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Entscheidung 7 K 7198/07


Metadaten

Gericht FG Berlin-Brandenburg 7. Senat Entscheidungsdatum 26.10.2011
Aktenzeichen 7 K 7198/07 ECLI
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens werden der Klägerin auferlegt.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich gegen die zwecks Rückgängigmachung eines ungerechtfertigt in Anspruch genommenen Vorsteuerabzugs erfolgte, von ihr aus Gründen des Eintritts der Festsetzungsverjährung indes für ausgeschlossen gehaltene Änderung der Umsatzsteuerfestsetzung 1991.

Die Klägerin, eine in L... geschäftsansässige, beim Amtsgericht – AG – K... unter der Handelsregisternummer HRB ... eingetragene Gesellschaft mit beschränkter Haftung, ist mit Gesellschaftsvertrag vom 7. Dezember 1991 gegründet worden. Ihr Unternehmensgegenstand betrifft vornehmlich den Betrieb und die Verwaltung des „X..“ in L... Auf die Klägerin ist aufgrund Verschmelzungsvertrages vom 25. August 1995 durch Übertragung ihres Vermögens unter Ausschluss ihrer Abwicklung eine vormals ebenfalls in L... geschäftsansässige, beim AG K... seinerzeit unter der Handelsregisternummer HRB 40781 geführte Hotel N...Grundstücks Gesellschaft mbH – fortan: N-G-GmbH – verschmolzen worden. Die entsprechende Handelsregistereintragung datiert vom 29. März 1996.

Die Klägerin ihrerseits bildet als Organgesellschaft seit Anfang 1996 mit einer Y... Holding GmbH & Co. KG – fortan: Y..-KG – als Organträgerin eine umsatzsteuerrechtliche Organschaft. Mitgeschäftsführer der Komplementärin der Y..-KG ist einer der Geschäftsführer der Klägerin.

Ende Dezember 1991 veräußerte die Hotel N...(Betriebs-) Gesellschaft mbH ihre (Hotel-)Immobilie an die N-G-GmbH. Sie verzichtete hierbei auf die Umsatzsteuerfreiheit dieses Geschäfts und behandelte es stattdessen als umsatzsteuerpflichtig (§§ 9 Abs. 1, 4 Nr. 9 Buchstabe a) des Umsatzsteuergesetzes – UStG –). Dem entsprechend wies sie in der der N-G-GmbH unter dem 31. Dezember 1991 erteilten Rechnung gesondert Umsatzsteuer in Höhe von 1.049.765,20 DM aus.

Die N-G-GmbH ihrerseits zog diese Rechnung mit ihrer am 21. Dezember 1992 eingereichten Umsatzsteuererklärung 1991 in entsprechender Höhe zum Vorsteuerabzug heran. Mit Datum vom 16. März 1993 stimmte ihr das damals zuständige Finanzamt – FA –zu und teilte mit, dass entsprechend ihrer Umsatzsteuererklärung verbunden mit dem Vorbehalt der Nachprüfung ein Umsatzsteuerüberschuss in Höhe von 1.047.065,70 DM festgesetzt worden sei.

Eine bei der N-G-GmbH im September 1995 angeordnete Außenprüfung betreffend die Umsatzsteuer 1991 führte zu keiner Änderung der von ihr erklärten Besteuerungsgrundlagen. Anstelle eines Prüfungsberichts erhielt die N-G-GmbH im März 2000 eine entsprechende Mitteilung auf der Grundlage von § 202 Abs. 1 Satz 3 der Abgabenordnung – AO –.

Unter dem 23. Dezember 1997 trafen die Y.. GmbH – fortan: Y..-GmbH –, eine weitere Organgesellschaft der Y..-KG und Rechtsnachfolgerin der Hotel N...(Betriebs-)GmbH, und die Klägerin als Rechtsnachfolgerin der N-G-GmbH eine Vereinbarung über den Widerruf des Verzichts auf die Umsatzsteuerfreiheit des Verkaufs des (Hotel-)Grundstücks. Dem entsprechend erteilte die Y..-GmbH der Klägerin am selben Tage eine neue Rechnung ohne gesonderten Umsatzsteuerausweis; die von der N-G-GmbH zuvor entrichtete Umsatzsteuer bezeichnete sie als Überzahlung. Im Januar 1998 veranlasste die Y..-GmbH eine entsprechende Erstattung an die Klägerin.

Die Y..-KG als Organträgerin der Klägerin meldete am 6. Februar 1998 betreffend ihre Umsatzsteuer-Voranmeldung für den Monat Dezember 1997 eine Verringerung des Vorsteuerabzugs in entsprechender Höhe an. Sie schloss mit einer Zahllast ab, so dass sie einer Steuerfestsetzung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gleichstand. Die von Seiten der Y..-KG Mitte Juli 1998 geänderte Umsatzsteuervoranmeldung für den Monat Dezember 1997 änderte hieran nichts. Gleiches gilt für ihre am 10. Dezember 1998 eingereichte Umsatzsteuer-(jahres-)erklärung 1997. In die Erklärung war eine Minderung der Vorsteuer eingegangen. Diese beruhte u. a. darauf, dass die Y..-KG davon ausging, der am 23. Dezember 1997 erklärte Widerruf führe zu einer Kürzung des Vorsteuerabzugs für die Organgesellschaft, die Klägerin als Rechtsnachfolgerin der N-G-GmbH, in 1997.

Mit Bezug auf eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs – BFH – (Urteil vom 1. Februar 2001 – V R 23/00 – Amtliche Sammlung der Entscheidungen des BFH – BFHE – 194, 493, Bundessteuerblatt – BStBl – II 2003, 673), nach der der Verzicht auf die Steuerbefreiung eines Umsatzes nach § 9 UStG jedenfalls bis zur Unanfechtbarkeit der Steuerfestsetzung rückgängig gemacht werden könne und eine solche Rückgängigmachung gegebenenfalls [ggf.] auf das Jahr der Ausführung des Umsatzes zurückwirke, gab die Y..-KG am 16. März 2004 eine berichtigte Umsatzsteuererklärung 1997 ab. Sie erhöhte den ihr gebührenden Vorsteuerabzug wieder, da sich die Rücknahme der Option zur Umsatzsteuer bzw. der Verlust der Möglichkeit des Vorsteuerabzugs bei der Leistungsempfän-gerin, der N-G-GmbH, im Jahr des Leistungsbezugs (hier: 1991) auszuwirken habe.

Bei der Y..-KG hatte das FA A... bereits am 26. September 2002 eine u.a. auf die Umsatzsteuer der Jahre 1996 bis 1999 bezogene Außenprüfung aufgenommen. Hierbei hielt der Prüfer dem Antrag der Y..-KG auf Änderung der Umsatzsteuer 1997 unter dem 16. März 2004 entgegen, dass er bezogen auf die Y..-KG als Organträgerin und ihre mehreren Organgesellschaften, so u.a. die Klägerin, außer einem ernormen Verwaltungsaufwand wirtschaftlich ebenso wie steuerlich betrachtet keine Auswirkungen habe. Soweit der Y..-KG infolge der Verminderung des Ansatzes der steuerpflichtigen Umsätze ein Erstattungsanspruch zustehe, werde dieser in gleicher Höhe dadurch aufgewogen, dass betreffend ihre mehreren Organgesellschaften der bisher in Anspruch genommene Vorsteuerabzug rückgängig zu machen sei. Daher werde der Änderungsantrag der Klägerin aus verwaltungsökonomischen Gründen abzulehnen sein. In einer Besprechung vom 26. März 2004, an der u.a. der eine mit dem Geschäftsführer der Komplementärin der Y..-KG personenidentische Geschäftsführer der Klägerin teilgenommen hatte, beharrte die Y..-KG indes auf ihrem Änderungsantrag, da sie aus haftungsrechtlichen Gründen eine unrichtige Umsatzsteuerfestsetzung nicht hinnehmen könne. Hierauf erhob der Prüfer in seinem zusammenfassenden Prüfungsbericht vom 30. November 2004 gegen die von Y..-KG erklärte Rückgängigmachung des Verzichts auf die Umsatzsteuerbefreiung betreffend ihre mehreren Organgesellschaften, so unter anderem [u.a.] bezüglich der N-G-GmbH, keine Einwände mehr (Tz. 55 des Berichts).

Mit Umsatzsteuerbescheid vom 20. Januar 2005 änderte das FA A... daraufhin gegenüber der Y..-KG die Umsatzsteuerfestsetzung 1997. Er setzte sie entsprechend ihrer berichtigten Umsatzsteuererklärung 1997 herab.

Gestützt auf § 174 AO änderte der Beklagte mit Bescheid vom 1. Februar 2005 gegenüber der Klägerin als Rechtsnachfolgerin der N-G-GmbH die Umsatzsteuerfestsetzung 1991, indem er den Vorsteuerabzug um 1.049.765,20 DM (= 536.736,42 €) verminderte. Dies bewirkte zu Lasten der Klägerin eine entsprechende Umsatzsteuernachzahlung.

Hiergegen erhob die Klägerin am 14. Februar 2005 Einspruch. Zu dessen Begründung berief sie sich darauf, dass ihr gegenüber betreffend den Veranlagungszeitraum 1991 seit Langem Festsetzungsverjährung eingetreten gewesen sei. Eine Durchbrechung des Ablaufs der Festsetzungsfrist sei insbesondere nicht auf der Grundlage von § 174 Abs. 4 Satz 1, Abs. 5 AO begründbar, da gegenüber ihrer Organträgerin, der Y..-KG, kein auf einer irrigen Beurteilung des Widerrufs der Umsatzsteueroption beruhender Steuerbescheid ergangen sei und sie vor allem auch nicht zu dem Umsatzsteuerverfahren 1997 ihrer Organträgerin hinzugezogen gewesen sei.

Diesem Begründungsansatz hielt der Beklagte unter dem 5. April 2005 entgegen, der mit der am 10. Dezember 1998 eingegangenen Umsatzsteuererklärung 1997 der Y..-KG gemäß § 168 Satz 1 AO einhergehenden Steuerfestsetzung habe zugrunde gelegen, dass sich die Umkehr der Umsatzsteueroption im Jahr der Rechnungsberichtigung (1997) auswirken müsse und sich somit im Rahmen der umsatzsteuerlichen Organschaft „ausnulle“. Dies habe sich im Lichte der neueren BFH-Rechtsprechung als rechtsirrig herausgestellt, so dass eine Korrektur der Steuerfestsetzung bei der Organträgerin für 1997 geboten gewesen sei, desgleichen aber auf der Grundlage von § 174 Abs. 5, 4 Satz 1 AO und zumal unter Berücksichtigung von Treu und Glauben auch bei den Organgesellschaften, hier der N-G-GmbH, für den Zeitraum des Leistungsbezugs (hier: 1991).

Die Klägerin hielt an ihrem Einspruch fest. Bezogen auf § 174 Abs. 4 AO lasse sich eine Steuererklärung von vornherein nicht sogleich einem Steuerbescheid gleichsetzen. Steuererklärungen bzw. -anmeldungen könnten allenfalls dann unter § 174 Abs. 4 AO fallen, wenn mit ihnen verbundene Nebenbestimmungen, insbesondere der Vorbehalt der Nachprüfung, endgültig entfallen seien. Dies sei betreffend die Y..-KG aber erst mit dem geänderten Umsatzsteuerbescheid 1997 vom 20. Januar 2005 geschehen.

Mit Einspruchsentscheidung vom 4. Mai 2007 wies der Beklagte den Einspruch der Klägerin als unbegründet zurück. Die unter dem 23. Dezember 1997 getroffene Vereinbarung über den Widerruf des Verzichts auf die Umsatzsteuerbefreiung betreffend das ursprüngliche Grundstückskaufsgeschäft sei gemäß § 174 Abs. 5, Abs. 4 Satz 1 AO gegenüber der Y..-KG als Organträgerin und ebenso gegenüber den am Verkaufsgeschäft unmittelbar beteiligten Organgesellschaften der Y..-KG, hier der Klägerin als Rechtsnachfolgerin der N-G-GmbH, umsatzsteuerrechtlich einheitlich rückgängig zu machen. Eine förmliche Hinzuziehung der Klägerin zum Besteuerungsverfahren der Organträgerin, der Y..-KG, habe nicht statt finden müssen. Vielmehr sei die Klägerin als Organgesellschaft in der Person ihres einen Geschäftsführers stets auch über das entsprechende Umsatzsteuerverfahren 1997 ihrer Organträgerin im Bilde gewesen. Zugunsten der Klägerin könne § 174 Abs. 5, Abs. 4 Satz 1 AO bzw. das Unterbleiben ihrer förmlichen Hinzuziehung zum Umsatzsteuerverfahren 1997 der Y..-KG daher nicht zum Tragen kommen. Da sich diese Vorschriften aus der Beachtung von Vertrauensschutzgründen erklärten, sei der Klägerin entgegen zu halten, von dem Steuerfestsetzungswiderstreit Kenntnis gehabt zu haben und sich aufgrund der bestehenden umsatzsteuerrechtlichen Organschaft im Übrigen auch Wissen und Vorgehen ihrer Organträgerin selbst zuschreiben lassen zu müssen.

Hiergegen richtet die Klägerin ihre am 29. Mai 2007 eingereichte Klage. Sie beruft sich gegenüber der geänderten Umsatzsteuerfestsetzung 1991 auf entgegen stehende Festsetzungsverjährung. Die reguläre vierjährige Festsetzungsfrist habe am 31. Dezember 1997 geendet. Auch die Ablaufhemmung, die sich mit der gegenüber der N-G-GmbH im September 1995 angeordneten, im März 2000 durch die Mitteilung im Sinne von § 202 Abs. 1 Satz 3 AO beendeten Außenprüfung verbunden habe, sei bereits am 30. Juni 2000 abgelaufen gewesen. Zu einer anderweitigen Durchbrechung des Ablaufs der Festsetzungsfrist könnten zunächst weder § 174 Abs. 1 AO noch § 174 Abs. 2 AO führen; mangels eines sog. positiven oder auch negativen Besteuerungswiderstreits seien diese Bestimmungen nicht einschlägig. Gleiches gelte für § 174 Abs. 3 AO. So fehle es an einem vorangegangenen „einen“ Steuerbescheid im Sinne dieser Vorschrift; er liege vor allem nicht in der Aufhebung des Vorbehalts der Nachprüfung betreffend die Umsatzsteuerfestsetzung 1991 im März 2000. Ungeachtet dessen sei insofern nicht ersichtlich, dass diese Entscheidung von einer irrigen Annahme zur Würdigung bestimmter Besteuerungsgrundlagen getragen gewesen und ihr dies vor allem auch erkennbar gewesen sein sollte. Da-rüber hinaus mache auch der an die Organträgerin gerichtete Umsatzsteuerbescheid 1997 vom 20. Januar 2005 bezogen auf den streitgegenständlichen Umsatzsteuerbescheid 1991 vom 1. Februar 2005 keinen einem Steuerbescheid nachfolgenden „anderen“ Steuerbescheid aus.

Der Eintritt der Festsetzungsverjährung lasse sich schließlich nicht gestützt auf § 174 Abs. 5 Satz 1 in Verbindung mit [i.V.m.] § 174 Abs. 4 Satz 3 AO übergehen. So sei gegenüber der eigentlichen Steuerpflichtigen, der Y..-KG als Organträgerin, kein Steuerbescheid aufgrund irriger Beurteilung eines bestimmten Sachverhalts im Sinne von § 174 Abs. 4 Satz 1 AO ergangen. Zudem sei die Klägerin Dritte im Sinne von § 174 Abs. 5 AO gewesen, nicht aber zu dem die Y..-KG betreffenden, auf die Umsatzsteuerfestsetzung 1997 bezogenen Verfahren hinzugezogen worden. Da betreffend die Klägerin als Gesamt-rechtsnachfolgerin der N-G-GmbH zum 31. Dezember 2001 Festsetzungsverjährung eingetreten gewesen sei, hätte sie auch gar nicht mehr hinzugezogen werden können. Auf eine etwaige Kenntnis von ihr bzw. der N-G-GmbH von einem Steuerfestsetzungswiderstreit komme es schon grundsätzlich nicht an; ungeachtet dessen habe sie bzw. die N-G-GmbH auch vor Ablauf der Festsetzungsfrist hiervon keine Kenntnis gehabt. Ebenso wenig müsse sie sich als Organgesellschaft etwa Kenntnisse der Y..-KG als Organträgerin zurechnen lassen. Die umsatzsteuerliche Organschaft ändere nichts daran, dass die Organträgerin und die Organgesellschaften als eigenständige Steuersubjekte zu behandeln seien und deshalb von verschiedenen Steuerschuldverhältnissen ausgegangen werden müsse.

Die Klägerin beantragt,

den Umsatzsteuerbescheid 1991 vom 1. Februar 2005 in Gestalt der Einspruchs-entscheidung vom 4. Mai 2007 aufzuheben und

die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten zum Vorverfahren für notwendig zu erklären sowie

hilfsweise, die Revision zuzulassen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen und

hilfsweise, die Revision zuzulassen.

Er stützt seine Rechtsverteidigung wiederholend und vertiefend auf die Begründung seiner Einspruchsentscheidung vom 4. Mai 2007, an der festhält. Ergänzend hebt er hervor, dass auch unter dem Aspekt der Festsetzungsverjährung eine Änderung der Umsatzsteuerfestsetzung 1991 gestützt auf § 174 Abs. 3 AO möglich gewesen sei. Seinem Sachbearbeiter sei im April 1998 bekannt gewesen, dass die Y..-KG im Rahmen ihrer Umsatzsteuererklärung 1997 die seitens der N-G-GmbH zu Unrecht in 1991 in Anspruch genommene Vorsteuer korrigiert habe. Er habe daher keinen Anlass für eine Korrektur der Umsatzsteuerfestsetzung 1991 betreffend die N-G-GmbH gesehen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Beteiligten ausgetauschten Schriftsätze nebst deren Anlagen sowie auf die von dem Beklagten vorgelegten Steuerakten (1 Band Umsatzsteuerakten) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist unbegründet. Der Umsatzsteuerbescheid 1991 vom 1. Februar 2005 in Ge-stalt der Einspruchsentscheidung vom 4. Mai 2007, mit dem der Beklagte den von der Rechtsvorgängerin der Klägerin, der N-G-GmbH, geltend gemachten Vorsteuerabzug betreffend das Grundstückskaufsgeschäft vom 31. Dezember 1991 rückgängig machte und dem entsprechend die Umsatzsteuerfestsetzung 1991 änderte, ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin daher nicht in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichts-ordnung – FGO –). Zu Unrecht sieht die Klägerin eine solche Änderung der Umsatzsteuerfestsetzung 1991 wegen entgegen stehender Festsetzungsverjährung als ausgeschlossen an.

Nach § 169 Abs. 1 Satz 1 AO sind eine Steuerfestsetzung sowie ihre Aufhebung oder auch Änderung nicht mehr zulässig, wenn die Festsetzungsfrist abgelaufen ist. Die Festsetzungsfrist beträgt im Regelfall vier Jahre (§ 169 Abs. 2 Nr. 2 AO), so auch bezogen auf die Umsatzsteuer. Sie beginnt mit dem Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Steuer entstanden ist (§ 170 Abs. 1 AO), abweichend davon, wenn eine Steuererklärung einzureichen ist, mit dem Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Steuererklärung eingereicht wird, spätestens jedoch mit dem Ablauf des dritten Kalenderjahres, das auf das Kalenderjahr folgt, in dem die Steuer entstanden ist (§ 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO).

Die regelmäßige Festsetzungsfrist war hiernach im Zeitpunkt des Erlasses der geänderten Umsatzsteuerfestsetzung 1991 vom 1. Februar 2005 betreffend die Umsatzsteuer des Streitjahres 1991, auf die bezogen die Rechtsvorgängerin der Klägerin, die N-G-GmbH, ihre Umsatzsteuererklärung 1991 am 21. Dezember 1992 eingereicht hatte, seit Langem abgelaufen. Sie begann am 1. Dezember 1993 und endete dementsprechend nach vier Jahren am 31. Dezember 1996.

Allerdings war der Ablauf der regelmäßigen Festsetzungsfrist durch die gegenüber der N-G-GmbH betreffend die Umsatzsteuer 1991 im September 1995 angeordnete Außenprüfung auf der Grundlage von § 171 Abs. 4 Satz 1 AO zunächst gehemmt. Wird vor Ablauf der Festsetzungsfrist mit einer Außenprüfung begonnen, läuft die Festsetzungsfrist für solche Steuern, auf die sich die Außenprüfung erstreckt, nicht ab, bevor die auf Grund der Außenprüfung zu erlassenden Steuerbescheide unanfechtbar geworden sind oder nach Bekanntgabe der Mitteilung nach § 202 Abs. 1 Satz 3 AO drei Monate verstrichen sind. Hierbei bestimmt § 202 Abs. 1 Satz 3 AO, dass dem Steuerpflichtigen gegebenenfalls [ggf.] schriftliche mitzuteilen ist, dass die im Rahmen der Außenprüfung gewonnenen Feststellungen zu keiner Änderung der Besteuerungsgrundlagen führen werden. Eine derartige Mitteilung hatte die Klägerin als Rechtsnachfolgerin der N-G-GmbH im März 2000 erhalten. Unter diesen Umständen endete die durch Außenprüfung bewirkte Hemmung des Ablaufs der Festsetzungsfrist spätestens mit Ablauf des 30. Juni 2000.

Gleichwohl war es dem Beklagten hier gestützt auf § 174 Abs. 3 AO noch möglich, die Umsatzsteuerfestsetzung 1991 zu ändern. Ist ein bestimmter Sachverhalt in einem Steuerbescheid erkennbar in der Annahme nicht berücksichtigt worden, dass er in einem anderem Steuerbescheid zu berücksichtigen sei, und stellt sich diese Annahme als unrichtig heraus, so kann laut § 174 Abs. 3 Satz 1 AO die Steuerfestsetzung, bei der die Berücksichtigung des Sachverhalts unterblieben ist, insoweit nachgeholt, aufgehoben oder geän-dert werden. Hierbei ist die Nachholung, Aufhebung oder Änderung nur zulässig bis zum Ablauf der für die andere Steuerfestsetzung geltenden Festsetzungsfrist (§ 174 Abs. 3 Satz 2 AO).

Steuerbescheid ist laut § 155 Abs. 1 Satz 2 AO der nach § 122 Abs. 1 AO bekannt gegebene Verwaltungsakt. Steuerbescheide bilden dabei in erster Linie Steuerfestsetzungen. Denn grundsätzlich werden Steuern nach § 155 Abs. 1 Satz 1 AO von der Finanzbehör-de durch Steuerbescheide festgesetzt.

Unter einem „bestimmten Sachverhalt“ im Sinne von § 174 Abs. 3 Satz 1 AO ist der einzelne Lebensvorgang zu verstehen, an den das Gesetz steuerliche Folgen knüpft. Darunter fällt nicht nur die einzelne steuererhebliche Tatsache oder das einzelne Merkmal, sondern auch der einheitliche, für die Besteuerung maßgebliche Sachverhaltskomplex (BFH, Urteil vom 14. Januar 2010 – IV R 33/07 – BFHE 228, 122, BStBl II 2010, 586 Leitsatz 1).

Mit der Nichtberücksichtigung eines bestimmten Sachverhalts bezieht sich § 174 Abs. 3 AO darauf, dass ein steuerrelevanter Lebensvorgang in einem Steuerbescheid nicht mit steuerlichen Konsequenzen belegt oder keine Regelung für ihn getroffen wurde. Betroffen sind diejenigen Fälle, dass ein bestimmter Sachverhalt nicht in mehreren Bescheiden berücksichtigt worden ist, obwohl er in einem der Bescheide hätte berücksichtigt werden müssen (Loose, in: Tipke/Kruse, AO, Stand: Mai 2009, § 174 AO Rn. 28). Unerheblich ist dabei, ob der finanzbehördlichen Entscheidung, einen bestimmten Sachverhalt nicht in einen Steuerbescheid eingehen zu lassen, eine unrichtige tatsächliche oder rechtliche Annahme zugrunde lag. Von Bedeutung ist lediglich, dass die entsprechende Einschätzung für den Bescheid ursächlich geworden; hieran fehlt es bei unbekannt gebliebenen oder steuerlich für bedeutungslos gehaltenen Sachverhalten (Rüsken, in: Klein, AO, 9. Aufl. 2006, § 174 AO Rn. 40a). § 174 Abs. 3 AO gestattet dabei auch die Änderung des Steuerbescheides eines Steuerpflichtigen, wenn der alternative Steuerbescheid einen anderen Steuerpflichtigen betrifft (Loose, aaO. § 174 AO Rn. 28).

Erkennbarkeit einer fehlerhaften finanzbehördlichen Annahme bedeutet, dass derjenige, dem gegenüber die Steuerfestsetzung geändert oder nachgeholt werden soll, in der Lage war zu ersehen, dass die Berücksichtigung des fraglichen Sachverhalts nur im Hinblick auf die spätere Steuerfestsetzung unterblieben ist (Rüsken, in: Klein, AO, 9. Aufl. 2006, § 174 AO Rn. 42). Erkennbarkeit liegt insbesondere vor, wenn der Steuerpflichtige durch sein eigenes Verhalten die Finanzbehörde veranlasst hat, einen Sachverhalt nicht oder nicht bei ihm, sondern bei einem Anderen zu erfassen (BFH, Urteil vom 5. November 2009 – IV R 99/06 –, BFHE 228, 98, BStBl II 2010, 593, 596 Rn. 28).

Hieran gemessen war der Beklagte zur Änderung der die Rechtsvorgängerin der Klägerin, die N-G-GmbH, betreffenden Umsatzsteuerfestsetzung 1991 berechtigt. Die umsatzsteuerrechtliche Rückabwicklung der zwischen der Y..-GmbH und der Klägerin als Rechtsnachfolgerin der N-B-GmbH Ende 1997 getroffenen Vereinbarung, von der Entschließung, das Ende 1991 vorgenommene Grundstückskaufgeschäft als umsatzsteuerpflichtig zu behandeln, abzugehen und es stattdessen umsatzsteuerfrei zu belassen, erfolgte zunächst im Rahmen der Umsatzsteuerveranlagung 1997 der Y..-KG. Die entsprechende Umsatzsteuerfestsetzung 1997 verband sich dabei mit der von der Y..-KG am 10. Dezember 1998 eingereichten Umsatzsatzerklärung 1997, die zu einer (Umsatzsteuer-)Zahllast von ihr geführt und deshalb auf der Grundlage von § 168 Satz 1 AO einer Steuerfestsetzung unter den Vorbehalt der Nachprüfung gleichgestanden hatte. Sie beruhte ihrerseits darauf, dass die Y..-KG nach ihrer ursprünglichen Umsatzsteuererklärung 1997 selbst davon ausgegangen war, sich bedingt durch die seit Anfang 1996 begründete umsatzsteuerrechtliche Organschaft als Organträgerin die Umsätze ebenso wie auch Vorsteuerabzugsbeträge ihrer Organgesellschaften, u.a. der N-G-GmbH, als eigene zuschreiben lassen und die Rückgängigmachung des mit dem im Jahr 1991 erfolgten Grundstückskaufgeschäft zusammen hängenden Vorsteuerabzugs im Jahr der entsprechenden Rechnungsberichtigung (1997) umsatzsteuerrechtlich in Ansatz bringen zu müssen. Dieser umsatzsteuerrechtlichen Behandlung des Vorgangs, dass die Option, das Grundstückskaufgeschäft aus dem Jahr 1991 als umsatzsteuerpflichtig zu behandeln, 1997 rückgängig gemacht worden und deshalb in diesem Jahr bei ihr, der Y..-KG als Organträgerin der Klägerin, zu berücksichtigen war, ist der Beklagte erkennbar gefolgt. Von der ihm grundsätzlich eröffneten Berechtigung, die Umsatzsteuererklärung 1997 der Y..-KG zu übergehen und ihr gegenüber eine abweichende Umsatzsteuerfestsetzung 1997 mit der Maßgabe vorzunehmen, dass die Optionsumkehr als rückwirkendes Ereignis auf das Jahr der Ausführung des Umsatzes (hier: das Grundstückskaufgeschäft aus dem Jahr 1991) zurückwirke und dem entsprechend beim Leistungsempfänger, hier der N-G-GmbH als Rechts-vorgängerin der Klägerin, zu berücksichtigen sei, hatte er keinen Gebrauch gemacht.

Unter diesen Umständen hat die Aufgabe der Option, das Grundstückskaufgeschäft aus dem Jahr 1991 als umsatzsteuerpflichtig zu behandeln, einen (Umsatz-)Steuerbescheid, speziell die mit der Umsatzsteuererklärung 1997 der Y..-KG nach § 168 Satz 1 AO einhergegangene Umsatzsteuerfestsetzung 1997, bestimmt. Damit aber verband sich zu-gleich auf der anderen Seite, dass in der Folge der (Umsatzsteuer-)Festsetzung 1997 ge-genüber der Y..-KG bewusst eine Erfassung des bezeichneten Vorgangs in einer auf die Klägerin als Gesamtrechtsnachfolgerin der N-G-GmbH bezogenen (Umsatz-)Steuerfest-setzung für den Veranlagungszeitraum 1991 unterblieben ist, um nicht denselben Sachverhalt (Rückgängigmachung des mit dem vormaligen Grundstückskaufsgeschäfts verbundenen Vorsteuerabzugs) mehrfach in Ansatz zu bringen. Insofern ist im Sinne von § 174 Abs. 3 Satz 1 AO in einem Steuerbescheid eine auf die N-G-GmbH bezogene Änderung der (Umsatz-)Steuerfestsetzung 1991 unterblieben, da der Beklagte im Anschluss an die von der Y..-KG selbst eingereichte Umsatzsteuererklärung 1997 die Vorstellung (übernommen) hatte, der Vorgang sei in einem anderen Steuerbescheid gegenüber der Y..-KG als umsatzsteuerrechtlicher Organträgerin für den Veranlagungszeitraum 1997 anzusetzen.

Andere Festsetzung im Sinne des § 174 Abs. 3 Satz 2 AO war im Streitfall die Festsetzung über die Umsatzsteuer 1997 gegenüber der Y..-KG. Diesem Ansatz steht nicht von vornherein entgegen, dass die Y..-KG im Verhältnis zur Klägerin als Dritte anzusehen sei und deshalb die einschränkenden Voraussetzungen von § 174 Abs. 5 AO zum Tragen kommen sollten. Denn es entspricht ständiger Rechtsprechung, dass § 174 Abs. 5 AO keine abschließende Regelung für den Fall enthält, dass die Finanzbehörde die zu Unrecht bei einem Dritten durchgeführte Besteuerung durch den nachträglichen Erlass und/oder die Korrektur von Steuerbescheiden bei dem zutreffenden Steuersubjekt nachholen will. Vielmehr ist § 174 Abs. 3 AO auch dann einschlägig, wenn die „andere Steuerfestsetzung“ gegenüber einem Dritten ergangen ist (BFH, Urteile vom 1. August 1984 – V R 67/82 –, BFHE 141, 490, BStBl II 1984, 788; vom 29. Oktober 1991 – VIII R 2/86 – BFHE 167, 316, BStBl II 1992, 832; Hessisches Finanzgericht – FG –, Urteil vom 22. April 2009 – 6 K 2821/02, juris – aus materiell-rechtlichen Gründen aufgehoben durch BFH, Urteil vom 27. Januar 2011 – V R 21/09 – BFHE 233, 77, BStBl II 2011, 524; FG Düsseldorf, Urteil vom 31. März 2010 – 5 K 2615/07 U –, juris, Revision anhängig unter dem BFH-Aktenzeichen V R 45/10; vgl. auch BFH, Urteil vom 5. November 2009 – IV R 99/06, BFHE 228, 98, BStBl II 2010, 593, 595 Rn. 26).

Dem lässt sich nicht entgegen halten, die umsatzsteuerliche Würdigung im Rahmen der Umsatzsteuerveranlagung 1997 der Y..-KG sei nicht beim Beklagten, sondern bei dem Finanzamt FA A... erfolgt. Denn wie sich aus den mit Schriftsatz des Beklagten vom 21. Oktober 2011 übersandten Aktenkopien ergibt (Bl. 131 ff. der Gerichts-akte – GA –), war dem für die beim Beklagten geführten Gesellschaften der Y…-Gruppe zuständigen Sachbearbeiter das von der Y..-KG gewählte Verfahren der Vorsteuerkorrektur bekannt. Der Beklagte hat seinerzeit gleichwohl als die für die Umsatzsteuer 1991 der N-G-GmbH zuständige Finanzbehörde keinen Anlass gesehen, gegenüber der Klägerin als Gesamtrechtsnachfolgerin der N-G-GmbH eine geänderte Umsatzsteuerfestsetzung 1991 zu erlassen. Dazu kam es, weil sich der Sachbearbeiter und sein Sachgebietsleiter ausweislich des Schreibens an das FA B... vom 7. Mai 1998 (Bl. 138 GA), auf das wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, der im Jahr 1998 von der Y..-KG vertretenen und auch sonst herrschenden Meinung angeschlossen hatten, dass nicht die Vorsteuer 1991 der N-G-GmbH, sondern die Vorsteuer 1997 der Y..-KG zu korrigieren sei. Damit ist die – aus heutiger Sicht – im Jahr 1998 gebotene Korrektur der seinerzeit bestehenden Umsatzsteuerfestsetzung 1991 gegenüber der N-G-GmbH unterblieben.

Die oben skizzierte Annahme des Beklagten, dass der Widerruf der Option zu einer Vorsteuerminderung im Rahmen der Umsatzsteuerveranlagung 1997 der Y..-KG führte, stellte sich im Lichte der nachgehenden BFH-Rechtsprechung (Urteil vom 1. Februar 2001 – V R 23/00 – aaO.) als unrichtig heraus. Vielmehr zeichnete diese Entscheidung vor, dass die Umkehr der Option, das frühere Grundstücksgeschäft als umsatzsteuerpflichtig zu behandeln, als rückwirkendes Ereignis auf das Jahr der Ausführung des Umsatzes (hier: 1991) zurückwirke und dem entsprechend beim Leistungsempfänger (hier: der N-G-GmbH) zu berücksichtigen sei.

Die umsatzsteuerrechtliche Berücksichtigung der Umkehrung der Option, das Grundstückskaufgeschäft aus dem Jahr 1991 als umsatzsteuerpflichtig zu behandeln, ausschließlich bei der Y..-KG als Organträgerin für das Jahr 1997, nicht aber bei der Organgesellschaft, der N-G-GmbH bzw. der Klägerin als deren Rechtsnachfolgerin, für den Veranlagungszeitraum 1991 war letzterer auch uneingeschränkt erkennbar. In diesem Zu-sammenhang ist hervorzuheben, dass einer der Mitgeschäftsführer der Komplementärin der Y..-KG zugleich auch Geschäftsführer der Klägerin selbst war. Insofern war die Klägerin stets im Bilde, in welcher Weise die Y..-KG als ihre (umsatzsteuerrechtliche) Organträgerin den in Rede stehenden Sachverhalt in ihrer zu einer Steuerfestsetzung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung führenden Umsatzsteuererklärung 1997 behandelt hatte, dass der Beklagte dieser Umsatzsteuererklärung 1997 gefolgt und deshalb offensichtlich zwecks Vermeidung einer nicht angängigen Mehrfacherfassung desselben Sachverhalts, speziell der Rückgängigmachung des ehemaligen Vorsteuerabzugs, gegenüber der N-G-GmbH bzw. gegenüber der Klägerin als deren verschmelzungsbedingter Rechtsnachfolgerin eine geänderte Umsatzsteuerfestsetzung für das Jahr 1991 unterblieben war.

Es kommt hinzu, dass die Klägerin und die Y..-KG bereits seit Anfang 1996 eine umsatzsteuerrechtliche Organschaft bildeten und sie sich deshalb als Organgesellschaft die Kenntnisse der Y..-KG als Organträgerin zurechnen lassen musste. Denn infolge der umsatzsteuerrechtlichen Organschaft ließen sich von der Klägerin herrührende Umsätze und Vorsteuerbeträge nur unmittelbar von und bei der Y..-KG als Organträgerin erfassen. So hat laut § 2 Abs. 2 Satz 1 UStG eine umsatzsteuerliche Organschaft zur Folge, dass die entsprechende gewerbliche oder berufliche Tätigkeit einer Organgesellschaft nicht selbständig ausgeübt wird (§ 2 Abs. 2 Satz 1 UStG). Die Umsatzbesteuerung wird somit bei der Organträgerin zusammen geführt und erfolgt allein bei ihr. Umsatzsteuerrechtlich ist Unternehmer nur (noch) die Organträgerin mit der Folge, dass ihr umsatzsteuerlich sämtliche Handlungen der Organgesellschaft zuzurechnen sind, Leistungen der Organgesellschaft Umsätze der Organträgerin darstellen und Leistungsbeziehungen zwischen der Organgesellschaft und der Organträgerin als Innenumsätze umsatzsteuerlich unbeachtlich sind (Meyer, in: Offerhaus/Söhn/Lange, UStG, Stand: Juli 2011, § 2 UStG Rn. 84, 85, 87 und 100; Flückiger, in: Plückebaum/Malitzky/Widmann, UStG, Stand: Juni 2008, § 2 Abs. 2 UStG Rn. 332; Scharpenberg, in: Hartmann/Metzenmacher, UStG, Stand: VIII/09, § 2 UStG Rn. 279, 280). Die Klägerin selbst hätte deshalb für den Veranlagungszeitraum 1997 keine eigenständige Umsatzsteuerfestsetzung erreichen können. Unter diesen Umständen kann für umsatzsteuerrelevante Kenntnisse bzw. für die Erkennbarkeit umsatzsteuererheblicher Verhältnisse hinsichtlich der Organgesellschaften von vornherein nur auf den Wissenstand der Organträgerin, hier der Y..-KG, abgestellt werden. Diese aber hatte die in Rede stehende Rückgängigmachung des von ihren Organgesellschaften in Anspruch genommenen Vorsteuerabzugs für sich zielgerichtet zunächst für den Veranlagungszeitraum 1997 in Ansatz gebracht.

Bezogen auf die Umsatzsteuerfestsetzung 1997 gegenüber der Y..-KG war im Zeitpunkt des Erlasses des streitgegenständlichen Änderungsbescheides vom 1. Februar 2005 auch noch keine Festsetzungsverjährung im Sinne von § 174 Abs. 3 Satz 2 AO eingetreten. Hinsichtlich die die Y..-KG als Organträgerin betreffenden Umsatzsteuerfestsetzung 1997 war infolge der ihr gegenüber angeordneten Außenprüfung der Ablauf der Festsetzungsfrist auf der Grundlage von § 171 Abs. 4 Satz 1 AO ausgesetzt. Die Hemmung des Ablaufs der Festsetzungsfrist endete insofern mit Eintritt der Bestandskraft der aufgrund der Außenprüfung ergangenen geänderten Umsatzsteuerfestsetzung 1997 vom 20. Janu-ar 2005. Diese galt der Klägerin nach den §§ 122 Abs. 2 Nr. 1, 108 Abs. 3 AO als am Montag, dem 24. Januar 2005, bekanntgegeben. Folglich lief die einmonatige Einspruchsfrist (§ 355 Abs. 1 AO) mit Ablauf des 24. Februar 2005 ab. Unter diesen Umständen war am 1. Februar 2005 im Sinne von § 174 Abs. 3 Satz 2 AO die für die andere Steuerfestsetzung geltende Festsetzungsfrist noch nicht abgelaufen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

Die Zulassung der Revision beruht auf § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO. Es ist bisher höchstrichterlich nicht geklärt und es liegen auch weder eine einheitliche erstinstanzliche Rechtsprechung noch übereinstimmende Kommentierungen dazu vor, ob ein Steuerpflichtiger auf der Grundlage von § 174 Abs. 3 AO eine Änderung einer an sich infolge regulärer Festsetzungsverjährung nicht mehr änderungsfähigen Steuerfestsetzung gleichwohl hinzunehmen hat, wenn das FA in einem Steuerbescheid einen „bestimmten Sachverhalt“ dahin gewürdigt hat, dass er nach Steuersubjekt und/oder Zeitraum in einem anderen, von derselben oder auch einer anderen Finanzbehörde zu erlassenden Bescheid gegenüber einem anderen Steuerpflichtigen zu erfassen sei und deshalb eine Änderung seiner Steuerfestsetzung bisher unterblieben ist. Ebenso fehlt eine klare Rechtsprechung dazu, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang sich der betroffene Steuerpflichtige in dem Falle, dass er eine umsatzsteuerrechtliche Organgesellschaft bildet, Kenntnisse der umsatzsteuerrechtlichen Organträgerin hinsichtlich der vom FA seiner Steuerfestsetzung im Sinne von § 174 Abs. 3 Satz 1 AO zugrunde gelegten Annahmen zurechnen lassen muss.