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Zusicherung - Umzug


Metadaten

Gericht LSG Berlin-Brandenburg 14. Senat Entscheidungsdatum 29.06.2012
Aktenzeichen L 14 AS 1363/12 B ER, L 14 AS 1364/12 B PKH ECLI
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen § 22 Abs 4 SGB 2

Leitsatz

Zur - vorläufigen - Feststellung der Erforderlichkeit eines Umzuges

Tenor

Der Antrag der Antragstellerinnen, „unter Abänderung des Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 01.06.2012 – S 104 AS 11452/12 ER – vorläufig bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache festzustellen, dass der Umzug der Beschwerdeführerinnen wegen glaubhaft gemachter Gesundheitsgefahren aus ihrer derzeitigen Wohnung in der U Str., in angemessenen Wohnraum erforderlich ist“, wird abgelehnt.

Die Beschwerde der Antragstellerinnen im Übrigen wird zurückgewiesen.

Kosten sind auch für das Verfahren vor dem Landessozialgericht nicht zu erstatten.

Die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Verfahren vor dem Landessozialgericht und die Beiordnung des Rechtsanwalts T W wird abgelehnt.

Gründe

Nachdem die Antragstellerinnen ihr ursprüngliches, zunächst noch mit der Beschwerde weiterverfolgtes Begehren auf Erteilung einer Zusicherung zur Berücksichtigung der Aufwendungen für von ihnen benannte neue Unterkünfte mit Rücksicht darauf, dass diese nicht mehr zur Verfügung stehen, fallengelassen haben und nunmehr die – vorläufige – Feststellung begehren, dass ein Umzug aus ihrer derzeitigen Wohnung in angemessenen Wohnraum aus gesundheitlichen Gründen erforderlich ist, hat sich die Beschwerde insoweit erledigt; zu entscheiden ist dementsprechend nur noch über den jetzt gestellten Antrag.

Der Senat lässt offen, ob darin überhaupt eine Antragsänderung zu sehen ist oder – in entsprechender Anwendung des § 99 Abs. 3 Nr. 3 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) – nicht und ob die Antragsänderung zulässig wäre. Jedenfalls ist das jetzt von den Antragstellerinnen formulierte Feststellungsbegehren nicht zulässig.

Nach § 22 Abs. 4 des Zweiten Buchs des Sozialgesetzbuchs (SGB II) ist der kommunale Träger zur Erteilung einer Zusicherung zur Berücksichtigung der Aufwendungen für eine neue Unterkunft – nur – verpflichtet, wenn der Umzug erforderlich und die Aufwendungen für die neue Unterkunft angemessen sind. Ein allein auf die – vorläufige – Feststellung der Erforderlichkeit eines Umzugs (in eine noch nicht konkret bezeichnete Wohnung) gerichteter Antrag ist danach – ebenso wie eine entsprechende Klage – unzulässig, weil selbst durch die begehrte Feststellung ein (weiterer) Streit zwischen den Beteiligten – ob nämlich die Aufwendungen für eine neue Wohnung angemessen sind – nicht auszuschließen ist. Der gegenteiligen Auffassung des 5. Senats in dem von den Antragstellerinnen herangezogenen Beschluss vom 15. Dezember 2006 (L 5 B 1147/06 AS ER), von dem dieser Senat im Übrigen in einem späteren Beschluss (vom 25. Juni 2008 – L 5 B 1156/08 AS ER –) wieder abgerückt ist und der zudem nicht in Einklang mit der (allerdings späteren) Rechtsprechung des Bundessozialgerichts stehen dürfte (vgl. Urteil vom 6. April 2011 – B 4 AS 5/10 R –), kann sich der beschließende Senat nicht anschließen (ebenso bereits 10. Senat dieses Gericht, Beschluss vom 24. März 2010 – L 10 AS 216/10 B ER –, der zu Recht darauf hinweist, dass das Risiko, dass während eines auf Erteilung einer Zusicherung nach § 22 Abs. 4 SGB II gerichteten Eilverfahrens die in Aussicht genommene Unterkunft anderweitig vergeben wird, unausweichliche Folge der Konstruktion des Zusicherungsanspruchs und daher von den Hilfebedürftigen hinzunehmen ist).

Es ist danach nicht mehr der Frage nachzugehen, ob ein Umzug tatsächlich erforderlich ist oder ob in der jetzigen Wohnung der Antragstellerinnen vorhandene Mängel nicht durch eine fachgerechte Instandsetzung zu beseitigen sind.

Prozesskostenhilfe ist weder für das Verfahren vor dem Sozialgericht noch für das vor dem Landessozialgericht zu bewilligen (und dementsprechend auch kein Rechtsanwalt beizuordnen). Die beabsichtigte Rechtsverfolgung hatte von vornherein keine „hinreichende“ Aussicht auf Erfolg i.S.d. § 114 Satz 1 der Zivilprozessordnung (ZPO). Dem Antrag fehlte das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis. Die Erteilung der von den Antragstellerinnen begehrten Zusicherung war für den Abschluss eines Mietvertrages über eine der beiden ihnen angebotenen Wohnungen rechtlich nicht erforderlich. Das jetzt in § 22 Abs. 4 SGB II geregelte Zusicherungsverfahren hat eine Aufklärungs- und Warnfunktion. Dem Hilfebedürftigen soll dadurch Gewissheit über die Angemessenheit der zu erwartenden Aufwendungen gegeben werden. Diese Gewissheit ist den Antragstellerinnen aber durch das „Informationsschreiben“ des Antragsgegners vom 12. Januar 2012 verschafft worden, dem zu entnehmen ist, welche Aufwendungen der Antragsgegner für angemessen hält. Da die Aufwendungen für beide von den Antragstellerinnen benannten Wohnungen sowohl aus der aufgrund dieser Mitteilung den Antragstellerinnen bekannten Sicht des Antragsgegners angemessen waren (435,86 Euro bzw. 443,82 Euro monatlich „bruttowarm“) wie auch nicht höher als die für die jetzt von ihnen gemietete (aber offenbar nicht bewohnte) Unterkunft (472,92 Euro monatlich „bruttowarm“), hätten die Antragstellerinnen auch ohne eine Zusicherung Anspruch auf entsprechende Leistungen gehabt (vgl. § 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II) – selbst falls ein Umzug nicht erforderlich sein sollte.

Die Entscheidung über die Kostenerstattung beruht auf entsprechender Anwendung des § 193 Abs. 1 SGG bzw. (hinsichtlich der Kosten für das Beschwerdeverfahren gegen die Ablehnung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe) auf § 127 Abs. 4 der Zivilprozessordnung (ZPO) i.V.m. § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§ 177 SGG).