Gericht | FG Berlin-Brandenburg 9. Senat | Entscheidungsdatum | 24.11.2016 | |
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Aktenzeichen | 9 K 9292/13 | ECLI | ||
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen |
Die Gewerbesteuermessbeträge für 2003 und 2004 werden unter Änderung der Einspruchsentscheidung vom 8. Oktober 2015 so festgesetzt und die vortragsfähigen Gewerbeverluste auf den 31.12.2003 und 2004 werden unter Änderung der Bescheide vom 16. Januar 2012 in Gestalt der o. g. Einspruchsentscheidung so festgestellt, dass mit Rücksicht auf das vom Kläger nunmehr ausgeübte Wahlrecht die bisher gewinnerhöhend behandelten Investitionskostenzuschüsse von 393 100 EUR für 2003 und 131 100 EUR für 2004 gewinnneutral berücksichtigt werden und die Gesamtsumme der beiden Investitionskostenzuschüsse im Jahr 2003 aktiviert wird auf die im Betriebsvermögen geführte Liegenschaft B…, C…-straße Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens werden dem Kläger auferlegt.
Die Prozessbeteiligten streiten hinsichtlich eines vom Kläger einzelunternehmerisch unter der Steuernummer … geführten Betriebs um die Rechtmäßigkeit der Festsetzung von Gewerbesteuermessbeträgen für die Streitjahre 2002 bis 2004 sowie die Rechtmäßigkeit von Feststellungen des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31. Dezember 2002 bis 31. Dezember 2004.
Der 1961 geborene Kläger, von Beruf Metzgermeister, war in den Streitjahren mit seiner Ehefrau D… verheiratet und wohnte mit ihr in einer gemeinsamen Wohnung auf einem im Eigentum des Klägers stehenden Grundstück in der E…-straße in F… . Der Kläger wurde vom Beklagten antragsgemäß gemeinsam mit seiner Ehefrau für alle Streitjahre zur Einkommensteuer veranlagt. Ihren Wohnsitz auf dem Grundstück E…-straße in F… hatten die Eheleute bereits einige Jahre vor Beginn der Streitjahren inne. Nach eigenen Angaben lebten die Eheleute erst ab dem 1. März 2009 getrennt.
Der Kläger war in den Streitjahren an den Standorten G…, H…, I…, J…, K…, L…, M…, N… und O… mit Ladenlokalen unter der Bezeichnung „P…“ als Einzelhändler gewerblich tätig. Die Verwaltung dieser Geschäfte geschah in den Streitjahren in seinem Wohnhaus in F… (vgl. rkr. Beschluss des FG Berlin-Brandenburg vom 2. Mai 2016 6 V 6002/16, Seite 14).
Mittels notariell beurkundetem Vertrag vom 13. November 2008 (UR-Nr. …/2008 des Notars Q… aus R… übernahm eine S… GmbH mit Sitz in B…, vertreten durch den Kläger als deren Geschäftsführer und Minderheitsgesellschafter, Teile des Vermögens der S… e. K. mit Sitz in N… und der U… e. K. mit Sitz in F… als Gesamtheit im Wege der Umwandlung durch Ausgliederung. Die Gegenleistung der Erwerberseite bestand in der Erhöhung des Gesellschaftsanteils des Klägers um 100,00 EUR auf nunmehr 7 900,00 EUR (vgl. § 2 des o. g. Notarvertrags).
Am 14. Dezember 2004 meldete der Kläger beim Amt V… (Insel Rügen/Bundesland Mecklenburg-Vorpommern) folgendes Gewerbe rückwirkend zum 1. Dezember 2004 an: „Betreiben eines Hotels mit Wellnessbereich, Zimmervermittlung, Vermittlung von touristischen, kulturellen und sportlichen Angeboten, Einzelhandel mit Lebensmittel und Feinkostprodukten“. Als Anschrift der Betriebsstätte gab er „C…-straße, B…“ an. Die unter Mitwirkung der W… GmbH aus X… erstellten Gewerbesteuererklärungen 2005 bis 2007 betr. den Betrieb „Y…“ reichte der Kläger beim für die Gemeinde B… örtlich zuständigen Finanzamt Z… ein. Das Finanzamt Z… lehnte die Durchführung von Veranlagungen zur Gewerbesteuer mit der Begründung ab, dass der Kläger seinen Wohnsitz in F… habe.
Der Kläger und seine Ehefrau erklärten in den gemeinsamen Einkommensteuererklärungen ab dem Jahr 1999 u. a. negative Einkünfte aus einem gewerblichen Grundstückshandel. Dabei wurden die Gewinne jeweils durch Einnahmen-Überschussrechnungen nach § 4 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) ermittelt.
Der Kläger erklärte im Einzelnen folgende Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben:
Betriebseinnahmen: | Betriebsausgaben: | |
1999: | 0,00 EUR | 318 397,00 EUR |
2000: | 0,00 EUR | 33 508,00 „ |
2001: | 0,00 EUR | 197 672,00 „ |
2002: | ./. 16 480,00 EUR | 629 523,10 „ |
2003 ( u. a. aufgrund Investitionskostenzuschuss in Höhe von 393 100,00 EUR) | ||
450 949,33 EUR | 1 073 758,18 „ | |
2004 (u. a. aufgrund Investitionskostenzuschuss in Höhe von 131 100,00 EUR) | ||
164 179,82 EUR | 230 453,62 „ | |
2005: | 114 347,77 EUR | 422 839,66 „ |
2006: | 91 139,26 EUR | 100 051,32 „ |
2007: (u. a. aufgrund Umsatzsteuer-Erstattung in Höhe von 326 546,84 EUR) | ||
418 542,07 EUR | 547 110,84 „ | |
2008: (u. a. aufgrund Umsatzsteuer-Erstattung in Höhe von 250 952,24 EUR) | ||
545 111,26 EUR | 572 398,51 „ | |
2009: | 442 277,87 EUR | 502 076,67 „ |
Salden | ||
(gerundet): | 2 210 064,00 EUR | 4 627 785,00 „ |
Betriebsergebnis: | ./. 2 417 721,00 EUR |
In den jeweils von ihm selbst unterzeichneten Gewerbesteuererklärungen 2000 bis 2007 (Eingang der Steuererklärung 2007 beim Beklagten: 2. Dezember 2008) gab der Beklagte als „Anschrift der Geschäftsleitung/des Unternehmens“ die Adresse „E…-straße, F…“ an. Diese Anschrift gaben die Eheleute auch in ihren Einkommensteuererklärungen 2002 bis 2007 als gemeinsame Wohnanschrift an.
Der Kläger war nach der Trennung von seiner Ehefrau ab dem 1. März 2009 mit Wohnanschrift in AA…, AB…-straße (Bundesland Niedersachsen) gemeldet. Im Rahmen der am 26. März 2009 beim Beklagten eingereichten Einkommensteuererklärung 2007 gaben beide Eheleute als ihren aktuellen Wohnsitz noch „E..-straße, F…“ an.
Der Kläger ist seit dem 1. Oktober 2010 mit Wohnsitz in Frankreich gemeldet. Mit Datum vom 19. Oktober 2010 teilte er dem Beklagten schriftlich mit, dass er von seiner Ehefrau getrennt lebe und für den VZ 2010 die getrennte Einkommensteuerveranlagung wähle.
Die Ehefrau des Klägers behielt bis November 2011 ihren Wohnsitz auf dem Grundstück E…-straße, F… bei. Seit 1. Dezember 2011 ist sie mit Wohnsitz in AC…, AD…-straße gemeldet. Dies teilte sie dem Beklagten mit Schreiben vom 15. Dezember 2011 mit.
Der Kläger ordnete seinem Betrieb „Gewerblicher Grundstückshandel“ als „Umlaufvermögen“ folgende drei Grundstücke zu:
a) Ein 2 123 qm großes Grundstück „E…-straße“ in F…, welches der Kläger am 19. Januar 1999 im Rahmen eines Zwangsversteigerungsverfahrens vor dem Amtsgericht L… gegen Zahlung eines Entgeltes in Höhe von 565 000,00 EUR erwarb.
b) Ein 1 099 qm großes Grundstück „C…-straße“ in B…, welches der Kläger durch Vertrag vom 15. Dezember 2003 (UR-Nr. …/2003 des Notars Q… aus R…) gegen Zahlung eines Kaufpreises in Höhe von 295 000,00 EUR erwarb und welches damals bereits mit einem alten Hotel aus der DDR-Zeit bebaut war („AE…“) Das Hotel wurde vom Kläger in den folgenden Jahren unter Einsatz ganz erheblicher finanzieller Mittel grundlegend modernisiert und im Jahr 2008 wiedereröffnet. Am 30. Juni 2008 schloss die „AF…, C…-straße, B…“ mit einer AG… GmbH, C…-straße, B…, vertreten durch den Kläger als deren Geschäftsführer, einen Pachtvertrag für die Dauer von fünf Jahren, beginnend ab 1. Juli 2008, bezüglich der Überlassung des Anlagevermögens des Betriebs „AE…“ gegen Zahlung einer monatlichen Pacht in Höhe von mindestens 5 000,00 EUR. Gesellschafter der vorgenannten, am 23. Juni 2008 gegründeten GmbH waren der Kläger zu 76 v. H. und seine Ehefrau D… zu 24 v. H.
c) Ein 1 089 qm großes Grundstück „C…-straße“ in B…, welches der Kläger durch Vertrag vom 28. November 2001 (UR-Nr. …/2001 des Notars Q… aus R…) gegen Zahlung eines Kaufpreises in Höhe von 270 000,00 DM erwarb.
Bezüglich des Grundstückes zu c) meldete der Kläger am 26. November 2002 beim Amt V… die Vermietung von behindertengerechten Ferienwohnungen als neue Tätigkeit an. Hierzu ließ er ein neues Gebäude errichten, in dem sich neun Ferienwohnungen und vier Gewerbeeinheiten befanden (sog. „Villa …“). Der Bauantrag wurde am 6. März 2002 gestellt und die Baugenehmigung am 12. August 2002 erteilt. Die Fertigstellung des Gebäudes erfolgte im Mai 2004. Anschließend wurden die Ferienwohnungen und die Gewerbeeinheiten vermietet. Im Jahr 2008 wurde eine Erweiterung des Gebäudes durchgeführt. Mit notarieller Urkunde vom 30. Dezember 2010 übertrug der Kläger das Eigentum an diesem Grundstück zum Zwecke des Zugewinnausgleichs auf seine von ihm getrennt lebende Ehefrau. Besitz, Nutzen und Lasten gingen per 1. Januar 2011 auf die Ehefrau über.
Das Grundstück zu a) wurde vom Kläger in drei Teilschritten an die AH… UG & Co. KG veräußert. Der Kläger ist seit dem 21. Januar 2011 nicht mehr an dieser Gesellschaft beteiligt.
Das Grundstück zu b) ging im Rahmen einer Zwangsversteigerung am 13. Februar 2012 auf die AH… UG & Co. KG über.
Die Anschaffungskosten der drei Grundstücke sowie die angefallenen Bau- bzw. Umbaukosten wurden vom Kläger in den Einkommen- und Gewerbesteuererklärungen für die Jahre 1999 ff. als sofort abzugsfähige Betriebsausgaben behandelt.
Die Gewerbesteuermessbeträge 2002 bis 2004 betr. den streitgegenständlichen Betrieb wurden vom Beklagten mit Bescheiden vom 30. März 2005 (2002), 27. Oktober 2005 (2003) bzw. 23. August 2007 (2004) zunächst erklärungsgemäß auf jeweils 0,00 EUR festgesetzt. Die Bescheide ergingen jeweils unter dem Vorbehalt der Nachprüfung (§ 164 Abs. 1 der Abgabenordnung – AO -). Es wurden vom Beklagten außerdem folgende Feststellungen des vortragsfähigen Gewerbeverlustes durchgeführt:
Bescheid v. 30.03.2005: | ges. Verlustfeststellung zum 31.12.2002: | ./. 1 171 712,00 EUR |
Bescheid v. 27.10.2005: | „ „ „ 2003: | ./. 1 696 247,00 „ |
Bescheid v. 23.01.2007: | „ „ „ 2004: | ./. 1 739 630,00 „ |
Die den vorgenannten Bescheiden zugrunde liegenden Gewerbesteuererklärungen des Klägers unter Angabe der Adresse der Geschäftsleitung/des Unternehmens „E…-straße, F…“ gingen zu folgenden Zeitpunkten beim Beklagten ein:
2002: 13. Mai 2004 | 2003: 6. Mai 2005 | 2004: 9. Januar 2007 |
Die Betriebsstätte des streitgegenständlichen Betriebs wurde mit Gewerbeanmeldung vom 25. Juni 2009 (Eingang beim Beklagten am 13. Juli 2009) von F… nach B… verlegt. Am 11. September 2009 meldete der Kläger das Gewerbe mit Wirkung ab dem 1. Juni 2009 vollständig von F… nach B… um (Eingang der Ummeldung beim Beklagten: 17. September 2009). Auf Nachfrage des Beklagten teilte die W… GmbH aus X… dem Beklagten mit Schreiben vom 31. August 2009 mit, dass der Ort der Geschäftsleitung des Betriebs „Gewerblicher Grundstückshandel“ nach B… verlegt worden sei.
Zum 31. März 2011 meldete der Kläger das Gewerbe „Gewerblicher Grundstückshandel“ vollständig ab (Eingang der Abmeldung beim Beklagten am 6. Juli 2011), jedoch vor Ablauf eines Jahres mit Gewerbeanmeldung vom 15. März 2012 (Eingang beim Beklagten: 21. März 2012) rückwirkend zum 31. März 2011 wieder an.
Mit Bescheid vom 12. November 2008 ordnete der Beklagte gegenüber dem Kläger unter der Steuernummer … für die Gewerbesteuer betr. den Betrieb „Gewerblicher Grundstückshandel“ eine Außenprüfung an. Der Prüfungsbeginn sollte am 8. Dezember 2009 in F… stattfinden. Als Prüferin wurde Frau AI… benannt.
Der Kläger legte gegen die Prüfungsanordnung mit Schreiben vom 12. und vom 24. November Einspruch ein. Zur Begründung machte er eine Befangenheit von Frau AI… geltend. Außerdem verwies er auf noch anhängige Rechtsbehelfe und Finanzgerichtsverfahren sowie auf die Unmöglichkeit des Beginns der Prüfung zu dem vorgesehenen Termin.
Mit Schreiben vom 12. Dezember 2008 verschob der Beklagte daraufhin den Prüfungsbeginn - wie vom Kläger gewünscht - zunächst auf Mai 2009. Mit zusammengefasster Einspruchsentscheidung vom 16. März 2009 wies der Beklagte den weitergehenden Einspruch als unbegründet zurück. Das FG Berlin-Brandenburg wies die hiergegen gerichtete Klage mit rechtskräftigem Urteil vom 11. März 2010 ab (Az.: 13 K 13109/09).
Mit Schreiben vom 16. Juni 2010 erteilte das für die Gemeinde B… nunmehr örtlich zuständige Finanzamt AJ… schriftlich seine Zustimmung zur Fortführung des Verwaltungsverfahrens betr. den Kläger.
Mit weiterem Schreiben vom 14. Dezember 2011 teilte das Finanzamt AJ… dem Beklagten u. a. mit:
„Die Zuständigkeit für die Besteuerung des gewerblichen Grundstückshandels verbleibt ebenfalls gemäß § 26 AO beim Finanzamt AK…, da der gewerbliche Grundstückshandel bereits zum 31.03.2011 eingestellt wurde. Das bisher zuständige Finanzamt wird im Wege der Amtshilfe den Gewinn bis zur Betriebsaufgabe ermitteln und für den Veranlagungszeitraum 2011 dem Finanzamt AJ… mitteilen.“
Laut vorgenanntem Schreiben des FA AJ… vom 14. Dezember 2011 übernahm diese Behörde zunächst nur die Besteuerung des Klägers als beschränkt Steuerpflichtiger ab dem VZ 2011 unter der Steuernummer … . Nach Rücksprache des Beklagten mit dem FA AJ… erklärte sich dieses auch für die unbeschränkte Einkommensbesteuerung des Klägers für den VZ 2010 zuständig. Die Umsetzung des Zuständigkeitswechsels erfolgte zum 24. August 2012 auf die neue Steuernummer … . Eine Abgabe der Einkommensteuerakten für die VZ bis einschließlich 2009 an das FA AL… lehnte der Beklagte im Hinblick darauf ab, dass die Ehefrau des Klägers ihren Wohnsitz in F… unstreitig bis einschließlich November 2011 beibehalten hat.
Mit Schreiben vom 1. Juni 2010 forderte der Beklagte den Kläger unter Berufung auf § 200 Abs. 1 AO auf, bis zum 25. Juni 2010 bestimmte Unterlagen im Rahmen der Außenprüfung vorzulegen. Am 20. Juli 2010 wurden daraufhin einige der angeforderten Unterlagen beim Beklagten eingereicht. Dieser speicherte sie ab 4. August 2010 in seinem Computer.
Die Außenprüferin qualifizierte die nachfolgend genannten Grundstücke mit folgenden Begründungen in Anlagevermögen um (vgl. Prüfungsbericht vom 3. November 2011 sowie geänderten Prüfungsbericht vom 4. Januar 2012):
Tz. 13 C…-straße, B…
…….. Das Hotel sei nach seiner Fertigstellung vom Kläger selbst betrieben bzw. im Ganzen verpachtet worden. In der Bilanz zum 31. Dezember 2009 sei das Hotel erstmalig als Anlagevermögen erfasst worden. Die in den Jahren 2003 bis 2008 als Betriebsausgaben erfassten Aufwendungen würden somit Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten darstellen und seien somit zu aktivieren.
Tz. 14 C…-straße, B…
…… Die Ferienwohnungen und die Gewerbeeinheiten seien vermietet. Eine Veräußerungsabsicht sei nicht erkennbar und bislang auch nicht nachgewiesen worden. Die bisher als Betriebsausgaben erfassten Kosten würden daher Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten darstellen und seien somit zu aktivieren.
Tz. 15 E…-straße, F…
……. Nach den Feststellungen der vorangegangenen Außenprüfung sei ein Bauantrag für die Errichtung eines Lebensmittelmarktes gestellt worden. Eine Veräußerungsabsicht sei jedoch nicht erkennbar und bislang auch nicht nachgewiesen worden. Die bisher als Betriebsausgaben erfassten Kosten würden daher Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten darstellen und seien somit zu aktivieren.
Der Beklagte errechnete folgende Gewinnänderungen (Anl. 1 zum geänderten Bericht vom 4. Januar 2012):
2002
2003 2004
C…-straße
0,00 EUR
305 325,00 EUR
53 337,97 EUR
C…-straße
660 538,65 EUR
584 952,80 EUR
20 360,74 EUR
E…-straße
343 750,11 EUR
17 106,18 EUR
13 150,03 EUR
Gesamteinkünfte des Klägers aus dem streitgegenständlichen Betrieb:
Vor BP
./. 646 134,52 EUR
./. 539 938,08 EUR
./. 57 493,87 EUR
Nach BP
358 209,46 EUR
367 445,90 EUR
29 411,87 EUR
Daraufhin erließ der Beklagte am 11. November 2011 unter Berufung auf § 164 Abs. 2 AO entsprechend geänderte Bescheide betr. die Gewerbesteuermessbeträge 2002 bis 2004 sowie die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den
31. Dezember 2002 bis 31. Dezember 2004.
Gegen die Änderungsbescheide legte der Kläger fristgerecht Einsprüche ein.
Am 16. Januar 2012 erließ der Beklagte in Auswertung des geänderten Außenprüfungsberichts vom 4. Januar 2012 nach § 164 Abs. 2 AO geänderte Bescheide mit folgendem Inhalt:
Jahr: | Bescheiddatum: | Gewerbesteuermessbetrag: | Verlustvortrag: |
2002 | 16.01.2012 | 0,00 EUR | 167 230,00 EUR |
2003 | 16.01.2012 | 8 360,00 EUR | keine Festst., da 0,00 EUR |
2004 | 16.01.2002 | 276,00 EUR | keine Festst., da 0,00 EUR |
Mit Schreiben vom 22. September 2014 teilte das Finanzamt AJ… dem Beklagten mit, dass die Besteuerung des Klägers bezüglich des streitgegenständlichen Betriebs von ihm für die Zeit ab dem Jahr 2005 übernommen werde.
Zur Begründung seiner Einsprüche betr. die Streitjahre 2002 bis 2004 führte der Kläger im Wesentlichen aus:
Grundstück C…-straße
Die Aufwendungen im Zusammenhang mit dem zu veräußernden Grundstück seien als sofort abzugsfähige Betriebsausgaben zu berücksichtigen. Zur Überbrückung des Veräußerungszeitraums sei das Grundstück kurzfristig im Ganzen verpachtet worden. Eine langfristige Verpachtungsabsicht bestehe nicht. Die im Betriebsprüfungsbericht genannte Bilanz zum 31. Dezember 2009, in der das Grundstück als Anlagevermögen behandelt worden sei, sei lediglich eine Vermögensaufstellung für das Landesförderungsinstitut Mecklenburg-Vorpommern gewesen. Dieses Institut verlange für die Aufstellung des Vermögens die handelsrechtliche Form einer Bilanz. Aus dem Deckblatt gehe hervor, dass es sich ausschließlich um eine Aufstellung für das Landesförderinstitut gehandelt habe. Der Betrieb „Gewerblicher Grundstückshandel“ habe ansonsten seinen Gewinn durch Einnahmen-Überschussrechnung ermittelt. Das Wahlrecht zum Wechsel der Gewinnermittlungsart sei durch den Kläger nicht ausgeübt worden.
Grundstück C…-straße
Die Ferienwohnungen und die Gewerbeeinheiten auf diesem Grundstück seien ebenfalls zur Überbrückung des Veräußerungszeitraums kurzfristig vermietet worden. Eine kurzfristige Vermietung bzw. Fruchtziehung stehe der Qualifizierung als Umlaufvermögen und demnach der Verbuchung der Aufwendungen als sofort abzugsfähige Betriebsausgaben nicht entgegen, da das Grundstück zum jederzeitigen Verkauf bereitgehalten würde. Außerdem hätten diverse Verkaufsveranstaltungen stattgefunden, auf denen das Grundstück ganz oder in Teileinheiten zum Verkauf angeboten worden sei. Am 30. Dezember 2009 sei bereits ein notariell beurkundeter Kaufvertrag über den Verkauf einer Ferienwohnung auf dem Grundstück an die AH… GmbH & Co. KG zu einem Kaufpreis von 83 500,00 EUR zuzüglich Umsatzsteuer abgeschlossen worden (UR-Nr. …/2009 des Notars Q… aus R…).
Grundstück E…-straße
Das Grundstück E…-straße in F… sei im Internetprotal immowelt.de durch eine Maklerfirma zum Verkauf angeboten worden. In den Jahren 2007 und 2008 sei die Veräußerung von Teileinheiten des Grundstücks verwirklicht worden.
Der Beklagte erörterte mit Schreiben vom 6. Februar 2012 wie folgt:
Die Einsprüche seien unbegründet. Zum 1. Januar 2010 sei durch den Kläger eine Eröffnungsbilanz eingereicht worden, aus der hervorgehen würde, dass das Grundstück C…-straße in B… als Anlagevermögen aktiviert worden sei. Außerdem seien die in den Jahren 2007 und 2008 angefallenen Baukosten vom Kläger selbst nicht mehr als Betriebsausgaben in die Einnahme-Überschussrechnungen einbezogen worden. Es verbleibe daher bei der Änderung lt. Tz. 13 des Außenprüfungsberichts.
Hinsichtlich des Grundstücks C…-straße in B… sei aus den vorgelegten Unterlagen keine ernstgemeinte Veräußerungsabsicht erkennbar. Die Unterlagen zur Verkaufspromotion im Januar 2014 würden nicht erkennen lassen, dass sich die dort dargelegten Verkaufsbemühungen auf das vorgenannte Grundstück beziehen würde. Die Anwesenheitsliste sei nicht nachvollziehbar. Entgegen der Darstellung des Klägers sei bisher keine Ferienwohnung veräußert worden, denn die bisher einzige Käuferin sei nachträglich vom Vertrag wieder zurückgetreten. Außerdem handele es sich bei dieser Käuferin auch nicht um einen fremden Dritten, denn die Gesellschafter der AH… GmbH & Co KG (der Kläger, seine Ehefrau und Frau AM…) seien untereinander verwandt. Inzwischen sei das Objekt im Rahmen der Gütertrennung auf die Ehefrau des Klägers übertragen worden. Ein Verkauf habe demnach zu keinem Zeitpunkt stattgefunden. Es verbleibe bei der Änderung lt. Tz. 14 des Außenprüfungsberichts.
Hinsichtlich des Grundstücks E…-straße in F… ergebe sich aus den Steuerakten folgender Sachverhalt:
Gemäß einem Bauantrag aus dem Jahre 2001 habe das Grundstück mit einem Wohn- und Geschäftshaus neu bebaut werden sollen. Die Geschosse hätten verschiedenen Nutzungen zugeführt werden sollen (Wohnungen, Büros, Sonstiges). Dabei sei beabsichtigt gewesen, die Wohnungen zusammen mit einem Bootsliegeplatz zu vermieten. Das Bauvorhaben sei jedoch in dieser Form nicht realisiert worden. Durch Verträge vom 1. August 2007, 8. Mai 2008 und 30. November 2010 sei das Grundstück an die AH… GmbH & Co KG veräußert worden. Der Veräußerungspreis habe 167 757,00 EUR betragen. Das Grundstück sei in der Folgezeit vom Kläger und seiner Ehefrau als Gartenland zu ihrem in direkter Nachbarschaft gelegenen Wohngrundstück genutzt worden.
Zwischen der Anschaffung des Grundstücks und seiner Veräußerung würden mehr als zehn Jahre liegen. Aus den vom Kläger eingereichten Unterlagen und dem tatsächlichen Geschehensablauf sei eine beabsichtigte Veräußerung des Grundstücks an einen fremden Dritten von Beginn an nicht zu erkennen. Die Einstellung der Immobilie in die Verkaufsangebote in immowelt.de reiche nicht aus, um eine ernsthafte Verkaufsabsicht zu belegen. Hierbei sei ein Grundstück mit einer Größe von 1 600 qm angeboten worden. Zu diesem Zeitpunkt sei der Kläger aber nur noch Eigentümer eines restlichen Teils des Grundstücks mit einem Umfang von 936 qm gewesen.
Mit Schreiben vom 15. März 2012 machten die jetzigen Prozessbevollmächtigten des Klägers folgende zusätzliche Begründung für die eingelegten Einsprüche geltend: Aus der Annahme des Wechsels der Gewinnermittlungsart aufgrund des Inhaltes der Vermögensaufstellung zum 1. Januar 2009 könnten keine Rückschlüsse auf die steuerliche Behandlung der Streitjahre 2002 bis 2004 gezogen werden. Die in den Jahren 2007 und 2008 angefallenen Baukosten hätten nach dem Gesetz zur Eindämmung missbräuchlicher Gestaltungen vom 28. April 2006 (Bundesgesetzblatt – BGBl – I 1095) nicht mehr als sofort abzugsfähige Betriebsausgaben angesetzt werden dürfen. Dieser Umstand könne aber nicht als Begründung dafür dienen, dass er, der Kläger, in den Streitjahren keine Verkaufsabsicht hinsichtlich des Grundstücks C…-straße in B… gehabt habe. Außerdem hätten sich die Verhältnisse im Prüfungszeitraum 2002 bis 2004 nicht grundlegend gegenüber denen im vorangegangenen Prüfungszeitraum geändert. Im vorangegangenen Prüfungszeitraum 1999 bis 2001 seien seine, des Klägers, grundstücksbezogenen Aufwendungen aber nicht als Anschaffungs- oder Herstellungskosten aktiviert worden.
Hinsichtlich des Grundstücks C…-straße sei Folgendes zu berücksichtigen: Die Gesellschafterin AM… der AH… GmbH & Co. KG sei keine Verwandte von ihm, dem Kläger. Deshalb führe der Verkauf einer Eigentumswohnung durch ihn, den Kläger, an die vorgenannte Gesellschaft, dazu, dass die betreffende Eigentumswohnung als „Zählobjekt“ bei dem von ihm betriebenen gewerblichen Grundstückshandel mitzuzählen sei.
Es werde auf die beigefügten Anlagen verwiesen, welche die Verkaufsabsichten und Maklertätigkeiten bezüglich des Grundstücks E…-straße in F… dokumentieren würden. Um das Grundstück leichter und lukrativer vermarkten zu können, seien Nachbargrundstücke, deren Eigentümer auch an einer Veräußerung interessiert gewesen seien, in die Verkaufsplanungen teilweise miteinbezogen worden.
Mit Schriftsatz vom 16. Oktober 2013 erhoben die jetzigen Prozessbevollmächtigten des Klägers Untätigkeitsklage beim FG Berlin-Brandenburg (Az.: 9 K 9292/13).
Zur Begründung seiner Klage machte der Kläger im Wesentlichen Folgendes geltend:
Der Beklagte habe die Anschaffungs-/Herstellungskosten für die Grundstücke und Gebäude dreifach besteuert. Die Anschaffungskosten seien zum einen in den Änderungsbescheiden betr. Gewerbesteuermessbeträge 2002 bis 2004 berücksichtigt worden. Der Beklagte habe dieselben Anschaffungskosten ein zweites Mal im Einkommensteuerbescheid 2009 angesetzt, da diesbezüglich von ihm ein Wechsel der Gewinnermittlungsart im Schätzungswege (§ 162 Abs. 1 AO) angenommen worden und die Anschaffungskosten aus den Vorjahren aktiviert worden seien. Schließlich seien die Anschaffungskosten ein drittes Mal im Rahmen der Grundstücksveräußerung im Jahr 2011 besteuert worden. Die Anschaffungskosten hätten somit den Gewinn aus der Veräußerung der Grundstücke und Gebäude nicht gemindert.
Eine vorübergehende Vermietung bzw. Fruchtziehung bezüglich der Grundstücke … und … in B… oder auch eine Umqualifizierung der Grundstücke zu Anlagevermögen in späteren Jahren könne bezüglich der Streitjahre 2002 bis 2004 nicht als steuerschädlich ausgelegt werden, da in den Jahren 2002 bis 2004 bis zum endgültigen Verkauf der Grundstücke eine hundertprozentige Verkaufsabsicht bestanden habe.
Hinsichtlich der Ergebnisse der Außenprüfung bestehe ein Verwertungsverbot. Mit dem Bau der „Villa …“ im Jahr 2003 und der Gewerbeanmeldung am 26. November 2002 beim Amt V… sei die Geschäftsleitung auf die Orte F… und B… dezentralisiert worden. In einem solchen Falle befinde sich der Mittelpunkt der geschäftlichen Oberleitung dort, wo sich nach dem Gesamtbild der Verhältnisse in organisatorischer und wirtschaftlicher Hinsicht die bedeutungsvollste Stelle befinde. Dass sich in B… nicht nur offensichtlich der wertvollste Teil des gewerblichen Grundstückshandels A…, sondern auch in organisatorischer und wirtschaftlicher Hinsicht die bedeutsamste Stelle befunden habe, sei dem Beklagten spätestens im Rahmen der durchgeführten Außenprüfung für die Jahre 1999 bis 2001 bekannt geworden. Zum damaligen Zeitpunkt (= Jahr 2003) hätte eine Aktenabgabe an das zuständige Finanzamt AJ… eingeleitet werden müssen. Der Beklagte hätte gemäß § 26 AO das Einverständnis des Finanzamtes AJ… mit der Fortführung der laufenden Außenprüfung 1999 bis 2001 einholen müssen. Die am 12. November 2008 erlassene Prüfungsanordnung für die Jahre 2002 bis 2004 sei rechtswidrig, weil der Beklagte zu diesem Zeitpunkt für den Erlass der Prüfungsanordnung nicht mehr örtlich zuständig gewesen sei.
Weder zum laut Prüfungsanordnung festgelegten Termin für den Beginn der Außenprüfung (8. Dezember 2008) noch zum später neu festgesetzten Termin (Mai 2009) habe eine Zustimmungserklärung des Finanzamtes AJ… für eine Fortsetzung der Außenprüfung betr. die Jahre 2002 bis 2004 vorgelegen. Die Außenprüfung sei letztlich erst am 4. August 2010 begonnen worden. Die Verzögerung sei allein auf Gründe zurückzuführen, die die Finanzverwaltung zu vertreten habe. Für die Prüfungsjahre 2002 bis 2004 sei daher mit Ablauf des 31. Dezember 2009 und somit vor dem Zeitpunkt des tatsächlichen Prüfungsbeginns Festsetzungsverjährung eingetreten.
Der Ablauf der Festsetzungsfrist sei auch nicht nach § 171 Abs. 4 AO gehemmt gewesen. Zwischen dem Beklagten und ihm habe im Zeitraum August 2009 bis Juni 2010 Uneinigkeit darüber geherrscht, wer die Außenprüfung habe durchführen sollen. Das Finanzamt AJ… habe erst mit Schreiben vom 16. Juni 2010 seine Zustimmung zu einer Fortführung des Verfahrens erteilt. Auch sei die Anfechtung der Prüfungsanordnung durch ihn nicht als gleichzeitiger Antrag auf ein Hinausschieben des Prüfungsbeginns zu werten, da der eingelegte Rechtsbehelf keine aufschiebende Wirkung entfalte. Außerdem sei auf die Prüfungsanordnung des Beklagten für die Außenprüfung betr. die Jahre 2005 bis 2007 zu verweisen, welche der Beklagte aufgrund des von ihm, dem Kläger, eingelegten Einspruchs mit Bescheid vom 31. Januar 2014 aufgehoben habe. Der Beklagte sei auch diesbezüglich für den Erlass der Prüfungsanordnung örtlich nicht zuständig gewesen.
Mit Einspruchsentscheidung vom 8. Oktober 2015 ermäßigte der Beklagte die Gewerbesteuermessbeträge für die Jahre 2003 und 2004 auf 8 160,00 EUR bzw. auf 238,00 EUR. Den vortragsfähigen Gewerbeverlust zum 31. Dezember 2002 stellte er auf nunmehr 169 232,00 EUR fest. Im Übrigen wies er die Einsprüche als unbegründet zurück.
Zur Begründung seiner Entscheidung führte der Beklagte im Wesentlichen aus, dass
- er für den Erlass der Prüfungsanordnung vom 12. November 2008 sowie für die anschließende Durchführung der Außenprüfung beim Kläger örtlich zuständig gewesen sei,
- die Ergebnisse der durchgeführten Außenprüfung keinem Verwertungsverbot unterliegen würden und zu Recht mit den Änderungsbescheiden vom 11. November 2011, zuletzt geändert durch Bescheide vom 16. Januar 2012, in geänderte Besteuerungsbescheide eingeflossen seien,
- die im Eigentum des Klägers stehenden Grundstücke in B… von der Außenprüferin zu Recht dem Anlagevermögen seines Betriebes „Gewerblicher Grundstückshandel“ zugeordnet worden seien.
Im Einzelnen:
Die Prüfungsanordnung vom 12. November 2008 sei Gegenstand der Anfechtungsklage des Klägers mit dem Aktenzeichen 13 K 13109/09 gewesen. Im Rahmen dieses Klageverfahrens habe der Kläger auch die örtliche Unzuständigkeit des Beklagten für den Erlass der Prüfungsanordnung geltend gemacht. Mit inzwischen rechtskräftigem Urteil vom 11. März 2010 sei die Klage gegen die Prüfungsanordnung vom Finanzgericht Berlin-Brandenburg als unbegründet abgewiesen worden.
Für die Durchführung von gesonderten Feststellungen hinsichtlich der Einkünfte aus Gewerbebetrieb und für die Festsetzung von Gewerbesteuer bei gewerblichen Betrieben sei dasjenige Finanzamt örtlich zuständig, in dessen Bezirk sich die Geschäftsleitung des Betriebs befinde (§ 18 Abs. 1 Nr. 2 AO). Geschäftsleitung im Sinne von § 10 AO sei der Mittelpunkt der geschäftlichen Oberleitung. Das sei der Ort, wo der Unternehmer für das Unternehmen die Entscheidungen treffe. Maßgebend sei, wo der Wille gebildet, nicht, wo die abgegebenen Willenserklärungen wirksam werden oder die angeordneten Maßnahmen auszuführen sind. Dazu bedürfe es auch geeigneter Räume.
Die Geschäftsleitung des Betriebs „Gewerblicher Grundstückshandel“ habe sich originär in F… befunden, am Wohnsitz des Klägers. Mit der Abgabe der Gewerbesteuererklärungen 1999 bis 2007 habe der Kläger in Zeile 3 den Mittelpunkt der Geschäftsleitung in F…, E…-straße (Wohnsitz) dokumentiert. Aus dem Inhalt der Gewerbeanmeldung vom 26. November 2002 beim Amt V… sei eine Dezentralisierung der Geschäftsleitung nicht erkennbar. Mit dieser sei lediglich die Vermietung von Ferienwohnungen in B… als neue betriebliche Tätigkeit angezeigt worden. Die vom Kläger aufgeschlüsselte Werthaltigkeit der einzelnen Immobilienobjekte sei daher für die Bestimmung des Ortes der Geschäftsleitung unbeachtlich. Auch hätten sich die Immobilienobjekte auf den erworbenen Grundstücken in B… im Prüfungszeitraum und zum Teil darüber hinaus noch in der Bau- bzw. Sanierungsphase befunden. Als Orte der Willensbildung des Klägers als Einzelunternehmer würden diese daher als ungeeignet erscheinen, da geeignete Räume nicht zur Verfügung gestanden hätten. Sämtliche Unterlagen in den Steuerakten, z. B. Anträge auf Baugenehmigungen aus dem Jahr 2003, würden als Anschrift des Unternehmens „Gewerblicher Grundstückshandel“ den Wohnsitz des Klägers in F… dokumentieren.
Mit Gewerbeummeldung vom 25. Juni 2009 (Eingang bei ihm, dem Beklagten, am 13. Juli 2009) sei erstmals die Betriebsstätte des Betriebs „Gewerblicher Grundstückshandel“ nach B… verlegt worden. Die Abmeldung der bisherigen Betriebsstätte in F… sei erst zum 11. September 2009 erfolgt. Der Betrieb sei nach seiner Verlegung nach B… zunächst zum 31. März 2011 vollständig aufgegeben worden (Eingang der Gewerbeabmeldung bei ihm, dem Beklagten, am 6. Juli 2011). Dies hätte zur Folge gehabt, dass trotz der Verlegung der Betriebsstätte ein Wechsel der örtlichen Zuständigkeit für die Besteuerung des Betriebs nicht eingetreten wäre, weil die örtliche Zuständigkeit hierfür beim bisher zuständigen Betriebsfinanzamt verblieben wäre (Hinweis auf Anwendungserlass zur AO – AEAO - zu § 26 AO).
Mittels Gewerbeanmeldung vom 15. März 2012 (Eingang beim Finanzamt am 21. März 2012) sei der Betrieb „Gewerblicher Grundstückshandel“ durch den Kläger rückwirkend zum 31. März 2011 wieder angemeldet worden. Es sei naheliegend, dass mit dieser rückwirkenden Wiederanmeldung nachträglich ein Wechsel der örtlichen Zuständigkeit für die Besteuerung habe erreicht werden sollen.
Der Kläger könne sich jedoch auf den (objektiven) Wechsel der örtlichen Zuständigkeit für die Besteuerung des streitgegenständlichen Betriebs im vorliegenden Zusammenhang solange nicht berufen, solange keines der beiden beteiligten Finanzämter von den die örtliche Zuständigkeit verändernden Tatsachen Kenntnis erlangt hätten. Zwar hätten die beteiligten Finanzämter nach Bekanntgabe der Prüfungsanordnung für die streitgegenständlichen Jahre im Jahr 2009 von der Betriebsstättenverlegung nach B… Kenntnis erlangt. Insoweit sei jedoch vom Finanzamt AJ… mit Schreiben vom 16. Juni 2010 die Zustimmung zur Fortführung der Außenprüfung erteilt worden.
Ab dem Zeitpunkt der Kenntnisnahme von der Betriebsaufgabe zum 31. März 2011 im Juli 2011, also während des laufenden Außenprüfungsverfahrens, seien die zuständigkeitsändernden Tatsachen für die Betriebssteuern wieder entfallen. Erst mit dem Eingang der erneuten Gewerbeanmeldung am 21. März 2012 über die rückwirkende Wiedereröffnung des Betriebs zum 31. März 2011 sei erneut der Wechsel der örtlichen Zuständigkeit zugunsten des Finanzamtes AJ… ausgelöst worden. Bis zum 21. März 2012 sei er, der Beklagte, somit sowohl für den Erlass der Prüfungsanordnung, für die Durchführung der Außenprüfung, für den Erlass der geänderten Steuerbescheide mit Datum vom 11. November 2011 bzw. 14. Januar 2012 als auch für die Bearbeitung der Einsprüche vom 1. Dezember 2011 sowie vom 14. Januar 2012 zuständig gewesen.
Werde während eines anhängigen Einspruchsverfahrens nachträglich eine andere Finanzbehörde für den Steuerfall örtlich zuständig, so habe diese neu zuständige Finanzbehörde über den Einspruch zu entscheiden, wenn keine Vereinbarung nach § 26 Satz 2 AO getroffen worden sei (§ 367 Abs. 1 Satz 2 AO). Die Zustimmung zur Zuständigkeitsvereinbarung nach § 26 AO sei vom Finanzamt AJ… mit Schreiben vom 22. September 2014 erneut erteilt worden. Diese Zustimmungserklärung umfasse die abschließende Bearbeitung der begonnenen Verwaltungsverfahren – Einspruchsbearbeitung und ggf. Bescheidänderungen – für die Streitjahre 2002 bis 2004.
Entgegen den Ausführungen des Klägers sei dessen Zustimmung im Rahmen des § 26 AO nicht erforderlich. Objektive Gründe, die gegen eine Zuständigkeitsvereinbarung für die Jahre 2002 bis 2004 sprechen würden, seien vom Kläger in seinem Schreiben vom 1. August 2014 nicht vorgetragen worden. Die Rechte des Klägers würden durch diese Zustimmungsvereinbarung nach § 26 AO nicht verletzt. Im Gegenteil: Es erscheine nur sinnvoll und sei im Interesse des Klägers, dass der bisher mit der Sache betraute Beklagte zumindest für die Jahre der Betriebsprüfung und deren steuerliche Auswirkungen auf das Besteuerungsverfahren mit der Sache befasst bleibe, um unnötige weitere Zeitverzögerungen hinsichtlich einer abschließenden Bearbeitung der hier streitgegenständlichen Einsprüche für 2002 bis 2004 sowie der Folgeeinsprüche 2005 ff. durch das neu zuständig gewordene Finanzamt AJ… zu vermeiden.
Eine Steuerfestsetzung sowie ihre Aufhebung oder Änderung sei nicht mehr zulässig, wenn die Festsetzungsfrist abgelaufen sei (vgl. § 169 Abs. 1 AO). Die Festsetzungsfrist betrage für Steuern vier Jahre (§ 169 Abs. 2 Nr. 2 AO). Werde vor Ablauf der Festsetzungsfrist mit einer Außenprüfung begonnen oder deren Beginn auf Antrag des Steuerpflichtigen hinausgeschoben, so laufe die Festsetzungsfrist für die Steuern, auf die sich die Außenprüfung erstrecke oder im Fall der Hinausschiebung der Außenprüfung erstrecken sollte, nicht ab, bevor die aufgrund der Außenprüfung zu erlassenden Steuerbescheide unanfechtbar geworden seien.
Der Ablauf der Festsetzungsfrist werde auch gehemmt, wenn der Steuerpflichtige die Prüfungsanordnung angefochten habe und deren Vollziehung ausgesetzt worden sei (Hinweis auf AEAO zu § 171 Nrn. 3 und 4 sowie BFH-Urteil vom 17. Juni 1998 IX R 65/95, Bundessteuerblatt – BStBl – II 1999, 4). Dies gelte unabhängig von der Dauer der Aussetzung der Vollziehung. Wer durch Anfechtung und Aussetzung der Vollziehung der Prüfungsanordnung bewirke, dass die Außenprüfung nicht zu dem vorgesehenen Zeitpunkt beginnen könne, müsse – wenn die Festlegung des Prüfungstermins rechtmäßig sei – demjenigen gleichgestellt werden, der die Verschiebung der Prüfung beantrage.
Im vorliegenden Fall seien die regulären Festsetzungsfristen für den Gewerbesteuermessbetrag 2002 zum 31. Dezember 2008 und für die Gewerbesteuermessbeträge 2003 und 2004 zum 31. Dezember 2009 abgelaufen. Somit lägen die Voraussetzungen einer wirksamen Ablaufhemmung nach § 171 Abs. 4 AO für die streitgegenständlichen Steuerfestsetzungen nach der maßgeblichen BFH-Rechtsprechung vor, da mit der Außenprüfung innerhalb der von der Rechtsprechung statuierten Zwei-Jahres-Frist nach Eingang des Antrags auf Aussetzung der Vollziehung der Prüfungsanordnung begonnen worden sei (Hinweis auf BFH-Urteil vom 17. März 2010 IV R 54/07, BStBl II 2011, 7).
Für die Abgrenzung des Anlagevermögens zum Umlaufvermögen im Einkommensteuerrecht sei auf die Bestimmung des § 247 Abs. 2 Handelsgesetzbuch – HGB - zurückzugreifen. Danach würden zum Anlagevermögen diejenigen Wirtschaftsgüter gehören, die dazu bestimmt seien, dem Betrieb auf Dauer zu dienen. Zum Umlaufvermögen würden hingegen diejenigen Wirtschaftsgüter gehören, deren Zweck im Verbrauch oder der Weiterveräußerung liege. Dass die Beantwortung der Frage, welchem Zweck ein Wirtschaftsgut zu dienen bestimmt sei, einerseits subjektiv vom Willen des Steuerpflichtigen abhängig sei und sich andererseits an objektiven Merkmalen nachvollziehen lassen müsse (wie z. B. der Art des Wirtschaftsgutes, der Art und Dauer der Verwendung im Betrieb, der Art des Betriebes, ggf. auch der Art der Bilanzierung) zeige die Abhängigkeit der Zuordnungsfrage von den Umständen des konkreten Einzelfalles, die nicht in jedem Fall verlangen würden, dem Merkmal der sofortigen Weiterveräußerung ausschlaggebende Bedeutung beizumessen (Hinweis auf BFH-Beschluss vom 6. März 2007 IV B 118/05, Sammlung der Entscheidungen des BFH – BFH/NV – 2007,1128).
Zur Veräußerung im Rahmen eines gewerblichen Grundstückshandels seien die Objekte bestimmt, auf die sich die Veräußerungsabsicht des Steuerpflichtigen beziehe. Stünden diese nicht fest, so seien es diejenigen Objekte, die aufgrund des sachlichen und zeitlichen Zusammenhangs zwischen ihrer Anschaffung bzw. Errichtung und ihrer Veräußerung die Veräußerungsabsicht indizieren würden. Die Rechtsprechung habe hierbei einen zeitlichen Zusammenhang von fünf Jahren, jedoch nicht länger als von zehn Jahren für relevant gehalten (Hinweis auf BFH-Urteil vom 11. März 2003 IX R 77/99, BFH/NV 2003, 911). Eine von vorneherein feststehende Veräußerungsabsicht sei anzunehmen, wenn sich der Steuerpflichtige bereits während der Bauzeit um den Verkauf bemüht habe, indem er entsprechende Anzeigen aufgegeben oder seine Verkaufsabsicht in anderer Weise dokumentiert habe.
Im vorliegenden Fall habe der Kläger eine bereits beim Erwerb der Grundstücke bestehende Verkaufsabsicht nicht zweifelsfrei nachgewiesen. In der Anlage zur Baubeschreibung „Beschreibung einer Betriebsstätte“ zum Bauantrag C…-straße in B… habe der Kläger dokumentiert, dass die Art des Gewerbebetriebs noch offen sei, es sich jedoch um ein tourismusnahes, stilles Gewerbe handeln solle. Dies spreche für eine langfristig angelegte Vermietungsabsicht hinsichtlich der Ferienwohnungen und Gewerbeeinheiten. Die vorgelegten Unterlagen hinsichtlich der behaupteten Verkaufsveranstaltungen, z. B. im AN…-Hotel, AO…, würden eine ernstgemeinte Veräußerungsabsicht hinsichtlich der o. g. Grundstücke nicht erkennen lassen.
In den Anträgen zur Investitionszulage sei vom Kläger selbst dokumentiert worden, dass eine fremdgewerbliche Vermietung als Nutzung vorliege, die in eine Eigennutzung umgewandelt werden solle (Zitat: „Bau des Hotels Y…, C…-straße, B… unter Einbeziehung von Altbausubstanz aus dem Kauf des Grundstücks C…-straße, neuer Verbindungsbau zur C…-straße, Umbau und neuer Kellervorbau C…-straße mit dazugehöriger Nutzungsänderung von fremdgewerblicher Vermietung in Eigennutzung Hotel, Gesamtensemble“).
Auch sei mit der vom Kläger eingereichten Eröffnungsbilanz zum 1. Januar 2010 das Objekt C…-straße sowie ein Teil des Grundstücks C…-straße als Anlagevermögen ausgewiesen worden. Die in den Unterlagen einzig dokumentierte Veräußerung einer Ferienwohnung an die AH… GmbH & Co. KG (an der der Kläger und seine Ehefrau als Gesellschafter beteiligt seien) sei nicht von Bestand gewesen.
Das Grundstück C…-straße sei letztendlich im Rahmen der Gütertrennung zur Erfüllung des Zugewinnausgleichanspruchs im Wert von 450 000,00 EUR per 1. Januar 2011 auf die Ehefrau übertragen worden.
Zu der vom Kläger behaupteten Veräußerung des Grundstücks C…-straße sei trotz Aufforderung bisher kein Veräußerungsvertrag eingereicht worden. Er, der Beklagte, habe jedoch Kenntnis darüber, dass dieses Grundstück im Jahr 2011 im Rahmen einer Versteigerung ebenfalls durch die Ehefrau des Klägers erworben worden sei. Diese Entnahme bzw. Veräußerung sei in dem entsprechenden Veranlagungsjahr dem Grunde und der Höhe nach zu überprüfen.
Die vorgenannten Ausführungen seien Indizien dafür, dass es sich bis zum Betriebsaufgabezeitpunkt nicht um einen gewerblichen Grundstückshandel mit von vorneherein begründeter Verkaufsabsicht, sondern vielmehr um eine gewerbliche Vermietungstätigkeit gehandelt habe. Eine gewerbliche Vermietung sei eine selbständige, nachhaltige, von Gewinnstreben getragene Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr, hinter der die Gebrauchsüberlassung (Vermögensverwaltung) des Wirtschaftsguts in den Hintergrund trete. Für eine gewerbliche Vermietungstätigkeit sprächen insbesondere auch die am 30. Juni 2008 geschlossenen Pachtverträge zwischen dem Kläger und der AG… GmbH. Geschäftsführer der AG… GmbH war zu diesem Zeitpunkt der Kläger. In den Pachtverträgen bezeichnete sich der Kläger selbst als „Verwaltung und Verpachtung von Betriebsvermögen A…“ bzw. „Vermögensverwaltung A…“. Mietgegenstand war gemäß § 1 des Vertrages das gesamte zum Betrieb gehörende bewegliche Anlagevermögen sowie die Grundstücke … und … nebst aufstehenden Gebäuden und Gebäudebestandteilen zum Betrieb eines Hotels mit unselbständigen Nebengewerben.
Auch bezüglich des Objekts E…-straße sei anhand der o. g. Feststellungen ersichtlich, dass keine von Beginn an gewollte Veräußerungsabsicht bestanden habe. Selbst bei Realisierung des ursprünglich geplanten Bauvorhabens habe nach der vorgelegten Baubeschreibung die Vermietung der Büro- und Wohneinheiten im Vordergrund gestanden. Die letztendliche Veräußerung des Grundstücks an die AH… GmbH & Co KG stelle keine Veräußerung an einen fremden Dritten dar, da die betreffende Gesellschaft aufgrund der Gesellschafterbeteiligung des Klägers sowie dessen Ehefrau zum Firmenverbund des Klägers gehöre. Dem Kaufvertrag vom 14. Januar 2011 sei unter § 3 (Kaufpreisfälligkeit) zu entnehmen, dass der Kaufpreis in Höhe von 135 450,00 EUR durch Darlehensübernahme in Höhe von 71 100,73 EUR sowie durch Anrechnung der verbleibenden Kaufpreisforderung auf die bestehenden Darlehensrückzahlungsansprüche der Erwerberin an den Kläger in Höhe von 2,2 Mio. EUR beglichen worden sei.
Im Übrigen erscheine auch der vereinbarte Veräußerungspreis fraglich und nicht angemessen. Das Grundstück befinde sich in F… in exponierter Seelage und sei als Bauland lediglich mit einer Garage bebaut gewesen. Es sei nicht verständlich, warum sich trotz der nachgewiesenen geschalteten Inserate keine anderweitigen potentiellen Erwerber gefunden hätten. Das Grundstück sei vom Kläger im Jahr 1999 für einen Preis von 142 EUR pro Quadratmeter erworben worden. Der im Jahr 2011 vereinbarte Veräußerungspreis habe nur 80,00 EUR pro Quadratmeter betragen. Die nach der Veräußerung erfolgte Nutzungsüberlassung des Grundstücks als Gartenland der Familie des Klägers spreche eher dafür, dass von vorneherein eine Veräußerung an fremde Dritte nicht beabsichtigt gewesen sei. Es habe den Anschein, dass das Grundstück aufgrund der unmittelbaren Gesellschafterbeteiligung des Klägers und seiner Ehefrau an dem erwerbenden Unternehmen letztendlich doch im „Familienbesitz“ habe gehalten werden sollen.
Nach Kenntnisnahme vom Inhalt der Einspruchsentscheidung erhob der Kläger eine zweite Klage, für die das FG das Aktenzeichen 9 K 9215/15 vergab. Zur Begründung dieser weiteren Klage führte der Kläger im Wesentlichen aus:
Im Streitfall werde angeregt zu prüfen, ob ein Verstoß gegen das grundrechtsgleiche Recht auf den gesetzlichen Richter vorliege.
Der Beklagte sei für den Erlass der streitgegenständlichen Steuerverwaltungsakte örtlich nicht zuständig gewesen. Für die Festsetzung der Steuermessbeträge bei der Gewerbesteuer sei das sog. Betriebsfinanzamt zuständig. Dies sei vorliegend das Finanzamt AJ… gewesen. Das ergebe sich zum einen daraus, dass sich seit dem 25. Juni 2009 (= Zeitpunkt der Gewerbeummeldung) die Geschäftsleitung für den Betrieb „Gewerblicher Grundstückshandel“ in B…, C…-straße befunden habe und zum anderen daraus, dass er, der Kläger, bereits ab 1. Oktober 2010 im Ausland ansässig sei, sich somit im Geltungsbereich der AO keine Geschäftsleitung mehr befunden habe und die wirtschaftlich bedeutsamste Betriebsstätte sich im Bezirk des Finanzamtes AJ… befunden habe.
Die Geschäftsleitung eines Betriebes befinde sich dort, wo die entscheidenden Beschlüsse durch den Geschäftsinhaber getroffen werden würden. Das sei im Streitfall die Gemeinde B… auf Rügen.
Die mit der Prüfungsanordnung vom 12. November 2008 initiierte Außenprüfung für die Jahre 2002 bis 2004 sei mit dem Bericht über die Außenprüfung vom 3. November 2011 bzw. geänderten Prüfungsbericht vom 4. Januar 2012 beendet gewesen (Hinweis auf AEAO zu § 201 Abs. 2 Satz 2, BFH-Urteil vom 17. Juli 1985 I R 214/82, BStBl II 1986, 21). Mit Datum „16.06.2010“ habe das Finanzamt AJ… gemäß § 26 Satz 2 AO die Zustimmung für die Fortführung des bereits begonnenen Verwaltungsverfahrens erteilt. Allerdings sei aus der beigefügten Zuständigkeitsvereinbarung nicht ersichtlich, um welches begonnene Verwaltungsverfahren es sich dabei handele. Außerdem sei er, der Kläger, vor der Entscheidung über die Verfahrensfortführung nicht gehört worden.
Das Steuerfestsetzungsverfahren sei ein weiteres, zweites Verwaltungsverfahren. Für dieses Verwaltungsverfahren sei der Beklagte nicht mehr örtlich zuständig gewesen, sondern das Finanzamt AJ… . Eine Zustimmung zu diesem Verwaltungsverfahren sei vom Finanzamt AJ… nicht erteilt worden. Eine Zustimmung des Finanzamtes AJ… gemäß § 26 AO sei überdies nicht möglich gewesen, da das Steuerfestsetzungsverfahren im Zeitpunkt des Wechsels der örtlichen Zuständigkeit noch nicht begonnen worden war.
Die Verletzung der Vorschriften über die örtliche Zuständigkeit des Finanzamtes sei im vorliegenden Fall nicht unbeachtlich, weil die geänderten Steuerverwaltungsakte überdies inhaltliche Fehler aufweisen würden. Diesbezüglich werde auf die Ausführungen im Klagebegründungsschriftsatz vom 16. Oktober 2013 Bezug genommen. Das zuständige Finanzamt AJ… hätte hinsichtlich der Steuerfestsetzungen inhaltlich anders entscheiden können und müssen. Das Steuerfestsetzungsverfahren müsse daher vom örtlich hierfür zuständigen Finanzamt AJ… unter Beachtung der Vorschriften der AO wiederholt werden.
Ergänzend werde auf die Klageerwiderung des Beklagten vom 6. März 2014 Bezug genommen. Darin habe der Beklagte selbst ausgeführt, dass eine Vereinbarung mit dem Finanzamt AJ… nach § 26 Satz 2 AO hinsichtlich der anhängigen Einspruchsverfahren nicht vorliege und der Beklagte daher hinsichtlich der Entscheidung über die anhängigen Einsprüche örtlich unzuständig sei. Aus diesem Grunde sei seine, des Klägers, Untätigkeitsklage an eine unzuständige Behörde gerichtet und daher unzulässig.
Er, der Kläger, habe folgende Grundstücksveräußerungen getätigt, die alle Zählobjekte im Sinne des gewerblichen Grundstückshandels seien:
Im Jahr 2002 habe die PVB GbR, an der er zu 50 v. H. beteiligt gewesen sei, ein Grundstück in der AP…-straße in AQ… veräußert. Am 1. Dezember 2004 habe er, der Kläger, seinen fünfzigprozentigen Anteil am Grundstück E…-straße in F… entgeltlich in die damalige Firma AH… GmbH & Co. KG eingebracht. Die Mitgesellschafterin der KG, Frau AM…, sei im Übrigen keine Verwandte, sondern nur eine gute Bekannte der Familie A… . Am 1. April 2007 habe der Betrieb „Gewerblicher Grundstückshandel A…“ das Grundstück E…-straße (Flurstück 86) und am 20. Juli 2007 das Grundstück E…-straße (Flurstück 85) veräußert. Am 8. Mai 2008 sei die Veräußerung E…-straße (Flurstück 83) erfolgt.
Am 30. Dezember 2009 habe der streitgegenständliche Betrieb zwei Eigentumswohnungen auf dem Grundstück C…-straße in B… veräußert. Diese Kaufverträge seien anschließend rückabgewickelt worden. Mit notariell beurkundetem Vertrag vom 14. Januar 2011 habe er, der Kläger, die restlichen Flurstücke des Grundstücks E…-straße in F… veräußert.
Im Zuge eines notariellen Vertrages über die Begründung einer Gütertrennung nebst Vereinbarung über den Zugewinnausgleich vom 30. Dezember 2010 habe er, der Kläger, das Grundstück C…-straße in B… („Villa …“) mit Wirkung ab dem 1. Januar 2011 veräußert. Am 21. Januar 2011 sei er mit seinem Gesellschafteranteil in Höhe von 48 v. H. aus der AH… UG & Co. KG entgeltlich ausgeschlossen worden. Die Gesellschaftsanteile und damit auch die Anteile am Grundbesitz seien den verbleibenden Gesellschaftern angewachsen. Dadurch sei der Verkauf zweier zum Gesellschaftsvermögen gehörender Grundstücke realisiert worden. Zuletzt habe er, der Kläger, das Grundstück C…-straße in B… im Zuge einer öffentlichen Zwangsversteigerung veräußert.
Er, der Kläger, habe im Zeitraum 2002 bis 2012 neun Objekte veräußert, und zwar eins im Jahr 2002, ein weiteres im Jahr 2004, zwei im Jahr 2007, eins im Jahr 2008, eins im Jahr 2010, zwei im Jahr 2011 (Zahl der im Gesamthandsvermögen befindlichen Grundstücke) und eins im Jahr 2012. An dieser Stelle sei darauf zu verweisen, dass als Veräußerungen auch die Einbringung eines Grundstücks in das Gesamthandsvermögen einer Personengesellschaft und die entgeltliche Übertragung von Grundstücken zwischen Ehegatten im Rahmen des Zugewinnausgleichs anzusehen seien.
Bezüglich des Grundstücks C…-straße in B… sei anzumerken, dass die Fertigstellung des Hotels im Jahr 2008 erfolgt sei. Ein enger zeitlicher Zusammenhang zwischen Errichtung und Veräußerung sei dann gegeben, wenn die Zeitspanne zwischen der Fertigstellung und der Veräußerung der Immobilienobjekte nicht mehr als fünf Jahre betrage.
Objekte im Sinne der „Drei-Objekt-Grenze“ seien solche Objekte, bei denen ein enger zeitlicher Zusammenhang zwischen Errichtung, Erwerb oder Modernisierung und der Veräußerung bestehe.
Er, der Kläger, habe in den Jahren 2004 bis 2010 ein Maklerbüro mit Gewerbeerlaubnis nach § 34 c GewO geführt und sei damit als sog. „Branchenkundiger“ einzustufen. Bei branchenkundigen Steuerpflichtigen seien Objekte mit einem engen zeitlichen Zusammenhang zwischen Errichtung, Erwerb und Veräußerung von bis zu zehn Jahren als Zählobjekte im Sinne der „Drei-Objekt-Grenze“ zu berücksichtigen.
Die „Drei-Objekt-Grenze“ gelte bei bedingter Verkaufsabsicht als Indiz für das Vorhandensein eines gewerblichen Grundstückshandels. Im vorliegenden Fall habe er, der Kläger, seine unbedingte Verkaufsabsicht von Anfang an offen gegenüber dem Beklagten bekundet. Diesen Umstand habe der Beklagte bisher ignoriert. Er habe in einem ersten Schritt die unbedingte Verkaufsabsicht abgestritten, es aber im zweiten Schritt verabsäumt, die Indizien, die für und gegen das Vorhandensein einer Verkaufsabsicht sprechen würden, wie z. B. die Anzahl der Grundstücksverkäufe aus dem betrieblichen Vermögen, die Anzahl der Grundstücksverkäufe aus dem privaten Vermögen, die Anzahl der Grundstücksverkäufe aus Personengesellschaften, an denen er, der Kläger, beteiligt gewesen sei und die Anzahl der von ihm beabsichtigten Verkäufe zusammenzutragen. Der Beklagte habe damit den Sachverhalt fehlerhaft ermittelt.
Zur Überbrückung des Zeitraums bis zur Veräußerung sei das Grundstück C…-straße in B… nach der Fertigstellung des stark modernisierten Hotels kurzfristig im ganzen verpachtet worden. Eine langfristige Verpachtungsabsicht habe nicht bestanden.
Die Ferienwohnungen und Gewerbeeinheiten auf dem Grundstück C…-straße in B… seien ebenfalls zur Überbrückung des Zeitraums bis zur Veräußerung kurzfristig vermietet worden. Eine kurzfristige Vermietung bzw. Fruchtziehung stehe der Qualifizierung der Immobilien als Umlaufvermögen nicht entgegen, da die Immobilien jederzeit zum Verkauf bereitgehalten worden seien. Die Vermietung von Ferienwohnungen sei immer kurzfristig.
Außerdem könne eine kurzfristige Vermietung des Hotelgrundstücks ab dem Fertigstellungsjahr 2008 oder auch eine Umqualifizierung der Grundstücke zu Anlagevermögen in späteren Jahren für die Streitjahre 2002 bis 2004 keine schädliche Wirkung entfalten, da in den Streitjahren eine hundertprozentige Verkaufsabsicht bestanden habe. Es hätten diverse Verkaufsveranstaltungen hinsichtlich der beiden Grundstücke in B… stattgefunden. So seien die beiden Grundstücke z. B. in einer Verkaufsveranstaltung im Jahr 2004 im AN…-Hotel in AO… und auf einer weiteren Verkaufsveranstaltung am 7. Dezember 2007 in B… zum Verkauf angeboten worden (Hinweis auf „Anwesenheitsliste“ vom 7. Dezember 2007).
Das Grundstück E…-straße in F… sei im Internetportal … durch die AR… beworben worden.
Hilfsweise mache er von seinem Wahlrecht Gebrauch, die in den Jahren 2003 und 2004 von ihm abgerufenen staatlichen Zuschüsse zu seinen Baumaßnahmen auf dem Grundstück C…-straße in B… erfolgsneutral zu behandeln. In diesem Fall würden sich die vom Beklagten ermittelten Einkünfte aus Gewerbebetrieb für das Jahr 2003 um 393 100,00 EUR und für das Jahr 2004 um 131 100,00 EUR verringern. Dies hätte zur Folge, dass die Gewerbesteuermessbeträge (auch aufgrund des noch bestehenden Verlustvortrags zum 31. Dezember 2001) für alle drei Streitjahre auf jeweils 0,00 EUR festzusetzen wären.
Mit Zuwendungsbescheid vom 23. Mai 2003 habe das Wirtschaftsministerium Mecklenburg-Vorpommern für die Errichtung von barrierefreien und behindertengerechten Ferienwohnungen in B… einen Investitionszuschuss aus Mitteln der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“ in Verbindung mit Mitteln des „Europäischen Fonds für regionale Entwicklung“ in Höhe von 524 200,00 EUR bewilligt. Von diesen Mitteln habe er, der Kläger, im Jahr 2003 einen Teilbetrag in Höhe von 393 100,00 EUR abgerufen. Den restlichen Betrag in Höhe von 131 100,00 EUR habe er im Folgejahr 2004 abgerufen.
Aus der Gewinnermittlung für das Jahr 2003 gehe hervor, dass er, der Kläger, die 393 100,00 EUR gewinnwirksam auf dem Konto 2701 verbucht habe. Dies sei ebenfalls im Jahr 2004 mit dem Restbetrag in Höhe von 131 100,00 EUR so geschehen.
Der Kläger beantragt,
die Bescheide vom 11. November 2011 betr. Gewerbesteuermessbeträge 2002 bis 2004 in Gestalt der Änderungsbescheide vom 16. Januar 2012 sowie die Einspruchsentscheidung vom 8. Oktober 2015 aufzuheben und den Bescheid vom 11. November 2011 betr. gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31. Dezember 2002 in Gestalt des Änderungsbescheides vom 16. Januar 2012 sowie der Einspruchsentscheidung vom 8. Oktober 2015 einschließlich der Aufhebungen über die Feststellung der vortragsfähigen Gewerbeverluste auf den 31. Dezember 2003 und 2004 mit der Maßgabe aufzuheben, dass die vor Beginn der Betriebsprüfung erlassenen Bescheide Bestand behalten, hilfsweise, die Gewerbesteuermessbeträge 2003 bis 2004 so festzusetzen und die Feststellungen der vortragsfähigen Gewerbeverluste auf den 31.12.2003 und 2004 so vorzunehmen, dass die bisher gewinnerhöhend behandelten Investitionskostenzuschüsse von 393 100 EUR für 2003 und 131 100 EUR für 2004 nunmehr gewinnneutral berücksichtigt werden und die Gesamtsumme der Zuschüsse im Jahr 2003 aktiviert wird auf den Bestand B…, C…-straße, wozu hiermit für den Fall der Abweisung im Hauptantrag das Wahlrecht ausgeübt wird.
Der Beklagte beantragt,
die Klage im Hauptantrag abzuweisen, während hinsichtlich des Hilfsantrags der Wahlrechtsausübung und deren Konsequenzen gefolgt würde.
Er verweist zunächst auf seine umfangreichen Ausführungen in der angefochtenen Einspruchsentscheidung.
Ergänzend führt er aus: An der bisherigen Rechtsauffassung bezüglich der Abgrenzung Anlagevermögen/Umlaufvermögen werde festgehalten. Eine Verkaufsabsicht für die dem Unternehmen zugeordneten Grundstücke „C…-straße“ und „C…-straße“ in B… sowie „E…-straße“ in F… sei nach Aktenlage nicht erkennbar und sei vom Kläger auch nicht im Rahmen des hiesigen Klageverfahrens glaubhaft dargelegt worden.
Gegen eine Neuausübung des Wahlrechtes des Klägers bezüglich der ertragsteuerlichen Behandlung des staatlichen Investitionskostenzuschusses bestünden keine Bedenken. Bei einer Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG mindere der Zuschuss die Anschaffungs-/Herstellungskosten bereits im Jahr seiner Bewilligung und nicht erst im Jahr der Auszahlung (Hinweis auf H 6.5 des Einkommensteuerhandbuches des Bundesministeriums der Finanzen – BMF -). Auf die Folgeänderungen hinsichtlich der Bemessungsgrundlage für die VZ 2005 bis 2012 werde vorsorglich bereits jetzt hingewiesen.
Im Einverständnis mit den Prozessbeteiligten hat der erkennende Senat durch Beschluss vom 24. November 2016 die Verfahren 9 K 9292/13 und 9 K 9215/15 gemäß § 73 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung – FGO – unter dem Aktenzeichen 9 K 9292/13 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung miteinander verbunden.
Dem erkennenden Senat haben bei seiner Entscheidung die Akten 6 V 6002/16, 6 K 6103/16, 6 K 6108/16, 6 K 6114/16, 6 K 6149/16, 9 K 9164/12, 9 K 9201/12, 9 K 9209/12, 9 K 9219/12, 9 K 9215/15, 9 V 9051 - 9057/12, 10 V 10319/11, 10 V 10325/11, 13 V 13110/09 und 13 K 13109/09 des FG Berlin-Brandenburg sowie zehn Bände Steuer- und Betriebsprüfungsakten nebst zwei Heftungen Rechtsbehelfsvorgänge betr. den Kläger vorgelegen, auf deren Inhalt wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes sowie des Beteiligtenvorbringens Bezug genommen wird.
A. | Die vom Kläger am 16. Oktober 2013 erhobene Klage ist zulässig. Sie hat sich aufgrund des zwischenzeitlichen Erlasses der ursprünglich noch ausstehenden Einspruchsentscheidung seitens des Beklagten von einer Untätigkeits-Anfechtungsklage i. S. von § 46 Abs. 1 FGO in eine „normale“ Anfechtungsklage i. S. von § 40 Abs. 1 FGO verwandelt (vgl. dazu BFH-Beschluss vom 28. Oktober 1988 III B 184/86, BStBl II 1989, 107 m. w. N.). |
B. | Die Klage ist hinsichtlich des Hauptantrags unbegründet. Die vom Kläger angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen diesen nicht in seinen Rechten (vgl. § 100 Abs. 1 Satz 1 FGO). |
1. | Die zwischen den Prozessbeteiligten umstrittene Frage, ob der Beklagte für den Erlass der angefochtenen Änderungsbescheide vom 11. November 2011 und vom 16. Januar 2012 sowie der Einspruchsentscheidung vom 8. Oktober 2015 örtlich zuständig gewesen ist, kann im Hinblick auf den Regelungsgehalt des § 127 AO dahinstehen. Nach dieser Vorschrift kann im Verwaltungsverfahren die Aufhebung eines nicht nach § 125 AO nichtigen Verwaltungsaktes, der unter Verletzung von Vorschriften über das Verfahren, die Form oder die örtliche Zuständigkeit zustandegekommen ist, nicht begehrt werden, wenn keine andere Entscheidung in der Sache hätte getroffen werden können. Für das steuergerichtliche Verfahren bedeutet § 127 AO nach der BFH-Rechtsprechung, der der erkennende Senat folgt, dass das FG einen Verwaltungsakt grundsätzlich nicht allein wegen der örtlichen Unzuständigkeit des Finanzamtes, das ihn erlassen hat, aufheben darf, sondern auch feststellen muss, ob materiell-rechtlich eine andere Entscheidung hätte getroffen werden können. Letzteres ist nur dann der Fall, wenn es sich um einen Ermessens-Verwaltungsakt i. S. von § 5 AO handelt oder dem Finanzamt bei seiner Entscheidung ein gerichtlich nicht nachprüfbarer Beurteilungsspielraum zusteht (vgl. dazu nur BFH-Urteil vom 25. November 1988 III R 264/83, BFH/NV 1989, 690; Rozek, in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO-FGO, 10. Aufl., § 127 AO Rz. 37 ff., jeweils m. w. N.). |
Beim Erlass von Bescheiden betr. den Gewerbesteuermessbetrag oder der gesonderten Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes zu einem bestimmten Stichtag oder beim Erlass einer damit zusammenhängenden Einspruchsentscheidung i. S. von § 367 Abs. 1 AO handelt es sich weder um den Erlass eines Ermessens-Verwaltungsaktes i. S. von § 5 AO noch um den Erlass von Entscheidungen, bei denen dem Finanzamt ein gerichtlich nicht nachprüfbarer Beurteilungsspielraum zusteht. Es handelt sich vielmehr um den Erlass sog. „gebundener“ Steuerverwaltungsakte (vgl. dazu allgemein bereits Beschluss des FG Berlin-Brandenburg vom 2. Mai 2016 6 V 6002/16 betr. Gewerbesteuermessbeträge 2002 ff. betr. den Betrieb „P…“ desselben Klägers).
Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 127 AO sind somit im vorliegenden Fall erfüllt.
Andere formelle Fehler der angefochtenen Steuerverwaltungsakte als denjenigen der zwischen den Prozessbeteiligten umstrittenen örtlichen Zuständigkeit des Beklagten nach § 26 Satz 2 AO hat der Kläger weder geltend gemacht noch sind sie nach Aktenlage ersichtlich.
2. | Die angefochtenen Bescheide sind materiell-rechtlich rechtmäßig. Zu Recht hat der Beklagte die streitgegenständlichen Einkünfte als Einkünfte aus Gewerbebetrieb i. S. von § 15 Abs. 1 Nr. 1 EStG qualifiziert, aber gleichzeitig die drei fraglichen Grundstücke nicht als Umlaufvermögen eines gewerblichen Grundstückshandels eingestuft. |
a.) | Durch die unstreitige Vermietung der neun neu errichteten Wohnungen auf dem Grundstück C…-straße („Villa …“) in der Zeit ab Mai 2004 an wechselnde Feriengäste wurde nach der BFH-Rechtsprechung, der der erkennende Senat folgt, die Grenze zwischen einer (nicht gewerbesteuerpflichtigen) privaten Vermögensverwaltung und einer gewerbsmäßigen Vermietungstätigkeit hinsichtlich der betreffenden Vermietungseinkünfte überschritten. Denn jede einzelne, vom Kläger vermietete Ferienwohnung befand sich in einem Feriengebiet im Verband mit einer Vielzahl gleichartig genutzter Wohnungen einer einheitlichen Wohnanlage. Überdies wurden die Wohnungen den Feriengästen „hotelmäßig“ angeboten: Sie wurden vom Kläger auch ohne Voranmeldung jederzeit zur Vermietung bereitgehalten und befanden sich jeweils in einem Zustand, der die sofortige Vermietung zuließ (vgl. dazu allgemein BFH-Beschlüsse vom 17. März 2009 IV B 52/08, BFH/NV 2009, 1114 und vom 28. September 2010 X B 42/10, BFH/NV 2011, 37, jeweils m. w. N.). |
Ebenfalls zur Bejahung des Vorliegens von Einkünften aus Gewerbebetrieb führt die unstreitige Verpachtung des neu fertiggestellten Hotels auf dem Grundstück C…-straße in B… durch den Kläger an die AG… GmbH durch Pachtvertrag vom 30. Juni 2008 für die Dauer von fünf Jahren mit Verlängerungsoption. Die Vermietung und Verpachtung von Wirtschaftsgütern ist zwar nach der BFH-Rechtsprechung, der der erkennende Senat folgt, grundsätzlich Vermögensverwaltung und kein Gewerbebetrieb. Etwas anderes gilt aber dann, wenn Gegenstand der Vermietung oder Verpachtung die Nutzungsüberlassung einer wesentlichen Betriebsgrundlage an ein gewerbliches (Betriebs-) Unternehmen ist (sachliche Verflechtung) und eine oder mehrere Personen gemeinsam in der Lage sind, in beiden Unternehmen einen einheitlichen geschäftlichen Betätigungswillen durchzusetzen (personelle Verflechtung). Diese steuerliche Beurteilung hat ihren Grund darin, dass die hinter dem Besitz- und dem Betriebsunternehmen stehenden Personen einen einheitlichen geschäftlichen Willen haben, der über das Betriebsunternehmen auf die Ausübung einer gewerblichen Betätigung gerichtet ist (vgl. dazu allgemein: BFH-Urteil vom 13. November 1997 IV R 67/96, BStBl II 1998, 254 m. w. N.). Im vorliegenden Fall war der Kläger nicht nur alleiniger Geschäftsführer, sondern auch Mehrheitsgesellschafter der AG… GmbH mit einem Gesellschaftsanteil in Höhe von 76 v. H., so dass die Voraussetzungen der o. g. BFH-Rechtsprechung für die Bejahung gewerblicher Einkünfte erfüllt sind.
Da der Kläger in den Streitjahren im Zusammenhang mit dem Grundstück „E…-straße“ in F… keine Einnahmen erzielt hat, sind somit sämtliche von ihm in den Streitjahren 2002 bis 2004 im streitgegenständlichen Betrieb erzielte Einnahmen als Einkünfte aus Gewerbebetrieb i. S. von § 15 Abs. 1 Nr. 1 EStG einzustufen.
b.) | Zu Recht hat der Beklagte die drei fraglichen Grundstücke im Rahmen der Gewinnermittlungen für die Jahre 2002 bis 2004 als Anlagevermögen des streitgegenständlichen, einzelunternehmerisch geführten Betriebs des Klägers umqualifiziert. |
Die Frage, ob der Kläger unter An- und Verkauf anderer Immobilien als der drei streitgegenständlichen Grundstücke in den Jahren 1999 bis 2012 einen gewerblichen Grundstückshandel betrieben hat, kann dahinstehen, da der erkennende Senat keine konkreten Anhaltspunkte dafür hat, dass jene weiteren Immobilien, deren Verkauf der Kläger erstmals in einem Schriftsatz seiner Prozessbevollmächtigten vom 10. November 2016 als Beleg für das Vorliegen eines gewerblichen Grundstückshandels angeführt hat, in den Streitjahren 2002 bis 2004 notwendiges oder gewillkürtes Betriebsvermögen des streitgegenständlichen Betriebes mit der Steuernummer … gewesen sind (vgl. zur Zulässigkeit von gewillkürtem Betriebsvermögen bei einer Gewinnermittlung durch Einnahmen-Überschuss-rechnung allgemein: BFH-Urteil vom 2. Oktober 2003 IV R 13/03, BFH/NV 2004, 132 m. w. N.). Dagegen spricht nicht zuletzt der Umstand, dass der kontinuierlich steuerlich beratene Kläger die mit diesen Immobilien verbundenen Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung im vorliegenden Klageverfahren nicht in die beim Beklagten eingereichten Einnahme-Überschussrechnungen nach § 4 Abs. 3 EStG einbezogen hat (z. B. durch Einreichung entsprechend geänderter Einnahme- Überschussrechnungen für die Jahre 2002 bis 2004). Da der Kläger ab dem Streitjahr 2004 mindestens drei verschiedene Gewerbebetriebe unterhalten hat (Betrieb 1 = „P…“; Betrieb 2 = „Hotel Y… – Einzelhandel“; Betrieb 3 = hier streitgegenständlicher Betrieb) könnten die von ihm schriftsätzlichen erwähnten Immobilienan- und verkäufe unter Umständen in einem vierten Betrieb = Gewerblicher Grundstückshandel mit noch zu vergebender Steuernummer zu erfassen sein.
Anlagevermögen sind die Gegenstände, die dazu bestimmt sind, auf Dauer dem Betrieb zu dienen (vgl. § 247 Abs. 2 HGB). Zum Umlaufvermögen gehören demgegenüber die zum Verbrauch oder zum sofortigen Verkauf bestimmten Wirtschaftsgüter (ständige BFH-Rechtsprechung, vgl. nur BFH-Urteil vom 31. Mai 2001 IV R 73/00, BFH/NV 2001, 1485 m. w. N.). Die Feststellungslast, dass es sich bei den drei Grundstücken um Umlaufvermögen handelt, liegt beim Kläger, weil er aus der Einordnung der Immobilien als Umlaufvermögen den sofortigen Betriebsausgabenabzug hinsichtlich der vollständigen Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten herleiten möchte.
Der „gewerbliche Grundstückshandel“ ist die schlagwortartige Sammelbezeichnung für „typische“ Sachverhalte, die die positiv normierten Tatbestandsmerkmale des § 15 Abs. 2 EStG erfüllen und sich nicht als private Vermögensverwaltung darstellen.
Gewerbebetrieb i. S. des § 15 Abs. 2 EStG ist eine selbständige nachhaltige Betätigung, die mit der Absicht, Gewinn zu erzielen, unternommen wird und sich als Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellt, wenn sie weder als Ausübung von Land- und Forstwirtschaft noch als Ausübung eines freien Berufs noch als eine andere selbständige Arbeit anzusehen ist. Als ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal muss hinzukommen, dass die Betätigung den Rahmen einer privaten Vermögensverwaltung überschreitet. Bei der Abgrenzung zwischen Gewerbebetrieb einerseits und der nicht steuerbaren Sphäre sowie anderen Einkunftsarten andererseits ist nach der BFH-Rechtsprechung, der der erkennende Senat folgt, auf das Gesamtbild der Verhältnisse und die Verkehrsanschauung abzustellen. In Zweifelsfällen ist die gerichtsbekannte und nicht beweisbedürftige Auffassung darüber maßgebend, ob die Tätigkeit, soll sie gewerblich sein, dem Bild entspricht, das nach der Verkehrsanschauung einen Gewerbebetrieb ausmacht und einer privaten Vermögensverwaltung fremd ist (vgl. dazu nur BFH-Urteil vom 15. März 2005 X R 250/93, BStBl II 2005, 817 m. w. N.).
Vorliegend ist das Tatbestandsmerkmal der Selbständigkeit (§ 15 Abs. 2 EStG) unzweifelhaft erfüllt.
Das für die Annahme eines gewerblichen Grundstückshandels erforderliche Merkmal der „Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr“ ist nach der BFH-Rechtsprechung, der der erkennende Senat folgt, auch dann erfüllt, wenn der Eigentümer Grundstücke nur an bestimmte Personen veräußert. Demgemäß wird die Gewerblichkeit nicht dadurch ausgeschlossen, dass dieser an Angehörige verkauft (vgl. dazu nur BFH-Urteil in BStBl II 2005, 817 m. w. N.).
Ob eine Tätigkeit noch der privaten Vermögensverwaltung zuzuordnen ist, lässt sich nach der BFH-Rechtsprechung nicht für alle Wirtschaftsgüter nach einheitlichen Maßstäben beurteilen. Vielmehr sind die jeweiligen artspezifischen Besonderheiten zu beachten. Ein gewerblicher Handel mit Grundstücken ist in der Regel dann anzunehmen, wenn der Veräußerer eine Anzahl bestimmter Grundstücke zuvor gekauft oder bebaut hat und sie im engen zeitlichen Zusammenhang hiermit veräußert. Hierzu hat die BFH-Rechtsprechung die Grundsätze zur sog. Drei-Objekte-Grenze entwickelt. Nach dem Beschluss des Großen Senats des BFH vom 3. Juli 1995 GrS 1793, BStBl II 1995, 617 haben die Zahl der Objekte und der zeitliche Abstand der maßgebenden Tätigkeiten (Anschaffung, Bebauung und Verkauf) für die Beurteilung, ob eine gewerbliche Betätigung geben ist oder nicht, eine indizielle Bedeutung. Diese Merkmale sind als Beweisanzeichen gerechtfertigt, weil die innere Tatsache der von Anfang an bestehenden Veräußerungsabsicht oft nicht zweifelsfrei feststellbar ist. Das FG als Tatsacheninstanz hat alle feststehenden Indizien in eine Gesamtwürdigung einzubeziehen (BFH in BStBl II 2005, 817 m. w. N.).
Veräußert ein Steuerpflichtiger innerhalb eines Zeitraumes von in der Regel fünf Jahren zwischen Anschaffung bzw. Errichtung und dem jeweiligen Verkauf mehr als drei sog. „Zählobjekte“, lässt dies nach der BFH-Rechtsprechung, der der erkennende Senat folgt, die Schlussfolgerung zu, dass es dem Steuerpflichtigen auf die Ausnutzung substantieller Vermögenswerte durch Umschichtung ankommt. Darüber hinaus kann sich aus anderen – ganz besonderen – Umständen zweifelsfrei eine von Anfang an bestehende oder aber fehlende Veräußerungsabsicht ergeben. Danach kann trotz Überschreitens der Drei-Objekte-Grenze ein gewerblicher Grundstückshandel zu verneinen sein, wenn eindeutige Anhaltspunkte gegen eine von Anfang an bestehende Veräußerungsabsicht sprechen; andererseits können auch bei der Veräußerung von weniger als vier Objekten besondere Umstände auf eine gewerbliche Betätigung schließen lassen (vgl. dazu allgemein BFH-Urteil vom 18. August 2009 X R 47/06; BFH/NV 2010, 54 m. w. N.).
Zieht der Eigentümer eines zum Zwecke der Vermögensverwaltung erworbenen Grundstücks den Verkauf mit einem von ihm zu errichtenden Gebäude lediglich in Erwägung, so ist nach der BFH-Rechtsprechung, der der erkennende Senat folgt, nicht erkennbar, in welcher Weise er in unbedingter Veräußerungsabsicht gewerblich (z. B. als Bauunternehmer, Baubetreuer oder Erschließungsunternehmer) tätig geworden sein soll (vgl. dazu allgemein BFH-Beschluss vom 4. Juli 2006 IV B 59/05, BFH/NV 2006, 2063 m. w. N.).
Im vorliegenden Fall hat der Kläger hinsichtlich der drei streitgegenständlichen Grundstücke die sog. Drei-Objekte-Grenze nicht überschritten, denn er hat keine der drei Immobilien oder auch nur Teile hiervon (z. B. einzelne Wohnungen auf dem Grundstück C…-straße in B… nach Umwandlung der Wohnungen in rechtlich selbständige Einheiten) innerhalb von fünf Jahren nach der Anschaffung bzw. Errichtung veräußert: Das Grundstück E…-straße in F… wurde von ihm erst nach Ablauf von acht Jahren in Teilen veräußert. Das Grundstück C…-straße in B… wurde von ihm zu keinem Zeitpunkt veräußert; er hat das Eigentum an diesem Grundstück erst am 13. Februar 2012, also mehr als acht Jahre nach dem Ankauf der Immobilie, und überdies gegen seinen Willen im Rahmen eines Zwangsversteigerungsverfahren infolge der Trennung von seiner Ehefrau verloren. Das Eigentum an dem vom Kläger im Jahr 2001 erworbenen Grundstück C…-straße in B… ist im Rahmen des Ehescheidungsverfahrens zum Ausgleich des Zugewinnausgleichsanspruchs der Ehefrau im Jahr 2011 auf D… übergegangen, also ebenfalls zeitlich erst weit nach Ablauf der in der BFH-Rechtsprechung postulierten 5-Jahres-Frist.
Die von der BFH-Rechtsprechung anerkannten „besonderen Umstände“ für die Bejahung der Zugehörigkeit der drei streitgegenständlichen Grundstücke zu einem vom Kläger in den Streitjahren betriebenen gewerblichen Grundstückshandel sind im vorliegenden Fall nicht vorhanden. Der Umstand, dass der Kläger in den Jahren 2004 bis 2010 eine allgemeine gewerberechtliche Erlaubnis nach § 34 c GewO zur Durchführung von Immobilienmaklergeschäften innegehabt hat, ist nach der Überzeugung des erkennenden Senates kein aussagekräftiges Indiz dafür, dass er (schon) in jenen Jahren die wenigstens bedingte Absicht gehabt hat, die drei vorgenannten Grundstücke alsbald nach ihrem Erwerb bzw. ihrer Bebauung/baulichen Modernisierung wieder zu veräußern. Denn der Kläger hat weder schlüssig dargetan noch unter Beweis gestellt, dass er in den Jahren 2004 ff. tatsächlich eines der drei Grundstücke oder Teile hiervon (z. B. einzelne Ferienwohnungen der „Villa …“) selbst als Makler durch Inserate in einer Tageszeitung o. ä. m. zum Verkauf angeboten hat.
Die vom Kläger erst nach Beginn der Verfahren vor dem FG Berlin-Brandenburg vorgelegten Unterlagen über eine einmalige Verkaufsveranstaltung am 7. Dezember 2007 im AN…-Hotel in AO… sowie eine weitere Verkaufsveranstaltung am 7. Dezember 2007 in B… sind in Bezug auf die von ihm behaupteten Verkaufsabsichten hinsichtlich des Grundstücks C…-straße nicht aussagekräftig, weil mit ihnen keine ernsthafte Veräußerungsabsicht des Klägers belegt wird. Hierfür wäre mehr Kontinuität und Intensität bei den Verkaufsbemühungen erforderlich (vgl. dazu bereits Seite 12 des Senatsbeschlusses vom 29. Juli 2014 im Verfahren 9 V 9051/12).
Mit den von ihm behaupteten Vermarktungsbemühungen ab dem Jahr 2005 hinsichtlich des Grundstücks „E…-straße“ in F… (z. B. Vermarktung über das Internetprotal „…“) hat der Kläger zur Überzeugung des erkennenden Senats nicht glaubhaft dargetan, dass er bereits in den Streitjahr 2002 bis 2004 die ernsthafte Absicht gehabt hat, das im Jahr 1999 erworbene Grundstück, welches sich in unmittelbarer Nähe zu dem von seiner Familie als Wohnsitz genutzten Grundstück „E…-straße“ befunden hat und somit von der Familie mühelos für ihre privaten Wohnzwecken (z. B. als Gartenland) mitbenutzt werden konnte, alsbald geteilt oder ungeteilt wieder zu veräußern.
c.) | Hinsichtlich der durch die Außenprüfung ermittelten zusätzlichen Einkünfte des Klägers aus Gewerbebetrieb war im Zeitpunkt des Ergehens der Änderungsbescheide am 11. November 2011 noch keine Festsetzungsverjährung eingetreten. |
Eine Steuerfestsetzung sowie ihre Aufhebung oder Änderung ist nicht mehr zulässig, wenn die Festsetzungsfrist abgelaufen ist (§ 169 Abs. 1 Satz 1 AO). Vorliegend war beim Erlass der angefochtenen Änderungsbescheide am 11. November 2011 die reguläre vierjährige Festsetzungsfrist, die für das Streitjahr 2002 mit Ablauf des 31. Dezember 2008 und für das Streitjahr 2003 mit Ablauf des 31. Dezember 2009 geendet hatte, bereits abgelaufen. Für das Streitjahr 2004 hingegen war schon die reguläre Festsetzungsfrist zu diesem Zeitpunkt noch nicht abgelaufen, denn sie endete erst am 31. Dezember 2011.
Allein die erst am 1. Juni 2010 begonnene Außenprüfung konnte keine Ablaufhemmung gemäß § 171 Abs. 4 Satz 1 Alternative 1 AO für die Veranlagung der Jahre 2002 und 2003 bewirken, da die regulären Festsetzungsfristen für diese Veranlagungszeiträume zu diesem Zeitpunkt bereits abgelaufen waren.
Wird allerdings der Beginn einer Außenprüfung auf Antrag des Steuerpflichtigen hinausgeschoben, läuft die Festsetzungsfrist für die Steuern, auf die sich die Außenprüfung erstrecken sollte, nicht ab, bevor die auf Grund der Außenprüfung zu erlassenden Steuerbescheide unanfechtbar geworden sind oder nach Bekanntgabe der Mitteilung nach § 202 Abs. 1 Satz 3 AO drei Monate verstrichen sind (§ 171 Abs. 4 Satz 1 Alternative 2 AO). Ein solcher Antrag ist vom Kläger unstreitig mit Schreiben vom 12. und 24. November 2008 gestellt worden. Daraufhin hat der Beklagte mit Schreiben vom 12. Dezember 2008 den Beginn der Prüfung auf Mai 2009 verschoben.
Die Wirkung dieser Tatbestandsalternative der Ablaufhemmung wird durch die BFH-Rechtsprechung, der der erkennende Senat folgt, in zweifacher Weise begrenzt (vgl. dazu allgemein zuletzt BFH-Urteil vom 19. Mai 2016 X R 14/15, BFH/NV 2016, 1763 m. w. N. ):
Zum einen muss der Antrag des Steuerpflichtigen ursächlich für das Hin-ausschieben des Prüfungsbeginns gewesen sein, was vorliegend der Fall ist. Zum anderen endet die Wirkung der Ablaufhemmung, wenn der Prüfer auch zwei Jahre nach einer Verschiebung des Prüfungsbeginns noch nicht mit tatsächlichen Prüfungshandlungen begonnen hat. Im vorliegenden Fall hat der Beklagte die Zwei-Jahres-Grenze eingehalten, denn die Außenprüfung hat unstreitig vor dem Monat November 2010 tatsächlich begonnen.
d.) Der Auswertung der Ergebnisse der Außenprüfung durch Erlass entsprechend geänderter Bescheide seitens des Beklagten hat auch kein sog. Verwertungsverbot entgegengestanden. Nach der BFH-Rechtsprechung, der sich der erkennende Senat anschließt, gilt folgender Grundsatz: Wenn die ursprünglichen Steuerbescheide – wie vorliegend gegeben – jeweils unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergangen sind, besteht selbst dann, wenn die zugrunde liegende Prüfungsanordnung später wegen Rechtswidrigkeit aufgehoben wird, nur ausnahmsweise ein Verwertungsverbot hinsichtlich der Erkenntnisse im Rahmen einer tatsächlich durchgeführten Außenprüfung. Dieser Ausnahmefall ist gegeben, wenn ein sog. qualifiziertes materiell-rechtliches Verwertungsverbot zum Zuge kommt (vgl. BFH-Urteil vom 4. Oktober 2006 VIII R 53/04, BStBl II 2007, 227 m. w. N.). Ein qualifiziertes materiell-rechtliches Verwertungsverbot liegt vor, wenn die Finanzbehörde bei der Ermittlung der Tatsachen, die sie in geänderten Steuerbescheiden berücksichtigen möchte, einen verfassungsrechtlich geschützten Bereich des Steuerpflichtigen verletzt hat (z. B. Verstoß gegen das Fernmeldegeheimnis nach Art. 10 des Grundgesetzes – GG -). Solch ein qualifiziertes Verwertungsverbot greift im vorliegenden Fall unstreitig nicht ein.
Wegen der weiteren Begründung der Entscheidung des Gerichts über den Hauptantrag wird zu dessen Entlastung gemäß § 105 Abs. 5 FGO auf die zutreffenden Ausführungen des Beklagten in dessen Einspruchsentscheidung vom 8. Oktober 2015 verwiesen.
C. | Der Hilfsantrag des Klägers ist hingegen begründet. |
Es ist zwischen den Prozessbeteiligten unstreitig, dass der Kläger angesichts des Umstandes, dass die streitgegenständlichen Bescheide betr. Gewerbesteuermessbeträge 2003 und 2004 noch nicht bestandskräftig sind, sein Wahlrecht bezüglich der ertragsteuerrechtlichen Behandlung der Investitionskostenzuschüsse des Landes Mecklenburg-Vorpommern neu und anders als bisher ausüben darf. Dies hat er durch Schriftsatz seiner Prozessbevollmächtigten vom 10. November 2016 sowie Bekräftigung seines diesbezüglichen Entschlusses im in der mündlichen Verhandlung gestellten Klage-Hilfsantrag rechtswirksam getan. Somit sind die von ihm bisher gewinnerhöhend erklärten Zuschüsse in Höhe von 393 100,00 EUR für das Streitjahr 2003 sowie 131 100,00 EUR für das Streitjahr 2004 nunmehr gewinnneutral zu behandeln und die Gesamtsumme der beiden Zuschüsse zum Stichtag 31. Dezember 2003 auf die Liegenschaft B…, C…-straße als notwendiges Betriebsvermögen zu aktivieren (vgl. dazu allgemein: H 6. 5 Einkommensteuer-Handbuch; Clausen, in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, § 5 Rz. 1620 ff. m. w. N.).
Die Neuberechnung der Gewerbesteuermessbeträge 2003 und 2004 wird gemäß § 100 Abs. 2 Satz 2 FGO dem Beklagten aufgegeben.
D. | Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs.1 i. V. m. § 137 FGO: Der Kläger hätte die von seinen Angaben in den ursprünglichen Gewerbesteuererklärungen 2002 bis 2004 abweichende Ausübung des Wahlrechts hinsichtlich der ertragsteuerlichen Behandlung des staatlichen Investitionskostenzuschusses bezüglich der Herstellungskosten des auf dem Grundstück C…-straße in B… neu errichteten Gebäudes bereits im vorangegangenen Einspruchsverfahren geltend machen können und sollen. |
E. | Die Revision gegen dieses Urteil wurde vom erkennenden Senat nicht zugelassen, weil kein Revisionszulassungsgrund i. S. von § 115 Abs. 2 FGO gegeben ist. |