Gericht | SG Neuruppin | Entscheidungsdatum | 02.02.2011 | |
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Aktenzeichen | S 25 KR 197/06 | ECLI | ||
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen |
1. Bei der Abgrenzung der versicherungspflichtigen Beschäftigung von der selbständigen Tätigkeit setzt die Annahme einer Beschäftigung wesentlich voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Demgegenüber ist eine selbständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko und die frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet.
2. Diese Grundsätze sind auch beim sog. Fremdgeschäftsführer einer GmbH regelmäßig auch anzuwenden. Ist der Geschäftsführer nicht am Kapital der Gesellschaft beteiligt, so liegt in der Regel ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis vor.
3. Dies gilt auch dann, wenn der Betroffene seine Arbeit praktisch frei gestalten kann und sich Ort, Zeit und Dauer der Arbeitsleistung allein aus den betrieblichen Erfordernissen und nicht aus Weisungen des Arbeitgebers ergeben.
4. Bei der Frage der Versicherungspflicht eines Fremdgeschäftsführers einer Familien - GmbH ist regelmäßig auf die (Rechts)macht, unliebsame Entscheidungen auch im nur theoretischen Konfliktfall zu verhindern, abzustellen.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Die Beteiligten streiten um die Versicherungspflicht der Klägerin in ihrer Tätigkeit als Geschäftsführerin für die Beigeladene zu 1) im Zeitraum ab dem 01. Juli 2000.
Die im März 1957 geborene Klägerin war nach Abschluss ihres Studiums wissenschaftliche Assistentin an der Ingenieurhochschule Cottbus und ab dem Jahre 1983 Themenbearbeiterin im Bereich Brückenbau der Deutschen Reichsbahn. Im Jahre 1982 heiratete sie den Alleingesellschafter der Beigeladenen zu 1). Im Jahre 1994 gab sie ihre bisherige Tätigkeit auf und engagierte sich im Einzelunternehmen des Ehemannes, der zu diesem Zeitpunkt bereits als Einzelunternehmer ein Ingenieurbüro für Baustatik betrieb. Fünf Jahre später gründete sie zusammen mit ihrem Ehemann und der Zeugin G M die I S GbR. Zum 01. Juli 2000 wurde die GbR in die Beigeladene zu 1) umfirmiert; die Einzelfirma des Ehemannes der Klägerin bestand daneben weiterhin fort.
Ausweislich des § 2 der Satzung der Gesellschaft vom 21. Juni 2000, die am 24. Februar 2004 hinsichtlich des Gesellschaftszweckes geändert wurde, sind Gegenstand des Unternehmens Planungs- und Ingenieurleistungen des Bauwesens, die Prüfung bautechnischer Unterlagen wie Standsicherheitsnachweise, Ausführungsplanungen, bauphysikalische Nachweise, die Bauüberwachung und die Bauzustandsbesichtigung sowie die Erstellung von baufachlichen Gutachten. Das Stammkapital der Beigeladenen zu 1) beträgt 25.000,00 €, die allein von dem Ehemann der Klägerin gehalten werden; er ist alleiniger Gesellschafter der Beigeladenen zu 1). Die Klägerin selbst wurde mit Wirkung vom 01. Juli 2000 zur alleinigen Geschäftsführerin bestellt. Gemäß § 9 der Satzung ist bei Vorhandenseins nur eines Geschäftsführers dieser zur alleinigen Vertretung berechtigt und von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit. Der Geschäftsführer hat nach § 9 Ziffer 7 der Satzung die Beschlüsse der Gesellschafterversammlung zu beachten. Geschäfte, die die Beteiligung an oder die Übernahme von anderen Unternehmen betreffen sowie die Errichtung von Zweigniederlassungen bedürfen nach § 10 der Satzung in jedem Fall der vorherigen Zustimmung der Gesellschafterversammlung. Im Übrigen soll gesondert geregelt werden, zu welchen Geschäften die vorherige Zustimmung der Gesellschafterversammlung einzuholen ist. Eine solche gesonderte Regelung haben die Vertragsparteien indes nicht getroffen.
Der zwischen der Klägerin und der Beigeladenen zu 1) unter dem 30. Juni 2000 geschlossene und mit Wirkung ab dem 01. März 2004 geänderte Anstellungsvertrag vom 18. Februar 2004 enthielt im Wesentlichen folgende Regelungen:
- Berechtigung zur alleinigen Geschäftsführung und Vertretung,
- Gesamtleitung des Betriebes,
- monatliches Gehalt in Höhe von 4.500,00 DM bzw. ab dem 01. März 2004 in Höhe von 7.200,00 €,
- ein ganzes Urlaubsgehalt sowie ein jährliches Weihnachtsgeld in Höhe des derzeitigen monatlichen Bruttogehaltes,
- eine Tantieme bemessen nach dem handelsrechtlichen Gewinn,
- Anspruch auf Benutzung eines Personenkraftwagens zu Lasten der Beigeladenen zu 1) bei ausdrücklicher Untersagung der privaten Nutzung des Dienstwagens
- Jahresurlaub von 30 Werktagen, Vergütung von nicht erhaltenem Urlaub
- Anspruch auf Spesenersatz bei Dienstreisen,
und
- Anspruch auf Vergütung derjenigen Kosten, die der Klägerin aus der Wahrnehmung ihrer Tätigkeit entstehen.
Mit Schreiben vom 11. Januar 2005 übersandte die Klägerin der Beklagten einen Feststellungsbogen zur versicherungsrechtlichen Beurteilung, der von der Klägerin und ihrem Ehemann als Gesellschafter der Beigeladenen zu 1) unterzeichnet worden ist. Hierin gaben sie unter anderem an,
- dass ein Stimmrecht nicht vertraglich vereinbart wurde,
- dass die Klägerin durch Sonderrechte keine Gesellschaftsbeschlüsse herbeiführen oder verhindern könne,
- dass die Klägerin der Beigeladenen zu 1) oder den Gesellschaftern kein Darlehen gewährt oder Bürgschaften übernommen habe,
- dass die Klägerin als einzige Geschäftsführerin die für die Führung des Unternehmens erforderlichen einschlägigen Branchenkenntnisse habe,
- dass die Tätigkeit – auf Grund von familienhaften Rücksichtsnahmen – nicht durch ein gleichberechtigtes Nebeneinander zu anderen Gesellschaftern geprägt sei,
- dass sie ausschließlich nur im Rahmen des Gesellschaftsvertrages zur Mitarbeit verpflichtet sei,
- dass die Mitarbeit in einem besonderen Arbeitsvertrag/Dienstvertrag geregelt sei und
- dass die regelmäßige tarifliche wöchentliche Arbeitszeit 40 Stunden und die tatsächliche durchschnittliche wöchentliche Arbeitzeit 55 Stunden betrage.
Ferner gaben sie an, dass die Klägerin wie ein fremder Arbeitnehmer dem Direktionsrecht (Weisungsrecht) der Gesellschaft bezüglich Zeit, Ort und Art der Beschäftigung unterliege und dieses Weisungsrecht von der Gesellschaft bzw. vom Gesellschafter tatsächlich laufend ausgeübt werde. Die Klägerin könne ferner – ggf. von bestimmten wichtigen Geschäften abgesehen – ihre Tätigkeit in der Gesellschaft frei bestimmen und gestalten, wobei Einschränkungen im Rahmen des Gesellschaftsvertrages bestünden. Die Gestaltung der Tätigkeit sei von den betrieblichen Erfordernissen, insbesondere von dem eigenen wirtschaftlichen Interesse zum Wohl und Gedeih des Unternehmens abhängig, ferner könne die Klägerin ohne Einschränkungen selbstständig Personal einstellen und / oder entlassen, sie müsse sich ihrem Urlaub genehmigen lassen, ihre Abberufung/Kündigung sei auch nur aus wichtigem Grund möglich. Es sei ausweislich des Anstellungsvertrages eine Kündigungsfrist vereinbart, es werde unabhängig von der Ertragslage des Unternehmens eine monatlich gleich bleibende Vergütung in Höhe von 7.200,00 € als Gegenleistung für die geleistete Arbeit gezahlt. Diese Vergütung werde im Falle der Arbeitsunfähigkeit nicht weiter gewährt, von der Vergütung werde jedoch Lohnsteuer entrichtet, sie sei am Gewinn beteiligt bzw. erhalte erfolgsabhängige Bezüge und schließlich sei in der Vergangenheit von einer Krankenkasse / einem Rentenversicherungsträger über die Versicherungspflicht ein Beitragsbescheid erlassen worden.
Mit Bescheid vom 08. März 2005 stellte die Beklagte fest, dass die Klägerin seit dem 01. Juli 2000 in einem abhängigen und damit sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis stehe. Zur Begründung führte sie aus, bei Fremdgeschäftsführern liege grundsätzlich ein abhängiges und damit sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis vor. In seinem Urteil vom 22. August 1973 habe sich das Bundessozialgericht ausführlich mit der versicherungsrechtlichen Beurteilung von Fremdgeschäftsführern auseinandergesetzt und ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis festgestellt. Insbesondere habe es dargelegt, dass alleine aus der weisungsfreien Ausführung einer fremdbestimmten Arbeit nicht auf eine selbstständige Tätigkeit geschlossen werden könne, da der Fremdgeschäftsführer ansonsten in einer nicht von ihm selbst gegebenen Ordnung des Betriebes eingegliedert sei und auch nur im Rahmen des Gesellschaftsvertrages und der Gesellschafterbeschlüsse handeln dürfe, so dass er – selbst bei Belassung großer Freiheiten – der Überwachung durch die Gesellschafter unterliege. Dies gelte auch dann, wenn die Gesellschafter von ihrer Überwachungsbefugnis regelmäßig keinen Gebrauch machten. Die Weisungsgebundenheit des Fremdgeschäftsführers verfeinere sich dabei – wie bei Diensten höherer Art üblich – zur funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess. Dem stehe auch nicht entgegen, dass Fremdgeschäftsführer – gegenüber den sonstigen Arbeitnehmern – Funktionen eines Arbeitgebers wahrnehmen, denn auch wer selbst Arbeitgeberfunktionen ausübe, kann seinerseits – als leitender Angestellter – bei einem Dritten persönlich abhängig beschäftigt sein. Im Übrigen fehle das für die selbstständige Tätigkeit kennzeichnende Unternehmerrisiko. Die Klägerin sei seit dem 01. Juni 2000 Geschäftsführerin der Beigeladenen zu 1), an der Beigeladenen sei sie selbst nicht beteiligt und der Ehemann sei Alleingesellschafter. In Ausnahmefällen könne bei einem Fremdgeschäftsführer ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis dann ausgeschlossen werden, wenn die Gesellschafter Familienangehörige seien und die Tätigkeit auf Grund von familienhaften Rücksichtnahmen durch ein gleichberechtigtes Nebeneinander geprägt seien bzw. der Geschäftsführer auf Grund besonderer Fachkenntnisse die anderen Gesellschafter derart dominiere, dass er in der Gesellschaft „frei walten und schalten“ könne. Nach ihren eigenen Angaben unterliege die Klägerin bzgl. Zeit, Ort und Art der Beschäftigung wie ein fremder Arbeitgeber dem Weisungsrecht der Gesellschaft. Der Anstellungsvertrag enthalte Regelungen, wie sie bei Diensten höherer Art üblich seien. Die Klägerin erhalte unabhängig von der Ertragslage des Unternehmens eine monatlich gleich bleibende Vergütung als Gegenleistung für die geleistete Arbeit. Es sei ferner davon auszugehen, dass der Ehemann der Klägerin als Alleingesellschafter ebenfalls über die für die Führung des Unternehmens erforderlichen Branchenkenntnisse verfüge. Nach dem hier vorliegenden Sachverhalt stehe die Klägerin in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis und unterliege darin der Versicherungspflicht in der Kranken –, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung. Aufgrund der Erhöhung des Arbeitsentgeltes ab März 2004 sei sie zum 31. Dezember 2004 aus der Krankenversicherung ausgeschieden.
Hiergegen erhob die Klägerin mit Schreiben vom 08. April 2005 Widerspruch, der mit anwaltlichen Schreiben vom 21. April 2005 im Wesentlichen wie folgt begründet wurde: Die tatsächlichen Umstände der zur Überprüfung gestellten Tätigkeit der Klägerin fänden sich in Ergebnis und Begründung des angefochtenen Bescheides nicht wieder, weil die maßgeblichen Voraussetzungen zur Annahme eines versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses bei Bewertung der gesamten Umstände nicht vorlägen. Die Klägerin sei letztendlich weder wie eine fremde Arbeitskraft in den Betrieb eingegliedert, noch unterliege sie einem tatsächlichen Direktionsrecht. Ferner trage die Klägerin über die im Jahre 2002 hingegebenen umfangreichen Sicherheiten einerseits und die erfolgsabhängig variable Tantiemeregelung gemäß schriftlichem Anstellungsvertrag vom 30. Juni 2000 ein erhebliches und die typischen Arbeitnehmerinteressen deutlich zuwiderlaufendes unternehmerisches Risiko. Die Klägerin sei entgegen der Auffassung der Beklagten nicht, wie es ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis im Sinne von § 7 SGB IV voraussetze, wie eine fremde Arbeitkraft in den ehelichen Betrieb eingegliedert. Die von der Rechtssprechung hierzu aufgestellten Grundsätze seien vorliegend nicht erfüllt. Denn die Ordnung im oben genannten Sinne gebe seit Gründung der GmbH im Jahre 2000 nicht der Ehemann der Klägerin vor, sondern die im Betrieb anfallenden Tätigkeiten werden von beiden Eheleuten gemeinsam und gleichberechtigt „arbeitsteilig“ in gegenseitiger Abstimmung erledigt. Der Klägerin fehle es zudem zur Annahme eines fremdbestimmten Arbeitsverhältnisses auch an einer Weisungsgebundenheit, denn sie unterliege in Bezug auf Zeit, Dauer und Art der Arbeitsführung keiner Maßgabe des Ehemannes, sondern entscheide stets eigenverantwortlich und allenfalls in gleichberechtigter Abstimmung mit Ihrem Ehemann stets allein ausgerichtet an den betrieblichen Belangen des Unternehmens. Weil die Eheleute die betrieblichen Aufgaben – eben familientypisch – gleichberechtigt nebeneinander ausnahmslos arbeitsteilig gestalten würden, sei die persönliche Abhängigkeit, die die Rechtsprechung als notwendige Voraussetzung für die Annahme einer versicherungspflichtigen Tätigkeit fordere, schlicht nicht gegeben. Ausweislich der Anlage zum Kreditvertrag vom 07. Februar 2000 zwischen der Beigeladenen zu 1) und der Berliner Volksbank e. G. vom 25. Februar 2002 habe die Klägerin nicht nur eine selbstschuldnerische Bürgschaft für Einzelforderungen der GmbH über 12.000,00 € übernommen, sondern zudem die ihr und ihrem Ehemann gemeinsam gebührenden Rechte und Ansprüche aus der Beteiligung der DG – Immobilienanlage bei der DG – Anlagegesellschaft mbH über 500.000,00 DM abgetreten. Das hiermit verbundene erhebliche wirtschaftliche Risiko spreche nach einhelliger Auffassung in Rechtsprechung und Lehre mit deutlichem Gewicht für eine nicht abhängige Beschäftigung im Sinne von § 7 SGB IV.
Mit Schreiben vom 26. August 2005 teilte die Beklagte mit, noch nicht abschließend über den Widerspruch entscheiden zu können, da die Ausführungen in der Widerspruchsbegründung den Angaben der Eheleute im Feststellungsbogen widersprächen. Ferner würden zu den Sicherheitsleistungen keine Nachweise vorliegen, zumal im Feststellungsbogen hierzu auch keine Aussage getroffen worden sei.
Mit Schreiben vom 17. Januar 2006 teilte die Klägerin mit, sie habe nicht so recht gewusst, wie sie mit den Fragen im Feststellungsbogen umgehen sollte. Deshalb habe sie sich mit der Beklagten ins Benehmen gesetzt. Diese hätte darauf erklärt, dass selbst wenn das Eine oder Andere von ihr nicht richtig ausgefüllt werde, sie – die Beklagte – in der Lage sei, das Richtige schon zu erkennen. Daran wie die Klägerin nun einzelne Fragen beantwortet habe, vermöge sie sich nicht mehr wirklich zu erinnern. Mit weiterem Schreiben übersandte die anwaltlich vertretende Klägerin noch einen Kreditvertrag der Berliner Volksbank e. G. vom 07. Februar 2002 in Höhe eines Betrages von 10.000,00 €, mit dem der Beigeladenen zu 1) ein Betriebsmittelkredit in Höhe von 10.000,00 € ausgereicht wurde. Als Sicherheiten werden eine selbstschuldnerische Bürgschaft für Einzelforderungen über 12.000,00 € der Klägerin einerseits und ihres Ehemannes andererseits festgehalten sowie ferner eine offene und bestätigte Abtretung der Rechte und Ansprüche in voller Höhe aus der Beteiligung an der DG- Immobilien – Anlage Nr. 43 bei der DG Anlagegesellschaft mbH über 500.000,00 DM.
Mit Widerspruchsbescheid vom 17. Oktober 2006 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Hierin vertieft sie ihre bisherigen Erwägungen im Verwaltungsverfahren. Ergänzend führt sie aus, die Merkmale der abhängigen Beschäftigung würden überwiegen. Die Klägerin sei am Stammkapital nicht beteiligt, auch der Ehemann verfüge über die erforderlichen Branchenkenntnisse. Die Gestellung der Sicherheitsleistungen seien nur ein einziges Argument, dass den Argumenten gegenüberstehe, die für eine abhängige Beschäftigung sprechen würden, im Übrigen würden die Sicherheitsleistungen der Klägerin auch keine weiteren Einflussmöglichkeiten verschaffen. Versicherungspflicht bestehe daher in der Renten- und Arbeitslosenversicherung. In der Kranken- und Pflegeversicherung habe Versicherungsschutz lediglich bis zum 31. Dezember 2004 bestanden, während seit dem 01. Januar 2005 wegen des Überschreitens der Jahresentgeltgrenze Versicherungsfreiheit eingetreten sei.
Hiergegen hat die Klägerin mit anwaltlichem Schriftsatz vom 23. Oktober 2006 Klage erhoben, mit der sie ihr Begehren weiter verfolgt und zur Begründung auf ihre Ausführungen im Widerspruchsverfahren verweist.
Sie beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 08. März in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Oktober 2006 aufzuheben und festzustellen, dass die Klägerin im Rahmen ihrer Tätigkeit bei der Firma I S P und It mbH, R Straße in 16909 W seit dem 01. Juli 2000 nicht der Versicherungspflicht zur Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung unterliegt.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung bezieht sie sich auf die Ausführungen im Verwaltungs- und im Widerspruchsverfahren.
Mit Beschlüssen vom 19. März 2007 und 08. Juni 2007 hat die Kammer die I S P I Gesellschaft mbH, die Deutsche Rentenversicherung Bund, die Bundesagentur für Arbeit sowie die Pflegekasse der Beklagten beigeladen.
Die Kammer hat die Klägerin und den Alleingesellschafter der Beigeladenen zu 1) persönlich angehört. Ferner hat sie Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen F und M. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme und der persönlichen Anhörungen wird auf die Sitzungsniederschrift vom 02. Februar 2011 Bezug genommen. Im Rahmen des Termins zur mündlichen Verhandlung und zur Beweisaufnahme vom 02. Februar 2011 hat die Klägerin in dem parallel geführten Klageverfahren – S 25 KR 198/06 – betreffend den Zeitraum vom 01. Juli 1994 bis zum 30. Juni 2000 ihre Klage zurück genommen.
Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Prozessakte und des Verwaltungsvorganges der Beklagten Bezug genommen. Diese Unterlagen lagen vor und waren – soweit wesentlich – Gegenstand von Beratung und Entscheidungsfindung.
Die Klage hat keinen Erfolg.
Die Kammer durfte in Abwesenheit der ordnungsgemäß geladenen Beigeladenen zu 3), deren persönliches Erscheinen in ordnungsgemäßer Vertretung nicht (mehr) angeordnet war, verhandeln und entscheiden, weil die Beigeladene zu 3) mit ordnungsgemäßer Ladung auf diese Möglichkeit hingewiesen worden ist (§§ 110 Abs. 1 S. 2, 126 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG)).
1. Streitgegenstand des Verfahrens ist der Bescheid der Beklagten vom 08. März 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Oktober 2006, mit dem die Beklagte über die Versicherungspflicht der Klägerin zur Kranken-, Sozialen Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung ab dem 01. Juli 2000 entschieden hat. Mangels Begrenzung des klägerischen Antrages hatte die Kammer daher darüber zu entscheiden, ob die Klägerin im Zeitraum ab dem 01. Juli 2000 der Versicherungspflicht in allen Zweigen der Sozialversicherung unterliegt. Das für den vorherigen Zeitraum vom 01. Juli 1994 bis zum 30. Juni 2000 bei dem erkennenden Gericht parallel geführte Klageverfahren – S 25 KR 198/06 – erledigte sich durch Klagerücknahme.
2. Die – so verstandene (§ 123 SGG) – gemäß § 54 Abs. 1 und § 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG als kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage statthafte und auch im Übrigen zulässige Klage ist unbegründet. Zu Recht hat die Beklagte in den angegriffenen verwaltungsbehördlichen Entscheidungen festgestellt, dass die Klägerin bei der Beigeladenen zu 1) abhängig beschäftigt ist und sie der Sozialversicherungspflicht in allen Zweigen der Sozialversicherungspflicht unterliegt; die Klägerin ist durch die angegriffenen Entscheidungen der Beklagten nicht beschwert (§ 54 Abs. 2 S. 1 SGG).
Die angefochtenen Bescheide sind rechtlich nicht zu beanstanden. Zu Recht hat die Beklagte festgestellt, dass die vom Kläger angefochtenen Bescheide der Beklagten nicht zu beanstanden sind, denn die Klägerin unterlag – entgegen ihrer Auffassung – während des hier streitigen Zeitraums ab dem 01. Juli 2000 bei ihrer Tätigkeit als Fremdgeschäftsführerin der Beigeladenen zu 1) der Sozialversicherungspflicht, soweit sie nicht aufgrund der Überschreitung der Jahresarbeitsentgeltgrenze schon von Gesetzes wegen nicht der Versicherungspflicht in der Gesetzlichen Kranken- und der Sozialen Pflegeversicherung unterliegt, was die Beklagte ebenfalls mit Wirkung ab dem 01. Januar 2005 zutreffend festgestellt hat. Dementsprechend besteht ein Anspruch der Klägerin auf die begehrte – entgegen gesetzte – Feststellung ihrer Sozialversicherungsfreiheit in allen Zweigen der Sozialversicherung nicht.
Die Beklagte ist bei der Entscheidung über die Versicherungspflicht und die Beitragshöhe in dem von der Klägerin eingeleiteten Verfahren gemäß § 28h Abs. 2 S. 1 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch – Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung – (SGB IV) auf Grund einer Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalls rechtsfehlerfrei zu dem Ergebnis gelangt, dass die Klägerin, wie dies auch der geübten Beitragspraxis der Beigeladenen zu 1) seit ihrer Gründung entspricht, im nur noch streitgegenständlichen Zeitraum in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis zu dieser stand und der Versicherungspflicht unterlag.
a) Für eine solche Entscheidung war die Beklagte gemäß § 28h Abs. 2 S. 1 SGB IV als Einzugsstelle zuständig. Einzugsstelle ist jeweils die Krankenkasse, von der die Krankenversicherung eines abhängig Beschäftigten durchgeführt wird (vgl. § 28i SGB IV). Gemäß § 28h Abs. 2 S. 1 Hs. 1 SGB IV entscheidet die Einzugsstelle über die Versicherungspflicht und die Beitragshöhe in der Kranken-, Sozialen Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung. Sie erlässt auch den Widerspruchsbescheid (Halbsatz 2). Das Gesetz trägt mit dieser umfassenden Zuständigkeitszuweisung an die Einzugsstelle dem Umstand Rechnung, dass in den genannten Versicherungszweigen die Versicherungspflicht mit der Anknüpfung an die abhängige Beschäftigung weithin gleichen Grundsätzen folgt und die Beiträge für alle Versicherungszweige einheitlich berechnet und als Gesamtsozialversicherungsbeitrag abgeführt werden. Diese Zuständigkeit gemäß § 28h Abs. 2 S. 1 SGB IV ist nicht auf Entscheidungen zur Versicherungspflicht und zur Beitragshöhe gegenüber dem Arbeitgeber als dem Schuldner der Beiträge beschränkt. Sie besteht vielmehr auch, wenn entsprechende Fragen, wie vorliegend, vom Beschäftigten aufgeworfen werden und entschieden werden müssen (Bundessozialgericht, Urteil vom 23. September 2003, - B 12 RA 3/02 R, zitiert nach juris).
b) Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, unterliegen in der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung der Versicherungs- und Beitragspflicht (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Krankenversicherung – (SGB V); § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des Elften Buches Sozialgesetzbuch – Soziale Pflegeversicherung – (SGB XI); § 1 Satz 1 Nr. 1 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Rentenversicherung – (SGB VI) und § 25 Abs. 1 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch – Arbeitsförderung – (SGB III)). Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung ist dabei § 7 Abs. 1 SGB IV. Danach ist Beschäftigung die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, der die Kammer folgt, setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann – vornehmlich bei Diensten höherer Art – eingeschränkt und zur „funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess“ verfeinert sein. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen. Maßgebend ist stets das gesamte Bild der Arbeitsleistung. Dieses bestimmt sich nach den tatsächlichen Verhältnissen, zu denen die rechtlich relevanten Umstände gehören, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben. Die Kriterien für die Annahme einer abhängigen Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit sind im Rahmen einer Gesamtbetrachtung gegeneinander abzuwägen. Jedes Kriterium hat dabei lediglich indizielle Wirkung (vgl. hierzu eingehend: Bundessozialgericht, Urteil vom 11. März 2009, - B 12 KR 21/07; Urteil vom 24. Januar 2007, B 12 KR 31/06 R sowie Urteil vom 04. Juli 2007, - B 11 a AL 5/06 R, jeweils zitiert nach juris). Die Abgrenzung ist ausgehend von der Rechtslage vorzunehmen, die zwischen den Beteiligten des Arbeitsprozesses bestanden hat. Maßgeblich sind die Vertragsvereinbarungen oder, wenn solche nicht getroffen worden sind, der weitere rechtliche Rahmen, innerhalb dessen die Arbeiten verrichtet werden. Eine im Widerspruch hierzu stehende tatsächliche Ausgestaltung der Beziehungen oder die sich hieraus ergebende Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung zwischen den Beteiligte des Arbeitsprozesses geht der insoweit nur formalen Vereinbarung vor, soweit eine formlose Abbedingung rechtlich möglich ist. Andererseits ist es unerheblich, wenn eine Rechtsposition tatsächlich nicht ausgeübt worden ist, solange sie nicht wirksam abbedungen ist. Entscheidend ist hierbei auf die jeweilige Rechtsmacht der am Arbeitsprozess Beteiligten abzustellen (Bundessozialgericht, Urteil vom 24. Januar 2007, B 12 KR 31/06 R, zitiert nach juris).
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, die die Kammer für überzeugend hält und der sie daher folgt, ist bei Geschäftsführern juristischer Personen das Vorliegen von abhängiger Beschäftigung oder selbständiger Tätigkeit maßgeblich davon abhängig, ob der Geschäftsführer gleichzeitig Gesellschafter des Unternehmens oder aber ohne Gesellschaftsanteile reiner Geschäftsführer, so genannter Fremdgeschäftsführer, ist. Im Fall eines Fremdgeschäftsführers liege regelmäßig eine abhängige Beschäftigung vor, da der Fremdgeschäftsführer wie ein leitender Angestellter fungiere, der seinerseits abhängig beschäftigt sei. Nur in strengen Einzelfällen könne ausnahmsweise auch bei Fremdgeschäftsführern eine selbständige Tätigkeit vorliegen, nämlich dann, wenn der Fremdgeschäftsführer mit den Gesellschaftern familiär verbunden ist, die Gesellschafter persönlich dominiert oder diese von ihm wirtschaftlich abhängig sind und er deshalb faktisch wie ein Alleininhaber „nach eigenem Gutdünken handeln" und „schalten und walten könne, wie er wolle"; wobei ihnen in jedem Falle ein unternehmerisches Risiko zugewiesen sein muss (vgl. hierzu etwa: Bundessozialgericht, Urteil vom 24. Juni 1982, - 12 RK 45/80; BSGE 66, 168, 171; Bundessozialgericht, Urteil vom 08. Dezember 1987, - 7 RAr 25/86; Bundessozialgericht, Urteil vom 14. Dezember 1999, - B 2 U 48/98 R sowie Bundessozialgericht, Urteil vom 18. Dezember 2001, - B 12 KR 10/01 R, jeweils zitiert nach juris). Vom Vorliegen einer solchen Ausnahmekonstellation, bei der auch beim Fremdgeschäftsführer einer GmbH trotz fehlender Gesellschaftsanteile nicht von einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis auszugehen ist, ist die Kammer jedoch nicht mit der erforderlichen Gewissheit (§ 128 Abs. 1 SGG) überzeugt. Die Klägerin kann als Geschäftsführerin der Beigeladenen zu 1) nämlich gerade nicht nach eigenem Gutdünken schalten und walten. Der streitgegenständliche Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 17. Oktober 2006 stellt die rechtlichen Zusammenhänge und Maßstäbe zutreffend dar und würdigt den Sachverhalt überzeugend. Der Bewertung und Gewichtung der einzelnen Merkmale durch die Beklagte schließt sich die Kammer nach eigener Prüfung der Sach- und Rechtslage ausdrücklich an. Hierauf nimmt die Kammer daher zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen Bezug. Die Kammer macht die Erwägungen der Beklagten im angegriffenen Widerspruchsbescheid zur Grundlage ihrer eigenen Entscheidung (§ 136 Abs. 3 SGG).
Nur ergänzend bleibt hinzuzufügen:
Der Tätigkeit der Klägerin für die Beigeladene zu 1) liegt für den hier zu beurteilenden Zeitraum ein schriftlicher Anstellungsvertrag vom 30. Juni 2000 zugrunde, an den bei der Beurteilung der Versicherungspflicht zunächst anzuknüpfen ist. Die Regelungen dieses Vertrages sprechen eindeutig für eine abhängige Beschäftigung: Der Klägerin steht danach – unabhängig von der Ertragslage des Unternehmens – ein festes monatliches Entgelt für eine fest umrissene Tätigkeit sowie ein jährliches Weihnachtsgeld in Höhe des monatlichen Bruttogehaltes zu und sie hat einen für Arbeitnehmer üblichen Urlaubsanspruch. Gekündigt worden ist der Vertrag bis heute nicht, weder schriftlich noch mündlich. Entsprechend der arbeitsvertraglichen Verpflichtung ist auch die äußere Abwicklung erfolgt, das heißt die Beigeladene zu 1) hat u. a. die Personalausgaben für die Klägerin als Betriebsausgabe verbucht sowie Lohnsteuer und Sozialversicherungsbeiträge für diese entrichtet. Die Klägerin erhält für ihre Tätigkeit ein festes Monatsgehalt, das durch Ergänzung des Anstellungsvertrages erhöht worden ist, wobei in der Vertragsänderung auf den ursprünglichen Anstellungsvertrag vom 30. Juni 2000 Bezug genommen worden ist. Daraus ergibt sich für die Kammer, dass die Beteiligten an der Arbeitnehmerstellung der Klägerin absichtlich nichts ändern wollten und bis zum heutigen Tage – trotz des laufenden Verwaltungs- und Klageverfahrens – auch nichts geändert haben.
In der Gesamtschau sind dies für die Kammer in einer wertenden Betrachtung herausragende Indizien, die für eine abhängige Beschäftigung sprechen. Demgegenüber hat der Umstand, dass die Klägerin nach ihren (späteren) Angaben im Verwaltungsverfahren, im Klageverfahren und im Rahmen ihrer persönlichen Anhörung anlässlich des Termins zur mündlichen Verhandlung und Beweisaufnahme am 02. Februar 2011 ihre Arbeit als Geschäftsführerin der GmbH selbst einteilen, sie Zeit, Ort und Art ihrer Ausführung selbst bestimmen konnte und sie insoweit keinen Weisungen Dritter unterlag und sie von den Beschränkungen des § 181 des Bürgerlichen Gesetzbuches befreit war, keine entscheidende, gegen eine abhängige Beschäftigung sprechende Bedeutung. Dies ist bei so genannten Diensten höherer Art nicht ungewöhnlich. Entscheidend ist auch insoweit auf die jeweilige Rechtsmacht abzustellen. Unerheblich ist insoweit, dass eine Rechtsposition tatsächlich nicht ausgeübt wird, solange sie nicht wirksam abbedungen ist. Der Alleingesellschafter hat seiner Ehefrau (der Klägerin) – nach seinen Ausführungen im Rahmen der mündlichen Verhandlung – zwar bei der Unternehmensführung bis zu herausragenden organisatorischen und strukturellen Entscheidungen weitgehend freie Hand gelassen. Seine Rechtsmacht hat er jedoch nie aufgegeben. Deutlich wird dies insbesondere auch durch die ausdrücklich getroffene Regelung in der Satzung vom 24. Februar 2004, wonach der Geschäftsführer die Beschlüsse der Gesellschafterversammlung zu beachten hat (§ 9 Nr. 7) sowie für bestimmte Geschäfte in jedem Fall der vorherigen Zustimmung der Gesellschafterversammlung bedarf (§ 10). Die Kammer vermag schließlich insbesondere auch nicht zu erkennen, dass die Klägerin die Geschäfte der Beigeladenen zu 1) faktisch wie eine Alleininhaberin nach eigenem Gutdünken führte, Geschäftspolitik trieb, strategische Entscheidungen fällte und die gegebene Betriebsordnung für sie nicht bestimmend war, zumal ihr Ehemann als Alleingesellschafter ebenfalls qualifizierte Branchenkenntnisse besitzt. Hätte die Klägerin tatsächlich die Geschicke der Beigeladenen zu 1) selbst geleitet, wäre es naheliegend gewesen, auch das Haftungsrisiko zu verbreitern und eine entsprechende gesellschaftsrechtliche Anpassung vorzunehmen. Dies war aber gerade nicht gewollt. Die Klägerin konnte aufgrund fehlender Gesellschaftsanteile die entscheidenden, gestaltenden und richtungsweisenden unternehmenspolitischen Entscheidungen nicht beeinflussen. Demzufolge hat die Klägerin auch in dem Fragebogen gegenüber der Beklagten angegeben, dass sie Weisungen ihres Ehemannes unterliege und dass das Weisungsrecht von der Gesellschaft in der Praxis tatsächlich laufend ausgeübt wird. Die (spätere) Einlassung der Klägerin, dass die ursprünglichen Angaben im Feststellungsbogen falsch gewesen sein sollen und sich die Tatsachen gerade umgekehrt darstellen, kann die Kammer nicht nachvollziehen. Die Kammer hat im Rahmen der mündlichen Verhandlung den Eindruck gewonnen, dass die Klägerin und ihr Ehemann im Hinblick auf deren Erwerbsbiographie im Geschäftsverkehr erfahren und gewandt sind und um die rechtlichen Umstände einer abhängigen bzw. nicht abhängigen Beschäftigung wissen, spätestens seit dem sie sich mit ihrem Statusfeststellungsbegehren an die Beklagte gewandt haben. Die Kammer meint, dass die späteren – umgekehrten – Angaben im Wesentlichen dem Umstand geschuldet sind, dass die Klägerin mehr und mehr wusste, unter welchen Voraussetzungen von einer nicht abhängigen Beschäftigung ausgegangen werden kann und dies – spätestens seit ihrer anwaltlichen Vertretung im Widerspruchsverfahren – nun auch in dieser Art und Weise darzustellen versuchte. Selbst wenn die Klägerin als Geschäftsführerin der Beigeladenen zu 1) im fraglichen Zeitraum – entsprechend ihrem Vortrag und den Angaben der im Rahmen des Termins zur mündlichen Verhandlung und Beweisaufnahme gehörten Zeugen – über eine erhebliche Machstellung verfügt haben mag und auch wichtige unternehmerische Entscheidung eigenständig treffen durfte, ändert dies nichts an der Einstufung dieser „höheren“ Tätigkeit als versicherungspflichtig. Entscheidend bleibt, dass der Klägerin – zumindest im streitgegenständlichen Zeitraum – die Rechtsmacht fehlte, Beschlüsse der Gesellschafterversammlung in ihrem Sinne herbeizuführen, um ihr nicht genehme Entscheidungen zu verhindern. Einem sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis steht ferner auch die Tatsache nicht entgegen, dass der Alleingesellschafter der Beigeladenen zu 1) seine Entscheidungen in Absprache mit der Klägerin (seiner Ehefrau) trifft. Es kann unterstellt werden, dass in allen Unternehmen, in denen Familienangehörige mitarbeiten, tatsächlich eine derartige Übung stattfindet. Daraus ist jedoch nicht zu folgern, dass die Klägerin selbständig tätig wäre. Dass die Klägerin aufgrund ihrer familiären Bindung zu ihrem Ehemann größeren Einfluss auf das Unternehmen gehabt haben mag als ein familienfremder Arbeitnehmer, liegt – zumindest bei intakten Verwandtschaftsverhältnissen – in der Natur derartiger familiärer Beschäftigungsverhältnisse, erlaubt jedoch keinerlei Rückschlüsse auf eine selbständige Tätigkeit. In diesen Fallkonstellationen kann daher der (naturgemäß) fehlende typische Interessengegensatz zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer – soweit dieser überhaupt bei Arbeitsverhältnissen mit leitenden Angestellten vorhanden ist – auch nicht den Ausschlag für die Abgrenzung zwischen selbständiger Tätigkeit und abhängiger Beschäftigung geben.
Weitere – das Gesamtbild abrundende – Indizien für eine abhängige Beschäftigung sind schließlich, dass die Klägerin nach ihren eigenen Angaben im Feststellungsbogen einen ansonsten anzustellenden Arbeitnehmer ersetzt hat und darüber hinaus keine eigene Betriebsstätte inne hatte.
Schließlich stellt zwar die Gewährung von erheblichen Sicherheiten auch nach Auffassung der Kammer ein Indiz für eine selbständige Tätigkeit der Klägerin dar, da ein solches Engagement arbeitnehmeruntypisch ist. Andererseits erhielt die Klägerin (wie ausgeführt) ein festes - von der monatlichen Ertragslage des Beigeladenen zu 1) unabhängiges - monatliches Gehalt. Die Annahme einer selbständigen Tätigkeit ist indes erst dann gerechtfertigt, wenn ein echtes Unternehmerrisiko getragen wird, wovon unter anderem jedoch erst dann ausgegangen werden kann, wenn trotz fehlender Einnahmen Betriebsausgaben zu tragen sind (Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 11. November 2005, - L 13 R 112/05, zitiert nach juris), was hier zu keinem Zeitpunkt der Fall gewesen ist. In der vorzunehmenden Gesamtbetrachtung kann die Höhe des finanziellen Engagements die gegen eine selbständige Tätigkeit der Klägerin sprechenden Umstände nicht überlagern. Die Tatsache, dass sie weder tatsächlich noch rechtlich zur Bestimmung der Geschicke des Beigeladenen zu 1) in der Lage war, wiegt zu schwer. Im Übrigen ist aus der Tatsache der Mithaftung der Ehefrau für Darlehen, die an den Betrieb gewährt werden, nichts Außergewöhnliches zu sehen, sondern entspricht der banküblichen Praxis bei einer Darlehenshingabe an verheiratete Unternehmer. Durch die Gewährung eines Darlehens erhält der Darlehensgeber jedoch keine Befugnisse, die Geschicke des Betriebes zu beeinflussen. Hieraus entsteht auch kein unternehmerisches Risiko, denn die Tragung dieses Risikos findet ihre Rechtfertigung (allein) in den eherechtlichen Beziehungen. Insbesondere ist auch darauf hinzuweisen, dass die Klägerin selbst angegeben hat, dass bei einem Fehlverhalten ihrerseits haftungsrechtlich die Firma als Arbeitgeber (also der Beigeladene zu 1) bzw. die dort abgeschlossene Haftpflichtversicherung eingreift.
c) Die Kammer vermag auch nicht die Auffassung einer vollständigen Unabhängigkeit der steuerrechtlichen von der sozialversicherungsrechtlichen Beurteilung der klägerischen Tätigkeit zu teilen. Richtig ist zwar, dass zwischen diesen Rechtsgebieten keine Bindungswirkung besteht, also der Einzugsstelle jeglicher Beurteilungsspielraum und jegliche Entscheidungskompetenz bei Vorlage eines Steuerbescheides genommen wäre, doch besteht eine starke Indizwirkung im Sinne eines Regel-Ausnahme-Verhältnisses. Dies hat der Gesetzgeber etwa in § 28p SGB IV berücksichtigt, wonach bei Betriebsprüfungen auf die Lohnsteuerprüfungen zurückgegriffen werden kann (§ 10 Abs. 2 der Beitragsverfahrensordnung). Auch findet sich ein entsprechender der Bezug in § 1 Abs. 1 Nr. 1 der Sozialversicherungsentgeltverordnung, als Nachfolgevorschrift der früheren Arbeitsentgeltverordnung. Die Kammer kann und will nicht darüber hinweggehen, dass die Klägerin bei Abgabe ihrer Steuererklärung – gegebenenfalls über ihren Steuerberater – stets ihre Arbeitnehmereigenschaft vorgetragen hat. Im Übrigen ist die steuerrechtliche Behandlung auch nicht nur eine bloße Formalie. Wenn gegenüber dem Finanzamt über Jahre hinweg nach besten Wissen und Gewissen erklärt wird, als Arbeitnehmer sein Geld zu verdienen und gegebenenfalls auch entsprechende Vergünstigungen steuerlicher Art in Anspruch genommen werden, ist dies ein gewichtiges Indiz, das für die Qualifizierung als abhängiges Beschäftigungsverhältnis spricht. Dies gilt auch für die Betriebsprüfungen, auf die die Vertreterin der Beigeladenen zu 2) im Rahmen der mündlichen Verhandlung noch einmal ausdrücklich hingewiesen hat. Dass die in der Vergangenheit mehrfach durchgeführten Betriebsprüfungen keinerlei Beanstandungen dieser Praxis ergeben haben, ist rechtlich nicht ausschlaggebend, ergänzt aber das Bild einer zutreffend als abhängige Beschäftigung eingestuften Tätigkeit der Klägerin. Anhaltspunkte dafür, dass sich die Klägerin und die Beigeladene zu 1) bei der Frage, ob die Klägerin ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis ausübt, in einem Rechtsirrtum befanden, bestehen nicht, denn in dem Betrieb des Beigeladenen zu 1) sind und waren fortlaufend Arbeitnehmer beschäftigt, für die eine Meldung zur Sozialversicherung zu erfolgen hatte, für die die Klägerin und ihr Ehemann die Verantwortung trugen. Die Frage der Sozialversicherungspflicht und die diese begründenden Tatsachen waren daher der Klägerin vertraut, so dass – entgegen ihrer Auffassung – nichts dafür spricht, die Meldung habe auf einer fehlerhaften rechtlichen Einschätzung beruht.
d) Es sprechen schließlich auch keine rechtlich vernünftigen Gründe dafür, nunmehr rückwirkend in das jahrelang mit Billigung aller Beteiligten bestehende Versicherungsverhältnis einzugreifen. Schwerwiegende Fehler, Ungereimtheiten oder Erschleichung eines Versicherungsschutzes sind auszuschließen. Gerade, weil eine solche in die Vergangenheit zielende Umwandlung eines jahrelang aus dem Blickwinkel verschiedenster Beteiligter zutreffenden Rechtszustandes zu Unklarheiten und Unsicherheiten führt, hat das Bundessozialgericht den einleuchtenden Rechtssatz formuliert, dass die Versicherungsverhältnisse grundsätzlich nicht nachträglich geändert werden sollen (vgl. hierzu etwa: Bundessozialgericht, Urteil vom 08. Dezember 1999, - B 12 KR 12/99 R, zitiert nach juris). Der Gedanke von der Kontinuität eines Versicherungslebens, wonach Änderungen darin erst für die Zukunft gelten sollen, ist ein beachtlicher Grundsatz und Grundlage einer soliden Zukunftssicherung. Eine Konstellation, die es gebieten würde, hiervon vorliegend eine Ausnahme zu machen, liegt im Hinblick die vorstehenden Erwägungen zum Überwiegen der Merkmale, die für eine abhängige Beschäftigung sprechen, nach Auffassung der Kammer nicht vor.
3. a) Wenn die Klägerin nach alledem mit ihrem Begehren auf Feststellung der Versicherungsfreiheit in allen Zweigen der Sozialversicherung nicht durchzudringen vermochte, war die Klage auch hinsichtlich des Anfechtungsbegehrens abzuweisen. Denn die Klägerin war in dem zur Beurteilung gestellten Zeitraum ab dem 01. Juli 2000 mehr als nur geringfügig abhängig beschäftigt und unterlag daher nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V, § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB VI, § 20 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB XI sowie § 25 SGB III der Versicherungspflicht in der Gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung, in der Sozialen Pflegeversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung, wobei – auch dies hat die Beklagte zutreffend festgestellt – die Versicherungspflicht in der Kranken- und Pflegeversicherung wegen der Überschreitung der Jahresarbeitsentgeltgrenze am 31. Dezember 2004 endete (§ 6 Abs. 4 SGB V).
b) Schließlich hat die Beklagte mit den angegriffenen Bescheiden nach deren Auslegung und ihrem Gesamtzusammenhang insbesondere nicht nur über die Versicherungspflicht dem Grunde nach entschieden, sondern – zumindest im Widerspruchsbescheid vom 17. Oktober 2006 – eine umfassende Entscheidung für den zur Beurteilung gestellten Zeitraum herbeigeführt, so dass es sich nicht lediglich um eine rechtswidrige Elementenfeststellung handelt (vgl. zu diesem Aspekt eingehend: Bundessozialgericht, Urteil vom 11. März 2009, - B 12 R 11/07 R, zitiert nach juris). Die Problematik der unzulässigen Elementenfeststellung und der Verpflichtung zur konkreten Verbescheidung über das Vorliegen der Versicherungspflicht stellt sich im Übrigen nach Auffassung der Kammer schon deshalb nicht, weil für die Klägerin in der Vergangenheit – entsprechend ihrem Bruttoarbeitsentgelt – tatsächlich Gesamtsozialversicherungsbeiträge abgeführt worden sind und die entsprechenden Beitragsbescheide nach Aktenlage bestandskräftig geworden sind (vgl. hierzu auch: Sozialgericht Neuruppin, Urteil vom 15. September 2010, - S 25 KR 186/06 sowie Urteil vom 06. Oktober 2010, - S 25 KR 73/06, jeweils zitiert nach juris).
4. Angesichts des Verfahrensausgangs besteht kein Anlass, der Klägerin ihre außergerichtlichen Kosten zu erstatten (§ 193 SGG). Auch hält es die Kammer nicht für geboten, der unterlegenen Klägerin eventuelle Kosten der Beigeladenen zu 1) aufzuerlegen.