Gericht | VG Potsdam 2. Kammer | Entscheidungsdatum | 30.09.2011 | |
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Aktenzeichen | 2 K 883/08 | ECLI | ||
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen | Ziffer 18.2 AMR, Ziffer 18.3 AMR, Anl 8 AMR, § 79 BBG, § 6 Abs 1 Ziff 2 S 2 Buchstabe a BhV, Art 3 Abs 1 GG |
Die Beklagte wird unter teilweiser Aufhebung des Bescheides vom 3. Januar 2008 und des Widerspruchsbescheides vom 8. April 2008 verpflichtet, der Klägerin weitere Beihilfe gemäß ihrem Antrag vom 6. Dezember 2007 für ihre Aufwendungen für das Präparat Xenical in Höhe von 46,15 EUR zu gewähren.
Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Beteiligten streiten um die Gewährung einer Beihilfe für das Medikament Xenical, welches der Klägerin ärztlich verordnet wurde.
Die am 10. Oktober 1944 geborene Klägerin steht im Dienste der Beklagten und ist beim Hauptzollamt Potsdam beschäftigt. Sie leidet unter anderem an einer Adipositas in Verbindung mit dem metabolischen Syndrom und an Diabetes mellitus.
Mit Antrag vom 6. Dezember 2007 reichte sie bei der Bundesfinanzdirektion Mitte, Service-Center Süd-Ost - Beihilfestelle …. - unter anderem ein Rezept für das medizinische Präparat „Xenical 120 mg Kap 84 St“ (Rechnungsbetrag 92,30 EUR) zur Erstattung ein. Die Erstattung eines Beihilfeanteils von 50% wurde durch Bescheid vom 3. Januar 2008 mit der Begründung abgelehnt, dass - nach dem Rundschreiben des Bundesministeriums des Innern vom 13. April 2004 - D I 5 - 213 106 - 2/33 - Arzneimittel nicht beihilfefähig seien, bei deren Anwendung eine Erhöhung der Lebensqualität im Vordergrund stehe. Davon seien auch Arzneimittel zur Abmagerung oder Zügelung des Appetits sowie zur Regulierung des Körpergewichts umfasst. Um ein solches handele es sich vorliegend.
Gegen die Versagung der Beihilfe legte die Klägerin am 6. Februar 2008 Widerspruch ein. Zur Begründung trug sie im Wesentlichen vor, dass die Aufwendungen in früheren Jahren (1999 bis 2005) erstattet worden seien. Danach sei mit der Einnahme pausiert worden. Ihr behandelnder Arzt, Diplom-Mediziner …, habe nunmehr wieder das Medikament verordnet. In einer Bescheinigung vom 21. Januar 2008 führt dieser aus, die Verordnung sei medizinisch indiziert, da bei der Patientin ein metabolisches Syndrom mit einer Hyperlipidämie, einer insulingeführten Diabetes mellitus, einer arteriellen Hypertonie und einer Adipositas vorliege. Die mit der Verordnung angestrebte Reduzierung des Körpergewichts führe dazu, dass auch der Insulinbedarf und die Dosis der Blutfette senkenden Medikamente abnehme. Unter Xenical-Einnahme habe das Körpergewicht der Klägerin bisher stets effektiv gesenkt werden können. In einer weiteren Bescheinigung vom 25. Oktober 2010 desselben Arztes wird von einer Adipositas ausgegangen beim Vorliegen eines Body-Maß-Index von über 30. Die Verordnung von Xenical sei medizinisch indiziert und diene nicht der Lösung von Figurproblemen. Die Klägerin führte weiter aus, bei der Ausschlussregelung im Erlass seien pflichtwidrig keine Ausnahmeregelungen geschaffen worden. Für das Mittel Viagra gäbe es solche Ausnahmen dann, wenn Aufwendungen zur Wiedererlangung der Gesundheit, zur Besserung und Linderung von Leiden entstanden seien, vom Arzt schriftlich verordnet wurden und nicht geeignet seien, Güter des täglichen Bedarfs zu ersetzen. Eben so liege es auch in ihrem Fall hinsichtlich des Arzneimittels Xenical.
Den Widerspruch wies die Beihilfestelle mit Widerspruchsbescheid vom 8. April 2008 zurück. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass gemäß § 6 Abs. 1 Ziff. 2 Buchstabe a BhV Aufwendungen für verschreibungspflichtige Arzneimittel, die nach den Arzneimittelrichtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses aufgrund § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch von der Verordnung zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung ausgeschlossen sind, nicht beihilfefähig seien. Dazu gehörten vor allem solche Präparate, bei deren Anwendung eine Erhöhung der Lebensqualität im Vordergrund stehe. Dies seien Arzneimittel, deren Einsatz im Wesentlichen durch die private Lebensführung bedingt sei oder die nicht oder nicht ausschließlich zur Behandlung von Krankheiten dienten, ferner auch Arzneimittel, die der individuellen Bedürfnisbefriedigung oder der Aufwertung des Selbstwertgefühls dienten oder die zur Behandlung von Befunden angewandt würden, die lediglich Folge natürlicher Alterungsprozesse seien und deren Behandlung medizinisch nicht notwendig sei. Hierzu zähle auch das peripher wirkende Abmagerungsmittel Xenical mit dem Wirkstoff Orlistat. Dies sei neben anderen in der Anlage 8 der Arzneimittel-Richtlinien des gemeinsamen Bundesausschusses aufgeführt. Diese Ausschlussliste für sog. Lifestyle-Medikamente sei für das Beihilferecht übernommen worden. Verfassungsrecht werde hierdurch nicht verletzt.
Am 9. Mai 2008 hat die Klägerin Klage erhoben. Sie vertieft ihr Vorbringen aus dem Vorverfahren dahingehend, dass die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu nicht verschreibungspflichtigen Arzneimitteln vorliegend nicht anwendbar sei, da es sich bei Xenical um ein verschreibungspflichtiges Arzneimittel handele. Auch die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zum Arzneimittel Viagra stehe dem Beihilfeanspruch nicht entgegen, weil sie auf individuelle Bedürfnisse abstelle, im Gegensatz zu biologisch-medizinischen Bedürfnissen, wie sie bei der Klägerin vorlägen. Der Ausschluss der Beihilfefähigkeit stelle einen Verstoß gegen den Gleichheitssatz nach Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz dar. Der Dienstherr müsse eine zweckmäßige und ausreichende Versorgung im Krankheitsfall gewährleisten. Er dürfe nicht den Maßstab des medizinisch gebotenen unterschreiten. Vorliegend sei sie, die Klägerin, auf Xenical unbedingt angewiesen.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
die Beklagte unter teilweiser Aufhebung des Bescheides vom 3. Januar 2008 und des Widerspruchsbescheides vom 8. April 2008 zu verpflichten, der Klägerin weitere Beihilfe gemäß ihrem Antrag vom 6. Dezember 2007 für ihre Aufwendungen für das Präparat Xenical in Höhe von 46,15 EUR zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte trägt ergänzend zum Widerspruchsbescheid vor, dass Ausnahmen vom Beihilfeausschluss, etwa aufgrund medizinischer Indikation, nicht vorgesehen seien. Auf das Vorliegen einer medizinischen Indikation komme es nicht an. Die allgemeine Fürsorgepflicht des Dienstherrn werde dadurch auch nicht in ihrem Wesenskern verletzt, da gewisse Pauschalierungen und Generalisierungen hinzunehmen seien. Eine Ausnahme könne allenfalls dann in Betracht kommen, wenn es sich um die Behandlung einer sehr schwerwiegenden Erkrankung handele, für die keine andere Therapie verfügbar sei und wenn die Aussicht bestehe, dass das Präparat einen Behandlungserfolg erzielen könne. Davon gehe sie, die Beklagte, vorliegend nicht aus.
Durch Beschluss vom 15. September 2011 hat die Kammer den Rechtsstreit dem Berichterstatter als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes und des übrigen Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge verwiesen.
Aufgrund des Beschlusses vom 15. September 2011 kann der Berichterstatter als Einzelrichter über die Klage entscheiden (§ 6 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO -). Die Entscheidung kann ohne mündliche Verhandlung ergehen, weil die Beteiligten hierzu mit Schreiben vom 15. und 18. August 2011 ihr Einverständnis erklärt haben (§ 87a Abs. 2, 3 VwGO).
Die Klage ist zulässig und begründet.
Die Klägerin hat einen Anspruch auf Gewährung von Beihilfe für die mit ihrem Antrag vom 6. Dezember 2007 geltend gemachten Aufwendungen für das Präparat „Xenical 120 mg Kap 84 St“. Der insoweit angefochtene, versagende Beihilfebescheid vom 3. Januar 2008 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 8. April 2008 erweist sich als rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
Rechtsgrundlage für die von der Klägerin begehrte Beihilfe sind die dem Dienstherrn nach § 79 Bundesbeamtengesetz - in der bis zum 11. Februar 2009 geltenden Fassung vom 31. März 1999 (BGBl. 1999, 675) - obliegende Fürsorgepflicht und die diese konkretisierenden Beihilfevorschriften des Bundes (BhV). Im Klageverfahren ist diejenige Fassung der Beihilfevorschriften heranzuziehen, die im Zeitpunkt des Entstehens der Aufwendungen galt.
Die danach maßgeblichen Beihilfevorschriften des Bundes nach dem Stand der 27. Änderungsvorschrift vom 17. Dezember 2003 (GMBl. 2004, S. 227) und der 28. Änderungsvorschrift vom 30. Januar 2004 (GMBl. 2004, S. 379) verstoßen zwar gegen den Vorbehalt des Gesetzes und sind deshalb nichtig,
vgl. BVerwG, Urteil vom 17. Juni 2004 - 2 C 50.02 -, juris Rz 9.
Für eine Übergangszeit ist allerdings von der Weitergeltung der Beihilfevorschriften als Verwaltungsvorschriften auszugehen. Die Neuregelung wurde erst mit der Verordnung über Beihilfe in Krankheits-, Pflege- und Geburtsfällen vom 13. Februar 2009 vollzogen. Die Weitergeltung der Beihilfevorschriften als Verwaltungsvorschriften - hierunter auch die Regelungen über den Ausschluss der Beihilfefähigkeit der Aufwendungen für Präparate, bei deren Anwendung eine Erhöhung der Lebensqualität im Vordergrund stehe gemäß § 6 Abs. 1 Ziff. 2 Buchstabe a BhV - bis zu diesem Zeitpunkt gewährleistet, dass die Leistungen im Falle von Krankheit nach einem einheitlichen Handlungsprogramm erbracht werden,
vgl. BVerwG, Urteil vom 6. November 2009 - 2 C 60.08 -, juris Rz 12.
Dass der Klägerin diesen Beihilfevorschriften zufolge dem Grunde nach ein Anspruch auf Erstattung krankheitsbedingter Aufwendungen in Höhe von 50% zusteht, steht außer Streit.
Der Umfang des Anspruchs auf Erstattung krankheitsbedingter Aufwendungen bestimmt sich grundsätzlich nach den §§ 5 und 6 BhV. Danach sind als Aufwendungen aus Anlass einer Krankheit auch Aufwendungen für die vom Arzt schriftlich verordneten Arzneimittel beihilfefähig (§ 6 Abs. 1 Ziff. 2 Satz 1 BhV), sofern sie dem Grunde nach notwendig und der Höhe nach angemessen sind und ihre Beihilfefähigkeit nicht ausdrücklich ausgeschlossen ist (§ 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 3 BhV).
Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Die von der Klägerin geltend gemachten Aufwendungen für das verschreibungspflichtige und ihr verordnete Arzneimittel Xenical waren dem Grunde nach beihilfefähig (1) und der Höhe nach angemessen (2). Ihre Beihilfefähigkeit wird auch nicht durch die Vorschrift des § 6 Abs. 1 Ziff. 2 Satz 2 Buchstabe a BhV ausgeschlossen (3).
1. Notwendig sind Aufwendungen dann, wenn sie für eine medizinisch gebotene Behandlung entstanden sind, die der Wiedererlangung der Gesundheit oder der Besserung oder Linderung von Leiden dient. Das streitgegenständliche Arzneimittel wurde der Klägerin verschrieben im Rahmen der Behandlung der bei ihr vom Hausarzt diagnostizierten Adipositas und Hyperlipidämie, des Diabetes mellitus, der arteriellen Hypertonie und des metabolischen Syndroms. In der Medizin selber ist umstritten, ob bereits der Adipositas als solcher Krankheitswert zukommt. Einigkeit besteht aber darüber, dass bei starkem Übergewicht (im Allgemeinen ab einem BMI >=30) eine Behandlung mit dem Ziel der Gewichtsreduktion erforderlich ist, weil andernfalls ein erhöhtes Risiko für das Auftreten von Begleit- und Folgeerkrankungen, wie Stoffwechselkrankheiten, Herz- und Kreislauferkrankungen, Atemwegserkrankungen, gastrointestinalen Erkrankungen, Krankheiten des Bewegungsapparates und bösartigen Neubildungen, besteht,
BSG, Urteil vom 19. Februar 2003 - B 1 KR 1/02 R -, juris Rz 11 m. w. N.
Dieses Risiko hat sich vorliegend ersichtlich bereits teilweise verwirklicht. Danach ist die bei der Klägerin diagnostizierte Erscheinungsform der Adipositas als behandlungsbedürftige Krankheit im Sinne der einschlägigen Beihilfevorschriften einzuordnen. In diesem Zusammenhang ist auch darauf hinzuweisen, dass die Beklagte offenkundig ohne weiteres die weiteren zur Behandlung der im Zusammenhang miteinander stehenden Krankheiten (blutdrucksenkende Arzneimittel, Insulin usw.) zu Recht für beihilfefähig erachtet. Der Einordnung als behandlungsbedürftige Krankheit widerspricht letztlich auch nicht die Einschätzung der Beklagten. Dass das der Klägerin verordnete Arzneimittel Xenical als Abmagerungsmittel zur Behandlung von Adipositas grundsätzlich geeignet ist, wird ebenfalls von der Beklagten nicht grundlegend in Abrede gestellt.
2. Die Aufwendungen sind auch angemessen, da eine kostengünstigere medikamentöse Therapie zur Reduzierung des Körpergewichts weder vorgetragen noch ersichtlich ist. Die Beklagte hat auch nicht vorgetragen, dass allein ernährungs- und bewegungstherapeutische Maßnahmen ohne unterstützende Medikation ebenso geeignet wären, um das angestrebte Ziel der Gewichtsreduktion zu erreichen.
3. Auch die Ausschlussvorschrift des § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 Buchstabe a BhV i. V. m. den einschlägigen Arzneimittelrichtlinien, denen zufolge Aufwendungen für das Abmagerungsmittel Xenical regelmäßig nicht beihilfefähig sind, steht der Beihilfefähigkeit der hier in Rede stehenden Aufwendungen nicht entgegen. Die Vorschrift ist verfassungsgemäß auszulegen. Dabei ist der Anwendungsbereich der Ausschlussvorschrift teleologisch zu reduzieren.
Dem Wortlaut nach sind die Aufwendungen zwar nicht beihilfefähig. In den über den Verweis des § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 Buchstabe a BhV grundsätzlich auch im Beihilferecht anwendbaren Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen über die Verordnung von Arzneimitteln in der vertragsärztlichen Versorgung (Arzneimittel-Richtlinien [AMR] i. d. F. vom 31. August 1993, vor dem hier maßgeblichen Zeitpunkt zuletzt geändert am 13. März 2008, BAnz. Nr. 52, S. 1224) findet sich unter der Überschrift „Arzneimittel zur Erhöhung der Lebensqualität gemäß § 23 Abs. 1 Satz 7 SGB V“ unter anderem ein Leistungsausschluss für „Arzneimittel, die überwiegend […] zur Abmagerung oder zur Zügelung des Appetits [oder] zur Regulierung des Körpergewichts […] dienen“ (vgl. Ziffer 18.2 AMR). In der von dem Gemeinsamen Bundesausschuss hierzu beschlossenen Negativliste (Anlage 8) wird ausdrücklich das der Klägerin verordnete Xenical genannt (vgl. Ziffer 18.3 AMR i. V. m. Anlage 8 der AMR, Stand: 15. März 2008).
Die Anwendung der Ausschlussvorschrift auf den vorliegenden Fall widerspräche indes dem vom Normgeber mit dem Beihilfeausschluss nach § 6 Abs. 1 Ziffer 2 Satz 2 Buchstabe a BhV i. V. m. den AMR verfolgten Zweck. Sie wäre vor diesem Hintergrund auch nicht mit dem Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) vereinbar.
Differenzierungskriterium zur Abgrenzung von nicht erstattungsfähigen Arzneimitteln zur Erhöhung der Lebensqualität und erstattungsfähigen Arzneimitteln zur Diagnostizierung oder Behandlung von Krankheiten ist die biologisch-medizinische Behandlungsbedürftigkeit der zugrunde liegenden Befunde oder des zugrunde liegenden Zustands. Steht die Erhöhung oder Steigerung der Lebensqualität ungeachtet des medizinischen Hintergrundes der behandelten Symptome ganz im Vordergrund, ist die Beihilfefähigkeit ausgeschlossen; handelt es sich hingegen in erster Linie um eine biologisch-medizinisch notwendige, also krankheitsbedingte Behandlung, die lediglich nebenher zu einer Steigerung der Lebensqualität führt, so sind entsprechende Aufwendungen beihilfefähig,
vgl. hierzu im Einzelnen BVerwG, Urteil vom 18. Februar 2009 - 2 C 23.08 -, juris Rz 16 f.; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 31. Mai 2011 - OVG 4a N 26.11 -, Beschlussausfertigung S. 2 ff. (vorausgehend dazu VG Berlin, Urteil vom 14. Dezember 2009 - VG 36 K 73.09 -, Urteilsausfertigung S. 10 f.); vgl. auch VG Regensburg, Urteil vom 12. Oktober 2009 - RO 8 K 08.1976 -, juris Rz 14 ff.
Dies zugrunde gelegt trägt unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des vorliegenden Einzelfalls der Normzweck hier nicht den Ausschluss der Beihilfefähigkeit. Bei der Behandlung der Klägerin steht nicht die Erhöhung der Lebensqualität, sondern die Milderung oder Beseitigung der unstreitig bestehenden Gesundheitsrisiken im Vordergrund. Der Klägerin steht es nicht frei, auf die Behandlung zu verzichten, ohne sich dadurch der Gefahr (noch) weitergehender gesundheitlicher Beeinträchtigungen oder Schädigungen auszusetzen und ohne zugleich ihre beamtenrechtliche Gesunderhaltungspflicht zu verletzen. Das Risiko weiterer gesundheitlicher Schädigungen ergibt sich aus den unwidersprochen gebliebenen Stellungnahmen des behandelnden Arztes. Dass dieses aus ärztlicher Sicht etwa auch durch eine Änderung des Ess- und Bewegungsverhaltens der Klägerin zufriedenstellend in den Griff zu bekommen wäre, ist nicht ersichtlich. Ein Verstoß gegen das Gleichbehandlungsgebot von gleich gelagerten Sachverhalten gemäß Art. 3 Abs. 1 GG ist bei dieser Betrachtung ebenfalls ausgeschlossen. Würde indes vorliegend die Beihilfefähigkeit verneint, wäre eine nicht sachlich gerechtfertigte Ungleichbehandlung der Klägerin gegenüber anderen Beihilfeempfängern anzunehmen, deren Aufwendungen für verschreibungspflichtige, verordnete Arzneimittel gemäß § 6 Abs. 1 Ziffer 2 Satz 1 BhV im Wege der Beihilfe anteilig ersetzt werden.
Danach hat die Klägerin einen Anspruch auf Gewährung von Beihilfe in Höhe von 46,15 EUR. Dies entspricht 50% ihrer - aufgrund des unstreitigen Erreichens der Belastungsgrenze nach § 12 Abs. 2 Satz 1 BhV nicht um den Eigenbehalt zu kürzenden - Aufwendungen in Höhe von 92,30 EUR.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit wegen der Kosten auf § 167 Abs. 2 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 11 und 711 der Zivilprozessordnung (ZPO).
Gründe, gemäß §§ 124 Abs. 2, 124a Abs. 1 VwGO die Berufung zuzulassen, liegen nicht vor.
B e s c h l u s s
Der Streitwert wird gemäß § 52 Abs. 3 Gerichtskostengesetz auf 46,15 € festgesetzt.