Gericht | LSG Berlin-Brandenburg 7. Senat | Entscheidungsdatum | 04.09.2013 | |
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Aktenzeichen | L 7 KA 96/11 | ECLI | ||
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 106 SGB 5 |
Bei der repräsentativen Einzelfallprüfung mit Hochrechnung müssen die Prüfgremien mindestens 20 % der Behandlungsfälle im Quartal prüfen, die Mindestzahl muss 100 betragen. Die zu prüfenden Einzelfälle sind nach generellen Kriterien zu ermitteln (BSG, Urteil v. 8. April 1992, Az.: 6 RKa 27/90; Urteil v. 27. Juni 2007, Az.: B 6 KA 44/06 R).
Diesen Anforderungen werden die Prüfgremien gerecht, wenn sie entsprechend dieser Vorgabe Behandlungsunterlagen anfordern, der Vertragsarzt die Behandlungsunterlagen aber teilweise nicht vorlegen kann. Die Prüfgremien sind dann nicht gehalten, weitere Behandlungsunterlagen von dem Vertragsarzt anzufordern, da dadurch die Auswahl nicht mehr nach abstrakt-generellen Kriterien erfolgt.
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 29. Juni 2011 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst tragen.
Die Revision wird zugelassen.
Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit von Honorarkürzungen wegen unwirtschaftlicher Behandlungsweise in den Quartalen II/1998 bis II/1999.
Der Kläger ist seit dem 1. Mai 1997 als Facharzt für Frauenheilkunde und Geburtshilfe niedergelassen. Er betreibt eine auf künstliche Befruchtungen spezialisierte Praxis, die in dem streitbefangenen Zeitraum als Gemeinschaftspraxis bestehend aus ihm und dem Beigeladenen zu 7), der ebenfalls Facharzt für Frauenheilkunde und Geburtshilfe ist, betrieben wurde. Beide Ärzte waren im Besitz der Genehmigung, die zur Durchführung von Maßnahmen der künstlichen Befruchtung nach § 121a Abs. 2 Sozialgesetzbuch/Fünftes Buch (SGB V) berechtigt. Der Prüfungsausschuss prüfte auf Antrag der Krankenkassen in den Quartalen II/1998 bis II/1999 die Honorarabrechnungen der damaligen Gemeinschaftspraxis hinsichtlich der Wirtschaftlichkeit und nahm mit Bescheiden vom 18. November 1998, 1. März 1999, 20. Mai 1999, 20. Juli 1999 und 8. November 1999 Honorarkürzungen vor. Kürzungen erfolgten bei den nicht budgetrelevanten OIII-Leistungen sowie der Ziffer 4955 EGM-Ä (Zytologische Untersuchung eines Materials unter Anwendung eines zytochemischen Sonderverfahrens, zum Beispiel Eisen-, PAS-Reaktion oder optischer Sonderverfahren-Interferenz oder Polarisationsmikroskopie). Mit den hiergegen eingelegten Widersprüchen wurde unter anderem geltend gemacht, dass die Praxis des Klägers ausschließlich reproduktionsmedizinisch tätig sei und nicht mit anderen Praxen, die ebenfalls Leistungen der Reproduktionsmedizin erbrachten, verglichen werden könne. Der Beklagte beschloss am 16. März 2000 folgende Maßnahmen:
II/1998 | Kürzung 30 % | Labor OIII wird auf 23 % reduziert |
III/1998 | Kürzung 30 % | Labor OIII wird bestätigt |
IV/1998 | Kürzung 60 % | GO-Nr. 4955 wird auf 25 % reduziert |
Kürzung 50 % | Labor OIII wird bestätigt | |
I/1999 | Kürzung 30 % | GO-Nr. 4955 wird aufgehoben |
Kürzung 60 % | Labor OIII wird bestätigt | |
II/1999 | Kürzung 60 % | GO-Nr. 4955 wird aufgehoben |
Kürzung 60 % | Labor OIII wird auf 55 % reduziert |
In dem anschließenden Klageverfahren vor dem Sozialgericht B (Az.: S 79 KA 230/00*71) hob das Sozialgericht die Entscheidung mit Urteil vom 25. Juni 2003 auf und verpflichtete den Beklagten zur Neubescheidung. Seine Entscheidung hat es im Wesentlichen damit begründet, dass die von dem Beklagten gewählte Vergleichsgruppe zu ungenau bestimmt sei. Der Beklagte habe nicht ermittelt, ob die als Vergleichsgruppe herangezogenen Gynäkologen - ebenso wie die Praxis des Klägers - ausschließlich in der Reproduktionsmedizin tätig seien.
Der Beklagte akzeptierte diese Entscheidung. Nachdem er mit Schreiben vom 30. November 2004 die Honoraranforderungen zwecks Überprüfung auf sachlich-rechnerische Richtigkeit der Beigeladenen zu 1) vorgelegt und das Verfahren insoweit ausgesetzt hatte, beschloss er nach Eingang der Antwort der Beigeladenen zu 1) am 30. Mai 2005 die Durchführung einer eingeschränkten Einzelfallprüfung mit Hochrechnung (Beschluss vom 16. März 2006). Hierzu forderte er von dem Kläger die Behandlungsunterlagen von insgesamt 830 Behandlungsfällen an (Schreiben vom 11. April 2006). Mit Schreiben vom 12. Juli 2006 erklärte sich der Kläger mit einer gestaffelten Vorlage der Behandlungsunterlagen einverstanden. Die Übersendung von 50 Akten pro Woche neben dem regulären Praxisbetrieb sei aber schlichtweg nicht möglich. Ihm sei lediglich die Übersendung von 30 Patientenakten pro Woche möglich. In der Zeit vom 24. Juli 2006 bis zum 11. Dezember 2007 legte der Kläger insgesamt 570 Behandlungsakten vor. Diese ließ der Beklagte durch sachverständige Ärzte überprüfen. Mit Schreiben vom 4. April 2008 teilte der Kläger mit, er habe feststellen müssen, dass 260 Akten nicht auffindbar seien. Er könne sich das Fehlen der Akten nur so erklären, dass diese im Zuge der Auseinandersetzung in den Besitz des Beigeladenen zu 7) und möglicherweise auch von Herrn Dr. H gelangt sein könnten. Dr. med. S K (Fachärztin für Frauenheilkunde und Geburtshilfe) legte nach Prüfung der Behandlungsunterlagen eine gutachterliche Stellungnahme vom 31. Januar 2008 vor. Zuvor hatte sie bereits mit Schreiben vom 14. September 2006 Ausführungen zu einigen Patientenakten gemacht. Auf der Grundlage dieser gutachterlichen Stellungnahme half der Beklagte mit Beschluss vom 24. Juni 2008 (Bescheid vom 21. Juli 2008) den Widersprüchen teilweise ab und traf folgende Entscheidung:
II/1998 | Die Entscheidung des Beschwerdeausschusses vom 16.03.2000 wird bestätigt |
III/1998 | Die Entscheidung des Beschwerdeausschusses vom 16.03.2000 wird bestätigt |
IV/1998 | Der Umfang der Kürzung der Anforderung der OIII-Leistungen wird auf 43,6 % reduziert, die Entscheidung des Beschwerdeausschusses vom 16.03.2000 zur GO-Nr. 4955 wird bestätigt. |
I/1999 | Der Umfang der Kürzung der Anforderung der OIII-Leistungen wird auf 40,3 % reduziert, die Entscheidung des Beschwerdeausschusses vom 16.03.2000 zur GO-Nr. 4955 wird bestätigt. |
II/1999 | Der Umfang der Kürzung der Anforderung der OIII-Leistungen wird auf 41,1 % reduziert, die Entscheidung des Beschwerdeausschusses vom 16.03.2000 zur GO-Nr. 4955 wird bestätigt. |
Zur Begründung führte er im Wesentlichen aus, es sei jeder fünfte Behandlungsfall nach der auf den Datenträgern der Beigeladenen zu 1) gespeicherten Reihenfolge ausgewählt worden. Da der Kläger 260 Akten nicht habe auffinden können, hätten nur 570 Fälle geprüft werden können. Dabei sei festgestellt worden, dass in nahezu allen Fällen, in denen Maßnahmen der künstlichen Befruchtung nach den Ziffern 10.2, 10.3 und 10.4 der Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen durchgeführt wurden, der Nachweis über die Beratung über die medizinischen, sozialen und psychischen Aspekte der künstlichen Befruchtung gefehlt habe. Bei 72 Patienten sei aufgrund der fehlenden Namensgleichheit nicht belegt, dass es sich um verheiratete Paare gehandelt habe. Bei 108 Patienten habe keine Partnerakte vorgelegen bzw. diese sei ohne Einträge gewesen. Bei 13 Patienten hätten die Akteneinträge der Behandlung gefehlt. Bei 57 Sterilitätspatienten habe im Zeitpunkt der Durchführung der Maßnahme, der HIV-Test bzw. bei den Frauen der Nachweis über einen ausreichenden Schutz gegen Röteln-Infektionen gefehlt. Zwei Patientinnen hätten bei der Behandlung das 40. Lebensjahr überschritten, ohne dass eine Genehmigung der Krankenkasse vorgelegen habe. Bei 23 Patienten sei eine Richtigstellung durchgeführt worden und zwar bezüglich der Ziffern 1188, 1190 und 1192 (erster bis 28. Zyklustag). Anhand der überlassenen Unterlagen und Aufzeichnungen habe sich die Anzahl der im Rahmen der künstlichen Befruchtung bereits durchgeführten Behandlungen nicht klären lassen. Die Akten seien ungenau geführt worden, die Anamneseerhebung sei nicht immer sorgfältig durchgeführt worden, teilweise hätten einzelne Seiten gefehlt. Beim Erstkontakt werde regelmäßig nur eine sehr eingeschränkte Anamnese erhoben, aber eine stereotype maximale Basisdiagnostik durchgeführt, die sich nicht an der Zyklussituation orientiere. Es erfolge eine stereotype Veranlassung der OIII-Laborleistungen, ohne entsprechende Hinweise in der Anamnese oder durch einen klinischen Befund. Die Anamnese des Mannes sei ungenügend. Es werde sehr selten ein klinischer Befund dokumentiert. Die Diagnostik bei den männlichen Patienten beginne mit einer umfangreichen medizinisch nicht sinnvollen Hormonanalyse, die nicht den Leitlinien entspreche. Es fehle sowohl beim Mann als auch bei der Frau an einer zielgerichteten Stufendiagnostik. Der Beklagte legte auf den Seiten 11 bis 80 seines Beschlusses patientenbezogen die von ihm jeweils getroffenen Feststellungen dar und gab die als unwirtschaftlich erkannten Leistungen (EBM-Ziffern) an. Die Honorarkürzungen in den einzelnen Quartalen errechnete er ausgehend von den abgerechneten einzelnen Leistungspositionen des Kapitels OIII bzw. der Ziffer 4955 EBM-Ä unter Kürzung der als unwirtschaftlich festgestellten Leistungen (in Punkten) und nahm hiervon einen Abschlag von 25% vor. Er berücksichtigte ferner, dass im Vergleich zu dem Beschluss vom 16. März 2000 eine Verschlechterung des Klägers nicht vorgenommen werden dürfe. Im Einzelnen ging der Beklagte von folgenden Werten aus:
Quartal | Umfang des | Umfang des | Festgestellte Kürzung |
II/1998 | Labor OIII: 48,9 % | 36,7 % | 23,0 % |
III/1998 | Labor OIII: 50,3 % | 37,7 % | 30,0 % |
IV/1998 | Labor OIII: 58,1 % | 43,6 % | 43,6 % |
I/1999 | Labor OIII: 53,7 % | 40,3 % | 40,3 % |
II/1999 | Labor OIII: 54,8 % | 41,1 % | 41,1 % |
Mit seiner hiergegen erhobenen Klage macht der Kläger die Rechtswidrigkeit der Entscheidung des Beklagten geltend. Eine erneute Überprüfung der Wirtschaftlichkeit habe nicht durchgeführt werden dürfen, da bereits Verjährung eingetreten sei. Die 4-jährige Verjährungsfrist sei zwar durch den Bescheid vom 16. März 2000 zunächst gehemmt gewesen, der Beklagte habe sich jedoch nach der Entscheidung des Sozialgerichts weitere fünf Jahre Zeit gelassen, bevor er erneut entschieden habe. Dies habe zu einem Ende der Hemmung der Verjährung geführt und zwar bereits im Jahr 2006. Die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides ergebe sich auch dadurch, dass der Beklagte nicht mindestens 20% der Behandlungsfälle der Praxis geprüft habe. Im Übrigen rechtfertigten die pauschalen Ausführungen des Beklagten zur angeblichen Unwirtschaftlichkeit der OIII-Leistungen keine Honorarkürzungen. Die Leistungen seien in jedem Einzelfall im Rahmen der speziellen Behandlungsausrichtung der Praxis erforderlich gewesen.
Der Beklagte hat dem entgegengehalten, der Kläger könne sich auf Verjährung schon deshalb nicht berufen, weil er durch sein Verhalten zu der langen Verfahrensdauer maßgeblich mit beigetragen habe. Er habe durch die Vorenthaltung von Patientenunterlagen verhindert, dass der Beklagte die repräsentative Einzelfallprüfung mit Hochrechnung in dem vom BSG geforderten Umfang habe durchführen können.
Mit Urteil vom 29. Juni 2011 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, es sei nicht zu beanstanden, dass der Beklagte wegen des Urteils des Sozialgerichts vom 25. Juni 2003 im Rahmen der vorzunehmenden Neubescheidung zu dem Ergebnis gelangt sei, eine Prüfung anhand von Durchschnittswerten bei der sehr kleinen, nicht homogenen Vergleichsgruppe, nicht durchzuführen und als Prüfmethode die sogenannte eingeschränkte Einzelfallprüfung gewählt habe. Vor dem Hintergrund der Entscheidung des Sozialgerichts sei es auch nicht zu beanstanden, dass der angefochtene Bescheid keine weiteren Ausführungen zur gewählten Prüfmethode enthalte bzw. weitere Darlegungen des Beklagten, weshalb eine statistische Vergleichsprüfung nach Durchschnittswerten nicht durchgeführt wurde, nicht erfolgt seien. Es sei auch nicht zu beanstanden, dass der Beklagte nicht mindestens 20 % der Behandlungsfälle der klägerischen Praxis in dem streitgegenständlichen Zeitraum geprüft habe, wie es nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts erforderlich sei. Diese Anforderungen könnten, wie der vorliegende Fall gezeigt habe, nicht für alle Prüfungen gelten. Die vollständige Prüfung der 830 Behandlungsfälle sei durch den Kläger vereitelt worden, da er 260 Patientenakten nicht vorgelegt habe und damit dem Beklagten die Möglichkeit genommen habe, 20 % der Fälle der Praxis zu überprüfen. Der Kläger habe allein zu vertreten, dass die vom Beklagten angeforderten Akten nicht auffindbar gewesen seien. Der angefochtene Bescheid sei auch in inhaltlicher Hinsicht rechtmäßig. Das Ergebnis der Unwirtschaftlichkeit, zu dem der Beklagte aufgrund der von ihm durchgeführten eingeschränkten Einzelfallprüfung gelangt sei, sei nicht zu beanstanden. Unter Beachtung der Vorgaben der Richtlinien des Bundesausschusses des Ärzte und Krankenkassen über die künstliche Befruchtung sei der Beklagte auf der Grundlage des Sachverständigengutachtens zu Recht zu der Feststellung der Unwirtschaftlichkeit der Behandlungsweise durch den Kläger gekommen. Der Beklagte habe in dem angefochtenen Bescheid die festgestellten Beanstandungen patientenbezogen unter Nennung der als unwirtschaftlich erkannten einzelnen EBM-Ziffern (OIII-Leistungen bzw. Ziffer 4955 EMB-Ä) auf den Seiten 11 bis 80 des Bescheides niedergelegt. Er habe gleichzeitig Behandlungsmuster der klägerischen Praxis erkannt und dargestellt. Diese Feststellungen seien - was das Sozialgericht im Einzelnen ausführt - nicht zu beanstanden. Auch im Hinblick auf die festgesetzte Höhe des unwirtschaftlichen Aufwandes erweise sich der angefochtene Bescheid als rechtmäßig. Die Prüfgremien hätten im Falle unwirtschaftlichen Behandlungsverhaltens bei der Bemessung der Honorarkürzungen einen weiten Ermessensspielraum bei ihrer Entscheidung. Der Beklagte habe in dem angefochtenen Bescheid die Begründung für Kürzungen in den einzelnen Quartalen dargestellt. Es sei nicht zu beanstanden, dass er Honorarkürzungen in den einzelnen Quartalen bei den Leistungsziffern des Kapitels OIII des EMB-Ä bzw. der Ziffer 4955 EMB-Ä vorgenommen habe, die er als unwirtschaftlich angesehen habe. Er sei dabei unter Berücksichtigung der festgestellten Behandlungsmuster in der klägerischen Praxis sowie den Feststellungen im Einzelfall ausgegangen, habe die als unwirtschaftlich festgestellten Leistungen (in Punkten) unter Abzug eines Sicherheitsabschlages von 25 % ausgerechnet. Ferner habe er berücksichtigt, dass es im Vergleich zu den mit Beschluss vom 16. März 2000 vorgenommenen Kürzungen keine Verschlechterung gegeben habe. Soweit der Beklagte auch Absetzungen vorgenommen habe, die in den heutigen Anwendungsbereich von § 106a SGB V fielen, sei dies von untergeordneter Bedeutung und von der insoweit bestehenden Annexkompetenz der Beklagten gedeckt. Der Bescheid erweise sich auch nicht wegen Ablauf der Ausschlussfrist als rechtswidrig. Die 4-jährige Ausschlussfrist sei durch den rechtzeitigen Erlass der Kürzungsbescheide des Prüfungsausschusses für die Quartale II/1998 bis II/1999 gehemmt. Diese Hemmung der Ausschlussfrist habe auch dann noch weitergewirkt, nachdem das Sozialgericht mit Urteil vom 25. Juni 2003 den Beklagten zur Neubescheidung verpflichtet habe. Es könne dahingestellt bleiben, ob die Hemmung der Ausschlussfrist in besonders gelagerten Fällen, etwa wegen besonders langer Verfahrensdauer, entfallen könne. Denn im vorliegenden Fall sei eine derartige Fallgestaltung nicht gegeben. Zwar habe der Beklagte seinen neuen Bescheid erst ca. fünf Jahre nach dem Verpflichtungsurteil des Sozialgerichts erlassen. Dies führe aber nicht dazu, dass die Hemmung der Ausschlussfrist entfalle. Es sei zu berücksichtigen, dass auf Wunsch des Klägers die Patientenakten dem Beklagten wöchentlich nur in kleinen Mengen zur Verfügung gestellt worden seien. Dadurch sei bereits eine lange Zeit vergangen, bis alle Akten zur Prüfung vorgelegen hätten. Zum anderen handele es sich bei der eingeschränkten Einzelfallprüfung mit anschließender Hochrechnung um ein sehr arbeitsintensives, aufwendiges Prüfverfahren, das lange Zeit in Anspruch nehmen könne. Es gebe daher einen zureichenden Grund für die lange Verfahrensdauer. Deshalb wirke die Hemmung der Ausschlussfrist weiter.
Gegen das ihm am 25. Juni 2011 zugestellte Urteil richtet sich die Berufung des Klägers vom 17. August 2011. Zu Unrecht nehme das Sozialgericht die Rechtmäßigkeit der Honorarkürzungen durch den Beklagten an. Der Kürzung des Honorars fehle es an der sie legitimierenden Rechtsgrundlage. Eine Kürzung gemäß § 106 Abs. 2 Satz 1 SGB V sei anhand einer statistischen Vergleichsprüfung durchzuführen. Dazu zähle auch die Prüfung anhand einer Einzelfallbetrachtung mit anschließender Hochrechnung. Die Prüfgremien seien jedoch verpflichtet, die Wirtschaftlichkeitsprüfung ausnahmsweise anhand anderer oder neu entwickelter Prüfmethoden durchzuführen, wenn sie im Einzelfall nicht aussagekräftig seien oder sich nicht als durchführbar erwiesen. Die gewählte Prüfmethode sei unzulässig, weil sie im vorliegenden Fall nicht zu richtigen Ergebnissen führen könne. Die gewählte Methode der Einzelfallprüfung mit anschließender Hochrechnung, führe nur unter besonderen Umständen zu einem richtigen, weil repräsentativen Ergebnis. Der Beklagte habe sich bei seiner Prüfung an einer für ihn vermeintlich repräsentativen Einzahl von Beispielsfällen orientiert. Damit eine Prüfgruppe repräsentativ sei, verlange die Rechtsprechung des BSG jedoch eine Mindestgröße von 20 %. Diese Größe habe der Beklagte unterschritten. Die Hochrechnung fuße damit schon auf einem falschen Ausgangswert. Im Fall des Klägers sei aber eine noch viel größere Vergleichsgruppe notwendig, weil sie sehr heterogen ausfalle. Die Unterschreitung der Mindestgröße gehe zu Lasten des Beklagten, weil der Kläger nachweislich unverschuldet die angeforderte Aktenzahl nicht habe einreichen können. Der Beklagte sei verpflichtet gewesen, für diesen Fall eine repräsentative Stichprobenprüfung anhand der Fälle vorzunehmen, die tatsächlich zugänglich seien. Eine Hochrechnung aufgrund der nicht repräsentativen Vergleichsgruppe sei hingegen nicht zulässig. Die Behandlungsweise des Klägers sei selbst bei einer Überschreitung von Durchschnittswerten nicht unwirtschaftlich. Soweit durch die Behandlungsweise des Klägers Kosten entstanden seien, die über dem Durchschnitt der Vergleichsgruppe lägen, seien diese gerechtfertigt. Die spezielle Behandlungsausrichtung auf die Reproduktionsmedizin des Klägers stelle eine Praxisbesonderheit dar, welche die erhöhten Laborleistungen erforderlich gemacht hätten.
Daneben verkenne das Gericht die Einrede der Verjährung durch den Kläger. Die für die Berichtigung der Honorarbescheide II/1998 bis II/1999 geltende Frist sei abgelaufen. Nach dem Aufhebungsurteil des Sozialgerichts vom 25. Juni 2003 erging keine Entscheidung in der Sache. Damit sei die Hemmung der Verjährung mit diesem Urteil beendet gewesen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 29. Juni 2011 und den Bescheid des Beklagten vom 24. Juni 2008 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Berufungsbegründung enthalte keine Argumente, die die Entscheidung des Sozialgerichts in Frage stellen könne. Sowohl der Beklagte als auch das Sozialgericht hätten die Zulässigkeit der Prüfmethode eingehend begründet. Die Hemmung der Verjährung könne nicht durch ein rechtskräftiges Urteil beendet werden.
Die Beigeladenen haben sich nicht geäußert und keine Anträge gestellt.
Wegen des Sach- und Streitstandes im Einzelnen, sowie wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte sowie die beigezogene Verwaltungsakte, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung war, verwiesen.
Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen, da der angegriffene Bescheid rechtmäßig ist.
I. Rechtsgrundlage der angefochtenen Entscheidung ist § 106 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB V in der hier noch maßgeblichen Fassung des Gesundheitsstrukturgesetzes (GSG). Danach wird die Wirtschaftlichkeit der vertragsärztlichen Versorgung u. a. durch die arztbezogene Prüfung ärztlicher Leistungen nach Durchschnittswerten geprüft. Nach den hierzu von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen war die statistische Vergleichsprüfung, bei der die Abrechnungswerte des Arztes mit denen seiner Fachgruppe oder mit denen einer nach verfeinerten Kriterien gebildeten engeren Vergleichsgruppe im selben Quartal verglichen werden, die Regelprüfmethode (BSG, Urteil vom 5. November 2003, Az.: B 6 KA 55/02 R, Rdnr. 5, m.w.N., zitiert nach juris). Die Prüfgremien sind jedoch berechtigt und verpflichtet, in Fällen, in denen - wie hier - atypische Praxisumstände vorliegen, auch andere Prüfmethoden anzuwenden, wenn sich im Einzelfall erweist, dass aufgrund besonderer Umstände die Regelprüfmethode keine beweistauglichen Ergebnisse liefert. Das Sozialgericht hat insoweit rechtsfehlerfrei begründet, dass eine statistische Vergleichprüfung nach Durchschnittswerten weder mit der Vergleichsgruppe der Gynäkologen noch der der endokrinologisch/reproduktionsmedizinisch tätigen Praxen in Betracht kam
Bei der repräsentativen Einzelfallprüfung mit Hochrechnung wird die vom Arzt dokumentierte Diagnose als zutreffend zugrunde gelegt und überprüft, ob auf dieser Grundlage der vom Arzt vorgenommene Behandlungs- und Verordnungsumfang gerechtfertigt ist. Diese Prüfmethode ist seit langem anerkannt. Der Prüfmethode liegt die Annahme zugrunde, dass sich das Behandlungsverhältnis des Arztes von Fall zu Fall nicht grundlegend ändert, sondern regelmäßig nach einem bestimmten Muster erfolgt. Um mathematisch-statistisch verwertbare Aussagen über die gleich gelagerte Verhaltensweise des Arztes zu erhalten, ist es geboten, dass mindestens 20 % der Behandlungsfälle im Quartal geprüft werden, die Mindestzahl muss 100 Fälle betragen (BSG, Urteil vom 8. April 1992, Az.: 6 RKa 27/90, Rdnr. 40; Urteil vom 27. Juni 2007, Az.: B 6 KA 44/06 R, Rdnr. 14, m.w.N., zitiert nach juris). Es muss ferner sichergestellt werden, dass die so zu prüfenden Einzelfälle nach generellen Kriterien ermittelt werden. Wegen der mit der Methode der Einzelfallprüfung mit Hochrechnung einhergehenden Unsicherheit bei der Feststellung des Gesamtumfangs von unwirtschaftlichen Behandlungsmaßnahmen darf der so ermittelte Gesamtbetrag nicht als Kürzungsbetrag ausgewiesen werden. Es ist hiervon vielmehr ein Sicherheitsabschlag von 25 % des als unwirtschaftlich ermittelten Gesamtbetrages vorzunehmen (BSG, Urteil vom 8. April 1992, Az.: 6 RKa 27/90, Rdnr. 41; Urteil vom 23. Februar 2005, Az.: B 6 KA 72/03 R, Rdnr. 27, 29, zitiert nach juris).
II. Diesen Anforderungen wird der Bescheid des Beklagten vom 24. Juni 2008 gerecht.
1. Der Bescheid vom 24. Juni 2008 ist, trotz Bezugnahme auf den aufgehobenen Bescheid des Beklagten vom 16. März 2000, hinreichend bestimmt.
Gemäß § 33 Abs. 1 Sozialgesetzbuch/Zehntes Buch (SGB X) muss ein Verwaltungsakt hinreichend bestimmt sein. Das Erfordernis der hinreichenden Bestimmtheit bezieht sich auf den Verwaltungsakt als Regelung, also auf seinen Verfügungssatz. Aus dem Verfügungssatz muss für den Betroffenen vollständig, klar und unzweideutig erkennbar sein, was die Behörde will. Zur Auslegung des Verfügungssatzes kann jedoch die Begründung des Verwaltungsaktes herangezogen werden. Zudem kann auf beigefügte Unterlagen, aber auch auf früher zwischen den Beteiligten ergangene Verwaltungsakte zurückgegriffen werden (BSG, Urteil vom 6. Februar 2007, Az.: B 8 KN 3/06 R, m.w.N., zitiert nach juris).
Diesen Anforderungen entspricht der Verfügungssatz des Bescheides vom 24. Juni 2008. Zwar lässt sich ihm nicht direkt entnehmen, welche Kürzungen der Beklagte hinsichtlich der OIII-Leistungen in den Quartalen II/1998 und III/1998 sowie hinsichtlich der GO-Nr. 4955 in den Quartalen IV/1998 bis II/1999 verfügt, aus den Entscheidungsgründen ergib sich aber zweifelsfrei, welche Kürzungen insoweit gelten sollen. Der Beklagte legt hier dar, dass die OIII-Leistungen für II/1998 um 23 % und für III/1998 um 30 % gekürzt werden. Eine Kürzung der GO-Nr. 4955 für IV/1998 erfolgt um 25 %; in den Quartalen I/1999 und II/1999 finden insoweit keine Kürzungen statt. Im Ergebnis ist es daher unschädlich, dass der Beklagte in dem Verfügungssatz teilweise seine Entscheidungen aus dem Bescheid vom 16. März 2000 bestätig, obwohl diese Entscheidung durch des Sozialgericht Berlin mit Urteil vom 25. Juni 2003 aufgehoben wurde.
2. Die von dem Beklagten vorgenommene repräsentative Einzelfallprüfung mit Hochrechnung entspricht hinsichtlich der in die Prüfung einbezogenen Behandlungsfälle grundsätzlich den Vorgaben der Rechtsprechung des BSG. Danach ist es geboten, dass mindestens 20 % der Behandlungsfälle im Quartal geprüft werden, die Mindestzahl muss 100 Fälle betragen. Dem hat der Beklagte im Grundsatz entsprochen, als er mit Schreiben vom 11. April 2006 die Patientenkarteidaten quartalsbezogen zu jedem fünften Behandlungsfall anforderte und hinsichtlich der konkreten Behandlungsfälle auf nach Quartalen geführte Listen verwies. Der Beklagte hat mit dieser Anforderung die Prüfung von 20 % der Behandlungsfälle je Quartal eingeleitet. Mit der Anforderung der Behandlungsunterlagen war es Sache des Klägers und seines Praxiskollegen, die für die Prüfung erforderlichen Unterlagen dem Beklagten vollständig vorzulegen. Dass eine vollständige Vorlage der zu prüfenden Behandlungsunterlagen nicht erfolgte, ist dem Beklagten nicht zuzurechnen. Die Pflicht zur Vorlage der Unterlagen trifft allein den abrechnenden Arzt. Dieser ist gemäß § 57 Abs. 3 Bundesmantelvertrag-Ärzte verpflichtet, Behandlungsunterlagen mindestens 10 Jahre nach Abschluss der Behandlung aufzubewahren. Darüber hinaus ist mit Einleitung eines Prüfverfahrens die Erforderlichkeit der Aufbewahrung der Behandlungsunterlagen für den Vertragsarzt erkennbar.
Soweit im Rahmen der Einzelfallprüfung Behandlungsunterlagen nicht vorgelegt wurden, ist dies dem Beklagten nicht vorzuwerfen. Teilweise nicht vorgelegte Behandlungsunterlagen verpflichten den Beklagten nicht, weitere Unterlagen von dem Vertragsarzt anzufordern, um die tatsächliche Prüfquote auf 20 % zu erhöhen. Dem steht entgegen, dass die zu prüfenden Einzelfälle nach generellen Kriterien zu ermittelt sind. Soweit ein Nachfordern von Behandlungsunterlagen in diesen Fällen erfolgen würde, hätte der Vertragsarzt es in der Hand, die Auswahl der Prüffälle zu beeinflussen. Dies kann schon vor dem Hintergrund der Anforderungen an generelle Auswahlkriterien nicht zutreffend sein. Durch die Nachforderung von Unterlagen für weitere Behandlungsfälle würden die ursprünglichen Auswahlkriterien nicht mehr eingehalten. Eine generelle Auswahl wäre gänzlich unmöglich, wenn bei einer Nachforderung von Behandlungsunterlagen wiederum teilweise Unterlagen nicht vorgelegt werden könnten. Dies hätte eine Nachforderungskette zur Folge, die einer individuellen Auswahl nahe käme. Zudem könnte der Vertragsarzt für einzelne, von ihm für kritisch gehaltene Behandlungsfälle die Prüfung verhindern, um die Anforderung anderer Behandlungsfälle zu erreichen. Dies ist wegen der erforderlichen repräsentativen Auswahl der Prüffälle nicht angezeigt. Der Beklagte war somit nicht zu einer Anforderung weiterer Behandlungsunterlagen verpflichtet, da 570 fälle geprüft wurden, die zu einer statistisch verwertbaren Aussage über die Wirtschaftlichkeit der Behandlungsweise des Klägers ausreicht.
Auch die Auswahl der Behandlungsfälle ist nicht zu beanstanden. Nach der Rechtsprechung des BSG muss die Auswahl der Behandlungsfälle nach generellen Kriterien ermittelt werden. Dem wird der Beklagte gerecht, indem er aus der Gesamtzahl der Behandlungsfälle eines Quartals jeden fünften Fall auswählt und dabei eine nach Krankenkassen sortierte Liste zugrunde legt, innerhalb derer die Versicherten (Mitglieder/Familienangehörige/Rentner) alphabetisch geordnet sind. Dieses Verfahren ist von einer individuellen Auswahl losgelöst und berücksichtigt statistisch einwandfreie und damit generelle Kriterien.
3. Der Bescheid vom 24. Juni 2008 ist auch inhaltlich rechtmäßig. Zur Begründung verweist der Senat insoweit gemäß § 153 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) auf die zutreffenden Entscheidungsgründe des Sozialgerichts, die er sich zu Eigen macht. Ergänzend sei auf Folgendes hingewiesen:
Sowohl der Beklagte als auch das Sozialgericht haben im Einzelnen dargelegt, aus welchen Gründen und in welchem Umfang in den Quartalen II/1998 bis II/1999 von einem unwirtschaftlichen Behandlungsverhalten auszugehen ist. Der Beklagte hat dabei nach gutachterlicher Beurteilung der vorgelegten Behandlungsunterlagen für jeden geprüften Behandlungsfall in seinem Bescheid vom 24. Juni 2008 einzeln dargestellt, welche Beanstandungen festgestellt und welche OIII-Leistungen unwirtschaftlich veranlasst wurden. Daraus hat der Beklagte für jedes Quartal gesondert die Kürzung der OIII-Leistungen sowie der GO-Nr. 4955 ermittelt, dabei den Sicherheitsabschlag vom 25 % berücksichtigt und den ermittelten Wert auf die mit Bescheid vom 16. März 2000 erfolgten Kürzungen begrenzt. Dieses Vorgehen ist nicht zu beanstanden.
Der Kläger hat hinsichtlich der festgestellten Unwirtschaftlichkeit keine konkreten Einwände erhoben. Er hat mit der Klage nur pauschal vorgetragen, dass die Leistungen in jedem Einzelfall im Rahmen der speziellen Behandlungsausrichtung der Praxis erforderlich gewesen seien. Auf die einzelnen Behandlungsfälle geht er nicht ein. Gleichwohl hat das Sozialgericht ausführlich die Annahme der Unwirtschaftlichkeit in seiner Entscheidung begründet. Damit setzt sich der Kläger in seiner Berufungsbegründung nicht auseinander. Er verweist lediglich auf seine Klagebegründung. Weitere Ausführungen sind daher im Hinblick auf die zutreffenden Ausführungen des Beklagen und des Sozialgerichts entbehrlich.
4. Die Honorarkürzungen wegen unwirtschaftlicher Behandlungsweise sind auch nicht wegen Ablauf der Ausschlussfrist unzulässig. Die Ausschlussfrist von vier Jahren wurde durch die Bescheide des Prüfungsausschusses vom 18. November 1998, 1. März 1999, 2. Mai 1999, 20. Juli 1999 und 8. November 1999 gewahrt.
Wie das BSG bereits mit Urteil vom 16. Juni 1993 (Az.: 14a/6 RKa 37/91, zitiert nach juris)entschieden hat, ergibt sich die Notwendigkeit einer zeitlichen Begrenzung des Prüfverfahrens bereits aus dem rechtsstaatlichen Gebot der Rechtssicherheit (Art. 20 Abs. 3 Grundgesetz); greifen die Verjährungsvorschriften nicht ein, so muss der Gefahr eines "ewigen Prüfverfahrens" auf andere Weise Rechnung getragen werden (BSG, a.a.O.) Daher hat es das BSG als sachgerecht angesehen, die im Sozialgesetzbuch für die Verjährung einheitlich festgesetzte Frist von vier Jahren im Sinne einer zeitlichen Höchstgrenze als Ausschlussfrist auch auf das Verfahren zur endgültigen Festsetzung der vertragsärztlichen Honorare zu übertragen. Diese Ausschlussfrist, innerhalb derer der Bescheid ergehen muss, gilt für sachlich-rechnerische Richtigstellungen und für Bescheide zur Umsetzung degressionsbedingter Honorarminderungengleichermaßen wie für Wirtschaftlichkeitsprüfungen (BSG, Urteil vom 5. Mai 2010, Az.: B 6 KA 5/09 R, Rdnr. 28, m.w.N., zitiert nach juris.
Auf der Grundlage der Rechtsprechung des BSG zur Durchführung von Verfahren der Wirtschaftlichkeitsprüfung ergibt sich, dass eine Ausschlussfrist für den Abschluss des Verfahrens vor dem Beschwerdeausschuss nicht besteht. Das BSG hat seine Annahme, der das Prüfverfahren abschließende Bescheid der Wirtschaftlichkeitsprüfung müsse innerhalb von vier Jahren nach Festsetzung des von der Kürzungsmaßnahme betroffenen Honorars (bei Honorarkürzungen) bzw. des geprüften Zeitraums (bei Verordnungsregressen) abgeschlossen werden, damit begründet, dass es für den Vertragsarzt unzumutbar sei, über einen längeren Zeitraum hinweg nicht zu wissen, ob sein Behandlungs- bzw. Verordnungsverhalten Gegenstand von Maßnahmen der Wirtschaftlichkeitsprüfung sein werden. Dieser Zustand der Ungewissheit werde durch den Bescheid des Prüfungsausschusses beendet. Ab der Kenntnis eines solchen Bescheides sei das Vertrauen des Vertragsarztes, nicht mit Maßnahmen der Wirtschaftlichkeitsprüfung überzogen zu werden, zerstört (BSG, Beschluss vom 11. Mai 2011, Az.: B 6 KA 5/11 B, Rdnr. 8, m.w.N., zitiert nach juris.
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze liegt eine Überschreitung der Ausschlussfrist nicht vor. Durch die Einleitung der Prüfungen jeweils sechs Monate nach Ende des betroffenen Quartals musste dem Kläger bewusst sein, dass seine Honoraranforderung geprüft wird. Ein schutzwürdiges Vertrauen in den Bestand der Honorierung konnte bei dem Kläger damit nicht entstehen und kann sich auch nicht aus der Dauer des Verfahrens vor dem Beschwerdeausschuss ergeben.
5. Der Honorarkürzung wegen unwirtschaftlicher Behandlungsweise steht die Verfahrensdauer vor dem Beschwerdeausschuss auch im Übrigen nicht entgegen.Allein durch Zeitablauf oder eigenes Stillhalten kann die Entscheidungsbefugnis des Beschwerdeausschusses nicht entfallen. Dem steht entgegen, dass dieses Gremium der gemeinsamen Selbstverwaltung von Ärzten und Krankenkassen nicht über eigene Ansprüche entscheidet, sondern über Ansprüche der Kassenärztlichen Vereinigung (auf Rückzahlung von Honorar bei unwirtschaftlicher Behandlungsweise) und der Krankenkassen (auf Erstattung von Kosten für unwirtschaftlich verordnete Arzneimittel). Diese Institutionen haben grundsätzlich keine anderen Einflussmöglichkeiten auf den Verfahrensablauf bei dem Beschwerdeausschuss als der betroffene Arzt (BSG, a.a.O.). Der Vertragsarzt kann bei dem Beschwerdeausschuss bei nicht näher erklärten Verzögerungen im Verfahrensablauf jederzeit formlos um eine Entscheidung nachsuchen und - unter Beachtung der Maßgaben des § 88 SGG - Untätigkeitsklage erheben.
Danach ist die Verfahrensdauer vor dem Beschwerdeausschuss nicht zugunsten des Klägers zu berücksichtigen. Die lange Dauer des Verfahrens wirkt sich insbesondere nicht im Sinne einer Verwirkung aus, da neben der zeitlichen Komponente das Umstandsmoment fehlt. Der Beklagte hat gegenüber dem Kläger zu keinem Zeitpunkt Anlass zu der Annahme gegeben, er würde auf die Durchsetzung der Honorarkürzungen verzichten. Hinsichtlich der Verfahrensdauer ist im Übrigen auch auf das Vorgehen des Klägers zu verweisen. Durch die gestaffelte Vorlage der Patientenunterlagen hat er die Verfahrensdauer maßgeblich mit verzögert.
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) und entspricht dem Ergebnis des Rechtsstreites.
Die Revision war zuzulassen, da das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht (§ 160 Abs. 2 Nr. 2 SGG).