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Entscheidung S 17 AS 659/14 ER


Metadaten

Gericht SG Neuruppin 17. Kammer Entscheidungsdatum 27.05.2014
Aktenzeichen S 17 AS 659/14 ER ECLI
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen

Tenor

1. Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes wird zurückgewiesen.

2. Die Beteiligten haben einander Kosten nicht zu erstatten.

Gründe

I.

Der Antragsteller wendet sich einstweilen gegen die Absenkung von Leistungen nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuchs (SGB II) auf Grundlage eines Sanktionsbescheids.

1. Der Antragsteller bezieht bereits länger Leistungen nach dem SGB II, letztmalig aufgrund des Bescheids vom 27. Januar 2014 (Februar 2014 bis Juli 2014). Nachdem der Antragsteller bereits mehrfach Maßnahme nicht angetreten oder abgebrochen hatte - auf die unwidersprochen gebliebene zusammenfassende Darstellung des Antragsgegners in der Antragserwiderung vom 7. April 2014 (Bl. 39 ff. Gerichtsakte) wird Bezug genommen - wies ihn der Antragsgegner durch Bescheid vom 12. Dezember 2013 zu einer Maßnahme „Jugendcoaching“ (10. Januar 2014 bis 30. Juni 2014, 30 Stunden wöchentlich) zu. Hiergegen erhob der Antragsteller unter dem 19. Dezember 2013 Widerspruch, der durch Widerspruchsbescheid vom 6. Februar 2014 zurückgewiesen wurde.

Da der Antragsteller die Maßnahme nicht antrat, erlies der Antragsgegner nach Anhörung des Antragstellers den Sanktionsbescheid vom 21. März 2013, mit dem er die Leistungen für den Zeitraum April 2014 bis Juni 2014 um 100 % des maßgebenden Regelbedarfs (313,00 € monatlich) minderte. Ferner hob er mit gesondertem Bescheid vom 25. März 2014 den Bewilligungsbescheid vom 27. Januar 2014 insoweit teilweise auf. Der Antragsteller legte gegen den Sanktionsbescheid unter dem 26. März 2014 Widerspruch ein.

2. Der Antragsteller hat am 27. März 2014 bei dem Sozialgericht Neuruppin die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes begehrt. Er ist der Auffassung, dass die Zuweisung zu der Maßnahme überflüssig ist, da eine sinnvolle Eingliederung so nicht stattfinden könne. Er beantragt,

für den Widerspruch vom 26. März 2013 gegen den Sanktionsbescheid vom 21. März 2014 die aufschiebende Wirkung herzustellen sowie

den Antragsgegner im Wege des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens zu verpflichten, bis zur Klärung im Hauptsacheverfahren umgehend Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuchs weiter zu gewähren und ggf. einbehaltene Leistungen unverzüglich auszuzahlen.

Der Antragsgegner hält die Sanktionierung des Antragstellers mit Blick auf dessen beruflichen Werdegang wegen des erneuten Nichtantritts einer Maßnahme für gerechtfertigt und beantragt,

den Antrag abzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie auf den Inhalt der Verwaltungsakten des Antragsgegners, die dem Gericht vorlagen und Gegenstand der Entscheidungsfindung waren, Bezug genommen.

II.

1. Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes ist mit dem Begehren, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs vom 26. März 2014 gegen den Sanktionsbescheid vom 21. März 2014 anzuordnen, statthaft und auch im Übrigen zulässig. Das Gericht kann in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen (§ 86 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG -). Dem Widerspruch gegen den Sanktionsbescheid kommt die aufschiebende Wirkung nicht zu (§ 39 Nr. 1 SGB II).

2. Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung hat jedoch keinen Erfolg.

Die Entscheidung über die Anordnung der aufschiebenden Wirkung hat aufgrund einer Abwägung der widerstreitenden Interessen zu erfolgen, wobei neben den Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens auch Sinn und Zweck des Gesetzes, die Entscheidung des Gesetzgebers, ob Anfechtungsklagen gegen solche Bescheide grundsätzlich aufschiebende Wirkung haben sollen, sowie der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu berücksichtigen sind (Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Sozialgerichtsgesetz, 10. Auflage 2012, Rn. 12 e ff. zu § 86 b). Dabei ist im Hinblick auf die Eilbedürftigkeit der Entscheidung grundsätzlich nur eine summarische Prüfung möglich. Je geringer die Erfolgsaussichten in der Hauptsache zu bewerten sind, umso höher müssen die erfolgsunabhängigen Interessen des Antragstellers zu veranschlagen sein, um eine Aussetzung zu rechtfertigen. Je größer die Erfolgsaussichten in der Hauptsache sind, umso geringere Anforderungen sind an das Aussetzungsinteresse des Antragstellers zu stellen (Keller, a.a.O, Rn. 12 f zu § 86 b; vgl. zum entsprechenden § 80 Verwaltungsgerichtsordnung: Kopp/Schenke, Verwaltungsgerichtsordnung, 14. Auflage 2005, Rn. 152, 158 zu § 80).

Die danach zu treffende Abwägung geht zu Lasten des Antragstellers aus. Der Sanktionsbescheid vom 21. März 2013 erweist sich nach der gebotenen summarischen Prüfung als rechtmäßig.

Rechtsgrundlage ist § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB II i. V. m. § 31 a Abs. 2 Satz 1 SGB II. Der Antragsteller hat die Maßnahme, in die er durch den Bescheid vom 12. Dezember 2013 eingewiesen worden war, nicht angetreten. Den vom Antragsteller vorgetragenen Gründen, warum er die am 10. Januar 2014 begonnene Maßnahme nicht habe antreten müssen, war in diesem Verfahren nicht weiter nachzugehen, da der Zuweisungsbescheid vom 12. Dezember 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 6. Februar 2014 bestandskräftig geworden ist. Der Widerspruchsbescheid ist dem Antragsteller ausweislich seines eigenen Posteingangsstempels am 7. Februar 2014 zugegangen. Bei dem Sozialgericht Neuruppin ist eine diesbezügliche Klage nicht anhängig. Auch ist der Antrag auf Gewährung gerichtlichen Eilrechtsschutzes nicht binnen der Klagefrist erhoben worden, so dass eine dahingehende Auslegung nicht in Betracht kommt. Selbst der Antragsteller hat die Erhebung der Klage weder vorgetragen noch glaubhaft gemacht.

Falls und soweit im Rahmen der gerichtlichen Überprüfung eines Sanktionsbescheids der zugrunde liegende Zuweisungsbescheid mit zu überprüfen ist, kann es sich aus Gründen des gestuften Rechtsschutzes gegen Zuweisungs- und Sanktionsbescheid allenfalls um eine Evidenzprüfung handeln. Unter Anlegung eines solchen Prüfungsmaßstabs ist gegen den Zuweisungsbescheid nichts zu erinnern. Der Antragsgegner hat die aus seiner Sicht bestehende Erforderlichkeit und Angemessenheit der Maßnahme in gerichtlich nicht zu beanstandender Weise angenommen. Die konkrete Eignung der Maßnahme, die der Antragsteller bestreitet, ist hingegen im Rahmen einer Evidenzprüfung durch das Sozialgericht nicht zu überprüfen.

Die übrigen Voraussetzungen für die Sanktionierung des Antragstellers (§ 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB II i. V. m. § 31a Abs. 2 Satz 1 SGB II) lagen vor. Insbesondere hat der Antragsgegner § 31a Abs. 2 Satz 4 und Abs. 3 SGB II beachtet.

3. Ob es den Sanktionsbescheid, der bereits selber den Auszahlungsanspruch mindert (§ 31 b Abs. 1 Satz 1 SGB II), ergänzend auch des Teilaufhebungsbescheids vom 25. März 2014 bedurft hätte (vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 12. Dezember 2010 - B 14 AS 92/09 R - [juris]) und ob der Antragsteller sowohl im Wege des Widerspruchs als auch im Wege des gerichtlichen Eilrechtsschutzes gegen diesen hätte vorgehen müssen und auch vorgegangen ist, bedarf vorliegend keiner Entscheidung. Denn dem Antrag auf Gewährung gerichtlichen Eilrechtsschutzes war hinsichtlich der Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs aus den dargelegten Gründen der Erfolg versagt. Es kann daher offen bleiben, ob für die Suspendierung eines Sanktionsbescheids ohne die Suspendierung des diesen umsetzenden Teilaufhebungsbescheids überhaupt ein Bedürfnis besteht. Dies gilt unabhängig davon, ob es eines gesonderten Teilaufhebungsbescheids überhaupt bedarf (vgl. Berlit, in: LPK-SGB II, 5. Auflage 2013, Rn. 2 § 31 b).

III.

Der weitergehende Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes ist unzulässig. Soweit dieser auf die vorläufige Verpflichtung des Antragsgegners zur Leistungsgewährung bzw. -auszahlung gerichtet ist (§ 86 b Abs. 2 SGG), fehlt es bereits am Rechtsschutzbedürfnis. Denn dem Antragsteller sind bereits mit Bescheid vom 27. Januar 2014 Leistungen nach dem SGB II bewilligt worden. Diese müsste der Antragsgegner auch an ihn auszahlen, wenn der Antragsteller mit seinem zu II. in diesem Beschluss beschiedenen Antrag Erfolg gehabt hätte. Es ist nicht ersichtlich, dass sich der Antragsgegner hieran nicht gehalten und der Antragsteller daher eines zusätzlichen gerichtlichen Ausspruchs bedurft hätte. Dies hat selbst der Antragsteller weder konkret dargelegt noch glaubhaft gemacht.

IV.

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG und folgt dem Ausgang des Verfahrens.