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Arbeitslosengeld - Auslandsbeschäftigung - Mitnahme von Leistungsansprüchen - Grenzgänger


Metadaten

Gericht SG Cottbus 19. Kammer Entscheidungsdatum 06.07.2011
Aktenzeichen S 19 AL 158/08 ECLI
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen § 123 SGB 3

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Beteiligten haben einander außergerichtliche Kosten nicht zu erstatten.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um Arbeitslosengeld ab 16.11.2007.

Die 1954 geborene Klägerin war bis zum 15.11.2007 im ungarischen Gymnasium in T als Deutschlehrerin tätig; ihren Jahresurlaub verbrachte sie alljährlich in Deutschland. Eine tägliche „Rückkehr“ nach Deutschland fand indessen zunächst nicht statt; insbesondere unterhielt die Klägerin keinen Wohnsitz in Deutschland. Am 16.08.2007 verlegte sie ihren Wohnsitz von Ungarn nach Deutschland, übte nach dieser Zeit am besagten ungarischen Gymnasium indes faktisch keine weitere Tätigkeit mehr aus.

Auf ihre persönliche Arbeitslosenmeldung und ihren Antrag auf Gewährung von Arbeitslosengeld vom 06.09.2007 mit Wirkung zum 16.11.2007 hin lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 16.11.2007 eine Leistungsgewährung ab. Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus, die Klägerin erfülle die Anwartschaftszeit nicht, da sie nicht innerhalb der Rahmenfrist von zwei Jahren vor dem 16.11.2007 mindestens 12 Monate in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden habe.

Mit ihrem am 12.12.2007 eingelegten Widerspruch berief sich die Klägerin auf das versicherungspflichtige Angestelltenverhältnis in Ungarn, wozu sie auch eine Bescheinigung E 301 vorlegte.

Mit Widerspruchsbescheid vom 07.03.2008 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin als unbegründet zurück. Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus, dass die Berücksichtigung ausländischer Versicherungszeiten zur Erfüllung der Anwartschaftszeit nach § 123 SGB III bzw. Artikel 67 Abs. 3 der Verordnung (EWG) 1408/71 bzw. der Verordnung (EG) 883/2004 nur zulässig sei, wenn unmittelbar (zu) vor der Geltendmachung des Anspruchs in Deutschland eine Beschäftigung nachgewiesen werde, die der Versicherungspflicht nach dem SGB III unterlegen habe; dies sei hier nicht der Fall.

Mit ihrer am 10.04.2008 erhobenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Ziel weiter. Sie beruft sich auf Artikel 61, 65 der Verordnung (EG) 883/2004 bzw. 67 Abs. 1, Abs. 3, 71 Abs. 1 Buchstabe B ii) der Verordnung (EWG) 1408/71.

Sie beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 16.11.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.03.2008 zu verurteilen, ihr Arbeitslosengeld ab 16.11.2007 zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten zum Sach- und Streitstand und dem Vorbringen der Beteiligten im Einzelnen wird auf die Gerichtsakte sowie die beigezogene Verwaltungsakte verwiesen.

Entscheidungsgründe

I. Die Klage ist zulässig, nicht jedoch begründet. Der Bescheid vom 16.11.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.03.2008 erweist sich im Ergebnis als rechtmäßig ohne die Klägerin in ihren Rechten zu verletzen, da ihr für die Zeit ab 16.11.2007 kein Anspruch auf Gewährung von Arbeitslosengeld zusteht. Nach Überzeugung der Kammer ist die Beklagte zu Recht davon ausgegangen, dass die Klägerin die für einen Anspruch auf Arbeitslosengeld unabdingbare 12-monatige versicherungspflichtige Beschäftigung innerhalb der vor dem 16.11.2007 rangierenden zweijährigen Rahmenfrist gemäß § 123 Satz 1 SGB III nicht erfüllt. Zwar mag die Klägerin in der zweijährigen Rahmenfrist vor dem 16.11.2007 mindestens 12 Monate bei dem ungarischen Gymnasium in T beschäftigt gewesen sein; dies führte indes zu keinem Versicherungspflichtverhältnis im Sinne des § 123 Satz 1 SGB III, da die Klägerin nicht im Inland beschäftigt war und auch nicht im Rahmen eines im Inland gelegenen Arbeitsverhältnisses an das ungarische Gymnasium in T entsandt worden war.

Auch die Artikel 67, 71 der Verordnung (EWG) 1408/71 bzw. 61, 65 der Verordnung (EG) 883/2004 geben keinen Anlass zu einer abweichenden Beurteilung. Für eine Berücksichtigung der in Ungarn zurückgelegten Versicherungs- bzw. Beschäftigungszeiten nach Artikel 67 Abs. 1 der Verordnung 1408/71 bzw. Artikel 61 Abs. 1 der Verordnung (EG) 883/2004 bedürfte es der Zurücklegung von Versicherungsbeschäftigungszeiten unmittelbar zuvor in Deutschland (Artikel 67 Abs. 3 Verordnung (EWG) 1408/71 bzw. Artikel 61 Abs. 2 Verordnung (EG) 883/2004). Dies ist von der Klägerseite nicht vorgetragen worden und lässt sich den Akten auch sonst nicht entnehmen. Auch die Ausnahmeregelung des Artikels 71 Abs. 1 Buchstabe B ii) der VO (EWG) 1408/71 bzw. 65 Abs. 2 der VO (EG) 883/2004 kann der Klägerin nicht zupass kommen. Diese Regelung zielt auf unechte Grenzgänger, wobei die Klägerin nicht schon wegen des alljährlichen Deutschlandurlaubs als solche anzusehen ist. Nach Überzeugung der Kammer führt auch der Umstand der Wohnsitzverlegung von Ungarn nach Deutschland per 16.08.2007 unter weiterer Berücksichtigung des Umstands, dass die Klägerin im ungarischen Gymnasium in T anschließend tatsächlich keine weitere Tätigkeit mehr ausübte, nicht dazu, dass auch nur für die Zeit ab 16.08.2007 die Eigenschaft als unechter Grenzgänger begründet worden wäre.

Die Kammer sieht sich dabei im Einklang mit der obergerichtlichen Rechtsprechung (u. a. LSG Berlin-Brandenburg, 20.08.2009, Az. L 5 AL 17/09).

Nach alledem war die Klage abzuweisen.

II. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 SGG.