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Korrektur einer Arbeitsbescheinigung; Streitwert; 1/10 des zusätzlich zu bescheinigenden Arbeitsentgeltes


Metadaten

Gericht LSG Berlin-Brandenburg 8. Senat Entscheidungsdatum 12.08.2010
Aktenzeichen L 8 AL 222/10 B ECLI
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen § 52 GKG, § 68 GKG, § 312 SGB 3

Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Frankfurt (Oder) vom 12. Juli 2010 wird zurückgewiesen.

Das Beschwerdeverfahren ist gebührenfrei. Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

Gründe

Die gemäß § 197a Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) i. V. mit § 68 Abs. 1 Gerichtskostengesetz (GKG) statthafte und fristgerecht eingelegte Beschwerde gegen die Streitwertfestsetzung ist unbegründet.

Ein Streitwert war festzusetzen, weil das Verfahren nicht zu denjenigen gehört, in denen Kläger oder Beklagte gemäß § 183 SGG Kostenfreiheit genießen. Selbst wenn der Kläger Versicherter oder Leistungsempfänger war, so war er jedenfalls nicht in dieser Eigenschaft Verfahrensbeteiligter. Vielmehr hat er in seiner Eigenschaft als Arbeitnehmer gegenüber seinem Arbeitgeber die Klage vor dem Sozialgericht erhoben (s. LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 14. August 2008 – L 16 B 426/07 AL; SG Hamburg, Beschluss vom 27. April 2006 – S 60 AL 2074/04).

Die Streitwertfestsetzung des Sozialgerichts ist nicht zu beanstanden. Gemäß § 52 Abs. 1 GKG ist der Streitwert in Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit - vorbehaltlich spezieller Vorschriften - nach der sich aus dem Antrag der Antragstellerin für sie ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen. Gemäß § 52 Abs. 2 GKG ist ein Streitwert von 5.000 Euro anzunehmen, wenn der bisherige Sach- und Streitstand hierfür keine genügenden Anhaltspunkte bietet.

Entgegen der Auffassung der Beteiligten kann nicht der Streitwert nach § 52 Abs. 2 GKG herangezogen werden. Es handelt sich dabei weder um einen Ausgangs- noch um einen Regelwert, sondern lediglich um einen Auffangwert, wenn eine individuelle Bemessung mangels hinreichender Anhaltspunkte nicht möglich ist (s. statt vieler Hartmann, Kostengesetze, 38. Auflage 2008, § 13 Rz. 17 m. w. Nachw.). Im vorliegenden Fall ist eine individuelle Bemessung nach § 52 Abs. 1 Satz 1 GKG jedoch möglich (s. etwa auch z.B. LSG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 23. März 2009 – L 1 AL 25/09 B; SG Hamburg a.a.O.). Die Sache hat für den Kläger eine zahlenmäßig erfassbare Bedeutung. Die Arbeitsbescheinigung bezweckt, den Arbeitnehmer vor Beweisschwierigkeiten zu schützen und die Bewilligung von entgeltabhängigen Leistungen der Arbeitsförderung, im besonderen des Arbeitslosengeldes, zu beschleunigen (s. stellvertretend Steinmeyer in Gagel SGB II/SGB III, § 312 Rz. 10 m. w. Nachweisen). Sie hat zwar keine Tatbestandswirkung bei der Prüfung von Leistungsrechten durch die Bundesagentur für Arbeit (s. BSG SozR 3-4100 § 145 Nr. 1), kann jedoch dazu beitragen, dass Leistungen auf der Grundlage des bescheinigten Arbeitsentgelts berechnet werden. Mittelbar geht es für einen Arbeitnehmer mit anderem Worten darum, durch die berichtigte Arbeitsbescheinigung seine Beweissituation für den Nachweis eines Leistungsrechts dem Grunde nach oder einer höheren Leistung zu verbessern.

Angesichts dessen ist das Begehren mit einer zivilrechtlichen Klage auf Auskunftserteilung zur Vorbereitung einer Klage vergleichbar, mit der der „eigentliche“ Anspruch geltend gemacht werden soll. Ähnlich dem im Zivilprozess praktizierten Verfahren (s. zusammenfassend etwa Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 68. Auflage 2010, Anhang § 3 ZPO Rz. 24 zum Stichwort „Auskunft“) ist es deshalb auch vorliegend sachgerecht, den Streitwert nach dem Interesse an der Auskunftserteilung zu bemessen und dieses in einem Bruchteil der Summe auszudrücken, deren Bescheinigung geltend gemacht wird (so auch SG Hamburg a.a.O.).

Bei der Bestimmung des Bruchteils ist zu berücksichtigen, dass die Bescheinigung nach § 312 SGB III für Bruttoarbeitsentgelte zu erteilen ist, Leistungen der Arbeitsförderung, im besonderen das Arbeitslosengeld aber lediglich einen Prozentsatz davon betragen. Ferner ist der Beweiswert der Arbeitsbescheinigung dadurch begrenzt, dass die Bundesagentur für Arbeit – ebenso wie in einem etwaigen Rechtsstreit die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit – wie bereits erwähnt nicht förmlich an den Inhalt der Arbeitsbescheinigung gebunden ist, sondern im Rahmen der Ermittlung des Sachverhalts von Amts wegen andere Werte als nachgewiesen ansehen könnte. Umgekehrt wird die Bedeutung der Arbeitsbescheinigung auch für Arbeitnehmer dadurch relativiert, dass eine derartige Bescheinigung für keine Leistung der Arbeitsförderung Voraussetzung ist, der Nachweis der Leistungsvoraussetzungen mit anderen Worten ebenso gut durch andere Beweismittel geführt werden kann. All dies berücksichtigend, ist es sachgerecht, das Interesse des Klägers an der Auskunftserteilung – so wie es das Sozialgericht getan hat – mit einem Zehntel des Betrags zu beziffern, dessen zusätzliche Bescheinigung geltend gemacht worden ist (s. auch insoweit SG Hamburg a.a.O.).

Der Umstand, dass eine andere Kammer des Sozialgerichts eine Entscheidung im Sinne der von den Beteiligten vertretenen Auffassung getroffen hat, führt zu keinem anderen Ergebnis. Es muss nicht näher erläutert werden, dass die Gerichte in ihrer Entscheidung nur an Recht und Gesetz, nicht aber an andere gerichtliche Entscheidungen unterhalb der Ebene der Verfassungsgerichte gebunden sind.

Die Entscheidung über die gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens beruht auf § 68 Abs. 3 GKG.

Gegen diesen Beschluss ist die Beschwerde an das Bundessozialgericht ausgeschlossen (§ 177 SGG).