Gericht | VG Frankfurt (Oder) 7. Kammer | Entscheidungsdatum | 22.08.2012 | |
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Aktenzeichen | 7 K 575/09 | ECLI | ||
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 73 Abs 3 S 1 BauO BB, § 11 Abs 3 BevBauwV, § 113 Abs 1 S 1 VwGO |
Der Kostenbescheid des Beklagten vom 07. Oktober 2008 zur Ordnungsverfügung vom selben Tag in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. April 2009 wird aufgehoben.
Der Widerspruchsbescheid des Beklagten vom 24. April 2009 wird aufgehoben, soweit der Beklagte darin Verwaltungsgebühren erhoben hat.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Kläger können die Vollstreckung jeweils durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 vom Hundert des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 vom Hundert des beizutreibenden Betrages leistet.
Die Kläger wenden sich gegen eine baurechtliche Ordnungsverfügung, mit der ihnen das ständige Wohnen in ihrem so bezeichneten Wochenendhaus untersagt wird. Das Haus befindet sich auf dem Grundstück in der Gemeinde Brieskow-Finkenheerd, Flur ..., Flurstück ... mit der Anschrift ... Die Kläger sind dort seit dem 28.12.2001 mit Hauptwohnsitz gemeldet.
Nach einer Ortsbesichtigung im März 2003 hörte der Beklagte den Kläger zu 1. mit einem Schreiben vom 24. Juni 2003 wegen einer ohne die erforderliche baurechtliche Genehmigung durchgeführten Nutzungsänderung des Wochenendhauses zum Wohnhaus an und forderte ihn zur Unterlassung der Wohnnutzung auf. Der Kläger berief sich in seinem Schreiben vom 30. Juni 2003 demgegenüber auf Bestandsschutz, weil es sich bei dem betreffenden Gebäude um einen Teil der ehemaligen Wohnbaracke ..., zuvor ..., handle, dieses über einer Grundfläche von ca. 72 m² verfüge und das Gebäude im Gegensatz zu den ca. 1984 im Zuge der Gründung der Kleingartensparte entstandenen Bungalows bereits 1941/42 zu Wohnzwecken errichtet und seitdem auch ununterbrochen so genutzt worden sei. Auf Nachfrage des Beklagten ergänzte der Kläger mit Schreiben vom 27. Dezember 2003 seine Ausführungen dahin, dass der zur Zeit der Errichtung des Hauses bestehende Bergbaubetrieb mit seinen Folgeeinrichtungen – einschließlich der Gebäude für die Wohnunterbringung der Bergleute – Ergebnis staatlicher Vorhaben auf der Basis erteilter Genehmigungen gewesen sei. Dafür spreche alles, auch wenn diese Genehmigungen aktuell nicht mehr vorliegen sollten. Ferner trug er zur Wohnnutzung des Gebäudes vor, dass bis 1979 in seinem Gebäudeteil die Eheleute ... und ... gewohnt hätten und die anderen beiden Gebäudeteile 1976 durch Nutzungsvereinbarung an die Familien ... und ... zur Wohnnutzung überlassen worden seien. Dazu fügte er neben einer Kopie des Nutzungsvertrages aus dem Jahr 1976 eine Kopie des Kaufvertrages zwischen der Gemeinde und der PGH ... (später VEB K...) vom 14. November 1962, eine Wertermittlung des VEB H... inklusive Lageplan aus dem Jahr 1962, seinen Nutzungsvertrag mit dem VEB K... über das Wohngrundstück und die Wohneinheit vom 15. September 1980 mit einem Nachtrag vom 27. August 1981 sowie eine eigene eidesstattliche Erklärung über die von ihm erfolgte Wohnnutzung seit dem Jahr 1979 vor.
Auf Nachfrage teilte der damalige Bauamtsleiter des Amtes Brieskow-Finkenheerd für die Beigeladene mit Schreiben vom 15. Dezember 2004 mit, dass sich im Archiv des Amtes keine Baugenehmigungsunterlagen für das betreffende Gebäude befänden und Nachforschungen des Bürgermeisters und des Bauausschusses die schon bekannten Aussagen bestätigten, dass dieses Gebäude schon sehr lange zurückreichend als Wohnhaus genutzt worden sei. Daher bestätige die Gemeinde aus der historischen Nutzung heraus das Dreifamilienhaus ..., ... und ... als Wohnhaus, wobei es sich ausdrücklich um eine Einzelfallbetrachtung handle. Der Beklagte setzte das ordnungsbehördliche Verfahren mit Schreiben an den Kläger vom 3. Februar 2005 aus.
Die Beigeladene beschloss am 1. Februar 2007 die Klarstellungs- und Ergänzungssatzung, in der nahezu das gesamte bebaute Gebiet der ... klarstellend als zum unbeplanten Innenbereich gehörig ausgewiesen wird mit der Bezeichnung:
„Klarstellung nach § 34 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB i. V. m. § 10 BauNVO Sondergebiet, das der Erholung dient Zweckbestimmung: Wochenendhausgebiet“.
Die Satzung wurde – wie auch die 1. Änderungssatzung zu dieser Satzung vom 5. September 2007 – im Amtsblatt des Amtes Brieskow-Finkenheerd vom 15. Dezember 2007 rückwirkend zum 15. Februar 2007 öffentlich bekannt gemacht. Das zuvor von der Beigeladenen auf Inititative der GbR ... – deren Mitglied der Kläger zu 1. war – betriebene Verfahren zum Erlass eines Bebauungsplans „...“ mit dem Ziel, dieses als Wochenendhausgebiet auszuweisen, wurde mit Beschluss der Gemeindevertretung vom 5. September 2007 eingestellt. Unter Bezugnahme darauf und dem Hinweis, dass die Wohnnutzung im Wochenendhausgebiet zu unterlassen sei, nahm der Beklagte mit der weiteren Anhörung des Klägers vom 6. Februar 2008 das Verfahren wieder auf. Der Kläger verwies in seinem Schreiben vom 14. Februar 2008 nochmals auf den Bestandsschutz, der auch von der Gemeinde bzw. Amtsverwaltung bestätigt worden sei und der durch nachfolgende baurechtliche Regelungen in der Klarstellung- und Ergänzungssatzung nicht berührt werde.
Der Beklagte gab den Klägern jeweils mit der Ordnungsverfügung vom 7. Oktober 2008 auf, die Nutzung des Wochenendhauses als ständiger Wohnsitz bis sechs Monate nach Bestandskraft des Bescheides einzustellen (Nr. 1 der Ordnungsverfügung) und drohte ihnen für den Fall der Nichterfüllung ein Zwangsgeld in Höhe von 1000,- Euro an (Nr. 2). Ferner erhob er von ihnen zu Nr. 3 des Bescheides Verwaltungsgebühr in Höhe von 200 Euro. Zur Begründung führte der Beklagte im Wesentlichen aus, dass die Dauerwohnnutzung der Kläger ohne die erforderliche Baugenehmigung formell rechtswidrig erfolge und dies bereits regelmäßig den Erlass der Nutzungsuntersagung wegen des insoweit gegebenen intendierten Ermessens rechtfertige. Die nach dem Melderecht ordnungsgemäß unter dem 28. Dezember 2001 erfolgte Wohnsitzanmeldung ersetze nicht die erforderliche Baugenehmigung. Ferner dränge sich die materielle Rechtmäßigkeit der Nutzung nicht auf. Vielmehr sei diese im festgesetzten Wochenendhausgebiet gemäß § 10 Baunutzungsverordnung (BauNVO) nicht zulässig. Die von den Klägern vorgebrachten Gründe seien rein privatrechtlicher Natur und gäben wie die weitreichenden wirtschaftlichen und sozialen Folgen der Befolgung eines Nutzungsverbots keine Veranlassung, nicht weiter ordnungsbehördlich einzuschreiten.
Gegen die ihnen am 9. Oktober 2008 zugestellte Ordnungsverfügung erhoben die Kläger am 20. Oktober 2008 Widerspruch. In der Widerspruchsbegründung vertieften sie ihre Auffassung, dass die Bergarbeiterwohnsiedlung mit Sicherheit von der Genehmigung für den Bergbau mit umfasst gewesen sei und die Genehmigung auch heute noch gelte. Der Umstand, dass die Kläger diese Genehmigung nicht zur Hand hätten, könne nicht zu ihren Lasten gehen. Es sei auch nicht davon auszugehen, dass im Rechtssystem des Deutschen Reiches ein Bergbau oder auch nur eine Bergarbeiterwohnsiedlung ohne ordnungsgemäße Genehmigung errichtet worden sei. Ferner sei ein Bestandschutz auch deshalb gegeben, weil es hierfür genüge, wenn das Gebäude zum Zeitpunkt der Errichtung als Teil der bergbaulichen Gesamtanlage oder auch unabhängig von dieser als Wohngebäude genehmigungsfähig gewesen sei. Ferner seien die vom Beklagten angestellten Erwägungen fehlerhaft, weil nicht berücksichtigt worden sei, dass staatliche Stellen über Jahrzehnte in ihrem Verwaltungshandeln keinen Zweifel hätten aufkommen lassen, dass es sich um eine völlig rechtmäßige Wohnnutzung handle.
Der Beklagte wies den Widerspruch der Kläger mit Bescheid vom 24. April 2009, zugestellt am 30. April 2009, als unbegründet zurück und erhob hierfür Verwaltungsgebühren in Höhe von 200,00 Euro. Zur Begründung führte der Beklagte sinngemäß aus, ein Bestandsschutz in Bezug auf eine Wohnhaussiedlung sei nicht erkennbar. Ein Bestand der ... als Bergarbeitersiedlung mit einzelnen festen Wohnhäusern sei nicht nachgewiesen. Die vorliegenden Unterlagen belegten lediglich, dass das Grundstück seit dieser Zeit mit einer Barackenbebauung versehen gewesen sei. Zwar bezögen sich das vorgelegte Wertgutachten und der Nutzungsvertrag auf eine Wohnnutzung, jedoch seien dies privatrechtliche Vereinbarungen, die eine Baugenehmigung nicht ersetzten. Unabhängig davon sei allgemein die Bebauung in der Siedlung seit den 80-iger Jahren geändert worden und seien vielfach die Baracken abgerissen und durch neue Wochenendhäuser mit erstmaligen Unterkellerungen ersetzt worden. Ein etwaiger Bestandsschutz sei jedenfalls auch infolge der vorgenommenen genehmigungspflichtigen Sanierungs- und Baumaßnahmen, mit dem das Gebäude in seiner äußeren Gestalt verändert worden sei, entfallen. So gehe aus den zur Akte gelangten Lichtbildern hervor, dass das ursprüngliche Teerpappdach durch ein modernes Schindeldach mit neu aufgemauertem Schornstein, Dachkasten und Dachentwässerungssystem ausgetauscht, ein neues Fenster in der Giebelseite nahe des Eingangsbereichs eingefügt, im vorgezogenen Anbau zumindest eine Fensteröffnung vergrößert und die im baulichen und funktionalen Zusammenhang mit dem Wochenendhaus stehende Veranda komplett durch eine neue Veranda ersetzt worden seien. Auch hätten die Kläger zumindest mit der Begründung der dauerhaften alleinigen Wohnnutzung im Jahr 2001 eine Baugenehmigung beantragen müssen. Zu diesem Zeitpunkt sei das Wochenendhaus wegen der Außenbereichslage allerdings nicht genehmigungsfähig gewesen. Ein Bestandsschutz werde ferner nicht durch die jahrzehntelange bloße Ausübung einer genehmigungspflichtigen Nutzung begründet. Die Eingriffsbefugnisse des Beklagten seien nicht verwirkt, eine förmliche Duldung von der zuständigen Bauaufsichtsbehörde oder seinerzeit zuständigen staatlichen Bauaufsicht sei nicht ergangen.
Die Kläger haben am 2. Juni 2009, dem Dienstag nach Pfingstmontag, Klage erhoben. Sie wiederholen ihre Auffassung, dass wegen der Errichtung des Gebäudes im Zusammenhang mit der Bergarbeitersiedlung eine Baugenehmigung erteilt worden sein müsse und ergänzen, dass von daher eine Beweislastumkehr gelte. Für die Rechtmäßigkeit der Wohnnutzung sprächen auch der vorgelegte Kaufvertrag aus dem Jahr 1962 und der Nutzungsvertrag aus dem Jahr 1980. Bei letzterem habe der Volkseigene Betrieb (VEB) gemäß §§ 290, 286 Abs. 4 Zivilgesetzbuch der DDR (ZGB) staatliche Aufgaben wahrgenommen. Der Kläger zu 1. sei insoweit zur Wohnnutzung gezwungen gewesen, weil er anderenfalls mit einer Entziehung des Nutzungsrechts habe rechnen müssen. Nochmals betonen die Kläger, dass der Kläger zu 1. seit 1979 in dem Gebäude wohne. Ferner berufen sie sich auf die Bestätigung der Wohnnutzung durch das Schreiben des Amtes Brieskow-Finkenheerd vom 15. Dezember 2004. Schließlich seien an dem Gebäude nur Instandhaltungsmaßnahmen erfolgt, die den Bestandsschutz des Gebäudes nicht berührten.
Die Kläger beantragen,
Die Ordnungsverfügung des Beklagten vom 7. Oktober 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. April 2009 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er tritt der Klage unter Verweis auf die Begründung der angefochtenen Bescheide entgegen.
Die Beigeladene beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie schließt sich den Ausführungen des Beklagten im Widerspruchsbescheid und in der Klageerwiderung an.
Am 21. August 2012 hat das Gericht eine Augenscheinnahme vor Ort zum Bestand der Bebauung in der ... durchgeführt, zu deren Ergebnis auf den Inhalt der Niederschrift verwiesen wird. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, der vom Beklagten vorgelegten Verwaltungsvorgänge und der von der Beigeladenen vorgelegten Satzungsunterlagen verwiesen, die vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung sowie der Entscheidung waren.
Die zulässige Klage ist nur teilweise begründet.
I.
Begründet ist die Klage hinsichtlich der mit angefochtenen Gebührenbescheide.
1. Der Kostenbescheid vom 7. Oktober 2008 zu der Ordnungsverfügung selben Datums in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. April 2009 ist rechtswidrig und verletzt die Kläger in ihren Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
Zwar sind die Gebührentatbestände bezüglich der – wie unten ausgeführt wird – rechtmäßigen Ordnungsverfügung erfüllt. Jedoch hat der Beklagte das ihm hinsichtlich der anzuwendenden Tarifstellen eingeräumte Ermessen zur Bestimmung einer sog. Rahmengebühr i. S. v. § 9 Abs. 1 Gebührengesetz in der bis zum 16 Juli 2009 geltenden Fassung (GebG a. F.) rechtsfehlerhaft ausgeübt. Nach dieser Vorschrift sind bei der Festsetzung einer Rahmengebühr, wie sie die einschlägigen Tarifstellen in der Anlage 1 zur seinerzeit geltenden Baugebührenordnung vom 20. September 2003 (BbgBauGebO 2003), dort Nr. 4.3.1 bezüglich der Beseitigungsanordnung in der Ordnungsverfügung vom 6. Oktober 2008 und Nr. 4.3.2 bezüglich der Nutzungsuntersagung vom 1. Oktober 2008 vorsehen, im Einzelfall grundsätzlich von Amts wegen sowohl der Verwaltungsaufwand (Nr. 1) als auch die Bedeutung, der wirtschaftliche Wert oder der sonstige Nutzen der öffentlichen Leistung – also hier der Nutzungsuntersagung – für den Gebührenschuldner (Nr. 2 der Vorschrift) zu berücksichtigen. Die Bescheidgründe geben dies betreffend keinen Anhalt dafür, dass der Beklagte auch die nach Nr. 2 der Vorschrift zu beachtenden Gesichtspunkte – wie etwa die wirtschaftlichen und soziale Folgen für die Kläger bei Bestandskraft der Nutzungsuntersagung – berücksichtigt hat, wobei davon ausgegangen wird, dass je nach Lage des Falles durchaus eine kurze Begründung zur Berücksichtigung dieser Belange bei der Gebührenbemessung ausreichend sein kann. Der Beklagte hat jedoch zur Begründung der Gebührenhöhe jeweils allein Umstände angeführt, die den angefallenen Verwaltungsaufwand betreffen. Eine Ergänzung der Ermessenserwägungen nach § 114 Satz 2 VwGO ist nicht erfolgt. Da die Gebühr oberhalb der Mindestgebühr von 100,00 Euro bestimmt wurde und Gründe für eine Ermessensreduzierung nicht gegeben sind, ist die Gebühr aufzuheben, weil die gerichtliche Kontrolle sich auf die Rechtmäßigkeit der Ermessensausübung beschränkt (vgl. § 114 S. 1 VwGO).
2. Die rechtlich selbständige Gebührenerhebung für die Widerspruchsbearbeitung im Widerspruchsbescheid vom 24. April 2009 ist ebenfalls als rechtswidrig aufzuheben. Ein Vorverfahren ist insoweit nach § 68 Abs. 1 Nr. 2 VwGO entbehrlich. Die Widerspruchsgebühren in Höhe der für die Sachentscheidungen festgesetzten Gebühren erfolgte nach § 15 Abs. 3 Satz 1 GebG a. F. rechtswidrig. Nach dieser Vorschrift ist für das Widerspruchsverfahren die gleiche Gebühr wie für die Sachentscheidung zu erheben. Denn insoweit stellte der Beklagte in den Widerspruchsbescheiden keine weitergehenden Ermessenserwägungen zur angemessenen Gebührenhöhe der Sachentscheidung an.
II.
Im Übrigen ist die Klage unbegründet.
1. Die in der Ordnungsverfügung vom 7. Oktober 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides ergangene Nutzungsuntersagung in Bezug auf das Wohnen mit ständigem Wohnsitz in dem Wochenendhaus ist rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Rechtsgrundlage der angefochtenen Nutzungsuntersagung ist § 73 Abs. 3 Satz 1 Brandenburgische Bauordnung (BbgBO). Nach dieser Vorschrift kann die untere Bauaufsichtsbehörde die Nutzung einer baulichen Anlage untersagen, wenn die Nutzung in Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften erfolgt.
a) Davon ausgehend sind die tatbestandlichen Voraussetzungen der Nutzungsuntersagung gegeben, weil die Kläger das im Bescheid so bezeichnete Wochenendhaus, wie der Beklagte in dem angefochtenen Bescheid ausgeführt hat, ohne die erforderliche Baugenehmigung und damit formell rechtswidrig zum Dauerwohnen nutzen. Eine entsprechende Baugenehmigung konnten sie nicht vorlegen. Es besteht nach den vom Beklagten getätigten Recherchen auch kein Ansatzpunkt für weitere Ermittlungen, die zur Auffindung einer Baugenehmigung in Bezug auf das Gebäude führen könnten. Die Beweislast für das Vorhandensein einer Baugenehmigung tragen die Kläger nach den allgemeinen Beweisgrundsätzen, weil es sich um eine für sie günstige streitige Tatsache handelt. Umstände, die zu einer Beweislastumkehr führen, sind nicht gegeben. Zwar spricht viel dafür, dass das ursprünglich als Baracke errichtete Gebäude im Zusammenhang mit dem bis ungefähr Mitte der 50-iger Jahre des zwanzigsten Jahrhunderts betriebenen Bergbaubetrieb entstand. Mangels näherer Anhaltspunkte ist aber daraus allein nicht zu schlussfolgern, dass und ggf. für welche Zwecke es seinerzeit genehmigt wurde, zumal es selbst bei Annahme einer Genehmigung zu Wohnzwecken diese möglicherweise lediglich eine Nutzung als Sammelunterkunft zu Betriebszwecken betraf, da eine einem Wohnhaus vergleichbare Nutzungsbestimmung wegen der leichten Barackenbauweise nicht naheliegt. Darauf deutet auch die Bezeichnung in dem vorgelegten Wertgutachten vom 3. August 1962 als „Wohnhaus (ehem. Baracke)“ hin, weil damit eine frühere andere, von einem Wohnhaus unterschiedene Nutzung des Gebäudes angedeutet wird. Auch die sprachliche Bedeutung der Bezeichnung Baracke (aus dem frz. baraque für Feldhütte) deutet eher auf eine behelfsmäßige Unterkunft bzw. ein provisorisches Gebäude zur massenhaften Unterbringung – hier von Arbeitern – hin (vgl. den Wikipedia-Eintrag zu Baracke). Darüber hinaus wäre bei Annahme einer entsprechenden Baugenehmigung als Wohnbaracke im Zusammenhang mit dem Bergbaubetrieb nicht ohne weiteres zu unterstellen, dass eine solche Zulassung auch über den Fortbestand des Betriebes hinaus und nicht lediglich betriebsbezogen gelten sollte. Soweit der Kläger zu 1. mit dem genannten Wertgutachten und dem Vortrag zur Wohnnutzung der Eheleute ... bis 1979 eine tatsächliche Wohnnutzung des Gebäudes behauptet, ersetzt dies nicht die erforderliche Baugenehmigung. Nichts anderes gilt mit Blick auf den Nutzungsvertrag, den der Kläger zu 1. 1980 mit dem VEB K... abschloss. Denn auch wenn §§ 290, 286 Abs. 4 ZGB dem VEB eine Aufgabe im Rahmen der Versorgung der Bevölkerung mit Wohnraum zuwies, folgte daraus nicht, dass der zivilrechtliche Vertrag die erforderliche bauaufsichtliche Zustimmung beinhaltete oder der VEB anstelle der Staatlichen Bauaufsicht über die Zulässigkeit der Nutzung des Gebäudes entschied.
b) Die Nutzungsuntersagungsverfügung ist auch nicht unverhältnismäßig oder sonst ermessensfehlerhaft ergangen. Zutreffend verweist der Beklagte in den angegriffenen Bescheiden darauf, dass es sich um einen Fall des sog. intendierten Ermessens handelt, in dem das Einschreiten der Bauaufsichtsbehörde im Regelfall zulässig, wenn nicht geboten ist, um auf die Einhaltung der Rechtsordnung hinzuwirken. Stützt sich die Behörde ausschließlich auf die formelle Illegalität, ist es nicht Aufgabe des Gerichts, die Genehmigungsfähigkeit der untersagten Nutzung zu überprüfen. Die Nutzungsuntersagung ist in diesen Fällen lediglich dann ermessensfehlerhaft, wenn die streitige Nutzung offensichtlich, d. h. ohne jede nähere Prüfung ersichtlich genehmigungsfähig ist oder unter Bestandsschutz steht oder wenn bei atypischen Fallkonstellationen ein Verstoß gegen das Verhältnismäßigkeitsprinzip vorliegt. Solche atypischen Besonderheiten sind im Fall der Kläger nicht gegeben.
aa) Zunächst ist es rechtlich nicht zu beanstanden, dass der Beklagte den Klägern die Nutzung des Hauses als ständigen Wohnsitz untersagt hat. Denn sinngemäß meint er damit, wie auch aus der Begründung des Bescheides ersichtlich ist, in baurechtlicher Hinsicht die Nutzungsart Dauerwohnen, die in der Regel mit der Begründung eines ständigen Wohnsitzes einhergeht.
bb) Die untersagte Nutzung zu Dauerwohnzwecken ist auch nicht offensichtlich genehmigungsfähig.
(1) Die bauplanungsrechtliche Beurteilung richtet sich nach § 35 Abs. 2 und 3 BauGB, weil das Haus der Kläger im Außenbereich liegt. Der Auffassung des Beklagten und der Beigeladenen, dass aufgrund der von letzterer erlassenen Klarstellungs- und Ergänzungssatzung vom 1. Februar 2007 von einer Belegenheit im unbeplanten Innenbereich auszugehen sei und insofern ein Wochenendhausgebiet im Sinne von § 10 Abs. 1 BauNVO festgelegt sei, ist nicht zu folgen.
(a) Diesbezüglich ist die Klarstellungssatzung der Beigeladenen schon deshalb nicht maßgeblich, weil sie – zumindest teilweise in Bezug auf das in Rede stehende Gebiet der ... – formell unwirksam ist. Zum einen liegt ein beachtlicher Bekanntmachungsfehler gemäß § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BauGB vor, weil die Bekanntmachung vom 15. Dezember 2007 den Hinweiszweck verfehlt. Zu einer „absolut“ beachtlichen Verfehlung des Hinweiszwecks der Bekanntmachung zählen Mängel der schlagwortartigen Kennzeichnung des Geltungsbereichs sowie andere irreführende Zusätze, die verunklarend wirken und so den notwendigen Rückschluss auf das maßgebende Plangebiet eher erschweren (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 27. Oktober 2011 – 10 A 11.08 –, juris Rz. 28 m. w. N.). Insofern hätten der Bekanntmachung z. B. ein oder mehrere entsprechende Kartenausschnitte beigefügt werden müssen, um dem Hinweiszweck zu genügen. Denn in Anbetracht der Größe und Lage der bebauten Flächen in der Gemeinde genügte allein die allgemeine Bezeichnung der Satzung nicht als hinreichende schlagwortartige Kennzeichnung des Plangebietes. Mit dem vom Oberverwaltungsgericht insoweit anders entschiedenen Fall eines kleinen brandenburgischen Straßendorfes mit rund 550 Einwohnern (vgl. OVG Bln-Bbg, a. a. O) ist dieser Sachverhalt – bei einer Einwohnerzahl der Beigeladenen von rund 2.500 nach der Begründung der Satzung – nicht vergleichbar. Insbesondere mussten die Leser der Bekanntmachung nicht damit rechnen, dass auch das vom Ortskern abgelegene Gebiet der ... Bestandteil des Plangebietes war. Zum anderen ist ein beachtlicher landesrechtlicher Verstoß gegen Verfahrens- bzw. Bekanntmachungsvorschriften gegeben, denn die Satzung wurde zumindest in Bezug auf das hier betroffene Gebiet der ... nicht gemäß § 5 Abs. 3 Satz 1 Gemeindeordnung ausgefertigt. Zwar befindet sich ein vom damaligen Amtsdirektor als zuständigem Hauptverwaltungsbeamten unterzeichneter Ausfertigungsvermerk mit Datum vom 9. Februar 2007 auf Blatt 01 der Planurkunde. Auch ist grundsätzlich ein solcher Vermerk auf der Planurkunde hinreichend, weil er entsprechend der Beurkundungsfunktion der Ausfertigung die Übereinstimmung des Planinhalts mit dem vom Satzungsgeber beschlossenen Inhalt bestätigen soll. Jedoch erstreckt sich die Wirkung dieses Ausfertigungsvermerks nicht auf die weiteren Teile der Planurkunde (Blätter 02 bis 04) und somit auch nicht auf den Planteil, der die ... betrifft. Denn hierfür fehlt es an der erforderlichen körperlichen Verbindung dieser Planteile mit Blatt 01 der Planurkunde bzw. an entsprechenden gesonderten Ausfertigungsvermerken auf den weiteren Teilen der Planurkunde. Mangels körperlicher Verbindung der Planteile ist im Nachhinein nämlich nicht nachvollziehbar, ob die zum Planaufstellungsvorgang gelangten weiteren Planteile bei der Ausfertigung vorlagen und Gegenstand derselben waren. Das – teilweise – Unterbleiben einer Ausfertigung stellt einen Verstoß gegen ein verfassungsrechtliches Gültigkeitserfordernis und damit stets einen beachtlichen Mangel dar, auf den fachgesetzliche Unbeachtlichkeitsregelungen wie hier der Gemeindeordnung (§ 5 Abs. 4 Satz 1) oder der Kommunalverfassung des Landes Brandenburg (§ 3 Abs. 4 i. V. m. § 141 Abs. 3 Satz 2 BbgKVerf) keine Anwendung finden können (vgl. OVG Bln-Bbg, a. a. O., Rz. 33 m. w. N.).
(b) Zudem ist die Klarstellungssatzung zumindest in Bezug auf das Gebiet der ... auch materiell unwirksam, weil die erfolgte Klarstellung nicht den rechtlichen Voraussetzungen nach § 34 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 BauGB entspricht. Ausweislich Blatt 04 der Planurkunde ist für den Bereich der ... lediglich eine Klarstellung des Innenbereichs gemäß § 34 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 BauGB erfolgt. Soweit in der Legende zugleich auf ein Sondergebiet mit der Zweckbestimmung Wochenendhausgebiet nach § 10 BauNVO Bezug genommen wird, handelt es sich demgemäß allenfalls um eine deklaratorische Beschreibung eines vermeintlich vorhandenen faktischen Wochenendhausgebietes im unbeplanten Innenbereich. Denn der Klarstellungssatzung nach § 34 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 BauGB kommt – im Gegensatz zur Einbeziehungssatzung (auch Ergänzungssatzung genannt) nach § 34 Abs. 4 Nr. 3 BauGB nur eine klarstellende Bedeutung der Grenzziehung für die im Zusammenhang bebauten Ortsteile zu, die allerdings für die öffentlichen Verwaltungsstellen Bindungswirkung entfaltet. Einzelne planerische Festsetzungen nach § 9 BauGB sind ausweislich § 34 Abs. 5 Satz 2 BauGB im Zusammenhang mit einer Klarstellungssatzung nicht möglich. Inhaltlich setzt die Klarstellungssatzung demnach das tatsächliche Vorhandensein eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils im Sinne von § 34 Abs. 1 BauGB in den entsprechenden Grenzen voraus und unterliegt deshalb der gerichtlichen Prüfung, ob die Gemeinde die Grenzen des Innenbereichs im Ergebnis fehlerhaft festgelegt hat (vgl. ausführlich OVG Bln-Bbg, a. a. O., Rz. 38 ff.).
Davon ausgehend hat die Beigeladene verkannt, dass die in der ... vorhandene Bebauung ungeachtet der Anzahl der Häuser nicht das erforderliche Gewicht hat, um einen im Zusammenhang bebauten Ortsteil i. S. v. § 34 Abs. 1 BauGB zu bilden. Denn bei der deutlich überwiegenden Zahl der in der Siedlung vorhandenen Bauten handelt es sich, wie die Augenscheinnahme gezeigt hat, um typische eingeschossige Wochenendhäuser mit Grundflächen von zumeist rund 30 bis 40 qm. Es ist in der Rechtsprechung indes geklärt, dass maßstabsbildend für die Annahme eines Ortsteils grundsätzlich nur solche Bauten sind, die dem ständigen Aufenthalt von Menschen dienen (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 11. Juli 2002, BRS 65 Nr. 80; vom 2. August 2001, BRS 64 Nr. 86; vom 2. März 2000, BRS 63 Nr. 99). Dieses Erfordernis ist regelmäßig bei den in §§ 2 bis 9 BauNVO genannten Gebäuden erfüllt. Anders verhält es sich bei den Sondergebieten des § 10 BauNVO. Die dort als Regelbeispiele für eine Nutzung zu Erholungszwecken aufgeführten Wochenendhäuser können schon wegen ihrer lediglich vorübergehenden Nutzung nicht allein mit Blick auf § 34 Abs. 2 BauGB i. V. m. § 10 Abs. 1, 1. Alt. BauNVO ein (etwaiges) „faktisches Wochenendhausgebiet“ darstellen und unabhängig von der Art und dem Gewicht der einzelnen baulichen Anlagen als für einen im Zusammenhang bebauten Ortsteil prägend angesehen werden, weil sonst die Gefahr eines Wertungswiderspruchs bestünde (vgl. hierzu: OVG Bln-Bbg, Beschlüsse vom 20. April 2009 – 10 S 35.08 –, juris, Rz. 8; vom 8. Oktober 2007 – OVG 10 N 13.06 – m. w. N.; vom 24. Oktober 2007 – OVG 2 N 54.06 –). In diesem Zusammenhang ist nur Raum für abweichende Fallgestaltungen im Einzelfall, wenn und soweit z. B. die Wochenendhäuser jeweils nach Art und Gewicht geeignet sind, ein Gebiet als einen Ortsteil mit einem bestimmten städtebaulichen Charakter zu prägen. Als Anhaltspunkte hierfür kommen Größe und Gestalt der jeweiligen baulichen Anlagen sowie eine zumindest teilweise nicht nur vorübergehende Nutzung in Betracht (vgl. BVerwG, Beschluss vom 11. Juli 2002, a. a. O.; OVG Bln-Bbg, Beschluss vom 20. April 2009, a. a. O.). Eine solche Fallgestaltung liegt hier jedoch nicht vor. Nach der Augenscheinnahme sind allenfalls sechs Gebäude vorhanden, bei denen eine für die Annahme eines Ortsteils maßstabsbildende, prägende Wirkung überhaupt näher in Betracht zu ziehen ist, während es sich bei der weit überwiegenden Zahl der Gebäude in dem Gebiet um typische eingeschossige Wochenendhäuser (früher Bungalows genannt) mit Grundflächen von zumeist um die 30 bis 40 qm handelt. Dabei ist für die Gebäude mit den Hausnummern ..., ..., ... und ... (Flurstücke ..., ..., ... und ...), die aufgrund ihrer Größe (eingeschossig, mit Grundflächen von geschätzt rund 50 qm bis allenfalls 60 qm) und auch Gestalt noch typische Wochenendhäuser darstellen, letztlich eine abweichende Fallgestaltung einer prägenden Wirkung im o. g. Sinne abzulehnen. Selbst wenn aber zugunsten der Kläger eine prägende Wirkung dieser sowie der weiteren zwei angeblich früher als Wohnbaracken errichteten Gebäude mit den Hausnummern ... bis ... – davon Nr. ... durch die Kläger bewohnt – sowie ... und ... auf den Flurstücken ... bis ... bzw. ... und ... unterstellt wird, fehlt dem Bebauungskomplex aufgrund der geringen Anzahl von Gebäuden mit prägender Wirkung auch im Vergleich mit den übrigen Siedlungsgebieten der Beigeladenen, wie insbesondere dem besiedelten Ortskern von Brieskow-Finkenheerd, das erforderliche Gewicht, um einen im Zusammenhang bebauten Ortsteil nach § 34 Abs. 1 BauGB zu bilden. Im Übrigen führt der Umstand, dass mehrere der Gebäude in der Siedlung bislang zum Dauerwohnen genutzt wurden, zu keinem anderen Ergebnis. Denn weder wurden entsprechende Baugenehmigungen erteilt noch hat der Beklagte sich mit diesen Nutzungen dauerhaft abgefunden. Vielmehr schreitet er erklärtermaßen, wie dem Gericht aus mehreren parallel gelagerten Fällen bekannt ist, gegen die nicht genehmigten Wohnnutzungen in dem Gebiet der ... bauordnungsrechtlich durch Erlass von Nutzungsuntersagungen ein (vgl. BVerwGE 31, 22, 26; Krautzberger in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 10. Aufl., § 34, Rz. 4, 14). Abgesehen davon wird ein typisches Wochenendhaus, das nach der Verkehrsauffassung für eine Dauerwohnnutzung objektiv weder bestimmt noch geeignet ist, durch eine bloße illegale, nach außen in der Regel nicht ohne Weiteres erkennbare Nutzungsänderung noch nicht zu einem für die Siedlungsstruktur prägenden Element.
(2) Im Außenbereich ist die Dauerwohnnutzung als sonstiges Vorhaben nach § 35 Abs. 2 und Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 BauGB nicht offensichtlich genehmigungsfähig, sondern eher – ohne das dies hier abschließend geklärt werden muss – unzulässig. Die Zulassung einzelner Dauerwohnnutzungen – anders als möglicherweise die Zulassung von Wochenendnutzungen im bereits bebauten Bereich – ließe die Verfestigung der bisher durch eine Erholungsnutzung geprägten Splittersiedlung befürchten. Denn gegenüber der Erholungsnutzung nimmt die Dauerwohnnutzung den Außenbereich typischerweise intensiver in Anspruch, weil sie regelmäßig mit höheren Ansprüchen der Bewohner an die Erschließungssituation wie an die Ausstattung der Wohngebäude und -grundstücke verknüpft ist. Insofern würde die Genehmigung der Dauerwohnnutzung im Fall der Kläger eine Vorbildwirkung für die übrigen zahlreichen Wochenendgrundstücke entfalten und wäre eine entsprechende schleichende Umwandlung der Splittersiedlung mit überwiegendem Wochenendhauscharakter in eine Wohnsiedlung kaum mehr aufzuhalten. Es ist aber Sinn und Zweck der Vorschrift des § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 BauGB, einer solchen weitergehenden baulichen Inanspruchnahme des Außenbereichs Einhalt zu gebieten, da der Außenbereich grundsätzlich von Bebauung und deren entsprechenden Nutzung weitgehend freigehalten werden soll. Der Umstand, dass bisher schon auf einigen Grundstücken rechtswidrig eine Dauerwohnnutzung erfolgt, steht dem nicht entgegen, weil diese durch das Vorgehen des Beklagten zurückgedrängt wird.
cc) Auch im Übrigen erweist sich die Nutzungsuntersagung nicht als unverhältnismäßig. Das Gericht verkennt nicht, dass der Verwaltungsakt für die Kläger möglicherweise einschneidende wirtschaftliche und soziale Folgen hat, weil sie sich eine neue Wohnung werden suchen müssen. Der Beklagte hat aber rechtlich zutreffend darauf hingewiesen, dass es sich hierbei um typische Folgen des eigenverantwortlichen, wenn auch wohl nicht beabsichtigt rechtswidrigen Verhaltens der Kläger handelt, weshalb die Nutzungsuntersagung grundsätzlich angemessen und verhältnismäßig ist. Ferner hat der Beklagte den Belangen der Kläger mit Blick auf die erforderliche Wohnungssuche im Rahmen der Fristsetzung angemessen Rechnung getragen.
Schließlich sind Umstände, die einen (materiellen) Bestandsschutz oder einen Vertrauenstatbestand auf Seiten der Kläger begründen könnten, nicht gegeben. Für einen materiellen Bestandsschutz ist nichts ersichtlich. Soweit es die Zeit einer Wohnnutzung unter Geltung des DDR-Rechts betrifft, folgt das schon daraus, dass ein materieller, d. h. durch die verfassungsrechtliche Eigentumsgarantie bewirkter Bestandsschutz dort bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Änderung und Ergänzung der Verfassung der Deutschen Demokratischen Republik (Verfassungsgrundsätze) vom 17. Juni 1990 (GBl. I S. 299) am 17. Juni 1990 mangels einer Art. 14 Abs. 1 Grundgesetz (GG) vergleichbaren Garantie des Privateigentums nicht gegeben war. Ferner fehlte es für den Zeitraum ab Inkrafttreten der Verfassungsgrundsätze mit der Gewährung des Privateigentums (vgl. Art. 2 Satz 1) an einer Übereinstimmung der Nutzung mit dem materiellen Baurecht über den erforderlichen namhaften Zeitraum. Denn bereits zum 31. Juli 1990 erfuhr das materielle Baurecht der DDR wesentliche Änderungen insbesondere durch die Verordnung zur Sicherung einer geordneten städtebaulichen Entwicklung und der Investitionen in den Gemeinden (Bauplanungs- und Zulassungsverordnung – BauZVO) vom 20. Juni 1990 (GBl. I S. 739), die in § 20 die Zulässigkeit von Bauvorhaben im Außenbereich an § 35 BauGB entsprechende Anforderungen knüpfte, insbesondere als entgegenstehenden öffentlichen Belang die zu befürchtende Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung normierte. Diese Vorschrift ist nicht anders auszulegen als § 35 BauGB mit der Folge, dass ab dem Inkrafttreten der Norm von einer materiellen Baurechtswidrigkeit der fraglichen Nutzung auszugehen ist (vgl. OVG Bln-Bbg, Beschluss vom 14. Juli 2011 – 10 N 20.09 –, m. w. N.). Denn dass zum 31. Juli 1990 die bauliche Situation im Hinblick auf die planungsrechtliche Einordnung sich erheblich zugunsten der Kläger von dem aktuell vorgefundenen Bestand unterschieden hätte, ist nicht ersichtlich.
Der Kläger zu 1. kann sich ferner auch mit Blick auf die von ihm behauptete Dauerwohnnutzung seit dem Jahr 1979 nicht mit Erfolg auf einen sog. faktischen Bestandsschutz in entsprechender Anwendung von § 11 Abs. 3 der Bevölkerungsbauwerkeverordnung vom 8. November 1984 (GBl. I, 433 – BevBV) berufen. Nach dieser Vorschrift durften bauaufsichtliche Auflagen durch den Vorsitzenden des Rates an den Bauauftraggeber nicht mehr ergehen, wenn seit Fertigstellung des Bauwerkes mehr als 5 Jahre vergangen waren. Es ist in der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung anerkannt, dass diese Regelung, wenn ihr Tatbestand vor Außerkrafttreten der Vorschrift zum 1. August 1990 erfüllt war, eine Art faktischen Bestandsschutz vor bauordnungsbehördlichen Eingriffen aus Vertrauensschutzgründen gewährt, wobei die Einordnung als Verjährungsregelung oder aber als bei der Ermessensausübung zu berücksichtigender Vertrauensschutztatbestand zu berücksichtigen ist (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 26. Oktober 2005 – 10 S 15.05 –, EA S. 7 m. w. N.). Ebenso ist anerkannt, dass dieser Bestandsschutz auch für entsprechend (formell) illegal ausgeübte Nutzungen von baulichen Anlagen gilt (vgl. OVG a. a. O.). Allerdings ist hierfür jedenfalls bei einer Dauerwohnnutzung in Abgrenzung von der Nutzung zu Freizeitzwecken im Rahmen der entsprechenden Anwendung der Vorschrift nicht allein maßgeblich, ob der Kläger zu 1. eine solche Dauerwohnnutzung ausübte. Vielmehr kommt es darauf an, dass diese Dauerwohnnutzung auch den einschlägigen staatlichen Stellen, nämlich insbesondere der Staatlichen Bauaufsicht oder den Meldestellen, bekannt war. Das folgt daraus, dass – anders als bei der Errichtung eines Bauwerks – die Abgrenzung zwischen einer Dauerwohnnutzung eines Gebäudes und einer Nutzung zu Freizeitzwecken von außen nicht erkennbar ist und daher für sich genommen keinen entsprechenden Vertrauensschutz begründen kann. Daher ist in der Regel und auch hier für die Frist des § 11 Abs. 3 BevBV der Zeitpunkt des Bezugs des Gebäudes als Hauptwohnung ausschlaggebend (vgl. auch OVG Bln-Bbg, Beschluss vom 26. Oktober 2005 – 10 S 15.05; VG Potsdam, Urteil vom 10. Februar 2012 – VG 4 K 894/10 –). Die Anknüpfung an die Meldeverhältnisse rechtfertigt sich aus dem besonderen Stellenwert, den das Meldewesen in der ehemaligen DDR hatte und deckt sich mit der in der Verordnung über das Meldewesen in der Deutschen Demokratischen Republik – Meldeordnung – vom 15. Juli 1965 (GBl. DDR II S. 671) enthaltenen Unterscheidung zwischen Nebenwohnung und Hauptwohnung. Denn gemäß § 8 Abs. 2 Meldeordnung stellte die zu Erholungs-, Freizeit- oder Wochenendzwecken genutzte so genannte Sommerwohnung einen typischen Fall einer Nebenwohnung dar (vgl. OVG Bln-Bbg a. a. O.).
Davon ausgehend und weil keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Kläger die 1979 angeblich aufgenommene Dauerwohnnutzung der zuständigen Staatlichen Bauaufsicht angezeigt hat, muss der Kläger sich seine damaligen Meldeverhältnisse entgegen halten lassen. Er hat auf Befragen in der mündlichen Verhandlung erklärt, dass er seinen Hauptwohnsitz seinerzeit mit der Familie in Frankfurt (Oder) gehabt habe. Erst am 28. Dezember 2001 hat er sich mit der Klägerin auf dem streitbefangenen Grundstück mit (Erst-)Wohnsitz angemeldet. Weitere Ermittlungen hinsichtlich der früheren Meldearchive waren nicht geboten, auch wenn die Auskunft der Beigeladenen zu den Meldeverhältnissen zu DDR-Zeiten unrichtig bzw. unvollständig gewesen sein sollte. Auch gab es keinen Anlass, dem Kläger eine weitere Nachfrist für Einlassungen hierzu einzuräumen, weil er die maßgebliche Auskunft selbst geben konnte und die Erheblichkeit der Meldeverhältnisse bereits spätestens mit dem Widerspruchsbescheid des Beklagten im Raum stand. Auch die vom Kläger geäußerten Motive, seine damalige schwierige familiäre Situation sei der Grund für die nicht ordnungsgemäße Angabe der Meldeverhältnisse gewesen, führt zu keinem anderen Ergebnis. Es mag zwar – nicht näher genannte – nachvollziehbare Gründe für sein damaliges melderechtliches Verhalten geben, die hier auch nicht zu bewerten sind. Indes kommt es allein entscheidend darauf an, dass die zuvor genannten Voraussetzungen für die Begründung des Vertrauensschutztatbestandes infolge der damals nicht erfolgten Hauptwohnsitzmeldung auf dem streitbefangenen Grundstück nicht gegeben sind.
Sonstige Anhaltspunkte dafür, dass die Kläger auf die baurechtliche Rechtmäßigkeit der Dauerwohnnutzung vertrauen durften, sind ebenfalls nicht zu erkennen. Insbesondere lässt der Umstand, dass der Beklagte über mehrere Jahre nicht gegen die rechtswidrige Nutzung eingeschritten ist, für sich genommen nicht auf eine dauerhafte Duldung schließen. Auch ist das Schreiben der Amtsverwaltung für die Beigeladene vom 15. Dezember 2004, mit dem eine „historische Wohnnutzung des Gebäudes“ bestätigt wird, ohne Belang, weil es nur eine pauschale Bewertung enthält und nicht offenlegt, welche konkreten Erkenntnisse seitens der Beigeladenen über die Wohnnutzung des Gebäudes bestehen.
2. Die in der Ordnungsverfügung ausgesprochene Androhung eines Zwangsgeldes in Höhe von 1.000 Euro für den Fall der nicht fristgerechten Befolgung der Nutzungsuntersagung erweist sich auf der Grundlage von § 23 Verwaltungsvollstreckungsgesetz Brandenburg (VwVG BB) als rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten. Spezifische Einwendungen haben die Kläger nicht vorgebracht. Das Gericht folgt insoweit der diesbezüglichen Begründung in der Ordnungsverfügung vom 7. Oktober 2008 und sieht gemäß § 117 Abs. 5 VwGO von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO und bezüglich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen auf § 162 Abs. 3 VwGO. Insoweit entspricht es der Billigkeit, den Klägern die Kosten aufzuerlegen, weil die Beigeladene einen Klageabweisungsantrag gestellt und sich damit einem Kostenrisiko ausgesetzt hat (vgl. § 154 Abs. 3 VwGO). Die Entscheidung zur Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO. Gründe für die Zulassung der Berufung nach § 124 a Abs. 1 VwGO sind nicht gegeben.
Beschluss
Der Streitwert wird auf 5.000,00 Euro festgesetzt.
Gründe
Die Festsetzung beruht auf § 52 Abs. 2 Gerichtskostengesetz (GKG). Insoweit setzt die Kammer bei Nutzungsuntersagungen (Wohnen) mangels anderer Anhaltspunkte für die Bewertung des klägerischen Interesses an dem Rechtsstreit regelmäßig den Auffangwert an.