Gericht | OVG Berlin-Brandenburg 3. Senat | Entscheidungsdatum | 08.07.2014 | |
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Aktenzeichen | OVG 3 B 21.13 | ECLI | ||
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 19 Abs 2 AbgG, § 27 Abs 1 AbgG, § 28 AbgG, § 28 Abs 1 BBhV, § 28 Abs 2 S 3 BBhV |
Die Aufwendungen nach § 28 Abs. 1 Satz 1 BBhV müssen aus Anlass des in § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BBhV genannten Ereignisses entstehen. Dies setzt eine zeitliche Nähe zu dem Ereignis voraus.
Die Sechs-Monats-Frist des § 28 Abs. 2 Satz 3 BBhV läuft ab dem Tod der haushaltführenden Person.
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 14. März 2012 geändert. Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 vom Hundert des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 vom Hundert des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Die Beteiligten streiten um die Gewährung einer Beihilfe für die Kosten einer von dem Kläger im September 2011 in Anspruch genommenen Familien- und Haushaltshilfe.
Der Kläger war Mitglied des Deutschen Bundestages. Er ist seit 24. März 2005 pflegebedürftig nach der Pflegestufe I. Erstmals für März 2005 erhielt er von der Beklagten hierfür eine Pauschalbeihilfe. Durch Bescheid vom 2. August 2006 stellte das Landesamt für Gesundheit und Soziales einen Grad der Behinderung von 100 fest.
Die bis dahin mit Unterstützung einer Haushaltshilfe den gemeinsamen Haushalt führende Ehefrau des Klägers wurde am 26. September 2006 dauerhaft in einem Pflegeheim untergebracht. In der Folgezeit bereitete der Kläger sich teilweise selbst Mahlzeiten zu. Er war u.a. auch in der Lage, sich an- und auszukleiden. Im Übrigen kümmerten sich seine Töchter und die Haushaltshilfe um den Haushalt. Am 13. Mai 2009 verstarb die Ehefrau des Klägers. Danach lebte er allein im Haushalt. Am 28. Dezember 2010 stürzte er schwer und wurde bettlägerig. Im Jahr 2011 musste er sich mehrfach in stationäre Behandlung begeben, zuletzt vom 26. Mai bis 29. Juni 2011 sowie vom 7. bis 17. August 2011.
Seit Februar 2011 ist Frau E... für den Kläger als Haushaltshilfe tätig. Sie lebt in seinem Haushalt und betreut ihn. Mit Schreiben vom 23. August 2011 an die Beklagte bekundete der Kläger, nach der Heimunterbringung und dem anschließenden Tode seiner Ehefrau habe er den Haushalt bis zu seinem Sturz allein geführt; die schweren Folgen des Sturzes hätten ihn gezwungen, sich einer Haushaltshilfe zu bedienen.
Am 21. September 2011 stellte Frau S... dem Kläger „für Hilfe im Haushalt im September 2011“ einen Betrag von 1.365 Euro in Rechnung. Davon entfielen auf 18 nicht kalendermäßig bezeichnete Tage je 70 Euro und auf 3 Tage je 35 Euro. Die Verwaltung des Deutschen Bundestages lehnte durch Bescheid vom 26. September 2011 die Gewährung einer Beihilfe mit der Begründung ab, der Kläger sei zuletzt im Juni 2011 stationär behandelt worden, eine Familien- und Haushaltshilfe sei nur für die ersten 28 Tage nach dem Ende einer außerhäuslichen Unterbringung beihilfefähig.
Der Kläger hat am 28. Oktober 2011 vor dem Verwaltungsgericht Klage gegen den Bescheid vom 26. September 2011 erhoben. Er hat die Auffassung vertreten, die in § 28 Abs. 2 Satz 3 BBhV vorgesehene Befristung des Beihilfeanspruchs für eine Familien- und Haushaltshilfe beziehe sich nur auf den Zeitraum nach dem Tod des den Haushalt führenden Angehörigen, nicht aber auf den Zeitraum nach Eintritt einer von § 28 Abs. 1 BBhV erfassten Pflegebedürftigkeit des Beihilfeberechtigten. Der überlebende Ehegatte solle sich innerhalb eines Jahres die Haushaltsführung neu einrichten können. Im Falle des Eintritts der Pflegebedürftigkeit spiele diese Überlegung keine Rolle. § 28 Abs. 2 BBhV sei eine eigenständige Anspruchsgrundlage für solche Fälle, in denen Personen nicht pflegebedürftig seien oder zwar pflegebedürftig seien, jedoch nicht die strengeren Voraussetzungen des § 28 Abs. 1 BBhV erfüllten. Eine anderweitige Auslegung widerspreche dem aus § 27 Abs. 1 AbgG abzuleitenden Gebot der angemessenen Unterstützung des Klägers. Die Beklagte habe im Übrigen entgegen § 28 AbgG keine Entscheidung des Präsidenten des Deutschen Bundestages eingeholt.
Die Beklagte ist erstinstanzlich der Auffassung gewesen, die streitgegenständlichen Aufwendungen für die Haushaltshilfe seien entgegen § 28 Abs. 2 Satz 3 BBhV nicht für die ersten sechs bzw. zwölf Monate nach dem Tod der Ehefrau des Klägers als maßgeblichem Ereignis entstanden. Dem Beihilfeberechtigten stehe es nicht frei, den Beihilfeanspruch erst Jahre nach Eintritt jenes Ereignisses „einzulösen“. Im Übrigen ergäben sich aus der streitgegenständlichen Rechnung weder die Kalendertage noch der zeitliche und inhaltliche Umfang des Einsatzes der Haushaltshilfe. So habe der Kläger mit Schreiben vom 23. August 2011 an die Beklagte bekundet, die Haushaltshilfe habe während seines Krankenhausaufenthalts vom 7. bis 17. August 2011 den durch den großen Garten besonders arbeitsintensiven Haushalt weitergeführt. Gartenarbeiten seien jedoch nicht beihilfefähig. Eine unbillige Härte ergebe sich für den Kläger nicht, da er aufgrund seiner Pflegebedürftigkeit eine Pflegepauschale erhalte, die auch der Abgeltung notwendiger Hilfe im Haushalt diene. § 28 AbgG wiederum setze einen ausdrücklichen, an den Präsidenten des Deutschen Bundestages gerichteten Antrag voraus.
Das Verwaltungsgericht hat die Beklagte durch Urteil vom 14. März 2012 verpflichtet, dem Kläger nach Abzug eines Selbstbehalts eine Beihilfe von 1.228,50 Euro zu gewähren. Zur Begründung hat es ausgeführt, es könne dahinstehen, ob der Kläger aus § 28 Abs. 2 Satz 1 BBhV aufgrund seiner stationären Unterbringung vom 7. bis 17. August 2011 einen Anspruch auf Erstattung von Aufwendungen für die Tätigkeit der Familien- und Haushaltshilfe für die ersten 28 Tage nach der Entlassung habe. Die dafür grundsätzlich erforderliche ärztliche Bescheinigung über die Notwendigkeit einer Haushaltshilfe habe er nicht eingereicht. Jedenfalls bestehe für den gesamten Monat September 2011 ein Anspruch nach § 28 Abs. 1 Satz 1 BBhV. Der Kläger sei bereits vor der außerhäuslichen Unterbringung seiner Ehefrau bzw. deren Tod pflegebedürftig gewesen. Die Vorschrift erfordere nicht, dass der Betreffende darüber hinaus zur Haushaltsführung außerstande gewesen sei. Der Anspruch des Klägers sei nicht durch Fristablauf erloschen. Bei der Bezugnahme in § 28 Abs. 2 Satz 3 BBhV auf Satz 1 der Vorschrift handele es sich um ein Redaktionsversehen, gemeint sei Absatz 1. Die Frist des § 28 Abs. 2 Satz 3 BBhV sei auf den Fall des Klägers anwendbar, werde aber, wie der Wegfall der früheren Formulierung „… nach dem Todesfall …“ in § 6 Nr. 8 Satz 4 BhV belege, noch nicht durch den Tod in Gang gesetzt, sondern erst durch die Geltendmachung von Pflegeleistungen. Einem Missbrauch lasse sich durch Anwendung der Grundsätze von Treu und Glauben entgegenwirken. Da der Kläger erstmals für April 2011 Aufwendungen nach § 28 Abs. 1 Satz 1 BBhV beansprucht habe, sei die Sechs-Monats-Frist des § 28 Abs. 2 Satz 3 BBhV im September 2011 noch nicht abgelaufen gewesen. Der Höhe nach seien die getätigten Aufwendungen angemessen.
Auf ihre von dem Senat zugelassene Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin hat die Beklagte ihre erstinstanzliche Argumentation vertieft. In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat sie sich vorsorglich bereit erklärt, den Beihilfeantrag des Klägers hinsichtlich der Anspruchsgrundlage des § 28 Abs. 2 Satz 1 BBhV erneut zu bescheiden, sobald der Kläger die in der Vorschrift vorgesehene ärztliche Bescheinigung einreicht sowie den inhaltlichen und zeitlichen Umfang der Leistungserbringung darlegt.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 14. März 2012 zu ändern und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er wiederholt und vertieft sein Vorbringen aus dem erstinstanzlichen Verfahren und macht geltend, § 28 Abs. 1 BBhV beziehe sich auf Beihilfeberechtigte wie ihn mit dauernder, § 28 Abs. 2 BBhV auf solche mit vorübergehender Hilfsbedürftigkeit. Im Übrigen enthalte das AbgG keine Verordnungsermächtigung, weswegen die BBhV den umfassenden Anspruch nach § 27 Abs. 1 AbgG nicht einschränken könne.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Streitakte sowie den Verwaltungsvorgang (ein Halbhefter) Bezug genommen. Diese Unterlagen haben vorgelegen und sind - soweit wesentlich - Gegenstand der mündlichen Verhandlung vor dem Senat gewesen.
Die zulässige Berufung der Beklagten ist begründet. Das Verwaltungsgericht hätte der Klage nicht stattgegeben dürfen. Die Ablehnung der Gewährung einer Beihilfe für die Tätigkeit der Familien- und Haushaltshilfe im September 2011 durch den angefochtenen Bescheid ist nicht rechtswidrig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Denn er hat keinen Anspruch auf die begehrte Beihilfe, § 113 Abs. 5 VwGO.
Soweit § 28 des Gesetzes über die Rechtsverhältnisse der Mitglieder des Deutschen Bundestages (Abgeordnetengesetz - AbgG -) vorsieht, dass der Präsident des Deutschen Bundestages in besonderen Fällen einem ausgeschiedenen Mitglied des Deutschen Bundestages einmalige Unterstützungen gewähren kann, hat der Kläger einen dahingehenden Antrag an den Präsidenten nicht dargelegt, auch nicht auf den ausdrücklichen Hinweis der Beklagten auf das Fehlen des Antrags.
Der Kläger kann allerdings gemäß § 27 Abs. 1 AbgG als ehemaliges Mitglied des Deutschen Bundestages und Versorgungsempfänger (vgl. § 19 Abs. 2 AbgG) einen Beihilfeanspruch in sinngemäßer Anwendung der für Bundesbeamte geltenden Vorschriften geltend machen. Durch die Regelung hat der Gesetzgeber (selbst) die Anordnung getroffen, dass auf ehemalige Abgeordnete die für Bundesbeamte geltenden Beihilfevorschriften Anwendung finden. Dies gilt ungeachtet der Frage, ob die Beihilfevorschriften in Gestalt eines Parlamentsgesetzes oder einer Rechtsverordnung erlassen wurden. Einen Zuschussanspruch, der weiter ginge, als jene Vorschriften es vorsehen, kann der Kläger aus seinem Status nicht herleiten, der eine Ausnahme von der Generalverweisung in § 27 Abs. 1 AbgG für die streitgegenständlichen Aufwendungen nicht gebietet.
Maßgeblich für den Beihilfeanspruch von Bundesbeamten war in dem Zeitpunkt der Entstehung der Aufwendungen (vgl. BVerwG, Urteil vom 15. Dezember 2005 - 2 C 35.04 -, juris Rn. 11) des Klägers die auf Grund von § 80 Abs. 4 des Bundesbeamtengesetzes vom 5. Februar 2009 (BGBl. I S. 160) erlassene Bundesbeihilfeverordnung (BBhV) vom 13. Februar 2009 (BGBl. I S. 326) nach Maßgabe der Zweiten Verordnung zur Änderung der Bundesbeihilfeverordnung vom 13. Juli 2011 (BGBl. I S. 1394).
Gemäß § 28 Abs. 1 Satz 1 BBhV sind die Aufwendungen für eine Familien- und Haushaltshilfe in angemessener Höhe zunächst dann beihilfefähig, wenn die den Haushalt führende berücksichtigungsfähige Angehörige den Haushalt wegen ihrer notwendigen außerhäuslichen Unterbringung nicht weiterführen kann (Nr. 1), im Haushalt ein Beihilfeberechtigter verbleibt, der pflegebedürftig ist (Nr. 2), und keine andere im Haushalt lebende Person den Haushalt weiterführen kann (Nr. 3). Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt.
Zwar erfolgte am 26. September 2006 die notwendige außerhäusliche Unterbringung der Ehefrau des Klägers in einem Pflegeheim (Nr. 1). Sie hatte den gemeinsamen Haushalt jedenfalls im Wesentlichen geführt. Der Kläger hat hierzu in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat vermerkt, sein Beitrag zum Haushalt habe sich während der Zeit des Zusammenlebens auf gröbere Tätigkeiten sowie die Gartenpflege beschränkt.
Der Kläger verblieb auch als Beihilfeberechtigter im gemeinsamen Haushalt und war pflegebedürftig (Nr. 2). Der Begriff der Pflegebedürftigkeit wird in § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BBhV selbst nicht näher erläutert. Maßstab ist insoweit, dass der Beihilfeberechtigte gemäß § 37 Abs. 2 BBhV i.V.m. § 14 SGB XI pflegebedürftig und einer Pflegestufe gemäß § 15 Abs. 1 SGB XI zugeordnet ist (vgl. Schröder/Beckmann/Weber, Beihilfevorschriften des Bundes und der Länder, Stand Februar 2014, § 28 BBhV Rn. 6). Der Kläger ist seit 24. März 2005 der Pflegestufe I (vgl. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB XI) zugeordnet.
Schließlich gab es keine andere im Haushalt lebende Person, die den Haushalt weiterführen konnte (Nr. 3).
Die Unterbringung der Ehefrau im Pflegeheim im September 2006 war aber nicht kausal für die Inanspruchnahme der Haushaltshilfe im September 2011.
Die Familien- und Haushaltshilfe muss aus Anlass (vgl. § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BBhV: „… wegen …“) der außerhäuslichen Unterbringung des Angehörigen tätig werden und dabei einen typischerweise besonders starken Einschnitt in die Lebensführung der Familie abmildern [vgl. BVerwG, Urteil vom 17. Oktober 1991 - 2 C 21.90 -, juris Rn. 18, 21 zu dem mit Ablauf des 13. Februar 2009 (vgl. Ziffer IV. des Rundschreibens des Bundesministeriums des Innern vom 16. Februar 2009, GMBl. S. 138) außer Kraft getretenen, aufgrund der Ermächtigung in § 200 des Bundesbeamtengesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 31. März 1999 (BGBl. I. S. 675) erlassenen § 6 Abs. 1 Nr. 8 Satz 4 der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift für Beihilfen in Krankheits-, Pflege-, Geburts- und Todesfällen (Beihilfevorschriften - BhV -) des Bundesministeriums des Innern in der Fassung der Bekanntmachung vom 1. November 2001 (GMBl. S. 919), in ihrem hier interessierenden Teil geändert durch die Siebenundzwanzigste allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Änderung der Beihilfevorschriften vom 17. Dezember 2003 (GMBl. S. 227)].
Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat bekundet, er habe zwar nach der Unterbringung seiner Ehefrau in dem Pflegeheim weiterhin zweimal wöchentlich Unterstützung durch die schon vorher im ehelichen Haushalt tätige Haushaltshilfe sowie täglich durch seine Töchter erhalten. Damals habe er sich jedoch u.a. noch an- und entkleiden und sich auch selbst Frühstück sowie hin und wieder Essen aus einer Konservendose zubereiten können. Erst nach seinem Sturz im Jahre 2010 sei ihm eine eigenständige Haushaltsführung nicht mehr möglich und er rund um die Uhr auf fremde Hilfe angewiesen gewesen. Nichts anderes ergibt sich aus dem Schreiben des Klägers an die Beklagte vom 23. August 2011, wonach er, der Kläger, den Haushalt nach der Heimunterbringung (und dem anschließenden Tod) seiner Ehefrau allein weitergeführt hat und ihn (erst) die schweren Folgen seines Sturzes gezwungen haben, sich zur Führung seines Haushalts einer Haushaltshilfe zu bedienen. Hiernach war die Inanspruchnahme der Haushaltshilfe im September 2011 nicht durch die Unterbringung der - 2 ¼ Jahre zuvor bereits verstorbenen - Ehefrau des Klägers im Pflegeheim veranlasst und konnte den damit verbundenen besonders starken Einschnitt in die Lebensführung des Klägers nicht (mehr) abmildern.
Auch nach dem Tod der Ehefrau des Klägers lagen die Voraussetzungen für die Gewährung einer Beihilfe aus § 28 Abs. 1 Satz 1 BBhV nicht vor.
Zwar ermöglicht § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BBhV die Erstattung von Aufwendungen für eine Familien- und Haushaltshilfe auch dann, wenn die berücksichtigungsfähige Angehörige verstorben ist. Dies gilt aber nach dem Wortlaut der Vorschrift nur, wenn sie bis zu ihrem Tod den Haushalt geführt hat. Dies war nicht der Fall, da die Ehefrau des Klägers die letzten 2 ½ Jahre vor ihrem Tod in einem Pflegeheim verbrachte. Auch der nach dem oben Gesagten mit der Gewährung der Beihilfe verfolgte Zweck, einen typischerweise besonders starken Einschnitt in die Lebensführung der Familie abzumildern, konnte angesichts dessen durch die Tätigkeit der Familien- und Haushaltshilfe nicht (mehr) erreicht werden.
Entgegen der Auffassung des Klägers lassen, für sich genommen, weder der Eintritt der Pflegebedürftigkeit des Beihilfeberechtigten noch dessen Unvermögen, den Haushalt eigenständig zu führen, den Anspruch nach § 28 Abs. 1 BBhV entstehen. Dies belegt die Formulierung „… ein Beihilfeberechtigter … verbleibt“ - womit „zurückbleiben“ gemeint ist (vgl. Schröder/Beckmann/Weber, a.a.O., Rn. 7) -, „… der pflegebedürftig ist“ in § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BBhV. Die Formulierung setzt die Pflegebedürftigkeit des Beihilfeberechtigten voraus und nimmt die Unterbringung beziehungsweise den Tod der haushaltführenden Person und ihren dadurch bedingten Ausfall (vgl. Schröder/Beckmann/Weber, a.a.O., Rn. 2) zum Anlass für die Entstehung des Beihilfeanspruchs. Dies ergibt sich gleichermaßen aus dem Begriff „weiterführen“ in § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BBhV, der das maßgebliche, in § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BBhV genannte Ereignis in Bezug nimmt.
Der Beihilfeanspruch des Klägers ist unabhängig von alledem auch nach § 28 Abs. 2 Satz 3 BBhV ausgeschlossen.
Gemäß § 28 Abs. 2 Satz 1 BBhV sind Aufwendungen für eine Familien- und Haushaltshilfe auch für die ersten 28 Tage nach dem Ende einer außerhäuslichen Unterbringung beihilfefähig, wenn deren Notwendigkeit ärztlich bescheinigt wurde. Dies gilt gemäß § 28 Abs. 2 Satz 2 BBhV auch für Alleinstehende. Laut § 28 Abs. 2 Satz 3 BBhV sind im Todesfall der haushaltführenden Person die Aufwendungen „nach Satz 1“ für sechs Monate, in besonders begründeten Ausnahmefällen für zwölf Monate beihilfefähig.
§ 28 Abs. 2 Satz 3 BBhV ist keine eigenständige Anspruchsgrundlage, sondern bezieht sich auf alle Tatbestandsvoraussetzungen des § 28 Abs. 1 Satz 1, 2. Alt. BBhV („… oder verstorben ist“) und schränkt den dortigen Anspruch zeitlich ein.
Der Begriff der „haushaltführenden Person“ in § 28 Abs. 2 Satz 3 BBhV wird erst durch die Regelung in § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 2. Alt. BBhV verständlich, auf die er sich bezieht (vgl. „Im Todesfall …“ in § 28 Abs. 2 Satz 3 BBhV einerseits, „… oder verstorben ist“ in § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 2. Alt. BBhV andererseits).
Die Bezugnahme im Wortlaut des § 28 Abs. 2 Satz 3 BBhV auf „Satz 1“ ist, wie das Verwaltungsgericht zu Recht angenommen hat, ein Redaktionsversehen. Durch Art. 1 Nr. 19 der Dritten Verordnung zur Änderung der Bundesbeihilfeverordnung vom 8. September 2012 (BGBl. I S. 1935) wurde die Angabe „Satz 1“ folgerichtig durch die Angabe „Absatz 1“ ersetzt. Hierbei handelte es sich gemäß der von dem Senat in das Verfahren eingeführten Begründung der Verordnung (Referentenentwurf des Bundesministeriums des Innern S. 137) lediglich um eine redaktionelle Klarstellung.
Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts sind die Aufwendungen für die Familien- und Haushaltshilfe nur für die ersten sechs bzw. im Ausnahmefall zwölf Monate nach dem Tod der haushaltführenden Person beihilfefähig.
Wie oben ausgeführt, wird der Anspruch nach § 28 Abs. 1 Satz 1 BBhV durch (die außerhäusliche Unterbringung oder) den Tod der haushaltführenden Person ausgelöst. Hieraus folgt, dass auch die Frist des § 28 Abs. 2 Satz 3 BBhV ab jenem Zeitpunkt läuft. Die Aufwendungen gehen nicht mehr auf den Ausfall der haushaltführenden Person zurück, wenn der Beihilfeberechtigte sie noch zu einem Zeitpunkt tätigen darf, zu dem er längst eigene Vorkehrungen zur dauerhaften Weiterführung seines Haushalts hätte treffen müssen und gegebenenfalls getroffen hat oder wenn er den Haushalt zunächst weiterführt und erst später hierzu nicht mehr in der Lage ist.
Zu dem gleichen Ergebnis führt die Berücksichtigung der Amtlichen Begründung zu § 28 Abs. 2 BBhV (abgedruckt bei Schröder/Beckmann,/Weber, a.a.O., Rn. 15). Sie verhält sich zunächst zu der (gerade) die ersten 28 Tage nach dem Ende einer außerhäuslichen Unterbringung umfassenden Frist des § 28 Abs. 2 Satz 1 BBhV und fügt an, eine Sonderregelung gelte für die Fälle, in denen die den Haushalt führende Person versterbe. Hier betrage „die Frist“ sechs Monate, in besonders begründeten Ausnahmefällen zwölf Monate. Gemeint ist damit ebenfalls die Frist ab dem die Beihilfefähigkeit auslösenden Ereignis.
Soweit die - für den Senat ohnehin nicht verbindliche - Allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Rechtsverordnung über die Gewährung von Beihilfe in Krankheits-, Pflege- und Geburtsfällen (Bundesbeihilfeverordnung - BBhV) - BBhVVwV - in Ziffer 28.2.2 vermerkt, der Verweis in § 28 Abs. 2 Satz 3 BBhV auf § 28 Abs. 2 Satz 1 BBhV bestimme „dabei nicht den zeitlichen Rahmen“, besagt dies nur, dass der in § 28 Abs. 2 Satz 1 BBhV genannte zeitliche Rahmen von 28 Tagen nach dem Ende einer außerhäuslichen Unterbringung für den Anspruch nach § 28 Abs. 2 Satz 3 BBhV unmaßgeblich ist.
Ohne Belang ist die Abweichung des Wortlauts des § 28 Abs. 2 Satz 3 BBhV von demjenigen der Vorgängervorschrift des § 6 Abs. 1 Nr. 8 Satz 4 BhV. Gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 8 Satz 4 BhV waren die Aufwendungen für eine Familien- und Haushaltshilfe im Todesfall der haushaltführenden Person höchstens für sechs Monate, in Ausnahmefällen für zwölf Monate „nach dem Todesfall“ beihilfefähig. Dass § 28 Abs. 2 Satz 3 BBhV die Formulierung „nach dem Todesfall“ nicht übernommen hat, besagt nicht, der Verordnungsgeber habe der Vorschrift einen anderen Inhalt geben wollen.
Besteht nach alledem der Anspruch nach § 28 Abs. 2 Satz 3 BBhV nur für die ersten sechs bzw. zwölf Monate nach dem Tod des haushaltführenden Angehörigen, so war diese Frist nach dem Tod der Ehefrau des Klägers (13. Mai 2009) bereits abgelaufen, als dem Kläger im September 2011 die streitgegenständlichen Aufwendungen für einen Haushaltshilfe entstanden.
Ohne dass es hierauf noch ankommt, ist die von Frau S... ausgestellte Rechnung nicht hinreichend konkret, um einen Beihilfeanspruch zu begründen. Darauf hat der Senat in seinem Beschluss über die Zulassung der Berufung aufmerksam gemacht, ohne dass der Kläger sein Vorbringen im Berufungsverfahren hinreichend substanziiert hätte. Die Rechnung lautet auf „Hilfe im Haushalt“. Welche konkreten Tätigkeiten ausgeführt wurden, bleibt besonders im Lichte des Umstandes, dass der Kläger im maßgeblichen Zeitraum aufgrund seiner Pflegebedürftigkeit bereits eine Pflegepauschalhilfe erhielt, offen. Zudem sind die von dem Kläger in dessen Schreiben an die Beklagte vom 23. August 2011 als besonders arbeitsintensiv beschriebenen Gartenarbeiten nicht der von § 28 BBhV abgedeckten privaten Lebens- und Wirtschaftsführung zur Erfüllung von Grundbedürfnissen zuzuordnen.
Über die Frage eines Beihilfeanspruchs des Klägers nach § 28 Abs. 2 Satz 1 BBhV für den Zeitraum vom 1. September 2011 bis 14. September 2011, nämlich bis 28 Tage nach der Entlassung aus dem Krankenhaus am 17. August 2011, wird die Beklagte gemäß ihrer Erklärung in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat erneut befinden, sobald der Kläger die nach der Vorschrift erforderliche ärztliche Bescheinigung eingereicht sowie die auch insoweit bislang nicht konkret aufgezeigten Verrichtungen der Haushaltshilfe und den zeitlichen Umfang der jeweiligen Leistungserbringung dargelegt hat.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Gründe vorliegt.