwG 4 B 94.94 -, BRS 56 Nr. 163, juris Rn. 4). Vorliegend auch die (mittlerweile aufgehobene) Brandenburgische Bauordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 17. September 2008 (GVBl.I/08, [Nr. 14], S.226) zuletzt geändert durch Artikel 2 des Gesetzes vom 29. November 2010 (GVBl.I/10, [Nr. 39]) in den Blick zu nehmen. Dies ergibt sich zum einen aus dem allgemeinen Grundsatz, wonach es bei einem Nachbarwiderspruch gegen eine Baugenehmigung auf den Zeitpunkt der Genehmigungserteilung ankommt. Im Widerspruchsverfahren eingetretene Änderungen nur dann zu berücksichtigen sind, wenn sie sich zugunsten des Bauherrn auswirken können (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 07. April 2016 – OVG 10 N 45.14 –, juris; Semtner, in: Reimus/Semtner/Langer, Die neue Brandenburgische Bauordnung, 4. Aufl. 2017, § 89, Rn. 8). Zudem sind gemäß § 89 Abs. 4 Brandenburgische Bauordnung (BbgBO) 1) 2) vom 19. Mai 2016 (GVBl.I/16, [Nr. 14]) die vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes eingeleiteten Verfahren nach den bis zum Inkrafttreten geltenden Vorschriften fortzuführen; die materiellen Vorschriften des neuen Gesetzes sind jedoch anzuwenden, soweit diese für die Bauherrin oder den Bauherrn günstiger sind. Letzteres ist vorliegend nicht in entscheidungserheblicher Hinsicht ersichtlich.

Die streitgegenständliche Baugenehmigung des Beklagten vom 27. Februar 2013 genügt (noch) den Anforderungen hinreichender Bestimmtheit gemäß § 37 Abs. 1 des Verwaltungsverfahrensgesetzes (VwVfG) i.V.m. § 1 Abs. 1 Satz 1 des Verwal-tungsverfahrensgesetzes für das Land Brandenburg (VwVfGBbg) im Hinblick auf die Festlegung des Umfangs der betrieblichen Nutzung der genehmigten baulichen Anlage (vgl. hierzu: OVG für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 25. Januar 2013 - 10 A 2269/10 -, BRS 81 Nr. 176, juris Rn. 59; OVG für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 20. September 2007 - 10 A 4372/05 -, BRS 71 Nr. 152, juris Rn. 3; Bayerischer VGH, Beschluss vom 29. April 2015 - 2 ZB 14.1164 -, juris Rn. 6). Die Unbestimmtheit - sofern sie ein nachbarrechtlich relevantes Merkmal betrifft – kann grundsätzlich auch eine Verletzung von Nachbarrechten bei der Ausführung des Bauvorhabens zur Folge haben (vgl. Bayerischer VGH, Beschluss vom 22. April 2009 - 1 CS 09.221 -, juris Rn. 20; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 2. Mai 2013 – 1 A 11021/12 -, juris und 7. Dezember 2011 - 1 A 10597/11 -, DVBl 2012, 373, juris Rn. 30; Hessischer VGH, Beschluss vom 30. Januar 2012 - 4 B 2379/11 -, juris Rn. 5 f.). Zweifel hinsichtlich der Bestimmtheit ließen sich vorliegend darauf gründen, dass zum einen die Baugenehmigung selbst sich darauf beschränkt, das Vorhaben im Betreff mit „Neubau Werkstattgebäude“ zu bezeichnen, und sich somit nicht konkret zum Umfang der Nutzung festlegt, und zum anderen auch die vom Beigeladenen erstellte Betriebsbeschreibung vom 4. Oktober 2012, die nach dem Grünstempel ausdrücklich Bestandteil der Baugenehmigung ist, keine konkrete Angaben zu Arbeitsabläufen, Maschinen, Apparaten oder Fahrzeugbewegungen enthält (vgl. zu Auswirkungen von Bestimmtheitsmängeln der Betriebsbeschreibung: Bayerischer VGH, Beschluss vom 8. Oktober 2015 - 1 CS 15.1876 -, juris Rn. 4). Allerdings können die Angaben des Gegenstandes in der Betriebsbeschreibung, wo unter Textziffer 5 „genaue Bezeichnung des beantragten Vorhabens“ als Art des Betriebes oder der Anlage "Kfz-Werkstatt" vermerkt und unter dem Unterpunkt „Erzeugnisse“ von „Reparaturen, Durchsichten“ die Rede ist, als (noch) hinreichend bestimmt zur Umschreibung dergestalt angesehen werden, dass im Zweifel der Nutzungsumfang genehmigt wurde, der typischerweise mit einem solchen Gewerbebetrieb verbunden ist.

Das der Baugenehmigung vom 27. Februar 2013 in Gestalt des Widerspruchsbe-scheides vom 24. Juli 2014 zugrunde liegende Vorhaben verstößt nicht gegen nachbarschützende Vorschriften des Baurechts.

Die planungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens beurteilt sich nach § 34 Abs. 1 des Baugesetzbuchs - BauGB -, da ein wirksamer, die Grundstücke der Klägerin und des Beigeladenen erfassender Bebauungsplan nicht vorliegt. Die von dem Beklagten vorgelegte Ortsgestaltungskonzeption des Stadtarchitekten erfasst die Voraussetzungen einen Bebauungsplans mangels hinreichender planungsrechtlicher Grundlage, insbesondere eines übergeleiteten Bebauungsplanes nach § 233 Abs. 3 BauGB i.V.m. § 246 a Abs. 4 BauGB, erkennbar nicht. Es fehlt an einer ausgefertigten Planurkunde, die Festsetzungen des § 9 BauGB beinhaltet.

Sofern auf den Bebauungsplan … abgestellt werden sollte, wird insoweit auf die Ausführungen der 4. Kammer im rechtskräftigen Verfahren 4 K 613/06 Bezug genommen, in welchem die Kammer anlässlich des im dortigen Ver-fahren geführten Streits über die Rechtmäßigkeit eines Erschließungsbeitragsbe-scheides für Straßenbauarbeiten an der .... … in … in dem Bebauungsplan … keine wirksame planungsrechtliche Grundlage erkennen konnte, da es nach Ansicht der 4. Kammer an den Voraussetzungen für eine wirksame Überleitung der aus der DDR-Zeit stammenden Planung sowie hinreichend bestimmten Festsetzungen im Sinne des § 9 BauGB/BauZVO und einer ortsüblichen Bekanntmachung der Genehmigung der höheren Verwaltungsbehörde fehlt. Die hiesige Kammer schließt sich diesen Erwägungen an.

Vor diesem Hintergrund verletzt das Vorhaben in bauplanungsrechtlicher Hinsicht weder den Gebietsgewährleistungsanspruch der Klägerin (a.) noch ist es diesem gegenüber mit dem vom Tatbestandsmerkmal des Einfügens im Sinne des § 34 Abs. 1 BauGB umfassten Gebot der Rücksichtnahme nicht vereinbar (b.).

a. Der Gebietsgewährleistungsanspruch gibt nicht nur den Eigentümern von Grundstücken, die in einem durch Bebauungsplan festgesetzten Baugebiet liegen, sondern auch den Eigentümern von Grundstücken, die in einem faktischen Bauge-biet (§ 34 Abs. 2 BauGB in Verbindung mit §§ 2 ff. der Baunutzungsverordnung - BauNVO -) liegen, das Recht, sich gegen ein hinsichtlich der Art der baulichen Nut-zung nicht zulässiges Vorhaben zur Wehr zu setzen. § 34 Abs. 2 BauGB besitzt grundsätzlich nachbarschützende Qualität. Der Nachbar hat auf die Bewahrung der Gebietsart einen Schutzanspruch, der über das Rücksichtnahmegebot hinausgeht. Der Abwehranspruch des Nachbarn wird grundsätzlich bereits durch die Zulassung eines mit einer Gebietsart unvereinbaren Vorhabens ausgelöst, weil hierdurch das nachbarliche Austauschverhältnis gestört und eine Verfremdung des Gebietes eingeleitet wird. Der Nachbarschutz aus der Festsetzung eines Baugebiets - und vergleichsweise jener nach § 34 Abs. 2 BauGB - geht weiter als der Schutz aus dem Rücksichtnahmegebot in § 15 BauNVO. Letzterer setzt voraus, dass der Nachbar in unzumutbarer Weise konkret in schutzwürdigen Interessen betroffen wird. Einen Anspruch auf die Bewahrung einer Gebietsart hat der Nachbar jedoch unabhängig davon, ob das baugebietswidrige Vorhaben im jeweiligen Einzelfall zu einer tatsächlich spürbaren und nachweisbaren Beeinträchtigung des Nachbarn führt (vgl. Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen - OVG NRW -, Urteil vom 24. Januar 2008 - 7 A 270/07 -, juris unter Hinweis auf BVerwG, Urteil vom 16. September 1993 - 4 C 28.91 -, BRS 55 Nr. 110, sowie Beschlüsse vom 11. April 1996 - 4 B 51.96 -, BRS 58 Nr. 82, und vom 2. Februar 2000 - 4 B 87.99 -, BauR 2000, 1019.45). Der Klägerin steht ein Gebietsgewährleistungsanspruch nicht zu. Entgegen ihrer Auffassung handelt es sich bei der in Betracht zu ziehenden näheren Umgebung nicht um ein allgemeines Wohngebiet im Sinne des § 4 BauNVO. Dabei reicht die für die planungsrechtliche Zulässigkeit maßgebliche nähere Umgebung so weit, wie sich die Ausführung des zur Zulassung gestellten Vorhabens auf die Umgebung auswirken kann und - umgekehrt - wie die Umgebung ihrerseits den bodenrechtlichen Charakter des Baugrundstücks prägt oder beeinflusst (vgl. BVerwG, Urteil vom 26. Mai 1978 - 4 C 9.77 -, BVerwGE 55, 369 (380); OVG NRW, Urteil vom 25. Februar 2000 - 10 A 5152/97 -). Bezüglich des im vorliegenden Fall entscheidungserheblichen Merkmals der "Art der baulichen Nutzung" erfasst die nähere Umgebung jedenfalls den Bereich des Straßengevierts, der von den Straßen … Straße, …, .... sowie der Fahrbahn der Straßenbahnlinie 1 umschlossen wird.

Insoweit findet nach dem Eindruck, den der Berichterstatter im Ortstermin gewonnen und der Kammer vermittelt hat, und der im vorhandenen Kartenmaterial zum Ausdruck kommt, die erforderliche wechselseitige bodenrechtliche Prägung zwischen Umgebung und Vorhabengrundstück statt. Diese prägende Wirkung liegt schon deshalb nahe, weil von nahezu allen Grundstücken eine unmittelbare Sichtbeziehung zu den übrigen Grundstücken besteht. Die danach maßgebliche nähere Umgebung entspricht hier keinem der in der Baunutzungsverordnung bezeichneten Baugebieten, sondern ist vielmehr wegen des Nebeneinanders verschiedener Nutzungen als Gemengelage einzustufen, so dass ein faktisches Baugebiet im Sinne des § 34 Abs. 2 BauGB nicht vorliegt. Die Eigenart der näheren Umgebung wird hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung grundsätzlich durch alle baulichen Nutzungen bestimmt, die tatsächlich vorhanden sind. Maßgeblich ist jede optisch wahrnehmbare Bebauung, die für die angemessene Fortentwicklung des vorhandenen Bestandes maßstabsbildend ist. Eine Einstufung als reines (§ 3 BauNVO) oder allgemeines (§ 4 BauNVO) Wohngebiet kommt nicht in Betracht, weil neben der hier überwiegend vorzufindenden Wohnbebauung auch gewerbliche und andere Nutzungen anzutreffen sind, die nicht nach §§ 3 und 4 BauNVO allgemein oder ausnahmsweise zulässig sind, aber gleichwohl prägende Wirkung für die Umgebung entfalten. So wäre etwa die unmittelbar neben dem Grundstück des Beigeladenen betriebene Autowaschanlage aufgrund ihrer Größe nach § 4 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO in einem allgemeinen Wohngebiet auch nicht ausnahmsweise zulässig. Ausnahmen nach § 4 Abs. 3 BauNVO sind nicht zulässig, wenn der Gebietscharakter des allgemeinen Wohngebiets gefährdet wird und damit eine Gebietsunverträglichkeit besteht. Das ist der Fall, wenn das Vorhaben - bezogen auf den Gebietscharakter des allgemeinen Wohngebiets - aufgrund seiner typischen Nutzungsweise störend wirkt (vgl. BVerwG, Urteil vom 21. März 2002 - 4 C 1.02 -, DVBl 2002, 1421). Aufgrund des Umfangs sowie des Zu- und Abgangsverkehrs der Autowaschanlage auf dem bis in den hintersten zum Hause der Klägerin gelegenen Streifen Fahrzeugverkehr stattfindet, sind erhebliche Auswirkungen auf die übrigen Grundstücke in dem bezeichneten Straßengeviert zu erwarten, die der in einem allgemeinen Wohngebiet erstrebten gebietsbezogenen Wohnruhe abträglich sind. Das in der … Straße gelegene Elektrofachgeschäft „…“ kann aufgrund der konkret gebietsbezogenen Wohnstruktur im Bereich …/…, die für sich mehr an einen Dorfcharakter erinnert, nicht als ausnahmsweise zulässig erachtet werden. Hinzu tritt die auf dem Grundstück der Beigeladenen jedenfalls seit 1992 stattfindende gewerbliche Nutzung zuletzt als Kfz-Werkstatt. Angesichts ihrer Vielzahl können die genannten Anlagen auch nicht als Fremdkörper aus der Charakterisierung der näheren Umgebung ausgeklammert werden. Des Weiteren ist den wohngebietsfremden Nutzungen eine die nähere Umgebung prägende Wirkung nicht abzusprechen. Dies gilt insbesondere für die Autowaschanlage die so weit in den Innenbereich des Straßengevierts hineinreicht, dass Sichtbezüge zur gesamten übrigen Bebauung vorhanden sind.

Eine Qualifizierung als Mischgebiet im Sinne von § 6 BauNVO scheidet angesichts des Überwiegens der Wohnnutzung aus. Ein Mischgebiet setzt jedoch voraus, dass Wohnen und Gewerbe gleichberechtigt nebeneinander stehen (BVerwG, Urteil vom 25. November 1983 – 4 C 64/79 -, beck-online; Fickert/Fieseler, Kommentar zur Baunutzungsverordnung, 12. Aufl. 2014, § 6 Rn. 1.31, 1.4).

Gegen des Mischcharakter des Gebietes spricht auch, dass es sich bei der in der .... gegenüber dem Grundstück der Klägerin befindlichen Schule, der Flüchtlingsunterkunft, dem Diakoniegebäude und der Förderschule um Anlagen für soziale Zwecke im Sinne des § 4 Abs. 2 Nr. 3 BauNVO (vgl. Fickert/Fieseler, aaO., § 4, Rn. 6.6 ff.) und bei der Feuerwache in der … Straße, gelegen gegenüber dem Grundstück des Beigeladenen um eine ausnahmsweise zulässige Anlage für Verwaltungen gemäß § 4 Abs. 3 Nr. 3 (vgl. Fickert/Fieseler aaO, § 4 Rn. 12) handelt.

Da die nähere Umgebung sich damit nicht als ein faktisches Baugebiet im Sinne der §§ 2 bis 9 BauNVO darstellt, besteht auch kein Gebietsgewährleistungsanspruch, auf den die Klägerin sich berufen könnte.

b. Unabhängig davon, ob die jenseits der Art der baulichen Nutzung in § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB genannten weiteren Kriterien des Einfügensgebotes für sich genommen grundsätzlich nicht nachbarschützend sind, weil sie in aller Regel den Gebietscharakter unberührt lassen und - anders als die Bestimmungen über die Art der baulichen Nutzung - kein nachbarliches Austauschverhältnis begründen (vgl. OVG für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 30. August 2013 - 7 B 252/13 -, juris Rn. 11; Sächsisches OVG, Beschluss vom 17. Dezember 2014 - 1 B 216/14 -, juris Rn. 10; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 6. Oktober 2015 - 3 S 1695/15 -, juris Rn. 21; Beschluss der Kammer vom 16. Februar 2016 – 3 L 193/15 –, juris), so dass es für ein Nachbarverfahren regelmäßig ohne Bedeutung ist, ob sich das streitige Vorhaben nach seinem Bauvolumen, der Zahl seiner Geschosse, der Höhe oder der Bebauungstiefe in die nähere Umgebung einfügt, gewährt § 34 Abs. 1 BauGB einen Drittschutz jedenfalls nur unter den eingeschränkten Voraussetzungen des im Begriff des Einfügens verankerten Gebots der Rücksichtnahme (vgl. BVerwG, Urteil vom 5. Dezember 2013 - BVerwG 4 C 5.12 -, BVerwGE 148, 290, juris Rn. 21; BVerwG, Beschluss vom 13. November 1997 - BVerwG 4 B 195/97 -, BRS 59 Nr. 177, juris Rn. 6; Beschluss der Kammer vom 16. Februar 2016 aaO.).

Maßgebend für das Einfügen nach dem Maß der baulichen Nutzung ist die von au-ßen wahrnehmbare Erscheinung des Gebäudes im Verhältnis zu seiner Umge-bungsbebauung. Vorrangig ist auf diejenigen Maßkriterien abzustellen, in denen die prägende Wirkung besonders zum Ausdruck kommt. Maßstabsbildend ist die Umgebung, auf die sich die Ausführung des Vorhabens auswirken kann und die ihrerseits den bodenrechtlichen Charakter des Baugrundstücks prägt oder doch beeinflusst. Ein Dritter, der sich auf der Grundlage des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB hinsichtlich des Maßes der baulichen Nutzung gegen ein Vorhaben im unbeplanten Innenbereich wendet, kann mit seinem Rechtsbehelf allerdings nur durchdringen, wenn eine angefochtene Baugenehmigung gegen das im Tatbestandsmerkmal des Einfügens enthaltene Gebot der Rücksichtnahme verstößt. Ein Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme setzt dabei einen Verstoß gegen das objektive Recht voraus. Er kann vorliegen, wenn ein Vorhaben zwar – wie hier - in jeder Hinsicht den aus seiner Umgebung hervorgehenden Rahmen wahrt, sich aber gleichwohl in seine Umgebung nicht einfügt, weil das Vorhaben es an der gebotenen Rücksicht auf die sonstige, also vor allem auf die in seiner unmittelbaren Nähe vorhandene Bebauung fehlen lässt. Ein Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot kann auch vorliegen, wenn sich ein Vorhaben objektiv-rechtlich nach seinem Maß der baulichen Nutzung, seiner Bauweise oder seiner überbauten Grundstücksfläche nicht in die Eigenart der nähe-ren Umgebung einfügt. Drittschutz wird gewährt, wenn in qualifizierter und individua-lisierter Weise auf schutzwürdige Interessen eines erkennbar abgegrenzten Kreises Dritter Rücksicht zu nehmen ist. Ziel des Rücksichtnahmegebots ist es, einander ab-trägliche bauliche Anlagen und deren Nutzungen in rücksichtsvoller Weise einander zuzuordnen sowie Spannungen und Störungen zu vermeiden. Welche Anforderun-gen sich hieraus ergeben, hängt namentlich davon ab, was dem Rücksichtnahmebe-günstigten einerseits und dem Rücksichtnahmeverpflichteten andererseits nach Lage der Dinge zuzumuten ist (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 5. Juni 2015 - OVG 10 S 11.15 -, juris Rn. 10; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 14. Juli 2015 - OVG 10 S 17.14 -; OVG Bln-Bbg, Beschluss vom 11. März 2014 – OVG - 10 S 13.12 –, LKV 2014, 227 m.w.N.; vgl. BVerwG, Urteile vom 25. Februar 1977 - 4 C 22.75 -, BVerwGE 52, 122 = BRS 32 Nr. 155 und 27. August 1998 - 4 C 5.98 -, UPR 1999, 68 = NuR 2000, 87, Beschluss vom 11. Januar 1999 - 4 B 128.98 -, DVBl 1999, 786 = NVwZ 1999, 879 = DÖV 1999, 558). Dabei reichen bloße Lästigkeiten für einen Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot nicht aus. Erforderlich ist vielmehr eine qualifizierte Störung im Sinne einer Unzumutbarkeit. Ein derartig qualifizierter Verstoß ist nicht feststellbar.

aa. Er ergibt sich namentlich nicht aus der von der Klägerin vorgetragenen Lärm-belästigungen. Zunächst führt eine bestehende Vorbelastung des Grundstücks der Klägerin zu einer Minderung ihrer Schutzwürdigkeit. Hier bestehen diverse Vorbelastungen einmal durch die direkt gegenüber liegende Autowaschanlage des von dem Beigeladenen verschiedenen Inhabers. Auch hat die Klägerin im Ortstermin selbst erklärt, dass sie sich von der benachbarten Straßenbahnlinie 1 sowie der in der … Straße … gelegenen Jugendeinrichtung mit davor – zum Grundstück der Klägerin gerichteten - Sportanlagen schon seit längerem belästigt fühlt. Ob sich eine weitere zu berücksichtigende Vorbelastung aus der früheren Nutzung des Vorhabengrundstücks durch den Kfz-Ersatzteilverkauf, der Autoverwertung und dem Kfz-An- und Verkauf sowie dem Pflegedienst ergibt, mag hier letztlich –auch wenn viel darauf hinweist - offen bleiben. Es spricht viel dafür, dass sich gegenüber dieser früheren in einer Holzscheune ausgeübten Nutzung die nunmehr ausgeübte Verwendung des Grundstücks des Beigeladenen für die Klägerin eher als eine Verbesserung als eine Verschlechterung darstellt angesichts der vom Beigeladenen verwendeten dreifach verglasten Fenster sowie der mit Schutzwolle ausgestatten Wandverkleidung. Die Vorbelastung, die von dem früher auf dem Grundstück des Beigeladenen genannten Nutzungen ausging, kann jedoch nur dann berücksichtigt werden, wenn diesem Betrieb noch nachprägende Wirkung zukommt. Ob dies hier anzunehmen ist, sei aber -auch wenn im Ergebnis viel dafür spricht - dahingestellt. Denn auch die anderen aufgeführten Vorbelastungen sowie die sehr verdichtete Bebauung in der näheren Umgebung haben schon in der Vergangenheit zu einer recht starken verkehrlichen Belastung der …-Straße sowie der .... insbesondere aufgrund des Schulgebäudes, der Straßenbahnlinie, der Flüchtlingsunterkunft und dem Diakoniegebäude – welche alle im Unterschied zur Werkstatt des Beigeladenen in derselben Straße wie das Haus der Klägerin bestehen und diese quasi „einrahmen“, geführt, die durch die Werkstatt des Beigeladenen lediglich tendenziell verstärkt wird. Auch unabhängig von den Vorbelastungen kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Lärmbelästigungen von einem Ausmaß sind, dass sie für die Klägerin unter dem Gesichtspunkt des Gebots der Rücksichtnahme unzumutbar wären. Zwar gibt der Beigeladene an, auch Reifenwechsel durchzuführen, was in einem Werkstattbetrieb im allgemeinen Wohngebiet unzulässig ist (vgl. VGH München, Beschluss vom 29. Oktober 1996 – 26 CS 96.939 -, beck-online). Jedoch halten sich die Lärmimmissionen sämtlich in dem Rahmen, der durch die vorgesehenen Regelwerke lärmtechnischer Art vorgegeben ist. Das gilt zum einen für den Bereich der von der Anlage ausgehenden Immissionen, für den die Technische Anleitung zum Schutz gegen Lärm - TA Lärm - Aussagen trifft. Hier sind für allgemeine Wohngebiete Immissionsrichtwerte von 55 dB(A) tagsüber bzw. 40 dB(A) für die Nachtzeit vorgegeben. Diese Werte können nach Nr. 6.7 TA-Lärm noch angemessen erhöht werden, weil es sich vorliegend nicht um ein allgemeines Wohngebiet handelt, sondern vielmehr eine Gemengelage anzunehmen ist (BVerwG, Beschluss vom 06. Februar 2003 – 4 BN 5/03 –, juris; VG Köln, Urteil vom 23. Februar 2016 – 2 K 2156/15 –, juris m.w.N.). Unter "Gebieten" im Sinne dieser Vorschrift sind nicht nur "Baugebiete" zu verstehen, sondern je nach Lage des Einzelfalls auch einzelne Grundstücke (OVG NRW, B.v. 12.2.2013 – 2 B 1336/12 – BauR 2013, 1078 – juris Rn. 24). Aus dem Wort „Zwischenwert“ ergibt sich, dass es sich nicht zwangsläufig um das arithmetische Mittel handeln muss (vgl. im Einzelnen: BVerwG, B.v. 12.9.2007 – 7 B 24.07 – juris Rn. 4). Vorliegend stellt die angefochtene Baugenehmigung durch den beauflagten Immissionsrichtwert von 55 dB(A) bereits die Einhaltung des für ein allgemeines Wohngebiet vorgesehenen Richtwerts sicher. Die Einhaltung des Schutzniveaus gegenüber der Klägerin erschließt sich zudem aus dem Umstand, dass unter der Textziffer 2 der angefochtenen Baugenehmigung vom 27. Februar 2013 die Einhaltung des genannten Immissionsrichtwertes gegenüber der nächstgelegenen Wohnbebauung in der … Straße … beauflagt wurde, welche ca. 30 m von der zur … Straße ausgerichteten Werkstatt belegen ist, hingegen das Wohnhaus der Klägerin ca. 50 Meter von der Werkstatt entfernt ist und zudem sich, zwischen den beiden Gebäuden weitere Bebauung in Form des massiven Holzschuppens entlang der Grenze zwischen den beiden Grundstücken befindet. Auf dem Grundstück des Beigeladenen war auch bereits ein Kfz-Betrieb vorhanden, so dass das Vorhaben auch nicht wegen des Prioritätsprinzips strengere Grenzwerte einhalten müsste (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 12. Februar 2013 – 2 B 1336/12 – BauR 2013, 1078 – juris Rn. 33). Anhaltspunkte dafür, dass dieser seitens des Beigeladenen nicht eingehalten wird, sind vorliegend – etwa in Form eines erbrachten Schallgutachtens – nicht substantiiert vorgetragen worden und auch angesichts der als ausreichend anzusehenden und der Einhaltung des Rücksichtnahmegebots entsprechenden Schallschutzes seitens des Beigeladenen in Form der Rückseitenverkleidung der Werkstatt, welche im Übrigen zur klägerinnenseits abgewandten … Straße ausgerichtet ist, nicht ersichtlich.

bb. Ein Verstoß gegen drittschützende Vorschriften des Bauordnungs- oder aber Bauplanungsrechts folgt auch nicht aus dem, dem Beigeladenen genehmigten und von diesem mittlerweile errichteten Baukörper. Hinsichtlich des gerügten Abstandsflächenverstoßes kann offen bleiben, inwieweit für die Prüfung des Gebots der Rücksichtnahme angesichts der laut amtlichen Lageplan - dessen Rechtswidrigkeit weder erkennbar noch eine solche vorgetragen wurde - eingehaltenen Abstandsflächen, für die Kontrolle der Einhaltung dieser überhaupt Raum ist (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 13. November 2015 – 7 B 1093/15 –, juris m.w.N.). Aus einem Verstoß gegen das – bauordnungsrechtliche - Abstandsflächenrecht könnte die Klägerin daraus für sich nichts herleiten. Ihr ist das Berufen auf einen Verstoß hinsichtlich der erforderlichen Abstandsflächen aus den Besonderheiten des nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnisses heraus verwehrt. Der baurechtliche Nachbarschutz beruht nämlich auf dem Gedanken der gegenseitigen Rücksichtnahme; seine Grundlage ist das Nachbarschaftsverhältnis, in dessen Rahmen jeder Eigentümer zugunsten seines Nachbarn Beschränkungen unterworfen ist und im Austausch dafür verlangen kann, dass der Nachbar diese Beschränkungen selbst einhält (vgl. OVG für das Land Brandenburg, Beschluss vom 20. April 2000 – 3 B 101/99 -, m.w.N.; Urteil der Kammer vom 16. März 2005 – VG 3 K 1617/099 – und vom 30. März 2017 – VG 3 K 1306/14 -, m.w.N.). Das Bauvorhaben des Beigeladenen verletzt die zur gemeinsamen Grundstücksgrenze hin gegebenenfalls einzuhaltenden Abstandsflächen nicht in stärkerem Maße als der auf dem Grundstück der Klägerin errichteten Schuppen, welcher sich entlang nahezu der gesamten Grundstücksgrenze erstreckt. Von einer Verletzung des Rücksichtnahmegebotes durch „Einmauerung“ oder „erdrückende Wirkung“ kann ebenso nicht die Rede sein. Eine solche hat das Bundesverwaltungsgericht bislang nur in besonders gelagerten Einzelfällen bejaht, etwa in einem Fall, in dem neben einem zweieinhalbgeschossigen Gebäude ein an der engsten Stelle nur 15 m entferntes zwölfgeschossiges Hochhaus genehmigt worden war (Urteil vom 13. März 1981 - 4 C 1.78 -, BRS 38 Nr. 186), oder in einem Fall, in dem die Genehmigung drei auf Stahlstützen errichtete Rundbehälter für Düngekalk in einer Höhe von 11,50 m über eine Länge von 13,31 m in einem Abstand von 3 m zur Grenze eines Wohngrundstücks zum Gegenstand hatte (vgl. Urteil vom 23. Mai 1986 - 4 C 34.85 -, BRS 46 Nr. 176). In der obergerichtlichen Rechtsprechung wird eine erdrückende Wirkung etwa in solchen Fällen angenommen, in denen durch die genehmigte bauliche Anlage für Nachbargrundstücke eine Abriegelungswirkung (vgl. OVG Lüneburg, Urteil vom 29. September 1988 - 1 A 75/87 - BRS 48 Nr. 164) oder das Gefühl des "Eingemauertseins" (vgl. OVG Münster, Urteil vom 14. Januar 1994 - 7 A 2002/92 - BRS 56 Nr. 196) oder eine "Gefängnishof-Situation" (OVG Lüneburg, Urteil vom 11. April 1997 - 1 L 7286/95 – BRS 59 Nr. 164) entsteht. Nach den der Kammer vorliegenden Plänen und dem Eindruck beim Ortstermin spricht vorliegend nichts für eine solch „erdrückende“ oder „einmauernde“ Wirkung der Werkstatt für das Grundstück der Klägerin. Dieser Eindruck wird dadurch verstärkt, dass das aktuelle Werkstattgebäude sogar niedriger ist als die vorher dort befindliche Scheune. Da die Abstandsflächen eingehalten sind, führt das Maß der Betroffenheit indiziell nicht zu einer Rücksichtslosigkeit des Vorhabens.

cc. Ebenso wenig begründen Einsichtnahmemöglichkeiten auf das Grundstück der Klägerin einen Verstoß gegen die gebotene Rücksichtnahme.

Grundsätzlich verleiht das Gebot der Rücksichtnahme in einer bebauten Ortslage kein Recht, vor jeglicher Beeinträchtigung, speziell vor jeglichen Einblicken verschont zu bleiben. Ein Nachbar ist nicht dagegen geschützt, dass sein Grundstück eingesehen werden kann. Ebenso wenig hat er einen Anspruch darauf, dass sein Grundstück freizuhalten ist von unerwünschten Einblicken. Eine Rechtsverletzung kann erst bejaht werden, wenn von dem Vorhaben eine unzumutbare, also billigerweise nicht mehr hinnehmbare Beeinträchtigung ausgeht (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 07. Juli 2016 – OVG 10 S 15.16 –, juris; Bayerischer VGH, Beschluss vom 5. September 2012 - 15 CS 12.23 -, juris Rn. 19; Bayerischer VGH, Beschluss vom 23. Dezember 2013 - 15 CS 13.1445 -, juris Rn. 31; Bayerischer VGH, Beschluss vom 22. Juni 2011 - 15 CS 11.1101 -, juris Rn. 17; Sächsisches OVG, Beschluss vom 23. Februar 2010 - 1 B 581/09 -, juris Rn. 5; Beschluss der Kammer vom 16. Februar 2016 – 3 L 193/15 –, juris ). Allein der Umstand, dass hier die bauordnungsrechtlichen Abstandsflächen (unter Einschluss der gesetzlich normierten Bagatellfläche) von dem Vorhaben eingehalten werden, ist auch insoweit in der Regel ein zuverlässiger Indikator dafür, dass für die Annahme einer Beeinträchtigung der durch das Abstandsflächenrecht geschützten Belange einer Begrenzung der Einsichtnahmemöglichkeiten durch ein Vorhaben grundsätzlich kein Raum ist. Nur wenn Rechte des Nachbarn durch Einwirkungen beeinträchtigt werden, gegen die das Abstandsflächenrecht keinen Schutz gewährt oder die über den abstandsflächen-rechtlichen Schutzbereich und die sich daraus ergebende gesetzgeberische Wertung hinausgehen, kann der Rückschluss aus dem Abstandsflächenrecht auf eine mögliche Verletzung von Nachbarrechten nicht erfolgen. In diesen besonders gelagerten Fällen kann ein Verstoß gegen das in § 34 Abs. 1 BauGB enthaltene Gebot der Rücksichtnahme zur Unzulässigkeit eines Bauvorhabens führen, obwohl es die abstandsflächenrechtlichen Vorschriften nicht verletzt. Für die Annahme einer Verletzung des Rücksichtnahmegebotes genügt es jedenfalls nicht, wenn ein Vorhaben die Situation für den Nachbarn nachteilig verändert (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 29. September 2010 - OVG 10 S 21.10 -, BRS 76 Nr. 182, juris Rn. 10; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 30. Oktober 2009 - OVG 10 S 26.09 -, BRS 74 Nr. 143, juris Rn.16 f.; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 10. März 2006 - OVG 10 S 5.05 -, OVGE BE 27, 53, juris Rn. 10). Vielmehr beschränken sich diese Fallgestaltungen auf Extremfälle. Über die Indizwirkung der Einhaltung der Abstandsflächen hinaus kann eine Verletzung des Rücksichtnahmegebotes durch die Stellung des Baukörpers und der dadurch bewirkten erhöhten Einsichtsmöglichkeiten nur in absoluten Ausnahmefällen zum Tragen kommen (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 29. September 2010 - OVG 10 S 21.10 -, BRS 76 Nr. 182, juris Rn. 13). Dies gilt vor allem in innerstädtischen Lagen. Die aus der Rechtsprechung ersichtlichen Fallgestaltungen, in denen eine Verletzung des Rücksichtnahmegebotes durch unzumutbare Einsichtsmöglichkeiten bejaht worden ist, zeichnen sich entweder dadurch aus, dass die hinzutretende bauliche Anlage den alleinigen Zweck hatte, als Aussichtsplattform für eine Vielzahl wechselnder Besucher aus großer Höhe zu dienen (z.B. 30 m hoher Aussichtsturm neben einem Einfamilienhaus: OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 10. März 2006 - OVG 10 S 5.05 -, OVGE BE 27, 53, juris Rn. 10) oder dass die Verhältnisse derart beengt waren, dass nicht wenigstens ein Mindestmaß an Privatsphäre für den Nachbarn verblieb (z.B. Balkonanbau an ein Reihenhaus über die gesamte Breite im Abstand von nur einem Meter zum Schlafzimmer des rückwärtigen Nachbarn: OVG für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 22. August 2005 - 10 A 3611/03 -, BRS 69 Nr. 91, juris Rn. 57 ff.). Mit diesen Fallkonstellationen ist das vorliegend zu beurteilende Vorhaben weder hinsichtlich der Zweckbestimmung noch hinsichtlich der die Privatsphäre verletzenden drangvollen Nähe vergleichbar. Ein Überschreiten der Zumutbarkeitsschwelle wegen der geschaffenen Einsichtnahme auf das Grundstück der Klägerin erscheint der Kammer in keinster Weise naheliegend. Insoweit ist maßgeblich einzustellen, dass sich die von der Werkstatthalle des Beigeladenen ausgehenden Einsichtsmöglichkeiten, welche sich aufgrund der Milchverglasung nur bei geöffneten Fenstern und folglich vor allem in den wärmeren Jahreszeiten erschließen lässt, im Wesentlichen auf den südlichen Teil des Grundstücks der Klägerin begrenzen, der von Wohnbebauung frei ist und zudem auch den Einwirkungen und Einsichten von südlicher Seite ausgesetzt ist. Soweit sich die Klägerin durch Einsichtsmöglichkeiten in ihre Wohnräume gestört fühlt – was angesichts der beträchtlichen Entfernung von ca. 50 Metern zur Werkstatthalle des Beigeladenen erschwert wird -, ist es ihr zuzumuten, sich gegen derartige Einblicke - wie weitgehend üblich und im Einklang mit den dem Rücksichtnahmegebot zugrundeliegenden nachbarschaftlichen Gegenseitigkeitsprinzips (s.o.) - durch Vorhänge, Rollos oder ähnliches zu schützen.

dd. Eine Verletzung des Rücksichtnahmegebotes zu Lasten der Klägerin ergibt sich nicht aus einer behaupteten Wertminderung ihres Grundstücks aufgrund des errichteten Werkstattgebäudes. Ungeachtet der Frage, ob und in welchem Umfang solche tatsächlich eintreten würden, bilden Wertminderungen als Folge der Ausnut-zung der einem Dritten erteilten Baugenehmigung nicht für sich genommen einen Maßstab dafür, ob Beeinträchtigungen im Sinne des Rücksichtnahmegebots zumutbar sind oder nicht. Einen allgemeinen Rechtssatz des Inhalts, dass der einzelne einen Anspruch darauf hat, vor jeglicher Wertminderung bewahrt zu werden, gibt es nicht. Vielmehr hat sich die gebotene Interessenabwägung am Kriterium der Unzumutbarkeit auszurichten. Unter dem Gesichtspunkt der Wertminderung kommt ein Abwehranspruch nur dann in Betracht, wenn die Wertminderung die Folge einer dem Betroffenen unzumutbaren Beeinträchtigung der Nutzungsmöglichkeiten des Grundstücks ist (vgl. BVerwG, Beschluss vom 24. April 1992 - BVerwG 4 B 60.92 -, Buchholz 406.19 Nachbarschutz Nr. 109, juris Rn. 6; BVerwG, Beschluss vom 13. November 1997 - BVerwG 4 B 195.97 -, BRS 59 Nr. 177, juris Rn. 6). Hierfür fehlt es an hinreichenden Anhaltspunkten (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 07. Juli 2016 – OVG 10 S 15.16 –, juris; Beschluss der Kammer vom 16. Februar 2016 – 3 L 193/15 –, Rn. 31, juris).

Auf die vom Beklagten aufgeworfenen Fragen eines eventuell bestehenden Be-standsschutzes für die gewerbliche Nutzung kommt es insoweit nicht an. Insoweit bestünden freilich Bedenken, angesichts der nicht mehr vorhanden Substanz der ehemaligen Werkstatt (vgl. insoweit Urteil der Kammer von 2. Juni 2016 – VG 3 K 984/13 - m.w.N.).

2. Der Antrag den Beklagten zu verpflichten, eine Rückbauverfügung des Werkstattgebäudes auf dem Grundstück … Straße .., .... … zu erteilen, hat ebenfalls keinen Erfolg. Bei bauordnungsrechtlichen Spezialermächtigungen handelt es sich primär um Ermächtigungsgrundlagen für die Behörde zum Erlass belastender Verwaltungsakte. Allerdings können diese auch Anspruchsgrundlage im Sinne eines subjektiven öffentlichen Rechts zugunsten des Nachbarn sein, wenn sie zur Durchsetzung nachbarschützender Rechte dienen bzw. wenn durch ihre Ablehnung nachbarschützende Rechte verletzt werden. Nach § 80 Abs. 1 Satz 1 BbgBO vom 19. Mai 2016 (GVBl.I/16, [Nr. 14]) kann die Bauaufsichtsbehörde die teilweise oder vollständige Beseitigung von Anlagen anordnen, wenn diese im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften errichtet oder geändert werden und nicht auf andere Weise rechtmäßige Zustände hergestellt werden können. Ein solcher ermessengebundener Anspruch besteht jedoch im Ergebnis nicht, da die Anlage des Beigeladenen durch eine rechtmäßige Baugenehmigung gedeckt ist. Selbst im Falle eines Widerspruchs zum materiellen Baurecht – wofür vorliegend keine Anhaltspunkte bestehen – könnte die begehrte Verfügung aufgrund der Legalisierungswirkung der Baugenehmigung nicht ergehen (OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 31. Januar 2006 – OVG 10 N 42.05 –, juris; Urteil der Kammer vom 15. Juni 2016 – VG 3 K 911/12 -, juris und Beschluss der Kammer vom 02. Februar 2017 – 3 L 318/16 –, juris).

3. Der hilfsweise Anspruch auf den Erlass einer Nutzungsuntersagung besteht nicht. Nach § 80 Abs. 1 Satz 2 BbgBO kann die Bauaufsichtsbehörde die Nutzung untersagen, wenn Anlagen im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften genutzt werden. Dies vorliegend nicht der Fall. Angesichts der rechtmäßigen legalisierenden Baugenehmigung besteht keine für den Anspruch mindestens erforderliche formelle Illegalität (vgl. 2. und OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 30. Mai 2016 – OVG 10 S 34.15 –, juris; Beschluss der Kammer vom 02. Februar 2017 – 3 L 318/16 –, juris). Die seitens des Beigeladenen durchgeführten Reifenwechsel halten sich in der Variationsbreite der legalisierenden Genehmigungswirkung der Baugenehmigung (vgl. oben) und können daher nicht isolierter Ansatzpunkt für ein baufaufsichtliches Einschreiten sein. Sofern die Klägerin des Weiteren angibt, bei dem Betrieb des Beigeladenen handle es sich um einen 2-Mann-Betrieb und der Beigeladene weiche insofern von der ihm erteilten, lediglich einen 1-Mann-Betrieb legitimierenden Baugenehmigung ab, führt dies vorliegend zu keinem anderen Ergebnis. Zwar überschreitet der Betrieb des Beigeladenen tatsächlich die ihm aufgrund seiner Betriebsbeschreibung – welche einen 1-Mann-Betrieb vorsah - erteilten Baugenehmigung in ihrer Variationsbreite. Allerdings setzt die Aufhebung der Baugenehmigung weiter voraus, dass der Nachbar durch die Genehmigung zugleich in seinen Rechten verletzt ist (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Dies ist nur dann der Fall, wenn die verletzte Norm zumindest auch dem Schutz des Nachbarn dient, also drittschützende Wirkung hat (BVerwG, Urteil vom 06. Oktober 1989 – 4 C 14/87 –, BVerwGE 82, 343-350, Rn. 9; BVerwG, Urteil vom 5. Dezember 2013 - BVerwG 4 C 5.12 -, BVerwGE 148, 290, juris Rn. 21; BVerwG, Beschluss vom 13. November 1997 - BVerwG 4 B 195/97 -, BRS 59 Nr. 177, juris Rn. 6; Beschluss der Kammer vom 16. Februar 2016 aaO). Drittschützende Wirkung hat das Rücksichtnahmgebot als Bestandteil des Merkmals „einfügen“ im Sinne des § 34 BauGB (vgl. II. 1. b). Es ist jedoch nicht ersichtlich noch vorgetragen, inwieweit die Beschäftigung eines zusätzlichen Mitarbeiters im Betrieb des Beigeladenen zu Einschränkungen führt, welche über die bereits geprüften Einwände bezüglich geltend gemachter Lärmbeeinträchtigungen, Abstandsflächenverstöße und Einsichtnahmemöglichkeit und Wertminderungen hinausgeht und eine eigenständige rechtliche Beschwer für die Klägerin entfaltet.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1, 3 und § 162 Abs. 3 VwGO. Da der Beigeladenen einen Antrag gestellt und damit ein Kostenrisiko eingegangen sind, ist ihm ein Kostenersatzanspruch zuzubilligen.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.