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Eingliederungszuschuss - Vermittlungshemmnisse - Einarbeitung


Metadaten

Gericht LSG Berlin-Brandenburg 18. Senat Entscheidungsdatum 03.05.2012
Aktenzeichen L 18 AL 246/10 ECLI
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen § 217 SGB 3, § 218 SGB 3

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 2. Juli 2010 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Gewährung eines Eingliederungszuschusses (EGZ).

Die Klägerin ist Rechtsanwältin. Sie ist auf dem Spezialgebiet Kunst- und Urheberrecht unter anderem auch wissenschaftlich tätig.

Am 9. Oktober 2007 beantragte sie bei der Beklagten einen EGZ für die Beschäftigung einer Biologin, J S verheiratete Sch (nachfolgend: Sch.), die laut Arbeitsvertrag vom 15. Oktober 2007 und der Arbeitsplatzbeschreibung als wissenschaftliche Mitarbeiterin und Büroleiterin eingestellt werden sollte. Das Arbeitsverhältnis begann lt. Arbeitsvertrag vom 15. Oktober 2007 zum 15. Oktober 2007. Die Klägerin hatte mit ihrer Beschäftigten ein Gehalt von 1.200,00 € für eine 40-Stunden Woche vereinbart. Das Arbeitsverhältnis endete nach sechs Monaten auf Wunsch von Sch. in der Probezeit.

Die Beklagte lehnte die Gewährung eines EGZ mit Bescheid vom 14. Dezember 2007 ab und führte zur Begründung aus, dass für Zuschüsse gemäß § 220 Sozialgesetzbuch – Arbeitsförderung – (SGB III) die vom Arbeitgeber regelmäßig gezahlten Arbeitsentgelte, soweit sie die tariflichen oder, wenn eine tarifliche Regelung nicht bestehe, die für die Tätigkeit ortsüblichen Arbeitsentgelte, soweit sie die Beitragsbemessungsgrenze in der Arbeitsförderung nicht übersteigen, berücksichtigungsfähig seien. Es sei festgestellt worden, dass das von der Klägerin angegebene Arbeitsentgelt iHv 1.200,00 € monatlich bei einer wöchentlichen Arbeitszeit von 40 Stunden unter den ortsüblichen Arbeitsentgelten für eine wissenschaftliche Mitarbeiterin/Büroleiterin in einer Rechtsanwaltskanzlei liege.

Mit ihrem Widerspruch machte die Klägerin geltend, die Beklagte sei nicht berechtigt, ihr den EGZ nicht zu gewähren, selbst wenn das von ihr angegebene (und tatsächlich auch gezahlte) Arbeitsentgelt iHv 1.200,00 € bei einer wöchentlichen Arbeitszeit von 40 Stunden unter dem ortsüblichen Arbeitsentgelt für eine vergleichbare Tätigkeit läge, so seien doch alle Voraussetzungen des §§ 220 Abs. 1 Nr. 1 SGB III für die Berücksichtigung des von ihr gezahlten Arbeitsentgeltes erfüllt. Darüber hinaus sei das monatliche Arbeitsentgelt für ihre Mitarbeiterin unter Berücksichtigung der konkreten Umstände, insbesondere der Tatsache, dass die Mitarbeiterin bis zu ihrer Einstellung in ihrer Kanzlei keinerlei juristische und erst recht keine kanzleispezifischen Kenntnisse und auch keine Erfahrungen in diesem Bereich oder auch nur von allgemeiner Bürotätigkeit, vorzuweisen gehabt habe, keinesfalls zu niedrig, sondern völlig angemessen. Wenn die Mitarbeiterin vollständig eingearbeitet sei, werde ihr auch ein höheres Arbeitsentgelt gezahlt. Weiterhin habe ein Mitarbeiter der Beklagten ihr bereits am 29. Oktober 2007 telefonisch mitgeteilt, dass sie auf jeden Fall mit einem EGZ für die Mitarbeiterin rechnen könne. Herr S (nachfolgend: S.) habe ihr im Telefonat vom 29. Oktober 2007 als feststehend mitgeteilt, dass für die Mitarbeiterin ein EGZ iHv 30 Prozent ihres Bruttoarbeitslohnes (plus pauschaler Arbeitgeberanteil an den Sozialversicherungsleistungen) für die Dauer von insgesamt sechs Monaten bewilligt worden sei. Im festen Vertrauen auf die ihr erteilte Zusage habe sie Sch. zum 15. Oktober 2007 angestellt. Wäre ihr der EGZ nicht als sicher in Aussicht gestellt worden, hätte sie die Mitarbeiterin nicht eingestellt.

Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 8. Februar 2008 zurück und führte im Wesentlichen aus, gemäß § 217 SGB III könnten Arbeitgeber zur Eingliederung von Arbeitnehmern mit Vermittlungshemmnissen Zuschüsse zu den Arbeitsentgelten erhalten, wenn deren Vermittlung wegen in ihrer Person liegenden Umstände erschwert sei. Die Förderhöhe und die Förderdauer richteten sich nach dem Umfang der Minderleistung des Arbeitnehmers und nach den jeweiligen Eingliederungserfordernissen. Diese Leistung sei eine Kann-Leistung, auf die kein Rechtsanspruch bestehe. Sie diene insbesondere dazu, Minderleistungen des Arbeitnehmers bis zum Abschluss der Einarbeitung auszugleichen. Im Antrag vom 9. Oktober 2007 sei das zu zahlende Arbeitsentgelt für die einzustellende Arbeitnehmerin als wissenschaftliche Mitarbeiterin/Büroleiterin monatlich mit 1.200,00 € angegeben worden. Die Stellenbeschreibung und die im Arbeitsvertrag vereinbarten Tätigkeiten gingen weit über die einer Rechtsanwalts- bzw. Reno-Fachangestellten hinaus. Für letztgenannte Tätigkeit werde entsprechend einer Orientierungshilfe des Deutschen Anwaltvereins für 2007 für Berufsanfänger eine Vergütung zwischen 1.200,00 € bis 1.500,00 € empfohlen. Für Bürovorsteher und deren Tätigkeiten mit höherer Qualifikation würden Vergütungen ab 2.100,00 € empfohlen. Die Beklagte sei gemäß § 36 SGB III gehalten, auf Sittenwidrigkeit zu achten. Hiernach sei eine Förderung von Arbeitsverhältnissen, deren Vergütungsregelung sittenwidrig sei, auszuschließen. Als sittenwidrig werde ein Lohnangebot angenommen, das um 30 % unter dem tariflichen bzw. ortsüblichen Arbeitsentgelt liege. Das von der Klägerin mit der zu fördernden Arbeitnehmerin vereinbarte Arbeitsentgelt läge unter 70 % des ortsüblichen.

Im Klageverfahren holte das Sozialgericht (SG) Berlin schriftliche Stellungnahmen von S. und Sch. ein; hierauf wird Bezug genommen.

Das SG hat die Klage mit Urteil vom 2. Juli 2010 abgewiesen und zur Begründung ausgeführt: Die Gewährung eines EGZ nach den im Jahr 2007 einschlägigen Regelungen der §§ 217 ff SGB III stehe im Ermessen der Beklagten, dh es gebe nur dann einen Rechtsanspruch auf Förderung, wenn wegen besonderer Umstände im Einzelfall jede andere Entscheidung fehlerhaft gewesen wäre (Ermessensreduktion auf Null). Solche Umstände seien hier nicht ersichtlich. Die Klägerin könne sich nicht darauf berufen, ihr sei bereits verbindlich eine Förderung zugesagt worden, denn zum einen seien mündliche Zusicherungen nach § 34 Sozialgesetzbuch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz – (SGB X) nicht verbindlich, zum anderen gehe aus dem Schriftwechsel und den E-Mail-Kontakten zwischen Klägerin und der Arbeitsagentur hervor, dass S. zur Prüfung des Antrages von einem von der Klägerin im Stellenprofil angegebenen Bruttoentgelt von 1.300,00 € ausgegangen sei und zudem von einer Tätigkeit, die sich im Niveau von der gleichfalls angedachten Einstellung einer Kanzleihilfe deutlich unterschieden habe. Tatsächlich sei jedoch nur ein Gehalt von 1.200,00 € gezahlt worden, was bei der vereinbarten Wochenarbeitszeit einem Stundenlohn von 6,92 € entspreche und eher auf das Niveau einer Sekretariatskraft mit Zusatzdiensten einfacher Art angelegt gewesen sei. Auch auf ein schützenswertes Vertrauen auf Förderung könne sich die Klägerin nicht berufen. Denn entweder habe die Mitarbeiterin überwiegend die beschriebenen Tätigkeiten auf höherem Niveau verrichtet, dann wäre die Entlohnung zu gering gewesen, dass eine zusätzliche Förderung mit dem EGZ als zweckwidrig bzw. rechtswidrig beurteilt werden müsste, weil dann schon die sehr geringe Entlohnung die Defizite in der Einarbeitungsphase kompensiert hätte; oder die Mitarbeiterin sei schwerpunktmäßig mit einfacheren Bürodiensten beschäftigt gewesen, dann sei das Gehalt zwar angemessen gewesen, für einen EGZ fehle es dann aber an auszugleichenden Defiziten. Denn unter Berücksichtigung des der Einstellung vorangegangenen Praktikums sei ein Hochschulabsolvent mit angefangener Promotion, wie es bei der Mitarbeiterin der Fall gewesen sei, schnell in der Lage, Bürohilfsdienste und Korrespondenz zu erledigen. Da in beider Hinsicht somit von Beginn an die Voraussetzungen für einen EGZ gefehlt hätten, könne im Ergebnis auch keine ermessensfehlerhafte Entscheidung vorliegen, bzw. sei nicht auf einen Anspruch auf ermessensgerechte Bescheidung zu erkennen gewesen.

Mit der Berufung verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Sie macht geltend, ihr sei im Vorfeld nicht nur fest zugesagt worden, dass ihr für die Einstellung der Sch. ein EGZ gewährt werden würde, sondern ihr sei auch bereits die konkrete Höhe mitgeteilt worden. Da die Sch. Biologin gewesen sei, seien die in ihrer Person liegenden Defizite für die Beschäftigung in einer Rechtsanwaltskanzlei auszugleichen gewesen und das hierfür vereinbarte Gehalt sei angemessen gewesen. Die Stellenausschreibung sei in Zusammenarbeit mit den Mitarbeitern der Beklagten erfolgt. Aufgrund der Zusage, dass ihr der EGZ gezahlt werde, sei das Ermessen auf Null reduziert. Sie habe ihrer Mitarbeiterin keineswegs ein zu geringes Gehalt gezahlt. Das Anfangsgehalt einer Rechtsanwalts- und Notarfachangestellten entspreche dieser Entlohnung. Weiterhin habe das SG Berlin unzutreffend angenommen, dass eine mündliche Zusage nicht dazu geeignet sei, das Ermessen der Behörde dahingehend zu reduzieren, dass sich allein die positive Bescheidung als ermessensfehlerfreie Entscheidung darstelle. Auf die aktuelle Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) zur Bindungswirkung von mündlichen Zusagen in den Urteilen vom 6. April 2006 (– B 7a AL 20/05 R = SozR 4-4300 § 324 Nr. 2) und vom 18. August 2005 (– B 7a/7 AL 66/04 R – juris) sei das SG überhaupt nicht eingegangen.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 2. Juli 2010 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 14. Dezember 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. Februar 2008 zu verurteilen, ihren Antrag auf Gewährung eines Eingliederungszuschusses für die Beschäftigung der Arbeitnehmerin Schroth unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Der Senat hat Beweis erhoben durch uneidliche Vernehmung der Sch. und des S. als Zeugen; auf die Anlagen 1 und 2 zur Sitzungsniederschrift vom 3. Mai 2012 wird verwiesen.

Wegen des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf deren vorbereitende Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Die Akte der Beklagten und die Gerichtsakte haben vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

Entscheidungsgründe

Gegenstand des Verfahrens ist der mit der kombinierten Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz – SGG –) geltend gemachte Anspruch auf Neubescheidung eines EGZ-Antrages.

Rechtsgrundlage für den von der Klägerin begehrten Eingliederungszuschuss ist § 217 SGB III (hier idF des Dritten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23. Dezember 2003 – BGBl I 2848 –). Nach dieser Vorschrift können Arbeitgeber zur Eingliederung von Arbeitnehmern mit Vermittlungshemmnissen Zuschüsse zu den Arbeitsentgelten erhalten, wenn deren Vermittlung wegen in ihrer Person liegender Umstände erschwert ist. Die Förderhöhe und die Förderdauer richten sich nach dem Umfang einer Minderleistung des Arbeitnehmers und nach den jeweiligen Eingliederungserfordernissen. Die Zahlung eines EGZ ist damit (vgl auch § 3 Abs. 5 SGB III) in das Ermessen der Beklagten gestellt, und zwar sowohl, soweit es das "ob" (Entschließungsermessen) als auch die Dauer und Höhe der Leistung betrifft (Auswahlermessen). Der Arbeitgeber hat grundsätzlich keinen Anspruch auf die Leistung, sondern nur auf eine ermessensfehlerfreie Entscheidung (§ 39 Abs. 1 Satz 2 Sozialgesetzbuch – Allgemeiner Teil – SGB I – iVm § 54 Abs. 2 Satz 2 SGG). Die Beklagte hat allerdings erst dann Ermessen auszuüben, wenn die Tatbestandsvoraussetzungen für einen EGZ vorliegen (st Rspr des BSG, vgl Urteile vom 12. Mai 1993 – 7/9b RAr 14/92 – BSGE 72, 242 [243] = SozR 3-4100 § 49 Nr. 5 S. 17 und vom 6. Mai 2008 – B 7/7a – Breithaupt 2009, 381 [382] – juris). Die Förderung setzt voraus, dass der Arbeitgeber den Arbeitnehmer aufgrund eines Arbeitsverhältnisses beschäftigt (David in Eicher/Schlegel, SGB III, § 217 Rz. 21, Stand August 2004; Brandts in Niesel, SGB III, 4. Auflage 2007, § 217 Rn. 25). Weiterhin verlangt § 217 Satz 1 SGB III, dass der begehrte Zuschuss zum Ausgleich von Minderleistungen dient. Der Begriff der Minderleistung ist ein unbestimmter Rechtsbegriff, der lediglich Ausdruck einer allgemeinen Zielsetzung der Eingliederungszuschüsse ist, die im Rahmen der Ermessensausübung zu berücksichtigen ist (so Armbrust in Kasseler Handbuch des Arbeitsförderungsrechts, 2003, § 16 Rn. 5 ff). Das Erfordernis der Minderleistung ist damit keine echte Anspruchsvoraussetzung (so noch zu § 49 AFG: BSG SozR 3-4100 § 49 Nr. 1 S. 2), bei deren Umsetzung der Beklagten unter Umständen sogar ein gerichtlich nur beschränkt überprüfbarer Beurteilungsspielraum zukäme (vgl dafür Feckler in GK-SGB III, § 217 Rn. 10, Stand Juni 2003). Das BSG hat in seinem Urteil vom 06. April 2006 (– B 7a AL 20/05 R = SozR 4-4300 § 324 Nr 2) ausgeführt, dass nach der Gesetzesbegründung § 217 SGB III nur den Leistungszweck festlegen soll (vgl BT-Drucks 13/4941 S 192). Dies entspricht hinsichtlich der Minderleistung auch der Systematik des Gesetzes. Denn in den Sondervorschriften der §§ 218 ff SGB III aF hat der Gesetzgeber spezielle Voraussetzungen normiert, welche beim Arbeitnehmer vorliegen müssen, für den der Arbeitgeber die Förderung begehrt. Der Gesetzgeber geht davon aus, dass in den normierten Fällen in aller Regel eine Minderleistung des Arbeitnehmers zu erwarten ist (vgl BT-Drucks 13/ 4941 S 192 zu § 215). Er hat damit selbst die Formen von Minderleistungen typisiert. Für eine generalklauselartige Anwendung des § 217 SGB III ist daneben kein Raum. Es komme somit im Einzelfall hinsichtlich der geminderten Leistungsfähigkeit des einzelnen Arbeitnehmers weiterhin auf die besonderen Voraussetzungen des § 218 SGB III aF an, die gerichtlich voll überprüfbar sind. Weitere Überlegungen zu Minderleistungsfähigkeit sind von der Beklagten lediglich im Rahmen des Ermessens anzustellen (vgl Armbrust aaO Rn. 7). Diese Rechtsprechung legt der Senat seiner Entscheidung zugrunde.

Voraussetzung für die Gewährung eines EGZ ist daher, dass Sch. förderbedürftig gewesen sein muss. Förderbedürftig sind jedoch nur Arbeitnehmer, die ohne die Leistung nicht oder nicht dauerhaft in den Arbeitsmarkt eingegliedert werden können. Dabei sind nicht nur die in der Person des Arbeitnehmers liegenden Umstände, sondern auch die betrieblichen Verhältnisse zu berücksichtigen.

Die Klägerin beschäftigte Sch. aufgrund eines Arbeitsvertrages. Der Senat ist jedoch nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens nicht davon überzeugt, dass die Vermittlung von Sch. wegen in ihrer Person liegender Umstände erschwert war (§ 217 Satz 1 SGB III).

In den Gesetzesmaterialien werden als Arbeitnehmer mit Vermittlungshemmnissen insbesondere Geringqualifizierte, jüngere Arbeitnehmer, die eine außerbetriebliche Ausbildung abgeschlossen haben, sowie Berufsrückkehrer beschrieben (BT Drucksache 15/1515, S. 93 zu § 218). Daraus ist ersichtlich, dass eine zielgruppenorientierte Förderung erfolgen soll. Die erschwerte Vermittelbarkeit darf jedoch nicht allein auf "von außen" kommende Faktoren, etwa auf eine besondere regionale Arbeitsmarktstruktur oder die Arbeitsmarktsituation in einem bestimmten Berufsfeld, zurückzuführen sein. Vielmehr müssen die besonderen Umstände in der Person des Arbeitnehmers liegen.

Die 1980 geborene Sch. gehörte nicht zu der Gruppe der aufgrund ihres Alters als besonders förderungswürdig angesehenen Arbeitsuchenden. Sie hatte ihr Studium als Biologin gerade abgeschlossen.

Darüber hinaus steht zur Überzeugung des Senats aufgrund der Aussage der Sch. fest, dass auf Seiten der Arbeitnehmerin ein Vermittlungshemmnis in Gestalt eines besonderen Einarbeitungsbedürfnisses für die tatsächlich ausgeübte Tätigkeit nicht bestand (vgl § 218 Abs. 1 Nr. 1 SGB III aF).

Unter Einarbeitung ist die Vermittlung qualifizierender beruflicher Kenntnisse und Fähigkeiten während des Arbeitsverhältnisses zu verstehen. Dabei muss ein besonderes Einarbeitungsbedürfnis bestehen, so dass sich die Einarbeitung nicht nur auf die betriebsübliche Einweisung am Arbeitsplatz beschränken darf. Die Vermittlung beruflicher Fähigkeiten und Kenntnisse muss auf Qualifizierung angelegt sein. Erforderlich ist es, dass die hierbei an den Arbeitnehmer gestellten Anforderungen deutlich über diejenigen hinausgehen müssen, denen ein Arbeitnehmer bei einer betriebsüblichen Einweisung ausgesetzt ist. Darüber hinaus muss die Notwendigkeit einer besonderen Einarbeitung auf in der Persönlichkeit des Arbeitnehmers liegende Ursachen zurückzuführen sein. Wesentlich ist es, ob der Arbeitsuchende im Vergleich zu anderen, mit ihm auf dem Arbeitsmarkt konkurrierenden Bewerbern infolge persönlicher Defizite in seiner Wettbewerbsfähigkeit beeinträchtigt ist (Heinz in PK-SGB III, 3. Aufl. 2008, § 217 Rn. 56 f., 72). Es muss sich um Umstände handeln, die die allgemeine Vermittelbarkeit der Arbeitsuchenden erschwert haben (vgl BSG, Urteil vom 6. Mai 2008 – B 7/7a AL 16/07 R – Rn. 19). Dass solche Umstände vorgelegen haben, ist bereits von der Klägerin nicht hinreichend vorgetragen worden. Vielmehr hat die Klägerin mehrfach darauf hingewiesen, dass Sch. intelligent sei und durchaus das Potenzial gehabt habe, den Anforderungen, die an sie gestellt worden seien, gerecht zu werden. Sch. selbst hat ausgesagt, dass sie einen Großteil der zu erledigenden Aufgaben innerhalb kürzester Zeit habe bewältigen können, zumal sie wissenschaftlich arbeiten konnte und nach kurzer Einweisung tatsächlich auch selbstständig gearbeitet hat. Dass die Sch. umfangreich an Qualifizierungsmaßnahmen teilgenommen hat oder über einen längeren Zeitraum durch die Klägerin eingewiesen werden musste, ist nicht ersichtlich. Vielmehr hat Sch. ausgesagt, dass eine Kollegin der Klägerin sie eingewiesen habe und sie – Sch. – auch nach kürzester Zeit die vorbereitende Buchhaltung für die Kanzlei getätigt habe. Sie sei lediglich in die allgemeinen Bürotätigkeiten nebst buchhalterischen Arbeiten eingewiesen worden. Besondere, in der Person der Arbeitnehmerin begründete Ursachen für eine längere Einarbeitungszeit lassen sich weder dem Vortrag der Klägerin noch der Sch. entnehmen. Auch wenn Sch. zuvor noch nicht in einer Anwaltskanzlei tätig gewesen war, lagen in ihrer Person keine Gründe vor, weshalb sie nicht innerhalb einer kurzen Einarbeitungszeit in der Lage gewesen sein soll, Bürotätigkeiten zu verrichten. Sie hat einen Hochschulabschluss als Biologin und war in der Lage, Texte zu schreiben und auf Fehler durchzusehen. Auch das wissenschaftliche Arbeiten und Recherchieren waren ihr geläufig. Die Aufgaben, die die Klägerin Sch. übertragen hatte, stellten ganz überwiegend die einer Reno-Fachangestellten dar; darüber hinaus hatte Sch. noch Recherchen zu Fußnoten für eine Kommentierung und Korrekturaufgaben zu tätigen. Diese Tätigkeit war der Sch. aus ihrem Biologiestudium geläufig. Das Gehalt von 1.200,00 € war als Anfangsgehalt für eine Reno-Fachangestellte auch nicht zu gering. Allein aus den Angaben im Arbeitsvertrag kann nicht darauf geschlossen werden, dass es sich um eine erheblich qualifiziertere Beschäftigung gehandelt hatte. Die Klägerin hat selbst eingeräumt, dass die Stellenanzeige und der Arbeitsvertrag in Absprache mit den Mitarbeitern der Beklagten „aufgehübscht“, dh so formuliert wurden, damit der EGZ bewilligt werde. Zur Überzeugung des Senats kommt es jedoch darauf an, welche Tätigkeiten Frau Sch. tatsächlich verrichtet hat und ob sie diese Tätigkeiten innerhalb einer kurzen Einarbeitungszeit ohne weitere Qualifizierung hat ausüben können, und nicht darauf, was im Arbeitsvertrag stand. Aber auch für die in dem Arbeitsvertrag dargestellten höherwertigen Aufgaben hätte die Mitarbeiterin keine Qualifizierung benötigt, sondern hätte sich die fehlenden Kenntnisse im Rahmen der Tätigkeit aneignen können. Dass Frau Sch. aufgrund persönlicher Defizite in erheblich größerem Umfang zunächst berufliche Kenntnisse und Fähigkeiten vermittelt werden mussten, als dies bei einer betriebsüblichen Einarbeitung erforderlich ist, ist auch sonst nicht zu erkennen. Vielmehr ist zu vermuten, dass auch bei einem anderen Arbeitnehmer eine Einarbeitung im gleichen Umfang erforderlich gewesen wäre. Darüber hinaus hat die Klägerin mehrfach bekräftigt, Sch. gerade deswegen eingestellt zu haben, weil diese gewohnt war, wissenschaftlich tätig zu sein, Recherchen anzustellen und Texte zu korrigieren. Auch der Umgang mit einem Computer war ihr geläufig. Aus der gesamten Zeugenaussage von Sch. und den Angaben der Klägerin ergibt sich jedenfalls nicht, dass die Einarbeitung gerade bei der gewählten Arbeitnehmerin aufgrund besonderer Defizite besonders lang ausgefallen wäre. Darüber hinaus fällt eine Einarbeitung, die wegen der betrieblichen Besonderheiten erforderlich ist, nicht unter die in § 218 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 SGB III a.F. genannte besondere Einarbeitung. Dass die Mitarbeiterin erstmals in einer Rechtsanwaltskanzlei tätig war, führt nicht dazu, dass ein EGZ zu leisten ist. Der Zuschuss dient nicht dazu, den Einstieg ins Berufsleben zu erleichtern, sondern soll individuelle Leistungsdefizite des Arbeitnehmers ausgleichen (vgl. Brandts in Niesel, SGB III, 4. Aufl. § 217 Rn. 21).

Angesichts dessen scheidet sowohl ein Rechtsanspruch auf einen EGZ als auch auf die geltend gemachte Ermessensentscheidung aus. Hinsichtlich Letzterer ist festzustellen, dass ein Raum für Ermessensbetätigung bereits nicht eröffnet war, weil es an den tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Förderung überhaupt fehlte. Erst dann wäre Beklagte zur Ermessensausübung berechtigt und auch verpflichtet gewesen.

Da die Voraussetzungen für einen Eingliederungszuschuss nicht vorliegen, kommt es hier nicht darauf an, ob eine Ermessensreduzierung "auf Null" eingetreten ist. Darüber hinaus hat der Zeuge S. die Angaben der Klägerin, er habe den EGZ zugesichert, nicht bestätigt. Vielmehr hat dieser ausgesagt, dass er zum damaligen Zeitpunkt gar nicht befugt gewesen sei, über den EGZ zu entscheiden, sondern lediglich die Entscheidungen der insoweit berufenen Stelle der Beklagten weitergeleitet habe.

Eine Ermessensreduzierung zu Gunsten der Klägerin wäre ohnehin nur dann anzunehmen, wenn die Voraussetzungen für einen EGZ vorliegen würden und ihr bereits fernmündlich eine Förderung bezogen auf die Arbeitnehmerin Frau Sch. zugesagt worden wäre. Die Beklagte könnte sich dann nicht darauf berufen, eine Zusicherung nach § 34 SGB X setze Schriftlichkeit voraus, und eine mündliche Zusage könne deshalb keine rechtliche Wirkung nach sich ziehen. Der Unterschied zur Zusicherung liegt darin, das eine mündliche Zusage nur bei der Ausübung des Ermessens bindet, während die den Voraussetzungen des § 34 SGB X entsprechende Zusicherung eine Bindung auch im Rahmen der Anspruchsvoraussetzungen erzeugt. Auch ohne schriftliche Zusicherung bildet daher eine mündliche Zusage das Ermessen im Rahmen dessen, was zugesagt ist (vgl Urteil des BSG vom 08. Mai 2005 – B 7a/7 AL 66/04 R; Urteil des BSG vom 06. April 2006, B 7a AL 20/05 R –).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für eine Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 Nrn. 1 oder 2 SGG liegen nicht vor.