Die zulässige Berufung des Klägers und die Klage gegen den Änderungsbescheid vom 3. Mai 2010 sind nur zum Teil begründet.
Denn der Kläger hat lediglich Anspruch auf Anerkennung der dissoziativen Bewegungsstörung sowie der subdepressiven Stimmungslage als Wehrdienstbeschädigung nach § 81 SVG.
Nach Abs. 1 dieser Vorschrift ist eine Wehrdienstbeschädigung eine gesundheitliche Schädigung, die durch eine Wehrdienstverrichtung, durch einen während der Ausübung des Wehrdienstes erlittenen Unfall oder durch die dem Wehrdienst eigentümlichen Verhältnissen herbeigeführt worden ist. Entsprechend diesen gesetzlichen Bestimmungen ist für die vorliegend streitige Anerkennung von Schädigungsfolgen eine dreigliedrige Kausalkette zu prüfen (vgl. Bundessozialgericht -BSG-, Urteil vom 25. März 2004, B 9 VS 1/02 R, SozR 4-3200 § 81 Nr. 1): Ein mit dem Wehrdienst zusammenhängender schädigender Vorgang muss zu einer primären Schädigung geführt haben, die wiederum die geltend gemachten Schädigungsfolgen bedingt hat. Dabei müssen sich die drei Glieder selbst mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit feststellen lassen, während für den ursächlichen Zusammenhang grundsätzlich eine hinreichende Wahrscheinlichkeit ausreicht (vgl. § 81 Abs. 6 Satz 1 SVG).
Die Geschehnisse im Rahmen der angekündigten Versetzung des Klägers stellen keinen mit dem Wehrdienst zusammenhängenden schädigenden Vorgang dar, da sie nicht den dem Wehrdienst eigentümlichen Verhältnissen entspringen. Dies hat das Sozialgericht ausführlich dargelegt. Der Senat folgt den zutreffenden Gründen des angefochtenen Urteils vom 6. Juli 2004 und sieht nach § 153 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab. Die Einwände des Klägers, das Soldatenverhältnis sei in Bezug auf das Geprägtsein durch Befehl und Gehorsam nicht mit einem Beamtenverhältnis oder einem Arbeitsverhältnis vergleichbar, vermögen nicht zu überzeugen. Der Umstand, dass eine Remonstration des Soldaten nicht vorgesehen ist, bedeutet nicht, dass er eine unrechtmäßige Versetzung hinzunehmen hätte. Selbstverständlich steht ihm hiergegen der Rechtsweg offen (vgl. etwa Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 28. Oktober 2008, 1 WB 49/07, BVerwGE 132, 234).
Hingegen bildet die Behandlung des Klägers im Bundeswehrkrankenhaus einen mit dem Wehrdienst zusammenhängenden schädigenden Vorgang im Sinne des § 81 Abs. 1 SVG. Bereits die Ausgestaltung der Heilfürsorge für Soldaten, die sich von den außerhalb der Bundeswehr herrschenden Verhältnissen deutlich unterscheidet, ist dem Wehrdienst eigentümlich (vgl. BSG, Urteil vom 10.Dezember 1975, 9 RV 338/74, SozR 3200 § 80 Nr. 2 mit weiteren Nachweisen). Vorliegend kommt die Besonderheit hinzu, dass, worauf Dr. K in ihrem Gutachten vom 29. November 2005 überzeugend hingewiesen hat, der entscheidende Konflikt für den Kläger darin bestand, dass das Krankenhaus ihm als Dienstherr und zugleich als therapeutische Institution begegnete. Durch die Behandlung ist es zu einer gesundheitlichen Schädigung des Klägers gekommen, die Schädigungsfolgen zeitigte.
Hierbei handelte es sich nach den Darlegungen der Sachverständigen Dr. K, denen sich die Sozialmedizinerin Oberfeldarzt K in ihrer Stellungnahme vom 26. April 2010 angeschlossen hat, in erster Linie um die dissoziative Bewegungsstörung des Klägers. Der Einschätzung des Nervenarztes Dr. T in dessen Gutachten vom 28. Mai 2009, der eine Verursachung dieser Erkrankung durch die Behandlung im Bundeswehrkrankenhaus verneint hat, wird nicht gefolgt. Sie ist mangels hinreichender Begründung nicht nachzuvollziehen.
Die dissoziative Bewegungsstörung ist hierbei im Sinne der Entstehung zu berücksichtigen. Denn die Anerkennung einer Gesundheitsstörung im Sinne der Entstehung setzt nach Teil C Nr. 7a (Bl. 108) der Anlage zu § 2 der Versorgungsmedizin-Verordnung (VersMedV) voraus, dass zur Zeit der Einwirkung des schädigenden Vorganges noch kein dieser Gesundheitsstörung zugehöriges pathologisches physisches oder psychisches Geschehen vorhanden war. Sofern zur Zeit der Einwirkung des schädigenden Vorganges bereits ein einer Gesundheitsstörung zugehöriges pathologisches physisches oder psychisches Geschehen, wenn auch noch nicht bemerkt, vorhanden war, kommt nur eine Anerkennung im Sinne der Verschlimmerung in Frage, falls die äußere Einwirkung entweder den Zeitpunkt vorverlegt hat, an dem das Leiden sonst in Erscheinung getreten wäre, oder das Leiden in schwererer Form aufgetreten ist, als es sonst zu erwarten gewesen wäre. Der Kläger litt zwar bereits ca. zwei Wochen vor der Einweisung in das Bundeswehrkrankenhaus an einem progredienten Tremor aller Muskelgruppen. Das Krankheitsbild lag aber nach den Darlegungen der Sozialmedizinerin Oberfeldarzt K zu diesem Zeitpunkt noch nicht in vollständig ausgeprägter Form vor. Die entscheidende Wende im Krankheitsbild zu der – bis heute bestehenden – Form der Bewegungsstörung ist erst bei der Behandlung im Bundeswehrkrankenhaus eingetreten, die sich damit als wesentliche Bedingung für den Eintritt der Schädigung darstellt.
Über die Feststellungen der Beklagten hinaus ist auch die subdepressive Stimmungslage als Folge einer Wehrdienstschädigung aufzunehmen. Hierbei handelt es sich um eine weitere Verschlechterung im Sinne der Entstehung nach Teil C Nr. 7b (Bl. 108) der Anlage zu § 2 VersMedV, die auf die Schädigung ursächlich zurückzuführen ist. Dies ergibt sich aus den Darlegungen der Sachverständigen Dr. K, die nachvollziehbar darauf verwiesen hat, dass der Kläger sich in seinen angestrebten Lebenszielen als zutiefst gescheitert und als ernstzunehmendes Gegenüber in jedweder sozialen Beziehung für nicht geeignet hält. Den ärztlichen Unterlagen ist nicht zu entnehmen, dass der Kläger schon vor der stationären Aufnahme in das Bundeswehrkrankenhaus an einer subdepressiven Stimmungslage litt. Die ferner begehrte Anerkennung eines depressiven Syndroms ist nicht möglich, da nicht zu erkennen ist, dass dieses eine Dauerfolge der Schädigung darstellte. Im Gegenteil berichtete die Gutachterin Dr. K, dass das depressive Syndrom sich unter antidepressiver Medikation zurückbildete.
Für die Anerkennung einer posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) ist kein Raum. Es ist nicht erwiesen, dass der Kläger an dieser psychischen Erkrankung litt. Die Diagnose seines Therapeuten R im Befundbericht vom 12. Oktober 2008 ist nicht nachvollziehbar. Allein das Vorliegen eines belastenden Erlebnisses im Sinne eines Stressor-Kriteriums (A-Kriterium) einerseits und einer psychischen Erkrankung andererseits erlauben noch nicht den Schluss auf eine PTBS. Vielmehr müssen, worauf Dr. T in seiner Stellungnahme vom 15. Juni 2009 hingewiesen hat, weitere spezifische Symptome hinzutreten, die in den ICD-10 F43.2 wie folgt umschrieben werden:
Typische Merkmale sind das wiederholte Erleben des Traumas in sich aufdrängenden Erinnerungen (Nachhallerinnerungen, Flash backs), Träumen oder Alpträumen, die vor dem Hintergrund eines andauernden Gefühls von Betäubtsein und emotionaler Stumpfheit auftreten. Ferner finden sich Gleichgültigkeit gegenüber anderen Menschen, Teilnahmslosigkeit der Umgebung gegenüber, Freudlosigkeit sowie Vermeidung von Aktivitäten und Situationen, die Erinnerungen an das Trauma wachrufen könnten. Meist tritt ein Zustand von vegetativer Übererregtheit mit Vigilanzsteigerung, einer übermäßigen Schreckhaftigkeit und Schlafstörung auf. Angst und Depression sind häufig mit den genannten Symptomen und Merkmalen assoziiert und Suizidgedanken sind nicht selten.
Diese Symptome sind drei Clustern zugeordnet: Intrusionen (B-Kriterium), Vermeidungsverhalten (C-Kriterium) und Hyperarousal (D-Kriterium), wobei als entscheidende Leitsymptome das Vorkommen von Intrusionen und Flash backs gesehen werden (siehe hierzu Foerster, Die psychoreaktiven Störungen – auch außerhalb der Begutachtung ein häufig schwieriges Thema, in: MedSach 106, 1/2010, S. 16). Aus den vorliegenden ärztlichen Unterlagen ergeben sich keine Anhaltspunkte, dass bei dem Kläger Symptome der genannten Art vorlagen.
Die Aufnahme des Begriffs „psychische Traumatisierung“ kommt nicht in Betracht. Sie ist zum einen zu unspezifisch und dürfte zum anderen eher dem zweiten Glied der in § 81 Abs. 1 SVG geregelten Kausalkette, der primären Schädigung, als der Schädigungsfolge zuzuordnen sein.
Wegen der Folgen der erlittenen Wehrdienstbeschädigung hat der Kläger nach § 81 Abs. 1 SVG während seiner Dienstzeit einen Ausgleich in Höhe der Grundrente und der Schwerstbeschädigtenzulage nach § 31 Bundesversorgungsgesetz (BVG). Deren Höhe bemisst sich nach dem Grad der Schädigungsfolgen, der gemäß § 30 Abs. 1 BVG nach den allgemeinen Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen, die durch die als Schädigungsfolge anerkannten körperlichen, geistigen oder seelischen Gesundheitsstörungen bedingt sind, in allen Lebensbereichen zu beurteilen ist.
Entgegen der Ansicht der Beklagten ist der seitens der Gutachterin Dr. K vorgeschlagene GdS von 60 nicht hälftig auf den wehrdienstbedingten und nichtwehrdienstbedingten Anteil aufzuteilen und dem Kläger ein GdS von lediglich 30 zu gewähren. Für eine derartige Herabsetzung des GdS gibt das Gutachten keinen Anhalt. Vielmehr hat die Sachverständige auf der Grundlage der – auch vom Senat geteilten – Auffassung, dass nicht das Versetzungsgeschehen, sondern allein die Behandlung im Bundeswehrkrankenhaus die wesentliche Ursache der gesundheitlichen Schädigung des Klägers bildete, die dessen psychischen Erkrankungen zeitigte, überzeugend dargelegt, dass die Schädigungsfolgen mit einer GdS von 60 zu bewerten sind, da sie als schwere psychische Störungen mit mittelgradigen sozialen Anpassungsschwierigkeiten anzusehen sind. Diese Einschätzung steht im Einklang mit den Vorgaben in Teil B Nr. 3.7 (Bl. 27) der Anlage zu § 2 VersMedV, die für psychische Erkrankungen dieses Grades einen GdS-Rahmen von 50 bis 70 vorsehen. Die Gutachterin hat dargelegt, dass die Bewegungsstörung das Kontakt- und Beziehungsverhalten des Klägers in jeder Form mit psychosozialen Folgen beeinträchtigt, vor allem sozialem Rückzug mit subjektiv empfundener Unzulänglichkeit seiner Person. Der darin enthaltene Verlust der Anerkennung, das Gefühl, nicht vollwertig zu sein und damit kein Recht auf irgendwelche Form von Anerkennung zu haben, hat aufgrund der hohen Ich-Ideal-Vorstellung seinem Selbst gegenüber für den Klägers besonders folgenschwere Konsequenzen, und zwar auch mit der Folge der von der Sachverständigen beschriebenen subdepressiven Verstimmung. Trotz der guten Beurteilung im Rahmen seiner derzeitigen Verwendung sieht der Kläger sich als gescheitert an.
Die nach § 193 Abs. 1 Satz 1 SGG zu treffende Kostenentscheidung berücksichtigt, dass der Kläger zum weitaus überwiegenden Teil Erfolg hat.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) sind nicht erfüllt.