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Lohnsteuer


Metadaten

Gericht FG Berlin-Brandenburg 12. Senat Entscheidungsdatum 22.06.2011
Aktenzeichen 12 K 12068/11 ECLI
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen

Tenor

Die Lohnsteueranmeldung für September 2007 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 20. November 2007 wird dahingehend geändert, dass die Klägerin für die ihren Außendienstmitarbeitern gewährten Aufwandsentschädigungen insoweit keine Lohnsteuer einzubehalten und abzuführen hat, als diese € 1 250 pro Jahr pro Mitarbeiter nicht übersteigen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens werden gegeneinander aufgehoben.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs der Klägerin abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Lohnsteueranmeldung September 2007 der Klägerin.

Die Klägerin ist eine bundesunmittelbare Körperschaft des öffentlichen Rechts mit Selbstverwaltung. Zu ihren Aufgaben ... gehören u.a. Betriebsprüfungen bei Arbeitgebern .... Diese Aufgaben werden von Außendienstmitarbeitern im Prüfdienst der Klägerin wahrgenommen. Die Klägerin stellt den Außendienstmitarbeitern keinen Arbeitsplatz zur Verfügung. Die entsprechenden Mitarbeiter müssen daher in ihrem Privatbereich eine Arbeitsmöglichkeit vorhalten, deren Büroeinrichtung (Schreibtisch, Bürostuhl, Aktenschränke, EDV-Ausstattung, dienstlicher Fernsprechanschluss und Schreibtischleuchte) die Klägerin bereitstellt. Die Klägerin gewährt ihren Außendienstmitarbeitern zudem eine pauschale Aufwandsentschädigung in Höhe von € 117 monatlich, mit der die Notwendigkeit der Anmietung bzw. des Erwerbs einer größeren Wohnung sowie die entstehenden Kosten für Heizung, Strom und Reinigung abgegolten werden. Die Aufwandsentschädigung wird im Einvernehmen mit dem für das Besoldungsrecht zuständigen Ministerium, dem Bundesministerium des Inneren (BMI), gewährt. Nach dem Einvernehmen kann die Aufwandsentschädigung nur gezahlt werden, wenn der Aufwand aus dienstlicher Veranlassung entsteht, die Übernahme dem Empfänger nicht zugemutet werden kann, im Haushaltsplan entsprechende Mittel zur Verfügung gestellt sind und der Aufwand steuerrechtlich als dem Grunde nach abzugsfähige Werbungskosten einzuordnen ist. In den Haushalt der Klägerin sind mit Genehmigung ihrer Aufsichtsbehörden, dem Bundesministerium D und dem E, entsprechende Haushaltsmittel eingestellt.

Die Klägerin leistet die Aufwandsentschädigung auf Antrag des jeweiligen Beschäftigten. Mit dem Antrag bestätigt der Mitarbeiter, dass er über ein Arbeitszimmer verfüge und dieses für seine Tätigkeit nutze. Die Klägerin überwacht diese Angaben im Rahmen der regelmäßigen Büro- und Kassenprüfungen durch die Dienstvorgesetzten der Mitarbeiter vor Ort. Sofern sie dabei feststellt, dass der Mitarbeiter nicht über ein Arbeitszimmer verfügt, erteilt der Vorgesetzte der Personalabteilung der Klägerin einen entsprechenden Hinweis und die Klägerin stellt zum einen die Zahlung der Aufwandsentschädigung ein und fordert zum anderen überzahlte Beträge zurück. Die Klägerin gibt ihren Außendienstmitarbeitern dabei bestimmte Vorgaben für ein Arbeitszimmer, das zum Erhalt einer Aufwandsentschädigung berechtigt, vor. So soll das Arbeitszimmer u.a. mindestens 8 m2 groß sein.

Der Beklagte führte bei der Klägerin in den Jahren 2005/2006 eine Lohnsteuer-Außenprüfung betreffend den Zeitraum 2001 bis 2004 durch, die dann hinsichtlich des Sachverhaltes „Aufwandsentschädigungen für die Bereitstellung eines beruflich genutzten Arbeitszimmers im privaten Wohnbereich“ auf das Jahr 2005 erweitert wurde. Der Beklagte vertrat danach die Auffassung, dass die Klägerin zu wenig Lohnsteuer einbehalten habe. Er forderte die Klägerin auf, im Jahr 2006 die den Betrag von € 1 250,00 übersteigenden Aufwandsentschädigungen dem Lohnsteuerabzug zu unterwerfen und ab dem Jahr 2007 die gesamte Aufwandsentschädigung als steuerpflichtigen Arbeitslohn zu behandeln. Der Prüfungsbericht datiert vom 09. Oktober 2010. Er erließ am 20. Oktober 2006 einen Haftungsbescheid, gegen den die Klägerin am 10. November 2006 Einspruch einlegte. Über den Einspruch hat der Beklagte noch nicht entschieden, sondern das Einspruchsverfahren gemäß § 363 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO) ausgesetzt. Dies hatte er der Klägerin mit Schreiben vom 09. Oktober 2007 mitgeteilt; daraufhin hatte diese der Verfahrensaussetzung mit Schreiben vom 12. Oktober 2007 widersprochen.

Mit dem Schreiben vom 12. Oktober 2007 legte die Klägerin gleichzeitig Einspruch gegen die Steueranmeldung für September 2007 insoweit ein, als für die gewährten Aufwandsentschädigungen Lohnsteuer einzubehalten und abzuführen war. Diesen Einspruch lehnte der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 20. November 2007 ab.

Die Klägerin trägt vor, dass sie eine öffentliche Kasse im Sinne des § 3 Nr. 12 des Einkommensteuergesetzes (EStG) sei. Ihre Außendienstmitarbeiter leisteten öffentliche Dienste i.S.v. R 13 LStR (Fassung bis 2007) bzw. R 3.12 LStR 2008. Die Arbeitszimmer ihrer Außendienstmitarbeiter seien für deren berufliche Tätigkeit wesentlich und prägend; sie stellten den Mittelpunkt ihrer beruflichen Tätigkeit und ihren Dienstsitz i.S.d. § 15 des Bundesbesoldungsgesetzes (BBesG) dar. Die von ihr geleistete Aufwandsentschädigung sei keine Entschädigung für Verdienstausfall oder Zeitverlust.

Die Klägerin ist der Auffassung, dass allein die jeweiligen Wohnsitzfinanzämter ihrer Mitarbeiter befugt seien, zu prüfen, ob die als Aufwandsentschädigungen gezahlten Beträge tatsächlich zum Bestreiten eines abziehbaren Aufwandes erforderlich seien. Bei der Prüfung, ob Erstattungsbeträge Werbungskosten abdeckten, sei nicht kleinlich zu verfahren und den Empfängern ein ins Einzelne gehender Nachweis nicht zuzumuten.

Zudem meint die Klägerin, dass der Beklagte seine Entscheidungskompetenz überdehnt habe, indem er ihr, der Klägerin, aufgegeben habe, die Aufwandsentschädigungen ab November 2006 teilweise und ab dem 01. Januar 2007 in voller Höhe der Steuerpflicht zu unterwerfen. Sie, die Klägerin, habe ihrerseits ca. 1 600 Kontrollmitteilungen an die jeweiligen Wohnsitzfinanzämter versandt, um diese letztendlich über die Steuerpflicht bzw. Steuerfreiheit der Leistungen entscheiden zu lassen. Der Beklagte verhalte sich auch überraschend, denn er habe diese Angelegenheit bereits im Jahre 2001 überprüft, dabei auch schon Kontrollmitteilungen versandt, jedoch keinerlei Vorgaben hinsichtlich der Steuerpflicht gemacht. Aus R 13 Abs. 2 Satz 5 der Lohnsteuer-Richtlinien (LStR, Fassung bis 2007) ergebe sich, dass eine Einzelfallprüfung eine unzulässige Überdehnung des Prüfungsrechts darstelle. Es sei nämlich nicht entscheidend, welche Aufwendungen einem einzelnen Steuerpflichtigen in einem einzelnen Jahr tatsächlich erwachsen seien, sondern ob Personen in gleicher dienstlicher Stellung im Durchschnitt der Jahre Aufwendungen etwa in Höhe der Aufwandsentschädigungen erwüchsen. Dies sei hier der Fall. Sie, die Klägerin, habe zusammen mit ihren Aufsichtsbehörden die Parameter für die Ermittlung der Höhe der pauschalierten Aufwandsentschädigung festgelegt; danach sei eine Nachprüfung durch den Beklagten nicht geboten, da hierzu kein Anlass von einigem Gewicht bestehe. Allenfalls könnten die jeweiligen Wohnsitzfinanzämter bei Bekanntwerden von Verdachtsmomenten Einzelfälle prüfen. Obwohl weder die von ihr, der Klägerin, gewährte Aufwandsentschädigung noch der Personenkreis der Anspruchsberechtigten durch Gesetz oder Verordnung bestimmt seien, sei ohne weiteren Nachweis oder Prüfung durch den Beklagten ein steuerlich anzuerkennender Aufwand bis zu einem Betrag von € 154,00 (ab dem 01. Januar 2008 € 175,00) monatlich anzuerkennen. Die von ihr, der Klägerin, an ihre Außendienstmitarbeiter geleistete Aufwandsentschädigung unterschreite diese Grenzbeträge.

Die Klägerin vertritt weiter die Ansicht, dass die häuslichen Arbeitszimmer ihrer Außendienstmitarbeiter den Mittelpunkt deren gesamter betrieblicher und beruflicher Tätigkeit darstellten, da ihre Mitarbeiter dort die anstehenden Prüfungen organisierten, die Prüfungsunterlagen auswerteten und Prüfberichte sowie ggf. auch Forderungsbescheide erstellten. Die zeitweilige Anwesenheit ihrer Außendienstmitarbeiter in den zu prüfenden Betrieben beeinträchtige nicht den qualitativen Schwerpunkt der Tätigkeit. Die Klägerin weist darauf hin, dass ihre Mitarbeiter ganz unterschiedliche Aufgaben hätten. So gebe es z.B. Prüfer, die im häuslichen Arbeitszimmer die Unterlagen der Finanzkontrolle Schwarzarbeit auswerteten. Bei diesen sei in keinem Falle ein Betriebsbesuch notwendig. Weder könne sie, die Klägerin, behaupten, alle betroffenen 1 600 Prüfer erfüllten die Voraussetzungen des vollständigen Abzugs der Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer, noch könne der Beklagte unterstellen, keiner dieser Prüfer erfüllte die Voraussetzungen.

Die Klägerin beantragt,

die Lohnsteueranmeldung für September 2007 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 20. November 2007 dahingehend zu ändern, dass für die ihren Außendienstmitarbeitern gewährten Aufwandsentschädigungen keine Lohnsteuer einzubehalten und abzuführen ist.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er macht geltend, dass die Arbeitszimmer der Mitarbeiter der Klägerin nicht den Mittelpunkt ihrer gesamten betrieblichen und beruflichen Tätigkeit bildeten; zudem prüfe die Klägerin auch nicht, ob die Außendienstmitarbeiter überhaupt über ein steuerrechtlich berücksichtigungsfähiges Arbeitszimmer verfügten und dementsprechend Werbungskosten geltend machen könnten.

Der Senat hat mit Beschluss vom 03. März 2010 das Ruhen des Verfahrens (ursprüngliches Aktenzeichen 12 K 12289/07) bis zum Abschluss des bei dem Bundesverfassungsgericht anhängigen Verfahrens 2 BvL 13/09 angeordnet. Nach Ergehen der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichs vom 06. Juli 2010 hat das Gericht das Verfahren unter dem jetzigen Aktenzeichen wieder aufgenommen.

Die Klage gegen den Haftungsbescheid des Beklagten vom 20. Oktober 2006 hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung zurückgenommen; daraufhin ist das Verfahren insoweit abgetrennt und eingestellt worden.

Entscheidungsgründe

1. Die Klage ist zulässig, aber nur teilweise begründet. Der Beklagte hat die von der Klägerin gewährten Aufwandsentschädigungen insoweit zu Recht der Lohnsteuer unterworfen, als die Klägerin ihren Mitarbeitern Aufwandsentschädigungen von mehr als € 1 250 pro Jahr gezahlt hat. Darüber hinaus ist ein Lohnsteuerabzug nicht gerechtfertigt.

a) Die Voraussetzungen des § 3 Nr. 12 Satz 1 EStG liegen nicht vor. Nach dieser Vorschrift sind aus einer Bundes- oder Landeskasse gezahlte Bezüge, die in einem Bundes- oder Landesgesetz oder einer auf bundes- oder landesgesetzlicher Ermächtigung beruhenden Bestimmung oder von der Bundesregierung oder einer Landesregierung als Aufwandsentschädigung festgesetzt sind und als Aufwandsentschädigung im Haushaltsplan ausgewiesen werden, steuerfrei. Maßgeblich ist, dass die Bezüge aus einer Bundes- oder Landeskasse gezahlt werden; eine Zahlung aus einer öffentlichen Kasse reicht hingegen nicht aus (Bergkemper in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, KStG, § 3 Nr. 12 EStG Anm. 10).

b) Hingegen sind die Voraussetzungen des § 3 Nr. 12 Satz 2 EStG insoweit erfüllt, als die jeweilige Aufwandsentschädigung den Betrag von € 1 250 pro Jahr nicht übersteigt.

aa) Nach § 3 Nr. 12 EStG sind Bezüge, die als Aufwandsentschädigung aus öffentlichen Kassen gezahlt werden, steuerfrei, soweit nicht festgestellt wird, dass sie für Verdienstausfall oder Zeitverlust gewährt werden oder den Aufwand, der dem Empfänger erwächst, offenbar übersteigen. Der Bundesfinanzhof (BFH) hat die Vorschrift verfassungskonform dahingehend ausgelegt, dass die Erstattung nur solcher Aufwendungen von der Steuer befreit ist, die als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abziehbar sind (BFH-Urteil vom 29. November 2006 - VI R 3/04, Bundessteuerblatt [BStBl.] II 2007, 308).

bb) Danach darf die Klägerin Aufwandsentschädigungen von bis zu € 1 250 vom Lohnsteuerabzug ausnehmen.

(1) Die Klägerin ist unstreitig eine öffentliche Kasse i.S.d. § 3 Nr. 12 Satz 2 EStG. Öffentliche Kassen sind inländische Kassen, die der Staatsaufsicht unterliegen (Bergkemper aaO. Anm. 13). Darunter fallen insbesondere Kassen der juristischen Personen des öffentlichen Rechts. Eine solche ist die Klägerin.

(2) Die Außendienstmitarbeiter der Klägerin verrichten auch öffentliche Dienste i.S.d. § 3 Nr. 12 Satz 2 EStG. Personen, die im Dienst einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft stehen, leisten grundsätzlich öffentliche Dienste (Bergkemper aaO., Anm. 15).

(3) Die von der Klägerin geleisteten Aufwandsentschädigungen stellen bei ihren Mitarbeitern insoweit Werbungskosten dar, als sie € 1 250 pro Jahr nicht übersteigen. In dieser Höhe können die Mitarbeiter Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer geltend machen. Gemäß § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b i.V.m. § 9 Abs. 5 EStG i.d.F. des Jahressteuergesetzes 2010, mit dem nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts in dem Verfahren 2 BvL 13/09 vom 06. Juli 2010 (Deutsches Steuerrecht [DStR] 2010, 1563) die bis 2007 geltende Rechtslage teilweise wiederhergestellt wurde, sind Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer nicht als Betriebsausgaben bzw. Werbungskosten anzuerkennen, es sei denn, für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit steht kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung oder das häusliche Arbeitszimmer bildet den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Tätigkeit. Im erstgenannten Fall ist der Betriebsausgaben- bzw. Werbungskostenabzug auf € 1 250 pro Jahr beschränkt; im zweiten Fall ist er unbegrenzt möglich.

Der Senat folgt nicht der Auffassung der Klägerin, dass die Arbeitszimmer ihrer Mitarbeiter den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Tätigkeit darstellen. Das häusliche Arbeitszimmer eines Steuerpflichtigen, der seine berufliche Tätigkeit teilweise in seinem Arbeitszimmer und teilweise außer Haus ausübt, ist nur dann Mittelpunkt der betrieblichen und beruflichen Tätigkeit, wenn der Steuerpflichtige in dem Arbeitszimmer diejenigen Handlungen vornimmt und Leistungen erbringt, die für den konkret ausgeübten Beruf wesentlich und prägend sind. Der Mittelpunkt bestimmt sich nach dem inhaltlichen, also qualitativen, Schwerpunkt der beruflichen Betätigung (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH-Beschluss vom 14. Juli 2010 - VI B 43/10, Sammlung der Entscheidungen des BFH [BFH/NV] 2010, 2053 m.w.N.). Wo dieser liegt, kann nur im Wege einer umfassenden Wertung der Gesamttätigkeit, die dem Finanzgericht als Tatsacheninstanz obliegt (vgl. BFH in BFH/NV 2010, 2053), festgestellt werden. Hier steht der Werbungskostenabzug von Außendienstmitarbeitern im Streit. Bei diesen liegt der qualitative Schwerpunkt der Tätigkeit regelmäßig in der Prüfung der Betriebe, also im Außendienst. Die Tätigkeit im häuslichen Arbeitszimmer stellt typischerweise die Vor- und Nachbereitung dieser Tätigkeit dar und macht selbst nicht den qualitativen Schwerpunkt der Tätigkeit aus (so etwa in dem Fall des FG Nürnberg, Urteil vom 23. April 2009 - 7 K 1954/2007, juris; im Grundsatz zustimmend Niedersächsisches FG, Urteil vom 17. November 2009 - 11 K 98/08, Entscheidungen der Finanzgerichte [EFG] 2010, 711). Das mag in Einzelfällen, so bei dem der Entscheidung des Niedersächsischen FG (in EFG 2010, 711) zugrunde liegenden Fall des Insolvenzprüfers, anders sein. Die Klägerin hat jedoch nichts dafür vorgetragen, dass die Prüfer, denen sie eine Aufwandsentschädigung gewährt, sämtlich ein von dem eines normalen Außenprüfers abweichendes Tätigkeitsbild aufweisen. Vielmehr räumt sie selbst ein, dass sie nicht behaupten könne, alle Prüfer, für die sie die Lohnsteuerfreiheit der Aufwandsentschädigung erreichen möchte, seien zum vollen Werbungskostenabzug im Hinblick auf das häusliche Arbeitszimmer berechtigt. Bei dieser Sachlage kommt nach den Grundsätzen des BFH, dass feststehen müsse, dass der Betrag der Aufwandsentschädigung bei dem Empfänger als Werbungskosten abziehbar ist, eine vollständige Befreiung der Aufwandsentschädigungen vom Lohnsteuerabzug nicht in Betracht.

In Höhe von € 1 250 pro Jahr sind die Aufwandsentschädigungen hingegen vom Lohnsteuerabzug auszunehmen. In dieser Höhe entstehen den Außendienstmitarbeitern Werbungskosten, die sie gemäß § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b i.V.m. § 9 Abs. 5 EStG geltend machen können, da die Klägerin ihnen - wie sie unwidersprochen vorgetragen hat - keinen anderen Arbeitsplatz zur Verfügung stellt. Diejenigen Arbeitnehmer, die die Aufwandsentschädigungen erhalten, verfügen alle über ein häusliches Arbeitszimmer. Die Klägerin hat nachvollziehbar dargelegt, dass sie eine entsprechende Erklärung von ihren Arbeitnehmern verlangt und deren Wahrheitsgehalt auch regelmäßig überprüft. Dem ist der Beklagte nicht substantiiert entgegengetreten; er hat lediglich behauptet, dass die Klägerin nicht prüfe, ob ihre Außendienstmitarbeiter überhaupt über steuerrechtlich berücksichtigungsfähige Arbeitszimmer verfügten. Angesichts der von der Klägerin eingereichten Unterlagen ist der Senat jedoch überzeugt, dass sie die Prüfungen wie vorgetragen vornimmt und dementsprechend gegebenenfalls die Gewährung von Aufwandsentschädigungen einstellt bzw. gezahlte Aufwandsentschädigungen zurückfordert. Dementsprechend kann die Klägerin ihren Außendienstmitarbeitern den Betrag von € 1 250 pro Jahr steuerfrei auszahlen. Der Senat verkennt dabei nicht, dass theoretisch Fälle denkbar sind, in denen einem Außendienstmitarbeiter zwar abzugsfähige Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer entstehen, diese jedoch den Betrag von € 1 250 pro Jahr nicht erreichen. Diese Fälle dürften jedoch praktisch nicht vorkommen. Der abzugsfähige Betrag entspricht monatlichen Aufwendungen von wenig über € 100; davon sind die Gebäudekosten einschließlich der Nebenkosten sowie die Kosten der raumbezogenen Ausstattung (Tapeten, Teppiche, Vorhänge, Deckenlampen etc.) zu bestreiten (vgl. Heinicke in L. Schmidt, EStG, 30. Auflage 2011, § 4 Rn. 591). Das dürfte bei einem Arbeitszimmer, das nach den Vorgaben der Klägerin mindestens 8 m2 groß sein sollte, kaum möglich sein. Wenn es doch ganz vereinzelt solche Fälle geben sollte, rechtfertigt dies nicht die Versagung der Befreiung vom Lohnsteuerabzug für die große Masse der Fälle. Vielmehr ist dann immer noch davon auszugehen, dass feststeht, dass den Außendienstmitarbeitern der Klägerin Werbungskosten in Höhe von € 1 250 pro Jahr entstehen.

2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 136 Abs. 1 Satz 1 FGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 151 FGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 10, 711 der Zivilprozessordnung (ZPO).