Toolbar-Menü
 
Sie sind hier: Gerichtsentscheidungen Kita-Gebührensatzung; Elternbeiträge; Kalkulation; umlagefähige Betriebskosten;...

Kita-Gebührensatzung; Elternbeiträge; Kalkulation; umlagefähige Betriebskosten; Kostenüberdeckungsverbot; Äquivalenzprinzip; Beitragshöchstsatz; sozialverträgliche Staffelung; Satzungsbefugnis der Gemeinde; Beitragserstattung bei Unzumutbarkeit; Kosten der Kindertagespflege; Übertragung von Aufgaben des Landkreises als örtlicher Träger der öffentlichem Jugendhilfe auf Gemeinden durch Vertrag


Metadaten

Gericht OVG Berlin-Brandenburg 6. Senat Entscheidungsdatum 10.10.2019
Aktenzeichen OVG 6 A 2.19 ECLI ECLI:DE:OVGBEBB:2019:1010.OVG6A2.19.00
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen § 90 SGB 8, § 16 KitaG BB, § 2 KitaG§16Abs2uaV BB, § 17 KitaG BB

Leitsatz

Eine Gemeinde ist nicht verpflichtet, bei der Kalkulation der Elternbeiträge für die Kinderbetreuung in kommunalen Kindertagesstätten die grundstücks- und gebäudebezogenen Betriebskosten im Sinne des § 16 Abs. 3 Satz 1 KitaG unberücksichtigt zu lassen. Auch diese Kosten zählen zu den Betriebskosten, die in die Kalkulation eingestellt werden dürfen.

Tenor

Der Antrag wird abgewiesen.

Die Antragsteller tragen die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Antragsteller können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Antragsgegnerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Antragsteller sind Eltern zweier 2014 und 2016 geborener Kinder, für deren Betreuung in einer Kindertagesstätte der Antragsgegnerin sie zu Elternbeiträgen herangezogen werden.

Grundlage hierfür ist die Satzung der Gemeinde M... über die Erhebung von Beiträgen für die Inanspruchnahme von Kinderbetreuungseinrichtungen in Trägerschaft der Gemeinde M... sowie Kindertagespflegeeinrichtungen vom 28. November 2017 - Kitasatzung -, die am 1. Februar 2018 in Kraft getreten ist und zunächst im Amtsblatt der Gemeinde vom 29. Dezember 2017, Nr. 5, S. 40 ff., wegen Druckfehlern in den Anlagen erneut im Amtsblatt der Gemeinde vom 26. Januar 2018, Nr. 1, S. 2 ff. und schließlich - ergänzt um einen Hinweis auf das vom Landkreis als örtlicher Träger der öffentlichen Jugendhilfe erteilte Einvernehmen - nochmals im Amtsblatt der Gemeinde vom 28. März 2018, Nr. 2, S. 4 ff. veröffentlicht wurde.

Gegen diese Satzung wenden sich die Antragsteller mit dem am 21. Dezember 2018 erhobenen Normenkontrollantrag. Sie halten die Satzung für rechtswidrig. Der Gemeinde fehle eine Ermächtigungsgrundlage zum Satzungserlass. Zwar seien ihr durch entsprechenden Vertrag mit dem Landkreis die Aufgaben der Kindertagesbetreuung übertragen worden. Dieser Vertrag sei jedoch unwirksam. Die Elternbeiträge seien zudem nicht sozialverträglich gestaltet. § 10 Abs. 2 Kitasatzung sehe vor, dass bei der Ermittlung des Kostenbeitrages nur die unterhaltsberechtigten Kinder berücksichtigt würden, die eine Kindertagesstätte oder Kindertagespflege in Anspruch nähmen, nicht aber unterhaltsberechtigte Kinder, die keine Betreuungsleistungen der Antragsgegnerin in Anspruch nähmen. In der Satzung sei zudem nicht berücksichtigt, dass Beitragszahler der untersten Einkommensgruppe (1.250 Euro monatlich) regelmäßig Leistungsempfänger nach dem SGB II und SGB XII sein dürften, so dass die in der Satzung vorgesehenen Elternbeiträge über der zumutbaren Belastung im Sinne des § 90 Abs. 3 SGB VIII lägen. Es müsse daher jeder Sozialleistungsbezieher einen Antrag auf Übernahme der Kosten stellen. Die Kalkulation der Elternbeiträge sei unrichtig. Insbesondere hätten die kalkulatorische Miete und die Hausmeisterkosten nicht mit eingerechnet werden dürfen. Aus § 16 Abs. 3 KitaG folge, dass es Aufgabe der Gemeinden sei, die Grundstückskosten einschließlich der Bewirtschaftung und Erhaltung zu tragen. Diese Kosten dürften bei der Bemessung der Elternbeiträge daher nicht erneut berücksichtigt werden. Dass dies nach § 2 KitaBKNV möglich sei, sei ohne Belang, da die Verordnung gegenüber dem Gesetz nachrangig sei. Die doppelte Berücksichtigung der kalkulatorischen Miete ziehe einen Verstoß gegen das Kostenüberdeckungsverbot nach sich. Die Kalkulation sei außerdem deshalb unrichtig, weil sie unzulässigerweise mit der Kalkulation für die Kosten der Kindertagespflege vermischt sei. Die Kalkulation der Elternbeiträge für die Kindertagespflege sei gemäß § 18 KitaG Sache des Landkreises als örtlicher Träger der öffentlichen Jugendhilfe. Diese Aufgabe habe vertraglich nicht wirksam auf die Antragsgegnerin übertragen werden können.

Die Antragsteller beantragen,

für Recht zu erkennen, dass die Kostenbeitragsatzung über die Erhebung von Kostenbeiträgen für die Betreuung von Kindern in den Kindertagesstätten der Gemeinde M... vom 28. November 2017 unwirksam ist.

Der Antragsgegner beantragt,

den Normenkontrollantrag zurückzuweisen.

Er verteidigt die angegriffene Satzung.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Streitakte sowie der Verwaltungsvorgänge der Antragsgegnerin verwiesen, die vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe

Der zulässige Normenkontrollantrag ist unbegründet. Die am 29. Dezember 2017 ordnungsgemäß bekannt gemachte Satzung ist mit höherrangigem Recht vereinbar. Die Antragsteller vermögen mit ihren Einwendungen nicht durchzudringen.

1. Die Rüge der Antragsteller, der Antragsgegnerin fehle die Satzungsbefugnis, weil der auf § 12 KitaG gestützte Vertrag mit dem Landkreis zur Übertragung der Aufgaben des örtlichen Trägers der Jugendhilfe rechtswidrig sei, ist verfehlt. Die Satzungsbefugnis der Antragsgegnerin hängt nicht von der Wirksamkeit jenes Vertrages ab. Sie ergibt sich unmittelbar aus § 17 KitaG. Nach dessen Absatz 1 Satz 1 haben die Personensorgeberechtigten Beiträge zu den Betriebskosten der Einrichtungen zu entrichten. Gemeinden oder Gemeindeverbände als Träger der Einrichtungen können die Elternbeiträge und das Essengeld durch Satzung festlegen und als Gebühren erheben (§ 17 Abs. 3 Satz 1 und 3 KitaG). Von dieser Satzungsermächtigung hat der Antragsgegner durch die am 28. November 2017 beschlossene, hier angegriffene Gebührensatzung Gebrauch gemacht.

2. Ohne Erfolg machen die Antragsteller geltend, die in der Satzung vorgesehenen Elternbeiträge seien nicht den gesetzlichen Vorgaben entsprechend gestaffelt.

Gemäß § 17 Abs. 2 KitaG sind die Elternbeiträge sozialverträglich zu gestalten und nach dem Elterneinkommen, der Zahl ihrer unterhaltsberechtigten Kinder sowie dem vereinbarten Betreuungsumfang zu staffeln. Diesen Vorgaben entspricht die Satzung. Soweit die Antragsteller rügen, nach § 10 Abs. 2 Buchstabe b) Kitasatzung würden nicht alle unterhaltsberechtigten Kinder, sondern nur diejenigen, die eine Betreuungseinrichtung der Antragsgegnerin besuchten, berücksichtigt, lassen sie außer Acht, dass nach Absatz 8 der Vorschrift jedes unterhaltsberechtigte Kind, für welches keine Betreuung in Anspruch genommen wird oder dessen Betreuung nicht in einer Kindertagesstätte der Gemeinde M... wahrgenommen wird, einkommensmindernd in Höhe von 250 Euro auf das monatliche Einkommen berücksichtigt wird. Zudem werden gemäß § 13 Abs. 6 Kitasatzung gesetzliche Unterhaltsverpflichtungen gegenüber anderen Kindern auf Nachweis einkommensmindernd berücksichtigt.

Soweit die Antragsteller erstmals in der mündlichen Verhandlung weiter bemängeln, die Satzung berücksichtige keine weiteren Unterhaltsverpflichtungen, etwa gegenüber pflegebedürftigen Eltern, ist nicht ersichtlich, aus welcher Rechtsnorm sich ein derartiges Erfordernis ergeben soll.

3. Ebenso erfolglos bleibt der Einwand der Antragsteller, in der unteren Einkommensgruppe (bis 1.250 Euro Monatseinkommen) sei stets ein Erlassantrag nach § 90 Abs. 3 Satz 1 SGB VIII zu stellen, so dass schon die Erhebung der Beiträge für solche Einkommensbezieher per se unzumutbar sei.

Die Antragsteller knüpfen damit der Sache nach an eine Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Bremen an, wonach die Elternbeiträge nicht so hoch festgesetzt werden dürften, dass die Eltern allgemein, um zu einer zumutbaren Belastung zu gelangen, auf ein antragsabhängiges Erlassverfahren verwiesen und damit einhergehend der konkret individuellen Zumutbarkeitsprüfung unterworfen würden. Es widerspreche den Strukturprinzipien des § 90 Abs. 1 und Abs. 3 SGB VIII, die auf Bewältigung von Einzelfällen ausgelegt und nicht dazu gedacht seien, auf eine große Gruppe der Beitragspflichtigen angewendet zu werden. Es solle verhindert werden, dass der nicht unerhebliche Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung, der mit einer am Individualisierungsgrundsatz ausgerichteten Zumutbarkeitsprüfung verbunden sei, in einer Vielzahl von Fällen erforderlich werde. Eine allgemeine Verweisung auf das Erlassverfahren sei nicht erst dann anzunehmen, wenn die Beiträge für alle Beitragspflichtigen die Zumutbarkeitsgrenze überschritten. Dem Regel-Ausnahme-Verhältnis zwischen § 90 Abs. 1 und Abs. 3 SGB VIII widerspreche es auch, wenn ganze Einkommensstufen und die für sie vorgeschriebenen Beiträge keine praktische Bedeutung hätten, sondern quasi fiktiv seien, weil sämtliche betroffenen Beitragspflichtigen den Erlass des für sie geltenden Beitrags fordern könnten. In diesem Fall habe das Erlassverfahren nicht die Funktion einer am Individualisierungsgrundsatz ausgerichteten Zumutbarkeitsprüfung, sondern diene dazu, auch in Fällen, in denen keine Besonderheiten vorlägen, den Beitrag, der von den Betroffenen gefordert werden könne, überhaupt erst zu ermitteln (so OVG Bremen, Urteil vom 22. Oktober 2014 - 2 D 106/13 -, NVwZ-RR 2015, S. 222, Rn. 56 f. bei juris). Diese Erwägungen überzeugen nicht.

Gemäß § 90 Abs. 3 Satz 1 SGB VIII soll in den Fällen der Förderung von Kindern in Tageseinrichtungen und Kindertagespflege der Kostenbeitrag auf Antrag ganz oder teilweise erlassen oder ein Teilnahmebeitrag auf Antrag ganz oder teilweise vom Träger der öffentlichen Jugendhilfe übernommen werden, wenn die Belastung den Eltern und dem Kind nicht zuzumuten ist. Der Norm liegt die Erwägung zugrunde, dass die Eltern im Regelfall in der Lage sind den Kostenbeitrag aufzubringen und nur, wenn dies ausnahmsweise unzumutbar sein sollte, ein Erlass oder eine Übernahme ganz oder teilweise durch den Träger der öffentlichen Jugendhilfe erfolgen soll.

Der Auslegung dieser Norm im Sinne der Antragsteller liegt dabei die Annahme zugrunde, die Einkommensstufen in den Beitragstabellen seien jeweils für sich genommen zu betrachten, um zu ermitteln, ob das Regel-Ausnahme-Verhältnis des § 90 Abs. 1 und Abs. 3 SGB VIII gewahrt sei. Träfe dies zu, müssten die Elternbeiträge bis zu einer bestimmten Einkommenshöhe letztlich entfallen, sie dürften nicht mehr erhoben werden, sofern es sich um eine ausreichend niedrige Einkommensgruppe handelte, weil insoweit stets eine individuelle Zumutbarkeitsprüfung im Sinne des § 90 Abs. 3 SGB VIII zu erfolgen hätte.

Gegen die Richtigkeit dieser Annahme spricht zum einen, dass eine Freistellung von den Betreuungskosten bei Einkommen bis zu einer bestimmten Höhe durch die Gebührensatzung dazu führen würde, dass der Einrichtungsträger, hier die Gemeinde, selbst Kosten tragen müsste, die gemäß § 90 Abs. 3 Satz 1 SGB VIII vom örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe, hier dem Landkreis, aufzubringen sind. Zum anderen setzt ein Erlass oder eine Befreiung des Kostenbeitrags im Sinne des § 90 Abs. 3 Satz 1 SGB VIII schon denklogisch voraus, dass dieser trotz Unzumutbarkeit zunächst einmal erhoben wird. Die Erlassregelung wäre anderenfalls (weitgehend) obsolet (vgl. auch VGH Kassel, Beschluss vom 6. Februar 1997 - 9 TG 3476/96 -, FEVS 48, S. 393 ff., Rn. 7 bei juris, der ausführt, dass die Erlassregelung nach § 90 Abs. 3 SGB VIII eine eigenständige Funktion hat und haben muss).

Vor diesem Hintergrund geht der Senat davon aus, dass der Gesetzgeber bei § 90 Abs. 3 Satz 1 SGB VIII für die Bestimmung des Regel-Ausnahme-Verhältnisses auf die Anzahl der betreuten Kinder in einer Einrichtung bzw. im Geltungsbereich einer Satzung insgesamt und nicht auf einzelne Einkommensgruppen abstellen wollte.

Unter Zugrundelegung dieses Maßstabs hat der Senat keine Bedenken gegen die hier gegebene Staffelung der Elternbeiträge und der hierfür vorgesehenen Einkommensgruppen.

4. Ohne Erfolg wenden die Antragsteller weiter ein, die grundstücks- und gebäudebezogenen Kosten seien entsprechend dem in § 16 Abs. 3 Satz 1 KitaG zum Ausdruck kommenden Rechtsgedanken von der Gemeinde zu tragen und dürften deshalb nicht (nochmals) in die Berechnung der Elternbeiträge einfließen. Dem ist nicht zu folgen.

Der Senat hat bereits mehrfach entschieden, dass § 16 Abs. 3 Satz 1 KitaG, wonach die Gemeinde dem Träger einer gemäß § 12 Abs. 3 Satz 2 KitaG erforderlichen Kindertagesstätte das Grundstück einschließlich der Gebäude zur Verfügung stellt und die bei sparsamer Betriebsführung notwendigen Bewirtschaftungs- und Erhaltungskosten für Gebäude und Grundstücke trägt, lediglich das Verhältnis zwischen einer Gemeinde und den dort ansässigen freien Trägern von Kindertagesbetreuungseinrichtungen betrifft, für die Gebührenkalkulation und die Parameter, die dabei einfließen dürften, jedoch keinerlei Vorgaben enthält (Senatsurteile vom 15. Mai 2018 - OVG 6 A 2.17 -, Rn. 18 bei juris und vom 22. Mai 2019 - OVG 6 A 6.17 -, Rn. 41 bei juris). Daran ist nach erneuter Überprüfung mit Blick auf die Systematik des Gesetzes festzuhalten.

Nach § 17 Abs. 1 Satz 1 KitaG haben die Personensorgeberechtigten Beiträge zu den Betriebskosten der Einrichtungen zu zahlen. Betriebskosten sind gemäß § 15 Abs. 1 KitaG die angemessen Personal- und Sachkosten. Der Begriff der Sachkosten umfasst finanzielle Aufwendungen, die mit der Bewirtschaftung der Gebäude und des Grundstücks einer Betreuungseinrichtung verknüpft sind. Hätte der Gesetzgeber gewollt, dass zur Kalkulation der Elternbeiträge Bewirtschaftungs- und Erhaltungskosten für Grundstück und Gebäude der jeweiligen Einrichtung nicht berücksichtigt werden dürften, hätte es nahegelegen, dies durch entsprechende Einschränkungen in der Formulierung des Gesetzes deutlich zu machen, zumal diese Kosten den weitaus größten Teil der Sachkosten darstellen.

Dem entspricht, dass § 2 KitaBKNV die Regelung des § 15 Abs. 1 KitaG dahin konkretisiert, dass die Sachkosten u.a. Miete oder Pacht für das Grundstück und Gebäude der Kindertagesstätte oder für den als Kindertagesstätte genutzten Teil des Grundstücks und Gebäudes (Buchstabe a) sowie bei eigenem Grundstück und Gebäude die kalkulatorische Miete (Buchstabe b) einschließen. Darüber hinaus zählen zu den Sachkosten gemäß § 2 Abs. 1 der Verordnung verschiedene Posten, die auch in den Bewirtschaftungskosten im Sinne des § 16 Abs. 3 Satz 1 KitaG enthalten sind. Hierzu zählen etwa die Heizungskosten (Buchstabe d), die Kosten für Gebäude und Sachversicherungen (Buchstabe e), Kosten für Wasser, Energie und öffentliche Abgaben (Buchstabe f) und der Erhaltungsaufwand für Grundstück und Gebäude (Buchstabe g, vgl. Senatsurteile vom 24. September 20919 - OVG 6 B 1.18 und OVG 6 B 6.18 -).

Die Antragsteller verkennen zudem, dass die Elternbeiträge nicht den Charakter einer im Einzelnen errechneten Gegenleistung für die durch die Betreuung ihrer Kinder verursachten Kosten haben. Die einzelnen als Sachkosten aufgeführten Positionen in § 2 Abs. 1 KitaBKNV dienen lediglich als Parameter zur Berechnung der Elternbeiträge.

Da der Gesetzgeber in Kenntnis der dem hiesigen Fall entsprechenden weit verbreiteten Praxis bei der Kalkulation der Elternbeiträge, sowie der zitierten Senatsrechtsprechung das KitaG und insbesondere auch dessen §§ 16 und 17 seit Inkrafttreten mehrfach geändert und angepasst hat, ohne diese Gesetzesauslegung und -anwendung zu korrigieren, muss angenommen werden, dass sie mit seinen Vorstellungen in Einklang steht.

Diesem Befund der bisherigen Rechtslage entspricht, dass der Gesetzgeber bei der bis zum Ablauf des Kita-Jahres 2019/2020 umzusetzenden Neufassung der Regelungen über die Bemessung der Elternbeiträge in § 17 Abs. 2 Satz 2 KitaG (in der Fassung des Artikels 1 des Gesetzes zum Einstieg in die Elternbeitragsfreiheit in Kitas vom 18. Juni 2018, GVBl. I/18 [Nr. 11]) vorgegeben hat, dass bei der Kalkulation der Elternbeiträge zunächst „von der Gesamtsumme der Betriebskosten“ auszugehen ist. Von diesem Betrag ist sodann (mindestens) der Betrag abzuziehen, den der örtliche Träger der öffentlichen Jugendhilfe einem Einrichtungsträger als Zuschuss nach § 16 Abs. 2 KitaG zu gewähren hat. Wenn von der Gesamtsumme der Betriebskosten verpflichtend stets auch die Betriebskosten im Sinne des § 16 Abs. 3 Satz 1 KitaG abzuziehen wären, hätte der Gesetzgeber das an dieser Stelle vorgegeben.

Aus dem Urteil des Senats vom 28. März 2019 - OVG 6 A 9.17 - folgt nichts anderes. Dort hat der Senat entschieden, dass der Zuschuss zu den Personalkosten nach § 16 Abs. 2 KitaG bei der Bemessung der Höhe der Elternbeiträge von den umlagefähigen Betriebskosten abzuziehen sei (Rn. 44 ff. bei juris). Daraus lässt sich entgegen der Auffassung der Antragsteller nicht ableiten, dass dies auch für die Grundstückskosten im Sinne des § 16 Abs. 3 Satz 1 KitaG gilt.

§ 16 Abs. 2 KitaG stellt die Träger von Einrichtungen der Kindertagesbetreuung in bestimmtem Umfang von den Kosten des notwendigen pädagogischen Personals frei und sorgt so für eine Entlastung des Einrichtungsträgers, die dieser bei der Kalkulation der Elternbeiträge zu berücksichtigen hat. § 16 Abs. 3 KitaG soll hingegen mit Blick auf die Förderung freier Träger eine plurale Trägerstruktur begünstigen (LT-Drs. 1/626, S. 25), die erschwert würde, wenn freie Träger die grundstücksbezogenen Kosten selbst zu tragen hätten. Die Verpflichtung der Gemeinden aus § 16 Abs. 3 KitaG hat somit eine andere gesetzgeberische Zielrichtung als die institutionelle Förderung nach § 16 Abs. 2 KitaG. Der Gesetzgeber hat diesen Unterschied in der Neufassung des Gesetzes dadurch zum Ausdruck gebracht, dass nur die institutionelle Förderung nach § 16 Abs. 2 KitaG bei der Kalkulation der Elternbeiträge verpflichtend in Abzug zu bringen ist (vgl. § 17 Abs. 2 Satz 2 KitaG n.F.).

5. Ein Verstoß gegen das Kostenüberdeckungsverbot und das Äquivalenzprinzip liegt entgegen der Auffassung der Antragsteller nicht vor.

Die jeweiligen Höchstsätze für die drei Betreuungsarten Krippe, Kita und Hort überschreiten die vom Antragsgegner für das Jahr 2016 als Referenzgröße errechneten durchschnittlichen Platzkosten nicht. Nach der vom Antragsgegner vorgelegten Tabelle hätte er ohne Elternbeiträge im Jahr 2016 zu den Betreuungskosten in der Krippe jährlich 355.592,24 Euro, für die Betreuung in der Kita 989.429,85 Euro und für die Betreuung im Hort 1.100.482,44 Euro zuschießen müssen. Das entspricht durchschnittlichen monatlichen Platzkosten von 417,36 Euro in der Krippe, 210,34 Euro in der Kita und 163,47 Euro im Hort. Die Höchstbeiträge für die jeweilige Betreuungsart liegen knapp darunter. Sie betragen für die Krippe bei einer Betreuungszeit von über zehn Stunden täglich und einem anrechenbaren Monatseinkommen ab 5.250 Euro monatlich 417 Euro; für die Betreuung in der Kita ist der monatliche Höchstbeitrag bei im Übrigen unveränderten Parametern auf 210 Euro und für die Betreuung im Hort auf 163 Euro festgesetzt. Da bei lebensnaher Betrachtung unterstellt werden kann, dass nur ein geringer Teil der Eltern den Höchstbeitrag zahlt, kann von einer Kostenunterdeckung und einem Eigenanteil des Antragsgegners ausgegangen werden, zumal bei Berechnung der Platzkosten die Zuschüsse nach § 16 Abs. 2 KitaG zu den Kosten des pädagogischen Personals kalkulatorisch in Abzug gebracht worden sind. Damit steht zugleich fest, dass keine Eltern, die Höchstbeiträge zahlen, die Kindertagesbetreuung anderer Kinder quer finanzieren.

6. Soweit die Antragsteller einwenden, die Kalkulation der Elternbeiträge für die Kindertagesbetreuung sei unrichtig, weil sie mit der anderen rechtlichen Maßstäben folgenden Kalkulation der Kindertagespflege vermischt sei, ist dies sachlich unzutreffend. Ausweislich der von der Antragsgegnerin übersandten Kalkulationsunterlagen sind die Kosten der Kindertagespflege zwar parallel zu den Kosten der Kindertagesbetreuung (Krippe, Kita, Hort) berechnet worden, eine Vermischung der einzelnen Berechnungsarten hat jedoch nicht stattgefunden. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass in den Tabellen teilweise Spalten enthalten sind, die die Einzelbeträge aller Betreuungsarten addieren.

Soweit die Antragsteller in diesem Zusammenhang geltend machen, die Aufgabe der Kindertagespflege habe nicht per Vertrag gemäß § 12 Abs. 1 Satz 2 KitaG vom Landkreis als örtlichem Träger der öffentlichen Jugendhilfe auf die Gemeinde übertragen werden dürfen, ist ihnen nicht zu folgen. Zwar ist die Förderung der Kindertagespflege grundsätzlich Aufgabe der Landkreise und gemäß § 18 Abs. 2 KitaG werden die Elternbeiträge für die Kindertagespflege und das Essengeld von diesen festgesetzt und erhoben. Gemäß § 12 Abs. 1 Satz 2 KitaG können sich jedoch kreisangehörige Gemeinden und Ämter durch öffentlich-rechtlichen Vertrag verpflichten, in ihrem Gebiet bestimmte Aufgaben für den örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe durchzuführen. Es ist nicht ersichtlich, weshalb die Antragsgegnerin sich vor diesem Hintergrund nicht hätte wirksam vertraglich verpflichten dürfen sollen, die Elternbeiträge der Kindertagespflege zu regeln und festzusetzen, zumal auch Bundesrecht, das die Ausgestaltung und Erhebung der Kostenbeiträge weitgehend dem Landesrecht überlässt (Senatsurteil vom 15. Mai 2018 - OVG 6 A 2.17 -, Rn. 12 bei juris), nicht entgegenstehen dürfte.

Dessen ungeachtet könnte eine unzulässige Übertragung der Aufgabe „Kindertagespflege“ mit Blick auf die jeweilige Eigenständigkeit der Regelungen der angegriffenen Satzung zur Kindertagespflege einerseits und zur Kindertagesbetreuung andererseits und unter Heranziehung des Rechtsgedankens aus § 139 BGB von den Antragstellern, deren Kinder nicht in Tagespflege betreut werden, nicht mit Erfolg gerügt werden (vgl. BverwG, Urteil vom 17. Februar 2005 - 7 CN 6.04 -, NVwZ 2005, S. 695 ff., Rn. 15 bei juris).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO in Verbindung mit § 708 Nr. 10, § 711 der Zivilprozessordnung.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Gründe vorliegt.