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Leistungsgruppen - Disponentin - Überprüfungsverfahren


Metadaten

Gericht LSG Berlin-Brandenburg 3. Senat Entscheidungsdatum 30.03.2012
Aktenzeichen L 3 R 1007/10 ECLI
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen § 256a SGB 6, § 259a SGB 6, § 44 SGB 10, Anl 1 FRG, Art 3 GG

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 26. August 2010 wird zurückgewiesen.

Kosten sind für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Klägerin begehrt von der Beklagten eine höhere Neufeststellung ihrer Altersrente.

Die 1936 geborene Klägerin durchlief in der DDR von 1942 bis 1951 die allgemeine Schulbildung und vom 01. September 1951 eine Kellnerlehre. Danach war sie als Revisionsarbeiterin, Serviererin, Telefonistin, Schreibkraft, Fakturistin, Maschinenschreiberin, Kontoristin und Sachbearbeiterin tätig. Ab dem 01. Januar 1959 durchlief sie eine mit der vor der Staatlichen Prüfungskommission des Rates des Stadtbezirks Berlin-Lichtenberg am 15. Dezember 1960 abgelegten Prüfung abgeschlossene Ausbildung als Handelskaufmann. Im Anschluss war sie als Abrechnungsprüfer, Haushaltsbearbeiter, Betriebsstellenprüferin, Mitarbeiterin in der Abteilung Arbeit bzw. technische Kraft einer Handelsgesellschaft, Gaststättenbuchhalterin, Hilfssachbearbeiterin, Wettbewerbsbearbeiterin, Arbeitsökonomin, Arbeitskräftelenker, Aushilfe in einem Tabak- und Industriemaschinenbetrieb und Einmannkassierer tätig. Ab 01. Januar 1971 war sie als Disponentin, ab 14. Januar 1975 als Sachbearbeiterin für Technik, ab 27. Februar 1975 als Vertragssachbearbeiterin, ab 01. Januar 1976 als Erste Vertragssachbearbeiterin, ab 01. Januar 1980 als Leiter der Wohnungsverwaltung 26, ab 01. Juni 1981 als Gruppenleiter Ferien-/ Wohnungswesen, ab 01. Dezember 1981 als Sachbearbeiter Planung und Abrechnung beschäftigt, vgl. Arbeitsverträge vom 01. Dezember 1981 und 01. Dezember 1983 nebst Funktionsplan vom 25. Januar 1984.

Die Klägerin wurde am 22. August 1986 ausgebürgert und siedelte in die Bundesrepublik Deutschland über. Mit Bescheid vom 19. September 1986 erkannte der Berliner Senator für Schulwesen, Berufsausbildung und Sport ihre Prüfung als Handelskaufmann als gleichwertig mit der Abschlussprüfung als Kauffrau im Groß- und Außenhandel an.

Die Beklagte gewährte der Klägerin mit Bescheid vom 25. Juli 1996, neu festgestellt mit Bescheid vom 25. August 1998 ab dem 01. Oktober 1996 Altersrente für Frauen. Dabei ermittelte die Beklagte für die von der Klägerin im Beitrittsgebiet zurückgelegten Pflichtbeitragszeiten Entgeltpunkte aufgrund der Anlagen 1 bis 16 zum Fremdrentengesetz (FRG) und nahm u.a. folgende Zuordnung vor:

- 20. August 1969 bis 31. Januar 1975

Angestellte

Leistungsgruppe (LG) 4

- 01. Februar 1975 bis 30. November 1976

Angestellte

LG 3   

- 01. Januar 1977 bis 30. November 1977

Angestellte

LG 3   

- 01. Januar 1978 bis 30. September 1978

Angestellte

LG 3   

- 01. Januar 1979 bis 31. Oktober 1979

Angestellte

LG 3   

- 01. Januar 1980 bis 31. Oktober 1980

Angestellte

LG 3   

- 01. Januar 1981 bis 30. September 1981

Angestellte

LG 3   

- 01. Dezember 1981 bis 30. November 1982

Angestellte

LG 3   

- 01. Januar 1983 bis 30. September 1985

Angestellte

LG 3   

- 01. Januar 1986 bis 31. August 1986

Angestellte

LG 3   

Die Beklagte lehnte einen hiergegen gerichteten Überprüfungsantrag vom 24. Oktober 2003 mit Bescheid vom 30. Oktober 2003 ab. Den hiergegen gerichteten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 29. März 2004 bestandskräftig zurück.

Mit Schreiben vom 19. Dezember 2005 stellte die Klägerin einen weiteren Überprüfungsantrag und machte geltend, stets auf Ingenieurplanstellen mit selbständigen Arbeitsgebieten bei einer Entlohnung gearbeitet zu haben, welche bei der Rentenberechnung Berücksichtigung finden müsse. Die Beklagte lehnte diesen Überprüfungsantrag mit Bescheid vom 08. Januar 2007 ab.

Die Klägerin erhob am 02. Februar 2007 Widerspruch und hat ihr Begehren zunächst im Rahmen einer am 04. Juli 2007 erhobenen Untätigkeitsklage weiterverfolgt. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 14. August 2007 zurück. Die Anwendung hier vorgenommene von § 259a des Sechsten Buchs des Sozialgesetzbuchs (SGB VI) sei mit höherrangigem Recht vereinbar, und eine höhere Einstufung der Klägerin komme nicht in Betracht. Die Klägerin hat in der Folgezeit die Klage umgestellt und die Verpflichtung der Beklagten begehrt, Altersrente für Frauen unter Ermittlung von Entgeltspunkten nach §§ 256a und 256b SGB VI, hilfsweise unter Berücksichtigung der LG 1 zum FRG für ihre Tätigkeiten vom 01. Januar 1975 bis zum 31. August 1986 neu festzustellen. Sie hat zur Begründung ausgeführt, dass die der Rentenberechnung zugrunde liegenden Zeiten zutreffend festgestellt worden seien. Jedoch sei angesichts ihrer hochqualifizierten Führungstätigkeit die Einstufung der Klägerin fehlerhaft.

Die Beklagte erkannte unter dem 26. Februar 2010 den klägerischen Anspruch teilweise an, indem sie die Klägerin für die Zeit vom 02. September 1981 bis zum 30. November 1981 der LG 2 zuordnete. Das SG hat die Klage, nachdem die Klägerin das Teilanerkenntnis der Beklagten angenommen hatte, mit Urteil vom 26. August 2010 abgewiesen. Es hat zur Begründung ausgeführt, dass die Anwendung des § 259a SGB VI im Fall der Klägerin rechtlich nicht zu beanstanden sei. Die einfachgesetzlichen Anwendungsvoraussetzungen seien erfüllt; die Anwendung der Vorschrift verstoße weder gegen den allgemeinen Gleichheitssatz noch gegen die Eigentumsgarantie. Es sei rechtlich auch nicht zu beanstanden, dass die Beklagte die Klägerin in der Zeit vom 01. Januar 1975 bis zum 21. August 1985 nicht in die LG 1 der Rentenversicherung der Angestellten eingruppiert habe, weil die Klägerin in diesem Zeitraum keine Angestellte in leitender Stellung mit Aufsichts- und Dispositionsbefugnis gewesen sei. Zunächst sei festzustellen, dass für die Einstufung in die LGen des FRG auf die von der Klägerin in der DDR tatsächlich erzielten Entgelte nicht abzustellen sei. Dass anstelle des tatsächlich erzielten Entgelts bei der Ermittlung der persönlichen Rentenbemessungsgrundlage Tabellenwerte nach dem FRG zugrunde gelegt würden, verstoße nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) nicht gegen Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG). Eine Berücksichtigung der in den Herkunftsländern erzielten Verdienste sei dabei nicht möglich. Ferner komme eine Einstufung der Klägerin in die LG 1 nach der Rechtsprechung des BSG nicht in Betracht. Aus dem System der LGen, die aufeinander aufbauten, ergebe sich, dass eine Einstufung in die LG 1 bei einer kontinuierlichen und ununterbrochenen beruflichen Tätigkeit im Regelfall zumindest die Vollendung des 45. Lebensjahrs voraussetze, so dass eine Zuerkennung der LG 1 für die Zeit vor Vollendung des 45. Lebensjahrs der Klägerin am 2. September 1981 eben schon deshalb ausscheide. Im Übrigen sei nicht ersichtlich, dass die Klägerin Unterschriftsbefugnis und Zahlungsanweisungsbefugnis gehabt habe oder ihr Mitarbeiter unterstellt gewesen seien.

Die Klägerin hat gegen das ihr am 30. September 2010 zugestellte Urteil am 29. Oktober 2010 Berufung eingelegt. Sie vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen. Das angefochtene Urteil sei vor allem deshalb rechtsfehlerhaft, weil es bezüglich der Anwendung des FRG auf den Fall der Klägerin gegen höherrangiges Recht verstoße. Es liege eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung vor, welche gegen Art. 3 GG und den Einigungsvertrag verstoße. Auch die Eingruppierung nach dem FRG sei fehlerhaft.

Die Beklagte erließ unter dem 02. November 2010 zum Teilanerkenntnis vom 26. Februar 2010 einen Ausführungsbescheid, mit welchem sie u.a. für die Zeit vom 01. Januar 1975 bis zum 26. Februar 1975 die LG 4 zugrunde legte. Mit Änderungsbescheid vom 16. Februar 2012 legte sie für die Zeit ab 14. Januar 1975 die LG 3 zugrunde.

Die Klägerin beantragt (sachdienlich gefasst),

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 26. August 2010 aufzuheben sowie den Bescheid der Beklagten vom 08. Januar 2007 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 14. August 2007 und der Bescheide vom 02. November 2010 und 16. Februar 2012 abzuändern und die Beklagte zu verpflichten, den Bescheid vom 25. August 1998 teilweise zurückzunehmen und die Altersrente für Frauen ausschließlich unter Zugrundelegung von Entgeltpunkten nach § 256a und § 256b SGB VI, hilfsweise die Rente unter Zugrundelegung einer höheren Leistungsgruppeneinstufung nach der Anlage 1 zum Fremdrentengesetz für die Zeit vom 01. Januar 1975 bis zum 21. August 1986 neu festzustellen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Die Beteiligten haben mit Schriftsätzen vom 16. und 17. August 2011 ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch den Berichterstatter anstelle des Senats erklärt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vortrags der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten und beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen und inhaltlich Bezug genommen, welche vorgelegen haben und Gegenstand der Urteilsfindung gewesen sind.

Entscheidungsgründe

Der Berichterstatter kann anstelle des Senats im schriftlichen Verfahren ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung entscheiden, nachdem die Beteiligten hierzu ihr Einverständnis erklärt haben, vgl. §§ 155 Abs. 3 und 4, 153 Abs. 1 in Verbindung mit § 124 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG).

Die zulässige Berufung der Klägerin ist unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 08. Januar 2007 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 14. August 2007 und der – gemäß § 96 SGG zum Gegenstand des vorliegenden Verfahrens gewordenen - Bescheide vom 02. November 2010 und 16. Februar 2012 ist rechtmäßig und beschwert die Klägerin nicht. Die Voraussetzungen für eine weitergehende teilweise Rücknahme des Bescheids vom 25. August 1998 nach der hierfür einzig in Betracht zu ziehenden Rechts- bzw. Anspruchsgrundlage aus § 44 Abs. 1 S. 1 des Zehnten Buchs des Sozialgesetzbuchs (SGB X) liegen nicht vor.

Nach § 44 Abs. 1 S. 1 SGB X ist, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsakts das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen.

Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Die Rente der Klägerin wurde mit den Bescheiden vom 25. August 1998, 02. November 2010 und 16. Februar 2012 im hier streitigen Teil letztlich zutreffend festgestellt. Die Klägerin hat keinen weitergehenden Anspruch auf Neufeststellung ihrer Rente.

So hat die Klägerin zunächst mit ihrem Hauptantrag keinen Erfolg.

Die Höhe der bei der Rentenberechnung zugrundezulegenden Entgeltpunkte (vgl. §§ 63 Abs. 2, 6; 64 Nr. 1 SGB VI) bestimmt sich für die von der Klägerin im Beitrittsgebiet zurückgelegten Zeiten ausschließlich nach § 259a SGB VI. Eine Rentenfeststellung nach den tatsächlich erzielten Arbeitsentgelten kommt insofern nicht in Betracht.

Als Sonderregelung zu § 256a SGB VI bestimmt § 259a Abs. 1 S. 1 SGB VI, dass für Versicherte, die vor dem 01. Januar 1937 geboren sind und die ihren gewöhnlichen Aufenthalt zuletzt vor dem 19. Mai 1990 im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland ohne das Beitrittsgebiet hatten, anstelle der nach den §§ 256a und § 256b für Beitragszeiten im Beitrittsgebiet zu ermittelnden Werte Entgeltpunkte auf Grund der Anlagen 1 bis 16 zum FRG ermittelt werden.

Da die Klägerin am 02. September 1936 geboren ist, findet diese Vorschrift unzweifelhaft auf sie Anwendung. Damit gehörte sie zum Personenkreis der Rentenberechtigten, welcher vom Überführungsprogramm des Einigungsvertrags (EV) und von den diesen umsetzenden nachfolgenden - rentenrechtlichen - Bestimmungen gerade nicht erfasst wird. Dies hat zur Folge, dass „DDR-Recht“ auch nicht als sekundäres Bundesrecht übergangsrechtlich auf sie und auf die von ihm in der ehemaligen DDR „erworbenen Rechte“ Anwendung findet (vgl. § 20 des Gesetzes zur Angleichung der Bestandsrenten an das Nettorentenniveau der Bundesrepublik Deutschland und zu weiteren rentenrechtlichen Regelungen <Rentenangleichungsgesetz - RAG> vom 28. Juni 1990 <GBl. I Nr. 38 S 495, 1457; EV Anlage II Kapitel VIII F Abschn. III Nr. 8>). Ihr Rentenanspruch richtet sich, ohne dass in irgendeiner Weise „DDR-Verhältnisse“ bei der Rentenberechnung von Bedeutung wären, ausschließlich nach dem bis zum 18. Mai 1990 geltenden Recht der Bundesrepublik Deutschland, das in seiner Grundstruktur für die Zeit ab 01. Januar 1992 im SGB VI weitergeführt wurde (vgl. BSG, Urteil vom 29.07.1997 - 4 RA 56/95 -, zitiert nach juris Rn. 14).

Der oben genannte Stichtag 18. Mai 1990 bildete rentenrechtlich eine Zäsur, wie bereits Art. 20 Abs. 7 des Staatsvertrages i.V.m. Art. 23 § 1 des Gesetzes zu dem Vertrag vom 18. Mai 1990 über die Schaffung einer Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der DDR vom 25. Juni 1990 (BGBl. II S. 518) zeigt. Danach gilt für diejenigen, die - wie die Klägerin - vor dem 18. Mai 1990 in die Bundesrepublik Deutschland übergesiedelt waren und hier ihren gewöhnlichen Aufenthalt hatten, ausschließlich das Rentenrecht der Bundesrepublik Deutschland. Damit unterliegen sie den Bestimmungen des FRG und infolgedessen dem das FRG tragenden Prinzip der Eingliederung. Nach diesem Prinzip werden alle in die Bundesrepublik Deutschland zugewanderten Personen wegen Verlustes ihres Versicherungsschutzes rentenrechtlich so gestellt, als hätten sie ihn in der Bundesrepublik Deutschland (ohne das Beitrittsgebiet) erworben, obgleich sie entsprechende Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung nicht erbracht hatten; sie werden also so behandelt, als ob sie ihre bisherigen Tätigkeiten unter der Wirksamkeit deutscher Rechtsnormen zurückgelegt hätten. Das dabei angestrebte Ziel einer Gleichstellung von Vertriebenen und Flüchtlingen, die ihr Arbeitsleben unter den unterschiedlichsten Bedingungen in den Herkunftsländern und unter sehr unterschiedlichen Wirtschafts- und Sozialstrukturen verbracht hatten, ließ sich, ohne dass Art. 3 Abs. 1 GG verletzt wurde, nur durch Typisierungen und verhältnismäßig grobe Pauschalierungen erreichen, wobei Härten in Einzelfällen bei solchen generalisierenden Regelungen unvermeidlich und hinzunehmen sind (BSG, a.a.O., Rn. 15 unter Hinweis auf BVerfG, Beschluss vom 01. August 1984 - 1 BvR 1396/83 -, SozR 5050 § 22 Nr 16).

Hiervon ausgehend hat die Klägerin auch mit ihrem Hilfsantrag keinen Erfolg. Sie kann eine höhere Rente unter Einstufung in höhere LGen in der Zeit vom 01. Januar 1975 bis zum 21. August 1986 nicht beanspruchen.

Eine Einordnung in die LG 1 der Anlage 1 Buchst. b zum FRG (LG 1 etc.) scheidet für den gesamten Zeitraum von vornherein aus. Diese umfasst nach der Definition der Anlage 1 Buchst. b zum FRG alle Angestellten in leitender Stellung mit Aufsichts- und Dispositionsbefugnis. Die fünf LGen, in welche sich die Anlage 1 Buchst. b zum FRG gliedert, setzen sich aus den Definitionen und – außer bei der LG 1 – aus beispielhaft aufgeführten Berufsbezeichnungen (Berufskatalogen) zusammen. Dabei ist die Einstufung nach der Berufsbezeichnung nur maßgebend, wenn sich nicht nach den Merkmalen der ausgeübten Beschäftigung eine Einstufung in eine andere LG ergibt. Die Einstufung nach den Beschäftigungsmerkmalen der Definition hat also Vorrang vor der Einstufung nach der Berufsbezeichnung. Bei Auslegung einer jeden Definition ist das Gesamtgefüge zu beachten. Die Definitionen stehen in einer Stufenfolge, wobei jeweils die höhere Stufe weitergehende Voraussetzungen fordert. Für die gegenüber der LG 2 umfassendere Dispositionsbefugnis der Angestellten der LG 1 ist in der Regel eine unternehmerische Funktion jedenfalls hinsichtlich eines wesentlichen Teilbereichs des Unternehmens oder der Dienststelle erforderlich, die selbständig und verantwortlich wahrgenommen werden muss (BSG, Urteil vom 24. November 1965 - 11/1 RA 352/62 -, zitiert nach juris. Rn. 12). Notwendig ist zudem, dass ein Angestellter, der zur LG 1 gehört, auch ein besonderes Maß beruflicher Erfahrung im übertragenen Tätigkeitsbereich besitzt, das die bereits als besondere Erfahrung definierten Merkmale der LG 2 übersteigt. Beil alldem sind auch die an Hochschulen und Universitäten für Berufe wissenschaftlich ausgebildeten Angestellten nach den dargelegten Maßstäben einzustufen. Allein die Ausübung eines Berufs mit abgeschlossener Hochschulausbildung reicht für die Zuordnung in die LG 1 nicht aus. Bei Akademikern kommt die höchste LG 1 in der Regel frühestens nach langjähriger Berufstätigkeit mit Vollendung des 45. Lebensjahres in Betracht, wenn das erforderliche besonders hohe Maß an beruflicher Erfahrung über die besonderen Erfahrungen der LG 2 hinaus erworben ist. Diese Höherstufung aus der LG 2 in die LG 1 ist auch nicht automatisch vorzunehmen. Neben den besonderen Berufserfahrungen ist eine Steigerung der Aufsichts- und Dispositionsbefugnis in Folge des weiteren beruflichen Aufstiegs zu verlangen. Zur besonderen Erfahrung bei entsprechendem beruflichen Erfolg muss im Übrigen die weitgehende unternehmerische Entscheidungsbefugnis hinzukommen. Ein aus der Natur der Sache begründetes, bloß fachliches Weisungsrecht gegenüber anderen Mitarbeitern genügt nicht für die Einordnung in die LG 1. Denn Angestellte in leitender Stellung mit Aufsichts- und Dispositionsbefugnis können in der Regel nur solche Personen sein, die als Leiter einer größeren Dienststelle über Anstellung, Einsatz und Entlassung des dazu gehörigen Personals, mithin über Bestand und Entwicklung des Unternehmens oder des Betriebes zu bestimmen haben (BSG, Urteil vom 16. Februar 1971 - 1/11 RA 234/69 -, zitiert nach juris Rn. 19).

Hieran gemessen lagen die Voraussetzungen der LG 1 im streitigen Zeitraum vom 1. Januar 1975 bis zum 21. August 1986 im Fall der Klägerin bei Weitem nicht vor. Der begehrten Einstufung steht bereits grundsätzlich entgegen, dass die am 02. September 1936 geborene Klägerin das 45. Lebensjahr im streitigen Zeitraum erst am 02. September 1981 vollendet hatte. Sie hatte im Übrigen auch keine derart herausgehobene Stellung inne, welche bis dahin eine Ausnahme gerechtfertigt hätte. Denn sie vermag keine besonders qualifizierte und längere Zeit in Anspruch nehmende Ausbildung vorzuweisen, welche etwa einen Qualifikationsgrad wie nach einem Hochschulstudium vermittelt. Ihre – später als gleichwertig mit der Abschlussprüfung als Kauffrau im Groß- und Außenhandel anerkannte - Ausbildung als Handelskaufmann, welche kaum zwei Jahre dauerte, reicht hiefür nicht aus. Aber auch nach Ablauf des 45. Lebensjahrs kommt eine Einstufung in die LG 1 nicht in Betracht, weil nichts dafür vorliegt, dass sich die Tätigkeit der Klägerin in einem Rahmen abspielte, welchem erhebliche wirtschaftliche Bedeutung zukam, bzw. dass die Klägerin unternehmerische Funktionen hinsichtlich eines wesentlichen Teilbereichs des Unternehmens oder der Dienststelle selbständig und selbstverantwortlich wahrnahm.

Die Klägerin ist für den verfahrensgegenständlichen Zeitrum im Übrigen auch nicht, soweit die Beklagte dies nicht bereits für die Zeit vom 02. September bis zum 30. November 1981 teilweise anerkannt hat und in den Bescheiden vom 02. November 2010 und 16. Februar 2012 ausführte, in die LG 2 einzustufen. Diese umfasst Angestellte mit besonderen Erfahrungen und selbständigen Leistungen in verantwortlicher Tätigkeit mit eingeschränkter Dispositionsbefugnis, die Angestellte anderer Tätigkeitsgruppen einzusetzen und verantwortlich zu unterweisen haben, außerdem Angestellte, die als Obermeister, Oberrichtmeister oder Meister mit hohem beruflichem Können und besonderer Verantwortung großen Werkstätten oder Abteilungen vorstehen. Mit Ausnahme der Berufe Chefkameramann, Oberarzt, leitender Wirtschafter (Landwirtschaft), Mitglied von Kulturorchestern verlangen die Regelbeispiele ein Mindestalter von 45 Jahren, welches die Klägerin erst am 02. September 1981 erreichte, was die Beklagte im Übrigen zum Anlass nahm, sie ab eben diesem Zeitpunkt für ihre Tätigkeit als Gruppenleiterin Ferien-/ Wohnungswesen in die LG 2 einzustufen. Für ihre anschließende Tätigkeit als Sachbearbeiterin für Planung und Abrechnung bestehen wiederum keine Anhaltspunkte für eine auch von der LG 2 geforderte, auch nur eingeschränkte Dispositionsbefugnis und Leitungsfunktion, zumal der vorgelegte Funktionsplan eine Unterschrifts- und Zahlungsanweisungsbefugnis ausdrücklich verneint. So bewendet es ab dem 14. Januar 1975 im Übrigen bei der in von der Beklagten vorgenommenen Einordnung in die LG 3.

Für die Zeit vom 01. Januar 1975 bis zum 13. Januar 1975, für welche die Beklagte die Klägerin in die LG 4 einordnete, kommt eine Höherstufung in die LG 3 nicht in Betracht. Zur LG 3 gehören Angestellte mit mehrjähriger Berufserfahrung oder besonderen Fachkenntnissen und Fähigkeiten oder mit Spezialtätigkeiten, die nach allgemeiner Anweisung selbständig arbeiten, jedoch keine Verantwortung für die Tätigkeit anderer tragen; als Beispiel sind u.a. Bauführer, Ingenieure, Konstrukteure und Techniker, jeweils 30 bis 45 Jahre alt, aufgeführt, aber auch Stenotypistinnen und Verkäuferinnen, die über 45 Jahre alt sind, und auch Einkäufer bis 45 Jahre, hier also ohne altersmäßige Begrenzung nach unten. Zur LG 4 gehören hingegen Angestellte ohne eigene Entscheidungsbefugnis in einfacher Tätigkeit, deren Ausübung eine abgeschlossene Berufsausbildung oder durch mehrjährige Berufstätigkeit, den erfolgreichen Besuch einer Fachschule oder durch privates Studium erworbene Fachkenntnisse voraussetzt; als Beispiele werden u.a. Bauführer, Ingenieure und kaufmännische Kalkulatoren, bis 30 Jahre alt, auch Verkäufer im Alter von 30 bis 45 Jahren genannt.

Dies zugrunde gelegt kommt eine Höherstufung der Klägerin für ihre bis zum 13. Januar 1975 währende Tätigkeit als Disponentin beim VEB Chemiehandel Dresden nicht in Betracht. Es kann dahinstehen, ob die Klägerin damals als Disponentin nach allgemeiner Weisung selbständig arbeitete, wofür die Tätigkeitsbezeichnung Disponentin sprechen mag. Der Senat vermag zunächst nichts für besondere Fachkenntnisse und Fähigkeiten oder Spezialtätigkeiten zu erkennen, welche die Klägerin bereits in der Zeit vor dem 14. Januar 1975 über die LG 4 hätten hinaus heben können. Für besondere Fachkenntnisse und Fähigkeiten oder Spezialtätigkeiten ist weder etwas auch nur ansatzweise vorgetragen oder sonst ersichtlich. Auch eine mehrjährige Berufserfahrung lag bis zum vorgenannten Zeitpunkt nicht vor. Eine mehrjährige Berufserfahrung wird in der Regel erst durch eine längere praktische Berufstätigkeit erworben; die untere Grenze hierfür kann bei Erwerb besonders qualifizierter Kenntnisse weit unter einem Zehnjahreszeitraum liegen (BSG, Urteil vom 24. April 1997 - 13/4 RA 123/94 -, zitiert nach juris Rn. 24). Von ihrer am 15. Dezember 1960 abgeschlossenen Ausbildung als Handelskaufmann an war die Klägerin in einer Vielzahl unterschiedlicher, nicht immer ausbildungsspezifischer Berufe (Haushaltsbearbeiter, Betriebsstellenprüferin, Mitarbeiterin in der Abteilung Arbeit, technische Kraft, Gaststättenbuchhalterin, Hilfssachbearbeiterin, Wettbewerbsbearbeiter, Arbeitsökonom, Arbeitskräftelenker, Aushilfe und Einmannkassierer) und erst ab 01. Januar 1970 durchgehend bis zum 13. Januar 1975 lediglich fünf Jahre lang als Disponentin beschäftigt, ohne dass Anhaltspunkte für eine anderweitig gesammelte, einschlägige Berufserfahrung bzw. für den Erwerb besonders qualifizierender Kenntnisse vorliegen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und folgt dem Ausgang des Berufungsverfahrens in der Sache selbst, in welchem die Klägerin mit ihrem Begehren – bis auf die geringfügige Klaglosstellung durch den Bescheid vom 16. Februar 2012 - im Wesentlichen unterlegen ist.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil Zulassungsgründe nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG nicht vorliegen.