Gericht | OVG Berlin-Brandenburg 6. Senat | Entscheidungsdatum | 19.04.2012 | |
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Aktenzeichen | OVG 6 S 12.12 | ECLI | ||
Dokumententyp | Beschluss | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 67 VwGO, § 123 Abs 1 VwGO, § 146 Abs 4 S 3 VwGO, § 146 Abs 4 S 6 VwGO, § 18 Abs 3 S 4 SGB 8 |
1. Das Merkmal "Eignung" eines Falles für eine Hilfestellung durch das Jugendamt im Sinne des § 18 Abs. 3 Satz 4 SGB VIII ist ein unbestimmter Rechtsbegriff, der voller gerichtlicher Nachprüfung unterliegt.
2. Die Eignung eines Falles in diesem Sinne ist dann zu bejahen, wenn zu erwarten ist, dass die in Rede stehende Hilfestellung durch das Jugendamt für die beabsichtigte Maßnahme förderlich ist.
3. Die Durchführung begleiteten Umgangs setzt ein Mindestmaß an Kooperationsbereitschaft des Umgangsberechtigten gegenüber dem Maßnahmeträger voraus.
Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Frankfurt (Oder) vom 28. März 2012 geändert.
Der Antrag des Antragstellers auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes wird zurückgewiesen.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge, mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst trägt.
I.
Der Antragsteller ist der Vater der im August 2004 geborenen J…. Das Kind ist in einer Familienwohngemeinschaft untergebracht. Allein sorgeberechtigt ist die Mutter, die ihrerseits unter Betreuung steht. Der Antragsteller hatte zu seiner Tochter bis zur erstmaligen Kontaktaufnahme im Dezember 2011 seit mehreren Jahren keinen Kontakt. Aufgrund einer am 8. November 2011 vor dem Oberlandesgericht Brandenburg geschlossenen Vereinbarung sollte ihm alle zwei Wochen begleiteter Umgang gewährt werden. Zur Umgangsbegleitung hatte sich die Arbeiterwohlfahrt - AWO - bereit erklärt, die dafür insgesamt zwölf Termine vorsah. Der Antragsgegner hatte sich mit dieser Vereinbarung einverstanden erklärt und der Tochter des Antragstellers, vertreten durch die Mutter, Hilfestellung nach § 18 Abs. 3 Satz 4 SGB VIII zur Finanzierung des begleiteten Umgangs gewährt (Bescheid vom 8. November 2011). Nachdem insgesamt sieben Umgangstermine durchgeführt worden waren, verweigerte die AWO die Durchführung weiterer Umgangstermine, weil der Antragsteller nicht ausreichend kooperationswillig sei. Daraufhin hob der Antragsgegner den Bewilligungsbescheid vom 8. November 2011 mit Bescheid vom 20. März 2012 mit Wirkung vom 15. März 2012 auf. Dem Antrag des Antragstellers auf einstweiligen Rechtsschutz gab das Verwaltungsgericht Frankfurt (Oder) mit dem hier angefochtenen Beschluss im Wesentlichen statt und verpflichtete den Antragsgegner, Hilfestellung zu leisten und für den Fall, dass hinsichtlich der Umgangsbegleitung eine neue vereinbarte oder familiengerichtlich angeordnete Umgangsregelung für seine Tochter getroffen werde, eine Umgangsbegleitung bereit zu stellen bei der Herstellung von vier Umgangskontakten für den Zeitraum vom 30. März 2012 bis zum 14. Mai 2012. Gegen diesen Beschluss wendet sich der Antragsgegner mit der Beschwerde.
II.
1. Der Senat konnte die vorliegende Entscheidung in seiner Stammbesetzung treffen. Insbesondere steht dem nicht der „Antrag auf Richterwechsel“ des Antragstellers vom 17. April 2012 entgegen. Dieser sinngemäß als Ablehnungsgesuch wegen Befangenheit zu deutende Antrag ist schon aus formalen Gründen unbeachtlich, weil der Antragsteller vor dem Oberverwaltungsgericht nicht postulationsfähig im Sinne des § 67 VwGO ist. Ein Ablehnungsgesuch wegen Befangenheit hätte nur von seiner Prozessbevollmächtigten gestellt werden können. Unbeschadet dessen ist das sich sinngemäß allein gegen den Berichterstatter richtende Ablehnungsgesuch auch unzulässig, weil gänzlich unsubstanziiert. Der sinngemäße Vortrag des Antragstellers, der Berichterstatter habe sich anlässlich des Erörterungstermins vom 16. April 2012 nicht neutral verhalten und ständig zum Jugendamt gehalten, wird nicht erläutert und entzieht sich damit einer Nachprüfung.
2. Die zulässige Beschwerde ist aus den von dem Antragsgegner dargelegten, für die Prüfung des Senats maßgeblichen Gründen (§ 146 Abs. 4 Satz 3 und 6 VwGO) begründet. Der Antragsteller hat nicht mit der für eine Vorwegnahme der Hauptsache erforderlichen hohen Wahrscheinlichkeit glaubhaft gemacht, dass ihm der begehrte Anspruch auf Erlass der erstrebten einstweiligen Anordnung gemäß § 123 Abs. 1 VwGO zusteht.
Einzig in Betracht kommende Anspruchsgrundlage für das Begehren des Antragstellers,
den Antragsgegner im Wege einstweiliger Anordnung zu verpflichten, seinem Antrag vom 8. März 2012 bei der Ausführung der vor dem Brandenburgischen Oberlandesgericht geschlossenen Vereinbarung vom 8. November 2011 und Herstellung des Umgangskontaktes mit seiner Tochter Hilfestellung zu leisten und hierfür eine Umgangsbegleitung bereitzustellen,
ist § 18 Abs. 3 Satz 3 und 4 SGB VIII. Nach Satz 4 dieser Vorschrift soll das Jugendamt bei der Befugnis, Auskunft über die persönlichen Verhältnisse des Kindes zu verlangen (1. Variante), bei der Herstellung von Umgangskontakten (2. Variante) und bei der Ausführung gerichtlicher oder vereinbarter Umgangsregelungen (3. Variante) vermitteln und in geeigneten Fällen Hilfestellung leisten.
a) Dabei kann dahinstehen, ob dem Verwaltungsgericht darin zu folgen ist, dass die Hilfeleistung nach der 3. Variante der Norm (Ausführung gerichtlicher oder vereinbarter Umgangsregelungen) vorliegend ausscheidet, weil die Vereinbarung vor dem Oberlandesgericht Brandenburg vom 8. November 2011 wegen der nunmehr fehlenden Bereitschaft der AWO, die Umgangsbegleitung fortzuführen, gegenstandlos geworden sei und deshalb allein die Hilfeleistung nach der 2. Variante der Vorschrift (Herstellung von Umgangskontakten) in Betracht komme. Denn unbeschadet der Frage, nach welcher der verschiedenen Varianten des § 18 Abs. 3 Satz 4 SGB VIII Hilfeleistung in Betracht kommt, scheitert der geltend gemachte Anspruch jedenfalls daran, dass es sich um keinen für eine Hilfestellung geeigneten Fall im Sinne der Vorschrift handelt.
b) Das Merkmal „Eignung“ eines Falles für eine Hilfestellung durch das Jugendamt ist ein unbestimmter Rechtsbegriff, der voller gerichtlicher Nachprüfung unterliegt (Kunkel in: Kunkel, Sozialgesetzbuch VIII Kinder- und Jugendhilfe, 4. Auflage, 2011, § 18, Rn. 21). Anders als das Verwaltungsgericht meint, ist daher für die Frage, ob dieses Merkmal vorliegend erfüllt ist, unerheblich, wie die Beteiligten, einschließlich des Jugendamtes, den Fall im familiengerichtlichen Verfahren vor dem Oberlandesgericht Brandenburg eingeschätzt haben und ob seither neue Tatsachen eingetreten oder bekannt geworden sind, die eine abweichende Einschätzung rechtfertigen. Die Frage der Eignung eines Falles für eine Hilfestellung durch das Jugendamt beurteilt sich nach den gegenwärtig erkennbaren Umständen. Eine wie auch immer geartete Bindungswirkung im Hinblick auf eine frühere (Fehl-) Einschätzung durch das Jugendamt besteht nicht.
Die Eignung eines Falles in diesem Sinne ist dann zu bejahen, wenn zu erwarten ist, dass die in Rede stehende Hilfestellung durch das Jugendamt für die beabsichtigte Maßnahme förderlich ist. Vorliegend geht es um Hilfestellung zur Gewährleistung eines „begleiteten Umgangs“ des Antragstellers mit seiner minderjährigen Tochter. Eine Hilfestellung des Jugendamts für eine solche Maßnahme setzt voraus, dass der begleitete Umgang überhaupt stattfinden kann. Ist begleiteter Umgang dagegen nicht möglich, ist der Fall für eine entsprechende Hilfestellung nicht „geeignet“ im Sinne des § 18 Abs. 3 Satz 4 SGB VIII. Das ist anzunehmen, wenn keine Einrichtung existiert, die bereit und in der Lage ist, den begleiteten Umgang zu gewähren oder wenn der Umgangsberechtigte die erforderliche Zusammenarbeit mit einer hierfür in Frage kommenden Einrichtung ablehnt. So ist es hier.
aa) Ein Träger der freien Jugendhilfe, der den begleiteten Umgang durchführen könnte, ist nicht ersichtlich.
(1) Die AWO scheidet für die begehrte Maßnahme aus, weil sie sich aufgrund mangelnder Kooperation durch den Antragsteller nicht in der Lage sieht, den begleiteten Umgang weiter fortzusetzen. Eine rechtliche Grundlage, sie zu einer Fortsetzung des begleiteten Umgangs zu zwingen, besteht nicht.
(2) Ein anderer im Zuständigkeitsbereich des Antragsgegners ansässiger Träger der freien Jugendhilfe, der in der Lage wäre, den begleiteten Umgang zu gewährleisten, ist nicht vorhanden. Das folgt aus den Angaben des Antragsgegners im Erörterungstermin vom 16. April 2012. Darin wurde von der Sozialarbeiterin im Jugendamt, Frau G…, erläutert, dass sich der Antragsgegner schon im Vorfeld des Termins vor dem Oberlandesgericht Brandenburg vom 8. November 2011 deshalb gezielt an die AWO gewandt habe, weil einzig dieser Träger qualifiziert genug sei, um die Begleitung des hier in Rede stehenden Umgangs zu gewährleisten. Andere Träger im Landkreis arbeiteten nicht professionell genug, um begleiteten Umgang in Fällen, die ähnlich schwierig seien wie der vorliegende, qualifiziert durchzuführen (S. 2 des Protokolls); sie verfügten, anders als die AWO, nicht über entsprechendes Fachpersonal und ausreichende Erfahrung (S. 3 a.E. des Protokolls).
Der vom Antragsteller unwidersprochen gebliebene Vortrag des Antragsgegners, wonach der begleitete Umgang entsprechend qualifiziertes und erfahrenes Personal erfordert, erscheint dem Senat plausibel, zumal dies durch die Schilderungen des stellvertretenden Einrichtungsleiters des Erziehungshilfeverbunds S… der AWO, Diplom-Sozialpädagoge L… gestützt wird. Dieser hat im Erörterungstermin vor dem Berichterstatter am 16. April 2012 (S. 4 des Protokolls) angegeben, es sei hinsichtlich des begleiteten Umgangs zwischen der Begleitung im eigentlichen Sinne und der Beratung des Umgangsberechtigten zu unterscheiden. Der Beratung komme dabei entscheidende Bedeutung zu. Sie werde von der AWO anhand der Qualitätsstandards des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend - BMFSFJ - durchgeführt. Diese Qualitätsstandards („Vorläufige deutsche Standards zum begleiteten Umgang“) bestätigen die Äußerungen des Herrn L…. Daraus geht hervor, dass flankierende Beratung regelmäßig Bestandteil eines begleiteten Umgangs ist. Danach ist eine Eingangs- und eine flankierende Beratung der Eltern vorgesehen (Ziffer IV. 2.1 und 4.2.2, S. 17 und 20 f.). Der Senat geht mangels entgegenstehender Anhaltspunkte davon aus, dass sich diese Maßnahmen - entsprechend den Angaben des Antragsgegners - sinnvollerweise nur durch einschlägig qualifiziertes und erfahrenes Personal durchführen lassen.
Dass andere freie Träger zur Durchführung der streitigen Maßnahme nicht in Betracht kommen, folgt weiter aus den Angaben des juristischen Sachbearbeiters des Antragsgegners, Herrn H…. Dieser hat im Erörterungstermin vom 16. April 2012 angegeben, dass Versuche, andere Träger für eine Umgangsbegleitung zu finden, gescheitert seien (S. 2 des Protokolls).
Der Hinweis des Antragstellers auf den Caritas-Verband, der für Umgangsbegleitung zur Verfügung stünde, rechtfertigt keine andere Entscheidung. Es ist nicht ersichtlich oder glaubhaft gemacht, dass dieser Verband entgegen den Angaben des Antragsgegners über ausreichende Erfahrung für einen qualifizierten begleiteten Umgang verfügt. Nach dem Internetauftritt der Caritas Brandenburg bieten auch weder die Erziehungs- und Familienberatungsstelle in N… noch das Caritas Beratungszentrum in S… ausdrücklich begleiteten Umgang an. Die Erziehungs- und Familienberatungsstelle bietet Hilfe und Unterstützung an in Form von Einzelberatungen, Beratungen im Familienverband sowie Teilnahme an Gruppenangeboten, wie z.B. Eltern-Kind-Gruppen oder Jungen-Gruppen. Die Caritas Beratungsstelle bietet an: Förderung und Stärkung der Erziehungsfähigkeit der Eltern, Verbesserung der Kommunikations- und Umgangsformen in der Familie, Erarbeitung angemessener Rollenbesetzungen in den Subsystemen der Familie, Selbsthilfepotenziale der Familie fördern und nutzen, Unabhängigkeit von Helfern gewinnen, Erarbeitung und Umsetzung von eigenen tauglichen Konfliktlösungsstrategien, wenn nicht anders möglich, Ausgliederung von Gewalt und/oder Schutz von Opfern organisieren, Unterstützung von Entscheidungsfindungen und Förderung der Eigenverantwortlichkeit. Mit diesen Angaben ist zwar nicht ausgeschlossen, dass der Caritasverband auch bereit wäre, begleiteten Umgang anzubieten. Die Annahme, dass er hierfür über ausreichende Erfahrung verfügt, zumal in sich schwierig gestaltenden Fällen wie dem vorliegenden, rechtfertigt das aber nicht.
(3) Außerhalb des Zuständigkeitsbereichs des Antragsgegners ansässige Träger sind nicht ersichtlich. Der in Berlin ansässige Kinder- und Jugendhilfe-Verbund Berlin Brandenburg - kjhv -, der nach Einschätzung des Antragsgegners für einen begleiteten Umgang grundsätzlich in Betracht kommt, hat eine Durchführung des vom Antragsteller erstrebten begleiteten Umgangs abgelehnt (vgl. dessen Schreiben vom 29. März 2012, Bl. 71 d.A.). Ob einer Durchführung des begleiteten Umgangs mit diesem Träger zudem entgegensteht, dass er in Berlin und damit in einiger Entfernung zum Wohnort der Tochter des Antragstellers in E… ansässig ist, muss vor diesem Hintergrund nicht erörtert werden.
Der Hinweis des Antragstellers im Erörterungstermin vom 16. April 2012 (S. 3 des Protokolls), wonach er Anfang April mit dem kjhv telefoniert habe und ihm mitgeteilt worden sei, er möge sich in der Frage „begleiteter Umgang“ nochmals nach Rückkehr der zuständigen Mitarbeiterin aus dem Urlaub melden, rechtfertigt keine andere Entscheidung. Eine Bereitschaft der kjhv, den begleiteten Umgang durchzuführen, belegt er nicht.
bb) Dass der Antragsgegner selbst den begleiteten Umgang durchführt, kommt schon deshalb nicht in Betracht, weil der Antragsteller dies ablehnt. Herr H… hat im Termin hierzu ausgeführt, dass der Antragsteller den Mitarbeitern des Jugendamtes nicht vertraue und die Gefahr eines Interessenkonflikts bestehe, weil das Jugendamt aus seiner Sicht eine Kindeswohlgefährdung befürchte (S. 2 f. des Protokolls). Die Richtigkeit dieser Einschätzung wird nicht nur durch den Umstand bestätigt, dass der Antragsteller dieser Darstellung nicht entgegengetreten ist, sondern auch dadurch, dass er erklärt hat, zu einer Fortsetzung des begleiteten Umgangs und entsprechender Kooperation mit der AWO nur unter der Voraussetzung bereit zu sein, dass die weitere Hilfegewährung durch das Bezirksamt S… erfolge (S. 10 des Protokolls). Es wird weiter bestätigt in seinem Schreiben vom 8. März 2012 an das Landratsamt in S…. Darin erhebt er „Dicke Dienstaufsichtsbeschwerde“ gegen die Mitarbeiterin des Jugendamtes des Antragsgegners, Frau G…. Er wolle „Frau G… nicht mehr sehen oder hören“.
cc) Selbst wenn sich ein Träger der freien Jugendhilfe im Zuständigkeitsbereich des Antragsgegners, der über ausreichend qualifiziertes Personal und entsprechende Räumlichkeiten und Erfahrungen verfügt, bereit erklären würde, den begleiteten Umgang durchzuführen, wäre der vorliegende Fall für eine Hilfestellung durch das Jugendamt nicht geeignet im Sinne des § 18 Abs. 3 Satz 4 SGB VIII. Um eine Geeignetheit zu rechtfertigen, müsste der Antragsteller glaubhaft machen, dass er die für die Durchführung eines begleiteten Umgangs erforderliche Kooperationsbereitschaft mitbringt. Daran fehlt es.
(1) Die sinnvolle Durchführung begleiteten Umgangs setzt ein Mindestmaß an Kooperationsbereitschaft voraus. Andernfalls lassen sich die für eine sinnvolle Durchführung des begleiteten Umgangs aus fachlicher Sicht notwendigen Qualitätsstandards nicht umsetzen. Für die Qualitätsstandards bietet die auch von Herrn L… angeführte Broschüre „Vorläufige deutsche Standards zum begleiteten Umgang“ vom Juli 2001 des BMFSFJ Orientierung. Danach bedarf es zu einer sinnvollen Durchführung des begleiteten Umgangs der Kooperation des Umgangsberechtigten mit dem Maßnahmeträger. Das kommt darin zum Ausdruck, dass regelmäßig eine Kooperationsvereinbarung zwischen Umgangsberechtigtem und Maßnahmeträger abgeschlossen werden soll (Ziffer IV. 2.3, S. 17 der Standards) und zeigt sich weiter daran, dass der begleitete Umgang umfassend durch Beratungsmaßnahmen flankiert wird (vgl. die Angaben oben) sowie eine Eingangsdiagnostik vorgesehen ist, die zu ihrer Erstellung ebenfalls die Kooperation des Umgangsberechtigten voraussetzt (Ziffer IV. 3., S. 18 der Standards). Darüber hinaus kann die Maßnahme durch den Maßnahmeträger abgebrochen werden, wenn er zu der Einschätzung gelangt, dass das Angebot von den Umgangsberechtigten regelwidrig genutzt wird, etwa wenn ein Umgangsberechtigter wiederholt und trotz Aufforderung die vereinbarten Regeln für die Kontaktabwicklung nicht befolgt (Ziffer IV. 5.2 Buchstabe e, S. 21 f. der Standards).
(2) Nach Einschätzung des Senats hat der Antragsteller diese Kooperationsbereitschaft bisher nicht erkennen lassen. Es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass er sein Verhalten künftig, insbesondere auch einem anderen Maßnahmeträger gegenüber, verändern wird. Aus dem Bericht über die bisherigen Umgangstermine des Herrn L… vom 8. März 2012, der vorliegend als Umgangsberater fungierte, geht hervor, dass der Antragsteller schon ein Erstgespräch über die Konzeption des begleiteten Umgangs nicht habe führen wollen (S. 1 des Berichts). Konzeptionell sei vorgesehen, dass der Umgangssuchende eine Viertelstunde vor dem Umgangsbeginn in die Räume der Einrichtung komme, um anzukommen, anstehende Fragen zu klären u.ä., so dass das Kind dann einen Vater vorfinde, der sich bereits im Raum befinde. Der Antragsteller habe sich aber geweigert, diese Vorgehensweise zu akzeptieren. Er habe stattdessen stets vor der Hauseingangstür des Umgangsbereichs gewartet. Er habe dann meist lautstark über verschiedene Dinge geschimpft. Es sei der Umgangsbegleiterin nur selten gelungen, ihn zu beruhigen. Bei Eintreffen der Erzieherin mit seiner Tochter sei keine übliche Begrüßung möglich gewesen. Es habe auch keine Gelegenheit gegeben, eine Verspätung oder Ähnliches zu erklären. Der Antragsteller sei bei drei Übergaben auf das Auto der Erzieherin zugegangen, habe selbst die Tür geöffnet und seine Tochter aus dem Fahrzeug geholt. Seine Tochter sei darüber erschrocken. Sie sei auf die im Konzept und in der Kooperationsvereinbarung vorgesehene Übergabe vorbereitet worden (S. 2 des Berichts). Der Antragsteller habe weiter die Bereitschaft zu ausreichenden Beratungsgesprächen vermissen lassen. Laut Konzeption sei vorgesehen, dass auf jeden Umgang ein Beratungsgespräch zur Auswertung der Umgänge und Perspektivklärung stattfinde. Im Zeitraum der insgesamt sieben Umgangskontakte habe aber nur ein persönliches Beratungsgespräch stattgefunden. In manchen Fällen könne ein telefonischer Kontakt eine vierzehntägige Beratungspflicht ersetzen, allerdings nur, wenn es zumindest einmal im Monat einen persönlichen Kontakt gebe und die Telefonate in einer ruhigen und sachlichen Atmosphäre stattfänden. Das sei hier nicht der Fall gewesen. Im gesamten Zeitraum habe es nur zwei Telefongespräche gegeben, die mit einer Schlussformel geendet hätten. Alle anderen Gespräche seien vom Antragsteller durch plötzliches Auflegen des Hörers beendet worden. Das Muster der Telefonate sei so gewesen, dass der Antragsteller jedes Mal mehrere Beschwerden über die vergangenen Umgänge formuliert habe. Es sei nur selten gelungen, über seine Beschwerden ins Gespräch zu kommen. Die beratenden Gespräche seien erforderlich, um dem Vater Einblick in das Seelenleben seiner Tochter, ihre Ängste, aber auch ihre Interessen und Freuden zu ermöglichen. In keinem Beratungsgespräch/Telefonat sei es aber um die Beziehung, um die Interaktion zwischen Vater und Tochter, um Interessen, Besonderheiten o.ä. gegangen. Der Antragsteller habe lediglich seine Beschwerden geäußert. Stärkeres Insistieren auf Beziehungsthemen sei vom Antragsteller abgelehnt worden, Telefonate hätte er dann meist abrupt beendet (S. 4 f. des Berichts). Diese Schilderungen hat er im Erörterungstermin vor dem Berichterstatter am 16. April 2012 bekräftigt und vertieft. Schon der Abschluss der Kooperationsvereinbarung habe sich als schwierig gestaltet. Es sei aufgrund des Verhaltens des Antragstellers nicht möglich gewesen, wie sonst üblich die Kooperationsvereinbarung Punkt für Punkt durchzugehen und durchzusprechen. Stattdessen habe mit dem Antragsteller diskutiert werden müssen, ob dieser eine solche Vereinbarung überhaupt unterschreiben könne (S. 6 f. des Protokolls).
Schon diese Angaben belegen die mangelnde Kooperationsbereitschaft des Antragstellers. Sie decken sich im Übrigen mit den Angaben der Erzieherin der Tochter des Antragstellers, Frau Z…, wonach sie bei jedem der Umgänge im Vorfeld des eigentlichen Umgangs ständig immer wieder vom Antragsteller beschimpft und mit gerichtlichen Schritten und Einschaltung der Polizei bedroht worden sei, die dessen Tochter verängstigt wahrgenommen und verunsichert hätten (vgl. die Angaben im Schreiben vom 30. März 2012, Bl. 72 d.A., sowie im Schreiben vom 2. April 2012, Bl. 92 d.A.). Auch die Angaben der Mitarbeiterin des Antragsgegners, Frau L…, im Termin vor dem Berichterstatter am 16. April 2012 bestätigen dies. Frau L… hat insoweit ebenfalls erklärt, in dem Kooperationsvertrag sei an sich vorgesehen, dass das Kind in dem Umgangsraum von dem Umgangsberechtigten in Empfang genommen werde. Hieran habe sich der Antragsteller von Anfang an nicht gehalten. Er habe vielmehr schon vor dem Gebäude gewartet und sich auch schon vorher lautstark beschwert und insbesondere auch die Erzieherin Frau Z… im Beisein seiner Tochter sehr laut beschimpft. Das sei auch bei weiteren Terminen so gewesen (S. 8 des Protokolls).
Der Senat hat keinen Anlass, die Richtigkeit dieser Angaben in Zweifel zu ziehen. Der Antragsteller ist diesen Schilderungen nicht substanziiert entgegengetreten. Er hat ihnen im Termin vom 16. April 2012 auch nur insoweit widersprochen, als die Auseinandersetzungen im Beisein seiner Tochter stattgefunden haben sollen. Dass die Auseinandersetzungen in dieser Form stattgefunden haben, hat er dagegen nicht bestritten.
Dass es dem Antragsteller generell an Kooperationsbereitschaft mangelt, ergibt sich auch aus dem vom Amtsgericht Strausberg - Familiengericht - eingeholten Gutachten der Diplom-Psychologin K… vom 27. Juni 2011 (Bl. 352 ff. VV). Darin heißt es auf Seite 36: „Von Seiten des Vaters ist in Bezug auf mögliche Umgangskontakte eine verbesserte Kooperationsbereitschaft erforderlich. Dazu müsste er zunächst einsehen, dass nicht er die Bedingungen für Umgangskontakte bestimmt, sondern dass sie sich ausschließlich an J… Wohl orientieren. Dazu sollte er reflektieren, wie er mit seinem eigenen Verhalten zu einer ihm gegenüber kritischen Haltung beigetragen hat, und dass es seine Verantwortung ist, im Interesse des Kindes einzulenken und Vorgaben zu akzeptieren.“ Auf Seite 37 heißt es weiter: „Des Weiteren sollte sich der Vater beraten lassen, wie er Umgangskontakte angemessen und dem Kindeswohl dienlich gestalten sowie mögliche Konflikte mit dem Kind bewältigen kann. Dazu müsste er seine Vorbehalte gegenüber dem Jugendamt und pädagogischen Einrichtungen abbauen und sich zu einer verlässlichen und kompromissbereiten Zusammenarbeit verpflichten. Es ist davon auszugehen, dass der Vater therapeutische Unterstützung braucht, um sein Misstrauen, dass derzeit einer ausreichenden Kooperationsbereitschaft entgegensteht, abzubauen und seine aggressiven Impulse zu beherrschen.“
Bestätigt wird dieser generelle Mangel an Kooperationsbereitschaft des Antragstellers in Umgangsrechtsangelegenheiten weiter durch ein Schreiben des Bezirksamts Spandau vom Berlin, Abteilung Jugend und Familie vom 26. Oktober 2011 (Bl. 449 VV). Darin heißt es, der Antragsteller „wird immer wieder Anträge stellen, tut aber selbst nichts für eine Änderung seiner eigenen Haltung gegenüber seinen Kindern. Es war nicht möglich konstruktiv mit ihm zu arbeiten.“
Der Antragsteller hat den Eindruck mangelnder Kooperationsbereitschaft schließlich auch im Erörterungstermin vor dem Berichterstatter am 16. April 2012 bestätigt. Zwar ist er dort nicht laut geworden, es ging ihm aber auch dort in der Sache einzig darum, Vorwürfe gegenüber den beteiligten Stellen und Personen zu erheben. Er hat die Ursachen und die Verantwortlichkeit für die aufgetretenen Schwierigkeiten und letztlich das Scheitern der Umgangskontakte allein bei sämtlichen anderen Beteiligten gesehen, war selbst aber nicht willens oder in der Lage zu erkennen, dass er hieran mindestens eine nicht unerhebliche (Mit-) Verantwortung trägt. Er hat vielmehr seine Auffassung bekräftigt, wonach sämtliche Einrichtungen und Personen, mit denen er hinsichtlich seines Umgangsrechts in den vergangenen Jahren Kontakt hatte, systematisch und willkürlich verhindern wollten, dass er Umgang mit seiner Tochter bekomme. Hinweisen des Berichterstatters, die gegen die Richtigkeit dieser Annahme sprechen, hat er sich nicht aufgeschlossen gezeigt. Seine ganze Haltung ist von einem grundlegenden Misstrauen geprägt, das - gepaart mit seiner aktenkundigen Impulsivität - letztlich einer sachlichen Auseinandersetzung über sich stellende Fragen oder auftretende Schwierigkeiten unmöglich macht und damit keinerlei ausreichende Kooperation, wie sie ein begleiteter Umgang entsprechend den fachlichen Qualitätsstandards erfordert, erwarten lässt und zwar unabhängig vom Träger der Maßnahme.
Soweit der Antragsteller in seiner Beschwerdeerwiderung vom 12. April 2012 bestreitet, zu Beratungsgesprächen nicht bereit gewesen zu sein, rechtfertigt das keine andere Einschätzung. Er führt hierzu aus, er habe die Umgangsbegleitung im Hinblick auf seine Fragen als ablehnend empfunden. Die Umgangsbegleiterin Frau L… habe auf Fragen geäußert, deren Beantwortung gehöre nicht zu ihren Aufgaben und ihn an Herrn L… verwiesen. Die in der Vereinbarung vorgesehene Vor- und Nachbereitung der Termine habe nicht stattgefunden. Versuche, die aufgekommenen Fragen telefonisch zu besprechen, hätten kein Ergebnis gebracht. Als zunehmend frustrierend habe er dabei die schlechte telefonische Erreichbarkeit von Herrn L… empfunden. Die Richtigkeit der Darstellung durch den Antragsgegner sowie durch die Mitarbeiter der AWO wird durch diesen Vortrag nicht in Abrede gestellt. Unabhängig von der Frage, ob und in wieweit die Beschwerden des Antragstellers gegenüber dem Jugendamt, der AWO und der Erzieherin seiner Tochter in der Sache gerechtfertigt sind, ist es namentlich die Art und Weise seines Auftretens gegenüber anderen Erwachsenen, die seine mangelnde Kooperationsbereitschaft begründet. Eine sachliche Gesprächsführung ist mit ihm praktisch kaum möglich, sachlichen Einwänden gegenüber verschließt er sich. Dieser Einschätzung tritt er auch nicht mit seinem Vortrag in der Beschwerdeerwiderung entgegen.
c) Ob der Anspruch des Antragstellers auf die begehrte Hilfeleistung durch den Antragsgegner zudem daran scheitert, dass infolge des vom Antragsteller gezeigten Verhaltens das Wohl seiner Tochter gefährdet ist, bedarf vor diesem Hintergrund keiner Vertiefung.
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Das Verfahren ist gemäß § 188 Satz 2 VwGO gerichtskostenfrei.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).