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Versicherungspflicht - stiller Gesellschafter einer GmbH - Nebeneinander von abhängiger Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit


Metadaten

Gericht LSG Berlin-Brandenburg 9. Senat Entscheidungsdatum 20.11.2013
Aktenzeichen L 9 KR 294/11 ECLI
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen § 7 SGB 4, § 96 SGG

Leitsatz

1. Zur Versicherungspflicht eines stillen GmbH-Gesellschafters (hier bejaht).

2. Weil ein Urlaubsanspruch nach § 1 Bundesurlaubsgesetz die nicht abdingbare gesetzliche Folge eines Beschäftigungs-/Arbeitsverhältnisses ist, kommt dem Fehlen von Urlaubsregelungen in einem zu beurteilenden Vertrag regelmäßig allenfalls ganz untergeordnete Bedeutung für die Unterscheidung zwischen Beschäftigung und selbständiger Tätigkeit zu. Enthält ein Vertrag indes ausdrücklich Bestimmungen zu Umfang und ggf. Lage des Urlaubs, ist dies ein starkes Indiz für das Bestehen eines Beschäftigungsverhältnisses.

3. Gesetzlich ist weder der gleichzeitige Bestand mehrerer Versicherungspflichtverhältnisse noch das Nebeneinander von (versicherungspflichtiger) Beschäftigung und (versicherungspflichtiger oder -freier) selbständiger Tätigkeit generell ausgeschlossen.

4. Bescheide, die mehrere Verfügungssätze enthalten, können teilweise gemäß § 96 SGG Gegenstand eines schon anhängigen Rechtsstreits werden.

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 26. August 2011 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Die Klägerin und die Beklagte tragen die Kosten des Rechtsstreits je zur Hälfte. Die Beigeladenen tragen ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten noch um die Frage, ob der Beigeladene zu 1) in der Zeit vom 01. November 1990 bis zum 31. Dezember 2003 aufgrund einer Beschäftigung bei der Klägerin der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung unterlag.

Die Klägerin ist eine mit Gesellschaftsvertrag vom 22. Dezember 1988 gegründete Steuerberatergesellschaft in der Rechtsform einer GmbH, deren Unternehmensgegenstand der Betrieb einer Steuerberatungspraxis einschließlich der für Steuerberatergesellschaften gesetzlich und berufsrechtlich zulässigen Tätigkeiten ist.

Der 1943 geborene Beigeladene zu 1), ein Rechtsanwalt, betrieb und betreibt in seinem Wohnhaus eine Anwaltspraxis. Unter dem 05. September 1990 schlossen er und die Klägerin einen „Anstellungsvertrag“ für eine Tätigkeit als „Niederlassungsleiter“ mit u. a. folgendem Inhalt:

§ 1
Vertretungsbefugnis/Zeichnungsrecht

Der Niederlassungsleiter ist berechtigt und verpflichtet, in den ihm übertragenen steuerlichen Angelegenheiten die Gesellschaft unter Beachtung der Vorschriften des Gesellschaftsvertrages der Gesellschaft und der Rechte der Gesellschafterversammlung allein zu vertreten.

Im Hinblick auf die Geschäftsführung obliegt ihm die selbständige Leitung der Niederlassung G nach Maßgabe der Gesetze und des Gesellschaftsvertrages unter aller Beachtung der im Steuerberatungsgesetz festgelegten Grundsätze.

Der Niederlassungsleiter ist von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit.

§ 2
Arbeitsleistung, Wettbewerb

1. Das Anstellungsverhältnis hat am 5.9.90 begonnen.

2. Eine bestimmte Arbeitszeit ist nicht vereinbart. Es besteht jedoch Übereinstimmung darin, dass die wöchentlich Durchschnittsarbeitszeit mindestens 40 Stunden beträgt und die Einteilung der Arbeitszeit sich nach den betrieblichen Erfordernissen der Gesellschaft zu richten hat.

3. Der Niederlassungsleiter verpflichtet sich, für die Laufzeit dieses Vertrages seine Arbeitskraft, seine Kenntnisse und Erfahrungen ausschließlich der Gesellschaft zu widmen.

Er ist mit Rücksicht auf seine hervorragende Stellung als Vertreter der Gesellschaft nicht berechtigt, sonstige aktive Geschäfte für Eigen- oder Fremdrechnung zu betreiben; er darf auch nicht außerhalb der Gesellschaft in deren Tätigkeitsbereich selbständig oder unselbständig, beratend, gelegentlich oder mittelbar tätig werden oder sich an Konkurrenzunternehmen beteiligen. Das Verbot umfaßt auch eine Beteiligung als stiller Teilhaber oder Unterbeteiligter sowie die Beratung von Konkurrenzunternehmen.

Jeder Verstoß gegen dieses Wettbewerbsverbot rechtfertigt eine fristlose Kündigung des Anstellungsvertrages durch die Gesellschaft. Die Geltendmachung weitergehender Rechte, insbesondere von Schadenersatzansprüchen durch die Gesellschaft, bleibt vorbehalten.

Die Übernahme einer entgeltlichen und unentgeltlichen Nebentätigkeit, von Ehrenämtern sowie von Aufsichtsrats-, Beirats- und ähnlichen Mandaten bedarf der vorherigen schriftlichen Zustimmung der Gesellschafter.

§ 4
Bezüge

1. Der Niederlassungsleiter erhält eine Vergütung, die jeweils durch Vereinbarung mit der Geschäftsführung festzulegen ist. Vom 5.9.90 an wird das Gehalt auf 48.- TDM/Jahr festgelegt. Auf das Jahresgehalt erfolgen monatliche Vorauszahlungen von 4.000.-.

Voraussetzung für den Anspruch auf das volle Jahresgehalt ist die Erzielung eines bereinigten Betriebsergebnisses der Niederlassung (Jahresgewinn vor Praxiswertabschreibung, Zinsen auf Praxisfinanzierung und Körperschaftssteuer, aber nach Tantieme gem. Abs. 2 a) von 25 % vom Umsatz. Erreicht der so errechnete Gewinn nicht 25 %, so verringert sich das Jahresgehalt im gleichen Verhältnis wie dieser Prozentsatz unterschritten wird. Das Jahresgehalt beträgt jedoch mindestens 48.- TDM. Ergibt sich nach Anwendung des Satzes 5 eine innerjährliche Überzahlung, so ist der Differenzbetrag einem Verrechnungskonto gutzuschreiben, das mit 10 % p. a. verzinst wird.

4. Ist der Niederlassungsleiter an der Ausübung seiner Tätigkeit durch Krankheit oder andere unverschuldete Ursachen vorübergehend gehindert, bleiben ihm seine Bezüge für die Zeit der Behinderung bis zur Dauer von 3 Monaten erhalten.

Die Weiterzahlung der Bezüge vermindert sich jedoch um den Betrag, der dem von einer Krankenkasse gezahlten Krankengeld entspricht.

§ 6
Urlaub

Der Niederlassungsleiter hat Anspruch auf 25 Tage bezahlten Urlaub im Geschäftsjahr. Der Niederlassungsleiter hat den Zeitpunkt seines Urlaubs in Abstimmung mit der Geschäftsführung so einzurichten, daß den Bedürfnissen der Gesellschaft Rechnung getragen wird.

§ 9
Schlußbestimmungen

2. Die vertraglichen Vereinbarungen der Parteien ergeben sich erschöpfend aus diesem Vertrag und seinen etwaigen schriftlichen Anlagen. Vertragsänderungen bedürfen der Schriftform. Eine Befreiung von der Schriftform durch mündliche Vereinbarung ist unwirksam.

Mündliche Nebenabsprachen sind nicht getroffen worden.

Mit einem Schreiben vom 29. Oktober 1990 teilte die Klägerin dem Beigeladenen zu 1) mit, sie wolle der „guten Ordnung halber […] die besprochenen Punkte in dieser Form wiederholen und bestätigen:

[…]

3. Mit Wirkung vom 01.11.1990 werden Sie Ihre Angestelltentätigkeit umwandeln in eine „freie Mitarbeiterschaft“. Den Vertrag hierfür habe ich Ihnen in zweifacher Ausfertigung übergeben und Sie gebeten, den Vertrag kritisch zu prüfen. Wir erwarten ihren unterschriebenen Vertrag in den nächsten Tagen.

4. Ab 01.11.1990 erhalten Sie kein Gehalt mehr, sondern Sie erhalten gegen Rechnung einen Betrag in Höhe von DM 4 450,00 zuzüglich 14 % MwSt. Diese Rechnung stellen Sie an die GmbH und werden auch für den Ausgleich der jeweiligen Rechnungen sorgen. Eine entsprechende Information an die Lohnbuchhaltung habe ich weitergegeben.

5. Die Ihnen zufließenden Einnahmen aus Ihrer Rechtsanwaltstätigkeit stehen in vollem Umfang der Niederlassung F & Partner zu. Ich darf Sie bitten, entsprechende Rechnungen von F & Partner GmbH an Herrn RA E P zu schreiben und die Geldeingänge schnellstmöglich auf das Firmenkonto umzubuchen.

[…]

In der Hoffnung auf einen weiteren erfolgreichen Aufbau Ihrer Niederlassung verbleiben wir

Ferner schlossen diese Beteiligen am selben Tag einen „Vertrag zur Gründung einer stillen Gesellschaft“ mit u. a. folgendem Inhalt:

§ 1

Die F & Partner GmbH unterhält u. a. in G eine auswärtige Beratungsstelle, in der sie Steuerberatung betreibt, dort wird eine eigene Buchführung erstellt und eigene Bankkonten geführt. Es ist angestrebt, die Beratungsstelle G in Zukunft als handelsrechtliche Zweigniederlassung zu führen.

Gegenstand des Unternehmens ist der Betrieb einer Steuerberatungspraxis einschließlich der für Steuerberatungsgesellschaften gesetzlich und berufsrechtlich zulässigen Tätigkeiten gem. § 33 i. V. m. § 57 StBG, wie z. B. bei Wirtschaftsberatung und gutachterliche sowie treuhänderische Tätigkeit.

§ 2

1. Die F & Partner GmbH räumt den Gesellschaftern eine typisch stille Beteiligung nur an der auswärtigen Beratungsstelle G ein, und zwar

dem Gesellschafter zu 1. in Höhe von 10 % Zehn
 dem Gesellschafter zu 2. in Höhe von
 dem Gesellschafter zu 3. in Höhe von

des Gesamtpraxiswertes einschließlich stiller Reserven und Praxiswert ein.

2. Die Niederlassung (stille Gesellschaft) wird mit einem den gesellschaftlichen Bestimmungen dieses Vertrages unterliegenden Festkapital in Höhe von DM 20.000,-- ausgestattet.

Entsprechend ihrer Beteiligungsquote entfällt auf

den stillen Gesellschafter zu 1. ein Kapitalanteil in Höhe von DM 2 000,--
 den stillen Gesellschafter zu 2. ein Kapitalanteil in Höhe von DM --
 den stillen Gesellschafter zu 3. ein Kapitalanteil in Höhe von DM --

Dieser Kapitalanteil ist von den stillen Gesellschaftern in bar einzulegen.

4. Die übrigen Beteiligungs- oder Vertragsverhältnisse am Sitz der Gesellschaft, an deren anderen auswärtigen Beratungsstellen oder Niederlassungen werden durch diesen Vertrag nicht berührt.

§ 3

Die Gesellschaft beginnt am 5.9.90 und kann frühestens zum 31.12.1995 gekündigt werden.

§ 4

Für die Beratungsstelle ist ein separates Rechenwerk zu führen und jährlich eine Bilanz auf den Schluß des Wirtschaftsjahres aufzustellen.

Die stillen Gesellschafter haben die Informations- und Kontrollrechte gemäß §§ 119 HGB und 716 BGB. Sie sind berechtigt, die Einsichtnahme der Geschäftsbücher und Geschäftspapiere der auswärtigen Beratungsstelle selbst oder durch einen beauftragten Buchsachverständigen vornehmen zu lassen, jedoch auf eigene Kosten.

§ 5

Die Gesellschafter fassen ihre Beschlüsse in der Gesellschafterversammlung oder wenn alle Gesellschafter damit einverstanden sind, außerhalb der Gesellschafterversammlung in beliebiger Form. Die Gesellschafterbeschlüsse sind, auch soweit sie außerhalb der Gesellschafterversammlung erfaßt werden, in einem Protokoll, das von allen Gesellschaftern zu unterschreiben ist, niederzulegen.

c) Zur Beschlußfassung müssen mindestens 2 Gesellschafter und 91 % sämtlicher Stimmrechte anwesend oder vertreten sein (s. unter d).

Kommt eine beschlußfähige Gesellschafterversammlung nicht zustande, so ist unter Beachtung der Form- und Fristvorschriften wie unter a) eine zweite Gesellschafterversammlung einzuberufen, die dann ohne Rücksicht auf die vertretenen Stimmen beschlußfähig ist.

d) Die Abstimmung in der Gesellschafterversammlung erfolgt nach Stimmen. Jeder Prozentpunkt der Beteiligung ergibt eine Stimme.

Die Gesellschafter beschließen mit einer Mehrheit von 91 % der vorhandenen Stimmen über die Änderung dieses Gesellschaftsvertrages und die Auflösung der Gesellschaft kann nur einstimmig beschlossen werden.

§ 7

Die Gesellschafter der die auswärtige Beratungsstelle G betreibenden stillen Gesellschafter sind am Ergebnis und am Vermögen - einschließlich der stillen Reserven - dieser stillen Gesellschaft wie folgt beteiligt:

1. die stille Gesellschafterin F & Partner GmbH

        

90 %   

2. der stille Gesellschafter zu 1.

        

10 %   

3. der stille Gesellschafter zu 2.

        

 %    

4. der stille Gesellschafter zu 3.

        

 %    

Eine Beteiligung der stillen Gesellschafter an Verlusten der auswärtigen Beratungsstelle G über ihre Vermögenseinlage hinaus ist gem. § 232 Abs. 2 Satz 1 HGB ausgeschlossen.

Sollten dem Geschäftsinhaber wegen der Begrenzung des Abs. 2 höhere Verlustanteile zugerechnet werden, als es seiner Beteiligung entspricht, werden ihm diese Differenzbetriebe in folgenden Gewinnjahren als Vorabgewinn zugerechnet.

§ 9

Die Ansprüche der stillen Gesellschafter aus einem zwischen ihnen und der F & Partner GmbH evtl. abgeschlossenen Dienstvertrag bleiben hiervon unberührt.

§ 10

Über seinen Anteil an der Gesellschaft sowie über seine Rechte und Ansprüche aus dem Gesellschaftsverhältnis kann jeder Gesellschafter nur mit vorheriger Zustimmung der anderen Gesellschafter durch Abtretung oder Belastung verfügen.

§ 13

1. Die stillen Gesellschafter sind nicht berechtigt, während der Dauer ihrer Beteiligung an der Gesellschaft brancheneinschlägige Geschäfte zu tätigen, ein brancheneinschlägiges Unternehmen zu errichten oder sich an solchen Konkurrenzunternehmen unmittelbar oder mittelbar zu beteiligen.

2. Im Falle der Beendigung des Gesellschaftsverhältnisses gilt für die stillen Gesellschaften ein uneingeschränktes Wettbewerbsverbot hinsichtlich derjenigen Mandanten, die im Zeitpunkt des Ausscheidens Mandanten der Gesellschaft sind. Das Wettbewerbsverbot gilt auf die Dauer von 3 Jahren.

3. Für den Fall eines Verstoßes gegen das Wettbewerbsverbot durch die stillen Gesellschafter haben diese eine Vertragsstrafe an die Gesellschaft zu zahlen. Die Höhe der Vertragsstrafe beläuft sich auf 100 % desjenigen Jahresumsatzes, den die Gesellschaft in den letzten 12 Monaten vor dem Verstoß mit den Mandanten erzielt hat, die von diesem Verstoß betroffen sind.

§ 14

Nebenabreden zu diesem Vertrag sind nicht getroffen worden. Änderungen oder Ergänzungen dieses Vertrages bedürfen der Schriftform, die mündlich weder generell noch für den Einzelfall abbedungen werden kann.

Falls eine Bestimmung dieses Vertrages unwirksam wird, so werden die Gesellschafter die unwirksame Bestimmung durch eine Regelung ersetzen, die dem rechtlichen und wirtschaftlichen Zweck der unwirksamen Bestimmung möglichst nahe kommt. Geschieht dies nicht, so wird vermutet, dass die Unwirksamkeit der Bestimmungen die Wirksamkeit des Vertrages im übrigen nicht berührt. Entsprechendes gilt auch für etwaige Lücken des Vertrages.

Die Kosten der Errichtung der Gesellschaft trägt die Gesellschaft.

Als Gerichtsstand für Streitigkeiten aus diesem Vertrag wird E bestimmt.

Bereits am 25. Oktober 1990 hatten diese Beteiligten einen „Dienstvertrag“ mit u. a. folgendem Inhalt geschlossen:

§ 1

Herr P [Beigeladener zu 1)] wird ab dem 1.11.90 als freier und selbständiger Mitarbeiter für die Gesellschaft tätig.

§ 2

1. Der Mitarbeiter ist in der Gestaltung seiner Dienstzeit frei. Es besteht jedoch Übereinstimmung darin, daß sich die Einteilung und der Umfang der Dienstzeit an den betrieblichen Erfordernissen der Gesellschaft orientiert.

2. Ggf. weitere von den Mitarbeitern außerhalb der Gesellschaft ausgeübte freiberufliche Tätigkeiten sind vorher mit der Gesellschaft abzustimmen. Sie dürfen auf keinen Fall die Erfüllung der im Interesse der Gesellschaft übernommenen Aufgaben beeinträchtigen.

Dem Mitarbeiter ist jede unselbständige Tätigkeit außerhalb der Gesellschaft untersagt; er darf sich nicht an Konkurrenzunternehmen beteiligen. Das Verbot umfaßt auch eine Beteiligung als stiller Teilhaber oder Unterbeteiligter sowie die Beratung von Konkurrenzunternehmen.

Jeder Verstoß gegen dieses Wettbewerbsverbot rechtfertigt eine fristlose Kündigung des Vertrages durch die Gesellschaft. Die Geltendmachung weitergehender Rechte, insbesondere von Schadenersatzansprüchen durch die Gesellschaft, bleibt vorbehalten.

§ 3
Honorar für geleistete Tätigkeit

1. Der Mitarbeiter erhält für seine Tätigkeit ein Monatshonorar in Höhe von DM 4 450,-- ohne MwSt. Dieses Honorar wird in 12 gleichen Raten gezahlt.

Die Vertragsparteien gehen dabei davon aus, daß die vom Mitarbeiter für die Gesellschaft aufgewandte Arbeitszeit monatlich im Durchschnitt 150 Stunden nicht unterschreitet.

2. Bei Benutzung eines eigenen Pkw’s erhält der Mitarbeiter für Dienstfahrten eine Kilometerpauschale von DM 0,42. Andere Reisekosten werden nach den tatsächlichen Aufwendungen, soweit sie angemessen sind, abgerechnet.

3. Der Mitarbeiter erstellt der Gesellschaft zum Monatsende eine Rechnung über die angefallenen Kosten und Aufwendungen.

4. Ist der Mitarbeiter an der Ausübung seiner Tätigkeit durch Krankheit oder andere unverschuldete Ursachen vorübergehend gehindert, so hat er dies der Gesellschaft unverzüglich mitzuteilen.

§ 7
Schlußbestimmungen

1. Alle Bestimmungen dieses Vertrages sind sowohl innerhalb als auch außerhalb des Firmenbereiches der Gesellschaft streng vertraulich zu behandeln.

2. Die vertraglichen Vereinbarungen der Parteien ergeben sich erschöpfend aus diesem Vertrag und seinen etwaigen schriftlichen Anlagen. Vertragsänderungen bedürfen der Schriftform sowie der ausdrücklichen Zustimmung der Gesellschafterversammlung. Eine Befreiung von der Schriftform durch mündliche Vereinbarungen ist unwirksam.

Mündliche Nebenabsprachen sind nicht getroffen worden.

3. Sollte eine der Vertragsbestimmungen unwirksam sein, so wird dadurch die Wirksamkeit der übrigen Bestimmungen nicht berührt. Die Parteien haben die unwirksame Bestimmung durch eine wirksame gültige Klausel zu ersetzen, die dem in dieser Bestimmung zum Ausdruck gebrachten Willen der Parteien am nächsten kommt.

Ferner vermietete der Beigeladene zu 1) der Klägerin Räume zur Nutzung als Steuerberatungsbüro (Mietvertrag vom 24. Oktober 1991).

In der Folgezeit stellte der Beigeladene zu 1) der Klägerin seine Dienstbezüge monatlich in Rechnung (eingereicht sind exemplarisch die Rechnungen für die Monate Januar 1999 bis Dezember 2000). Die dem Beigeladenen zu 1) zustehende „Tätigkeitsvergütung und Tantieme“ wurden zwischen ihm und der Klägerin für jedes Kalenderjahr neu vereinbart. Diese Vereinbarungen enthielten regelmäßig folgende Passage:

„Das Dienstverhältnis des Niederlassungsleiters ist sozialversicherungsfrei. Die Tätigkeitsvergütung beinhaltet die andernfalls vom Arbeitgeber zu tragenden Beiträge. Die Verantwortung für den Abschluss einer angemessenen Kranken- und Rentenversicherung und die Zahlung der Prämien trägt der Niederlassungsleiter.“

Darüber hinaus gewährte die Klägerin dem Beigeladenen zu 1) ab 1993 eine betriebliche Altersversorgung bei der R AG Überbetriebliche Unterstützungskasse e.V. . In einem Rechtsstreit des Beigeladenen zu 1) gegen diese Unterstützungskasse gelangte das Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern (Beschluss vom 27. März 2006) zum Ergebnis, dass seine Tätigkeit für die Klägerin nicht unselbständig gewesen sei.

Die Einkünfte des Beigeladenen zu 1) aus seiner steuerberatenden Tätigkeit ergeben sich aus der folgenden Übersicht (Angaben bis 2001 in DM, ab 2002 in €):

Jahr   

Gehalt

private Pkw-
Nutzung

Zinsen

Gewinn-
anteil

Gesamt

1991   

                                

42.296,00

1992   

58.501,73

        

 - 200,00

 9.797,57

68.099,30

1993   

43.530,14

        

 773,30

 - 2.118,42

42.185,02

1994   

84.000,00

        

 1.840,69

 - 9.225,49

76.615,21

1995   

84.000,00

1.380,00

 992,27

 - 5.090,63

81.281,64

1996   

84.000,00

4.233,63

 - 116,05

 2.306.44

90.424,00

1997   

81.000,00

4.233,63

 35,48

 3.287,84

88.556,95

1998   

60.000,00

5.348,18

 70,04

 2.065,22

67.483,44

1999   

62.180,00

5.901,70

 38,63

 4.935,87

72.121,60

2000   

72.476,00

5.901,70

 - 344,36

 - 10,10

76.782,52

2001   

72.000,00

7.189,32

 - 1.718,22

 6.026,82

83.497,92

2002   

36.813,00

3,017,45

 - 514,80

 1.644,49

40.960,14

        

2003   

36.813,00

3.017,52

 - 90,37

 - 1.007,58

38.732,57

        

Mit Bescheid vom 11. September 1998 stellte die ‚Beklagte (unter ihrer damaligen Bezeichnung „Bundesversicherungsanstalt für Angestellte“) fest, dass der Beigeladene zu 1) in seiner selbständigen Tätigkeit (als Rechtsanwalt) ab dem 01. Januar 1992 der Versicherungspflicht nach § 229a Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) unterliege. Widerspruch, Klage und Berufung des Beigeladenen zu 1) blieben erfolglos (Urteil des Landessozialgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 16. April 2003, Az.: L 4 RA 98/01).

Aus den vom Beigeladenen zu 1) eingereichten Einkommenssteuerbescheiden ergeben sich folgende Einkünfte:

Jahr   

Einkünfte aus
Gewerbebetrieb

Einkünfte aus
selbständiger Arbeit

1993   

42.185

56.150

1994   

76.615

58.520

1995   

81.278

5.666 

1996   

90.424

4.195 

1997   

88.557

- 10.677

1998   

67.483

6.199 

1999   

72.121

57.114

2000   

109.770

28.445

2001   

87.901

114.354

2002   

40.021

20.995

Unter dem 22. März 2004 schlossen diese Beteiligten folgende „Aufhebungsvereinbarung zum Niederlassungsleiter - Einstellungsvertrag“:

Die Vertragspartner haben mit Datum vom 05.09.1990 einen Niederlassungsleiter-Anstellungsvertrag geschlossen.

Die Vertragspartner vereinbaren hiermit einvernehmlich unter Verzicht auf alle im vorgenannten Anstellungsvertrag genannten Fristen folgendes:

1. Die Vertragspartner vereinbaren und erklären die Aufhebung des Anstellungsvertrages und aller Ergänzungsvereinbarungen zum 31.12.2003.

2. Mit dieser Vereinbarung sind alle gegenseitigen Ansprüche der Parteien aus dem Niederlassungsleiter-Anstellungsvertrag und Gesellschaftsvertrag abgegolten.

Anfang des Jahres 2005 beantragte der Beigeladene zu 1) bei der Beklagten eine versicherungsrechtliche Beurteilung. Mit Bescheid vom 19. Oktober 2007 stellte die Beklagte gegenüber der Klägerin fest, dass für den Beigeladenen zu 1) in seiner Tätigkeit als stiller Gesellschafter der Klägerin im Zeitraum vom 05. September 1990 bis zum 31. Dezember 2003 ein dem Grunde nach sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis bestanden habe. Den hiergegen gerichteten Widerspruch der Klägerin wies sie zurück (Widerspruchsbescheid vom 08. Juli 2008).

Während des Klageverfahrens „ergänzte“ die Beklagte den Bescheid vom 19. Oktober 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08. Juli 2008 dahin, dass in der vom Beigeladenen in der Zeit vom 05. September 1990 bis zum 31. Dezember 2003 ausgeübten Beschäftigung als Niederlassungsleiter Versicherungspflicht in den Zweigen der gesetzlichen Sozialversicherung bestanden habe. Ferner forderte sie für die Zeit ab dem 01. Dezember 1999 Beiträge in Höhe von 73 607,35 Euro nach und wies darauf hin, dass der Bescheid Gegenstand des „anhängigen sozialgerichtlichen Verfahrens“ werde (Bescheid vom 6. Juli 2011).

Das Sozialgericht gab der Klage weitgehend statt. Mit Urteil vom 26. August 2011 hob es den Bescheid der Beklagten vom 19. Oktober 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08. Juli 2008 für die Zeit vom 01. November 1990 bis zum 31. Dezember 2003 auf und stellte fest, dass der Beigeladene zu 1) in diesem Zeitraum während seiner Tätigkeit als Leiter der Niederlassung G der Klägerin nicht der Versicherungspflicht in den Zweigen der gesetzlichen Sozialversicherung unterlegen habe. Im Übrigen wies es die Klage ab.

Zur Begründung führte das Sozialgericht aus: Der Bescheid der Beklagten vom 06. Juli 2011 sei nicht nach § 96 Sozialgerichtsgesetz (SGG) Gegenstand des Klageverfahrens geworden. Indem dieser Bescheid nach seinem Wortlaut die früheren Bescheide nur ergänze, sei der Anwendungsbereich des § 96 SGG nicht eröffnet. Auch eine Teilabhilfe liege nicht vor. Der Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) ab dem 01. November 1990 liege nicht der Einstellungsvertrag vom 05. September 1990 zugrunde, sondern der ihn ablösende Dienstvertrag vom 25. Oktober 1990. Unter dessen Geltung überwögen die gegen ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis sprechenden Umstände. Der Beigeladene zu 1) habe seine Arbeitszeit frei einteilen können und sei an keine Geschäfts- oder Arbeitszeiten gebunden gewesen. Regelungen zu seinem Urlaub fehlten; vielmehr habe er sich Urlaub nehmen können, wann er wolle, und habe die Klägerin hiervon lediglich in Kenntnis setzen müssen. Auch eine Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall sei nicht vereinbart gewesen. Dass er der Klägerin für seine Tätigkeiten Rechnungen gestellt und Umsatzsteuer entrichtet habe, sei ein starkes Indiz für eine selbständige Tätigkeit. Darüber hinaus habe er durchgehend parallel seine Anwaltskanzlei betrieben, mit der er eigenständig am Markt aufgetreten sei. Er sei auch nicht den Weisungen der Klägerin unterworfen gewesen. Die regelmäßigen Gespräche zwischen ihm und der Klägerin hätten nach Auffassung der Kammer primär der Gewährleistung der Zusammenarbeit und dem Interesse der Klägerin an einem erfolgreichen Wirtschaften der Niederlassung gedient. Damit sei das Verhältnis zwischen dem Beigeladenen zu 1) und der Klägerin durch ein gegenseitiges Miteinander auf Augenhöhe gekennzeichnet gewesen. Die Kammer verkenne aber nicht, dass auch gewichtige Anhaltspunkte für das Vorliegen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses bestünden. Anders als in dem vom Bundessozialgericht (BSG) entschiedenen Fall (Urteil vom 24. Januar 2007 - B 12 KR 31/06 R) sei nach Abschluss des Dienstvertrages zwischen dem Beigeladenen zu 1) und der Klägerin der Anstellungsvertrag auch nicht faktisch fortgeführt worden. Dies zeige sich insbesondere darin, dass der Beigeladene zu 1) parallel zu seiner Niederlassungsleitertätigkeit seine Rechtsanwaltskanzlei geführt habe, was ihm nach den Regelungen des Anstellungsvertrages nicht möglich gewesen wäre.

Gegen dieses ihr am 21. September 2011 zugestellte Urteil richtet sich die Berufung der Beklagten vom 13. Oktober 2011.

In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat die Beklagte ihren Bescheid vom 19. Oktober 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08. Juli 2008 in der Fassung des Bescheides vom 06. Juli 2011 insoweit aufgehoben, als darin die Versicherungspflicht des Beigeladenen zu 1) in der gesetzlichen Kranken- und der sozialen Pflegeversicherung in der Zeit vom 01. November 1990 bis zum 31. Dezember 2003 aufgrund seiner für die Klägerin ausgeübten Beschäftigung festgestellt wird. Dieses Teilanerkenntnis hat die Klägerin angenommen.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 26. August 2011 zu ändern und die Klage insgesamt abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend und trägt ergänzend vor: Die Sichtweise der Beklagten sei verkürzt, wenn sie behauptet, der Beigeladene zu 1) hafte als atypisch stiller Gesellschafter nur für einen Verlust mit seiner Beteiligung in Höhe von 2.000,00 DM. Es sei eine Besonderheit der Gewinnermittlung im Personengesellschaftsrecht nach dem Einkommenssteuergesetz, dass die vom Beigeladenen zu 1) autonom entsprechend dem vorherigen Gesellschafterbeschluss durchgeführte monatliche Vorabentnahme auf seinen Gewinnanteil diesem ertragssteuerlich als gewerblicher Gewinn zugerechnet würde. Die Veränderungen der Vergütungshöhe seien im Hinblick auf die beabsichtigte, auf der Gleichordnungsebene stattfindende, gleichberechtigte Kooperation vereinbart worden. Zwischen ihrer – der Klägerin – Geschäftsführerin und dem Beigeladenen zu 1) seien wie bei den über 70 weiteren von ihr betreuten Gesellschaften Gespräche geführt worden, in deren Rahmen Umsatzzahlen besprochen, eine behutsame Ergebniskontrolle durchgeführt, Hilfestellungen in fachlichen Fragenstellungen angeboten und gemeinsame Ziele für die Kanzleientwicklung abgesprochen und festgelegt worden seien. Unbedeutend sei, ob die Klägerin mit dem Beigeladenen zu 1) eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts begründet habe oder nicht. Umsatzsteuerlich habe sich der Beigeladene in seinen Vergütungsabrechnungen als Unternehmer geriert. Der Beigeladene zu 1) sei auch nicht bloßer Kapitalgeber gewesen, sondern der einzige Berufsträger in der gemeinschaftlich betriebenen Kanzlei in G. Ein Rechtsschutzbedürfnis der Beklagten sei zweifelhaft, wenn man bedenke, dass sie mit bestandskräftigem Verwaltungsakt aus dem Jahr 1998 unabänderlich festgestellt habe, dass der Beigeladene als selbständig tätiger Rechtsanwalt der Rentenpflichtversicherung nach § 2 SGB VI unterliege. Es sei nicht denkbar, dass der Beigeladene zu 1) für die Jahre 1993 bis 2003 einerseits Rentenversicherungsbeiträge aus seiner Tätigkeit als selbständiger Anwalt schulde, andererseits daneben ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis dieses Beigeladenen bei der Klägerin bestehen solle. Die Stellung des Beigeladenen zu 1) sei aufgrund seiner Mandantenbindung und seiner Vermieterstellung bezüglich der Kanzleiräume so dominant gewesen, dass sie – die Klägerin – die von ihm beherrschte Handhabung bei Führung der Bürogemeinschaft zwar wiederholt beanstandet habe, letztlich aber gezwungen gewesen sei, seine Vorgehensweise zu akzeptieren.

Der Beigeladene zu 1) teilt die Rechtsauffassung der Beklagten und behauptet, dass weitere mit der Kontrolle befugte Geschäftsführer der Klägerin vor Ort tätig geworden seien.

Die übrigen Beteiligten haben sich in der Sache nicht geäußert.

Wegen des Sach- und Streitstandes im Einzelnen sowie wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte sowie die beigezogenen Verwaltungsakten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die Berufung ist zulässig und begründet. Zu Unrecht hat das Sozialgericht die Bescheide der Beklagten für den Zeitraum 1. November 1990 bis 31. Dezember 2003 bezüglich der Versicherungspflicht des Beigeladenen zu 1) in der gesetzlichen Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung aufgehoben und festgestellt, dass für diesen Zeitraum keine Versicherungspflicht bestehe. Insoweit sind die Bescheide der Beklagten nicht zu beanstanden.

A. Streitgegenstand ist neben den Bescheiden vom 19. Oktober 2007 und 8. Juli 2008 auch der Bescheid vom 6. Juli 2011, allerdings nur, soweit er die Versicherungspflicht des Beigeladenen zu 1) in der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung betrifft. Dieser Bescheid enthält mehrere Verfügungssätze: Neben Feststellungen zur Versicherungspflicht des Beigeladenen zu 1) in den verschiedenen Zweigen der gesetzlichen Sozialversicherung setzt er auch eine Beitragsnachforderung fest. Jede dieser Regelungen stellt einen eigenen Verwaltungsakt i.S.v. § 31 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) dar und ist somit gesondert anfechtbar. Aufgrund dessen ist der Bescheid vom 6. Juli 2011 teilbar und wird nur im o.g. Umfang Gegenstand des Rechtsstreits. In diesem Umfang hat er die Bescheide vom 19. Oktober 2007 und 8. Juli 2008, die sich auf die (unzulässige) Feststellung einzelner Elemente der Versicherungspflicht beschränkten, in ihren Verfügungssätzen um die notwendigen Feststellungen zur Versicherungspflicht "ergänzt". Wird in einem solchen Fall ein wegen der Feststellung eines (unselbständigen) Tatbestandselements unvollständiger Verwaltungsakt durch einen weiteren Verwaltungsakt um das fehlende (andere) Element zu einer vollständigen Feststellung ergänzt – und erst damit einer inhaltlichen, materiell-rechtlichen Überprüfung durch das bereits angerufene Gericht zugänglich gemacht –, so liegt darin eine insgesamt erneuernde Feststellung mit der Folge, dass der zweite Verwaltungsakt den ersten i.S.v. § 96 Abs. 1 i.V.m. § 153 Abs. 1 SGG ersetzt (vgl. BSG, Urteil vom 28. September 2011 - B 12 KR 17/09 R -, juris).

Nicht mehr Streitgegenstand ist die Frage, ob der Beigeladene zu 1) in seiner Tätigkeit für die Klägerin im Zeitraum vom 5. September bis 31. Oktober 1990 der Versicherungspflicht in den Zweigen der gesetzlichen Sozialversicherung unterlag. Insoweit ist das Urteil des Sozialgerichts rechtskräftig geworden.

B. Die Berufung ist begründet. Das Sozialgericht hat die Bescheide der Beklagten vom 19. Oktober 2007 und 8. Juli 2008 zu Unrecht für die Zeit ab dem 1. November 1990 insgesamt aufgehoben und festgestellt, dass der Beigeladenen zu 1) in dieser Zeit nicht der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung unterlag. Die Bescheide der Beklagten waren nur rechtswidrig, soweit sie die Versicherungspflicht des Beigeladenen zu 1) in der gesetzlichen Krankenversicherung für die Zeit vom 1. November 1990 bis 31. Dezember 2003 und in der sozialen Pflegeversicherung nach § 20 SGB XI für die Zeit vom 1. Januar 1995 bis 31. Dezember 2003 feststellen. Dem hat die Beklagte durch ihr von der Klägerin angenommenes o.g. Teilanerkenntnis in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat entsprochen. Zutreffend hat die Beklagte hingegen die Versicherungspflicht des Beigeladenen zu 1) in der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung für die Zeit vom 1. November 1990 bis 31. Dezember 2003 aufgrund seiner Tätigkeit für die Klägerin festgestellt.

I. Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, unterliegen der Versicherungspflicht in der Rentenversicherung (§ 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch - SGB VI - für die Zeit ab dem 1. Januar 1992; für die Zeit bis zum 31. Dezember 1991 galt nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 Angestelltenversicherungsgesetz - AVG - entsprechendes für Angestellte) und dem Recht der Arbeitsförderung (§ 25 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buches - SGB III - für die Zeit ab dem 1. Januar 1998; für die Zeit bis zum 31. Dezember 1997 bestand Beitragspflicht nach § 168 Abs. 1 Satz 1 Arbeitsförderungsgesetz - AFG -). Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung ist § 7 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Viertes Buch - SGB IV -. Nach dessen bis zum 31. Dezember 1998 geltenden Fassung ist Beschäftigung die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind nach dem zum 1. Januar 1998 eingeführten Satz 2 dieser Vorschrift eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers. Eine Beschäftigung setzt voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen. Maßgebend ist stets das Gesamtbild der Arbeitsleistung, welches sich nach den tatsächlichen Verhältnissen bestimmt. Tatsächliche Verhältnisse in diesem Sinne sind die rechtlich relevanten Umstände, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben. Ob eine "Beschäftigung" vorliegt, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. Ausgangspunkt ist daher zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt. Eine im Widerspruch zu ursprünglich getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung und die sich hieraus ergebende Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung gehen der nur formellen Vereinbarung vor, soweit eine - formlose - Abbedingung rechtlich möglich ist. Umgekehrt gilt, dass die Nichtausübung eines Rechts unbeachtlich ist, solange diese Rechtsposition nicht wirksam abbedungen ist. Zu den tatsächlichen Verhältnissen in diesem Sinne gehört daher unabhängig von ihrer Ausübung auch die einem Beteiligten zustehende Rechtsmacht. In diesem Sinne gilt, dass die tatsächlichen Verhältnisse den Ausschlag geben, wenn sie von Vereinbarungen abweichen. Maßgeblich ist die Rechtsbeziehung so wie sie praktiziert wird und die praktizierte Beziehung so wie sie rechtlich zulässig ist (BSG, Urteil vom 24. Januar 2007 - B 12 KR 31/06 R -, juris, m.w.N.).

II. Die in diesem Sinne rechtlich relevanten Beziehungen des Beigeladenen zu 1) und der Klägerin bestimmen sich für den Zeitraum vom 1. November 1990 bis zum 31. Dezember 2003 zumindest nach dem Dienstvertrag vom 25. Oktober 1990 und nach dem "Vertrag zur Gründung einer stillen Gesellschaft" vom 5. September 1990. Ob daneben auch die im Anstellungsvertrag vom 5. September 1990 getroffenen Vereinbarungen eingreifen, kann dahinstehen.

Das Vertragsverhältnis zwischen der Klägerin und dem Beigeladenen zu 1) erlaubt unter Zugrundelegung dieser beiden Verträge eine uneingeschränkte Zuordnung zum Typus der entgeltlichen Beschäftigung. Diese vertraglichen Regelungen sind für die Beurteilung hier maßgebend. Eine formlose Abbedingung der entsprechenden Abreden beider Verträge durch schlüssiges Verhalten ist schon nach dem ausdrücklich bekundeten Willen der Vertragsparteien ausgeschlossen, da sich die vertraglichen Vereinbarungen erschöpfend aus diesen Verträgen ergeben, Vertragsänderungen und -ergänzungen der Schriftform bedürfen und letztere mündlich weder generell noch für den Einzelfall abbedungen werden kann (§ 14 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrages, § 7 Ziffer 2 des Dienstvertrages).

1. Dass der Beigeladene zu 1) auch ab dem 1. November 1990 bei der Klägerin gegen Entgelt abhängig beschäftigt ist, ergibt sich zunächst aus § 2 Ziffer 2 des Dienstvertrages. Danach unterliegt – und dies geht über die für Arbeitsverträge üblichen Bedingungen weit hinaus – die gesamte Arbeitskraft des Beigeladenen zu 1) der Verfügungsgewalt der Klägerin. Zwar ist er nach § 2 Ziffer 1 des Dienstvertrages in der Gestaltung seiner Dienstzeit frei und muss sich nur an den betrieblichen Erfordernissen der (stillen) Gesellschaft orientieren. Zugleich ist ihm aber zum einen jede unselbständige Tätigkeit, d.h. Beschäftigung, außerhalb der Gesellschaft ohne jede Ausnahme, etwa nach ausdrücklicher Gestattung durch die Klägerin, untersagt. Zum Anderen sind ihm nicht nur – dies ist durchaus üblich – weitere selbständige Tätigkeiten, die mit den Geschäften der Klägerin konkurrieren könnten, verboten, sondern er muss darüber hinaus jede freiberufliche Tätigkeit außerhalb der Gesellschaft mit der Klägerin abstimmen, kann also insoweit nicht gegen deren Willen tätig werden. Ungeachtet der Frage, ob das ausnahmslose Verbot unselbständiger Tätigkeit rechtlich überhaupt zulässig ist, kommt darin in größtmöglicher Deutlichkeit zum Ausdruck, dass der Klägerin eine umfassende Verfügungsgewalt über die Einsatzmöglichkeiten des Beigeladenen zu 1) eingeräumt werden sollte. Dies alleine schließt bereits die Annahme einer zumindest gleichberechtigten Leitung der auswärtigen Beratungsstelle durch den Beigeladenen zu 1) und die Klägerin aus.

2. Der Beigeladene zu 1) hatte seine Arbeitsleistung auch gerade gegenüber der Klägerin als Arbeitgeberin zu erbringen. Denn allein diese unterhält die auswärtige Beratungsstelle (§ 1 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrages). Als stiller Gesellschafter ist der Beigeladene zu 1) lediglich im Rahmen des Gesellschaftsgegenstandes zu deren Förderung verpflichtet. Dass demgegenüber in § 7 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrages von der „die auswärtige Beratungsstelle betreibenden stillen Gesellschaft“ die Rede ist, fällt nicht ins Gewicht, da dem die Rechtsnatur der stillen Gesellschaft (auch der atypischen) entgegensteht: diese entfaltet Rechtswirkung ausschließlich im Innenverhältnis zwischen den Gesellschaftern und tritt nach außen, d.h. im Rechtsverkehr, in keiner Weise in Erscheinung. Sie kann daher auch keine weitere Beratungsstelle i.S.v. § 34 Abs. 2 Steuerberatungsgesetz betreiben (BSG a.a.O.).

3. Für eine abhängige Beschäftigung gegen Entgelt spricht auch die in § 7 des Gesellschaftsvertrages geregelte Vergütungsvereinbarung. Danach sollte der Beigeladene zu 1) als Gegenleistung für die von ihm eingebrachte Arbeitskraft eine „Tätigkeitsvergütung“ in Form eines Vorabgewinns erhalten. Wie bei einem klassischen Beschäftigungsverhältnis, z.B. einem Arbeitsverhältnis, kann er jedoch über die Höhe dieser Vergütung nicht selbst – wie ein selbständiger Unternehmer innerhalb seines Unternehmens – entscheiden, sondern nur im Einvernehmen mit der Klägerin als der Gläubigerin des Anspruchs auf Arbeitsleistung. Typisch für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis ist ferner eine Fortzahlung der Vergütung im Krankheitsfall (§ 3 Abs. 4 des Dienstvertrages).

4. Unerheblich ist demgegenüber, dass im Dienstvertrag – in Abweichung von dem bis zum 30. November 1990 gültigen Anstellungsvertrag – keine Regelungen zu einem möglichen Urlaubsanspruch des Beigeladenen zu 1) enthalten sind. Denn ein Urlaubsanspruch ist nach § 1 Bundesurlaubsgesetz die (nach § 13 Abs. 1 Satz 3 dieses Gesetzes einzelvertraglich nicht abdingbare) gesetzliche Folge eines Beschäftigungs-/Arbeitsverhältnisses. Daher kommt dem Fehlen von Urlaubsregelungen in einem zu beurteilenden Vertrag regelmäßig allenfalls ganz untergeordnete Bedeutung für die Unterscheidung zwischen Beschäftigung und selbständiger Tätigkeit zu. Enthält ein Vertrag in des ausdrücklich Bestimmungen zu Umfang und ggf. Lage des Urlaubs ist dies ein starkes Indiz für das Bestehen eines Beschäftigungsverhältnisses.

5. Zugleich steht dem Beigeladenen zu 1) in keiner Weise – insbesondere nicht aufgrund sonstiger Bestimmungen des Gesellschaftsvertrags – ein maßgeblicher Einfluss auf die interne Willensbildung seiner Arbeitgeberin zu, der es ihm erlauben würde, Einzelanweisungen an sich im Bedarfsfall jederzeit zu verhindern oder sonst die Geschäftstätigkeit der Klägerin ganz oder teilweise zu bestimmen. Er ist als stiller Gesellschafter nicht etwa seinerseits in der Lage, durch Berufung auf sonstige rechtliche Verpflichtungen der Klägerin aus dem Gesellschaftsvertrag den Bindungen zu entgehen, die sich aus seiner Verpflichtung zur Erbringung seiner vollen Arbeitskraft ergeben. Zwar ist der Beigeladene zu 1) durch die stille Beteiligung an der auswärtigen Beratungsstelle (§ 2 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrages) rechtlich zulässig (vgl. Schmidt, in: Münchener Kommentar zum Handelsgesetzbuch, Band 3, München 2007, § 230 Rd. 169) an der Niederlassung als einem Bruchteil des Unternehmensvermögens der GmbH sowie am Unternehmensgewinn beteiligt. Zusammen mit der GmbH ist er zudem dem Betrieb der Niederlassung als gemeinsamem Zweck verpflichtet, sodass die Merkmale einer stillen Gesellschaft i.S.v. § 230 ff HGB vollständig erfüllt sind (vgl. hierzu Schmidt, a.a.O., Rd. 3). Die – gesetzlich nicht definierte und nur rudimentär geregelte – stille Gesellschaft ist eine (Personen-)Gesellschaft i.S. von § 705 BGB und bildet als klassischer Fall einer Innengesellschaft als solche weder ein Gesellschaftsvermögen noch ist sie rechts- oder parteifähig noch kann sie vertreten werden (Schmidt, a.a.O., RdNr 7, 8). In rechtlicher Hinsicht tritt allein der Geschäftsinhaber als Träger des Unternehmens in Erscheinung, sodass eine Außenhaftung der stillen Gesellschafter ausgeschlossen ist (Schmidt, a.a.O., RdNr 13). Als Innengesellschaft ist die (typische) stille Gesellschaft in erster Linie Schuldverhältnis mit dem Einlageverhältnis als zentralem vermögensrechtlichen Aspekt (Schmidt, a.a.O., RdNr 17).

a. Zwar ist eine Ausgestaltung der Innengesellschaft als mitgliedschaftliches Organisationsverhältnis nicht ausgeschlossen (vgl. BSG, Urteil vom 2. Mai 1979 – 2 RU 93/78 –, juris, und den dort zugrunde liegenden Sachverhalt). Ein echter Verband kann insbesondere vorliegen, wenn das stille Beteiligungsverhältnis z.B. einer "GmbH & Still" nach dem Modell der Kommanditgesellschaft (KG) ausgestaltet ist. Im Blick auf die Vielzahl von u.a. gesellschafts-, steuer- und arbeitsrechtlichen Zwecken, die mit einer stillen Beteiligung verbunden werden können, hat sich gegenüber der unverändert als "klassisch" bzw. "typisch" zugrunde gelegten Vorstellung der Gesetzgebung des 19. Jahrhunderts eine Vielzahl von Gestaltungen herausgebildet. Hatte sich diese unter dem stillen Gesellschafter einen Kapitalgeber vorgestellt, der sich auf gesellschaftsrechtlicher Basis ohne Publizität, ohne geschäftsleitende Befugnis und ohne das Risiko persönlicher Haftung gegen Hingabe einer Einlage am Erfolg des Unternehmens eines anderen beteiligt, ohne über diese rein schuldrechtliche Vereinbarung hinaus irgendwie am Unternehmen beteiligt zu sein, sind auf der Grundlage der mittlerweile in Ausübung der Vertragsfreiheit eingetretenen Entwicklungen vielfältige "atypische" gesellschaftsrechtliche Gestaltungen denkbar. Diese können – jeweils unter Wahrung der Mindestvoraussetzungen der stillen Gesellschaft – im Innenverhältnis zu einer den Handelsgesellschaften angenäherten Organisation führen und insofern sogar die Rollenverteilung zwischen dem "Stillen" und dem Geschäftsinhaber umkehren (Schmidt, a.a.O., RdNr 73, 77). Vor diesem rechtlichen Hintergrund haben auch vorliegend die Parteien des hiesigen Gesellschaftsvertrages eine Reihe "atypischer" Elemente vereinbart. Diese führen indes nicht zu einer Umkehrung der internen Rollenverteilung im vorstehenden Sinn.

b. Bereits der von der GmbH & Still verfolgte Zweck kann stets nur in der Verfolgung eines (ursprünglich) dem Grunde und (fortlaufend) dem Umfang nach von der GmbH vorgegebenen übergreifenden Zwecks liegen. Dem entspricht zunächst die Umschreibung der Grundlagen des Gesellschaftsvertrages, die gerade darauf hinweist, dass (allein) die beigeladene GmbH die Beratungsstelle in G "unterhält" und "sie" dort "Steuerberatung betreibt" (§ 1 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrages). Wenn sie daher nach Abschluss des Gesellschaftsvertrages ggf. auch grundsätzlich nicht mehr berechtigt ist, ohne Zustimmung des stillen Gesellschafters das (partiell verselbstständigte) Unternehmen zu veräußern oder seine Fortführung einzustellen bzw. wesentliche Veränderungen vorzunehmen (vgl. Schmidt, a.a.O., Rd. 137), schweigt der Gesellschaftsvertrag doch zur künftigen operativen Ausgestaltung und deren Organisation, sodass es auch weiterhin grundsätzlich allein der GmbH vorbehalten bleibt, im Rahmen des ihr zustehenden unternehmerischen Gestaltungsspielraums Art und Umfang der Tätigkeit in der Niederlassung zu bestimmen. Ausdrücklich allein an einem Teilbereich ihrer eigenen Unternehmenstätigkeit bzw. ihres Vermögens ("nur an der auswärtigen Beratungsstelle", § 2 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrags) hat die GmbH nämlich dem Beigeladenen zu 1) als stillen Gesellschafter eine Beteiligung "eingeräumt" und bleiben in der Konsequenz allgemein "die übrigen Beteiligungs- oder Vertragsverhältnisse am Sitz der Gesellschaft, an deren auswärtigen Beratungsstellen oder Niederlassungen" durch den Gesellschaftsvertrag unberührt (§ 2 Abs. 4 des Gesellschaftsvertrages). Der Beigeladen zu 1) wird deshalb nach diesem Vertrag, zu dem keine Nebenabreden getroffen wurden und dessen Änderung oder Ergänzung zwingend der Schriftform bedürfte (§ 14 des Gesellschaftsvertrags), nur für und aufgrund einer Ermächtigung durch die Klägerin tätig.

c. Dem Beigeladenen zu 1) sind im Gesellschaftsvertrag keine Geschäftsführungsbefugnisse im Innenverhältnis der GmbH & Still, d.h. eine interne Rechtsmacht, an Stelle der GmbH als Unternehmerin im gemeinsamen Interesse der (aller) Gesellschafter tätig zu werden, eingeräumt. Nicht einmal der Dienstvertrag sieht eine „geschäftsführende“ Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) vor, sondern nach seinem § 1 lediglich dessen „freie“ Mitarbeit. Bei allen durch den Dienstvertrag dem Beigeladenen zu 1) ggf. eingeräumten Befugnissen kann es von vorn herein nur um die durch die GmbH als Arbeitgeberin eingeräumten gehen. Da alle Rechte aus dem parallel und gleichrangig die Rechtsbeziehungen der Parteien bestimmenden Dienstvertrag unberührt bleiben, ist der Beigeladene zu 1) auch Arbeitnehmer, soweit er faktisch, d.h. ohne rechtliche Grundlage, die Geschäftsführung der stillen Gesellschaft betreibt. Dies gilt auch, soweit die GmbH im Rahmen der GmbH & Still im Interesse ihrer stillen Gesellschafterin fremdnützig tätig wird. Der Beigeladene zu 1) kann damit auch insofern nur in Vertretung der Klägerin und unter Berücksichtigung der sonst dieser gegenüber bestehenden rechtlichen Bindungen tätig werden, während für eine unmittelbar gerade ihm selbst eingeräumte Kompetenz, den Gesellschaftszweck aus eigenem Recht und ggf. entgegen dem Willen und gegen das Interesse der Klägerin zu führen, eine Grundlage fehlt. Die Geschäftsführung in der GmbH & Still bleibt damit rechtlich auch insoweit allein der GmbH als Unternehmerin zugeordnet, als sie ihre Ausübung dem Beigeladenen zu 1) übertragen haben sollte (vgl. BSG a.a.O.).

d. Unter diesen Umständen ist der Bereich der Geschäftsführung auch nicht potenzieller Gegenstand einer Beschlussfassung der Gesellschafter der GmbH & Still. Auf die durch § 5 Abs. 7 des Gesellschaftsvertrags dem Beigeladenen zu 1) eingeräumte Sperrminorität kommt es in diesem Zusammenhang nicht an. Die Rechtsprechung des BSG bezieht sich auf die Sperrminorität von Gesellschaftern einer Außengesellschaft, die als solche am Rechtsverkehr teilnimmt. Gerade dies ist aber bei der hier vorliegenden stillen Gesellschaft nicht der Fall. Tätig werden kann der Beigeladene zu 1) auch im Rahmen der stillen Gesellschaft nur, soweit die Steuerberatungsgesellschaft ihn zum Tätigwerden in ihrem Namen ermächtigt. Dem Beigeladenen zu 1) ist jedoch – wie dargelegt – im Innenverhältnis keine Rechtsmacht eingeräumt, die es ihm ermöglichen würde, gegen den Willen der GmbH die Geschäfte zu betreiben (vgl. BSG a.a.O.). Allein dass der Gesellschaftsvertrag eine Pflicht zur Abhaltung von Gesellschafterversammlungen konstituiert (§ 5 Abs. 1 bis 3) und unter Festsetzung des Gewichts der Stimmrechte der einzelnen Gesellschafter einen Abstimmungsmodus regelt (§ 5 Abs. 4ff), ist daher mangels eines relevanten Gegenstandes der Beratung und Beschlussfassung unerheblich. Insofern kommt es damit auch auf eine Sperrminorität des Beigeladenen zu 1) von vornherein nicht an. Dass im Übrigen dem Beigeladenen zu 1) eine gesellschaftsrechtliche Stellung in einem mehrgliedrigen Verband eingeräumt wurde, mag zwar insofern zur Anwendbarkeit der gesellschaftsrechtlichen Bestimmungen über Beratung und Beschlussfassung führen, betrifft aber jedenfalls keine Gegenstände, die bereits dem Regelungsbereich des Dienstvertrages zugehören. Soweit ihm eine Gewinnbeteiligung eingeräumt war, hätte dies allenfalls im Kontext sonst für eine selbstständige Stellung sprechender Umstände von Belang sein können. Erst recht gäbe eine – jedenfalls bei Fehlen eines angemessenen Ausgleichs grundsätzlich sittenwidrige (§ 138 BGB) – Verlustbeteiligung, ebenso wie sonstige Verstöße gegen zwingendes Recht, keinen Anlass, allein deshalb eine aufgrund des Gesamtbildes unzweifelhafte Beschäftigung in Zweifel zu ziehen (BSG, a.a.O.; BAG vom 21. März 1984 - 5 AZR 462/82 - und vom 10. Oktober 1990 - 5 AZR 404/89 -, juris).

e. Fehlt es somit an einer vertraglich dem Beigeladenen zu 1) übertragenen Rechtsmacht, die Geschicke der Klägerin maßgeblich mitzubestimmen, kommt es nicht darauf an, wie sich die Organisation der von des Beigeladenen zu 1) geleiteten Beratungsstelle tatsächlich gestaltet. Selbst wenn zugunsten der Klägerin deren Vorbringen unterstellt würde, stellte sich dieses tatsächliche Geschehen allenfalls als rein faktische Einräumung einer vertraglich nicht vorgesehenen Handlungsmacht ein. Ein solcher tatsächlicher Verzicht der Klägerin auf die ihr rechtlich zustehenden Befugnisse ist für die Beurteilung eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses irrelevant. Mit anderen Worten: die tatsächlichen Verhältnisse sind unerheblich, weil sie sich außerhalb des vertraglich zulässigen bewegen.

6. Die Annahme der Sozialversicherungspflicht des Beigeladenen zu 1) steht nicht in Widerspruch zu einer einkommens- oder umsatzsteuerrechtlichen Betrachtungsweise. Selbst wenn die vom Beigeladenen zu 1) für die Tätigkeit in der GmbH & Still erzielten Vergütungen einkommenssteuerrechtlich Einkünfte aus Gewerbebetrieb darstellten oder er umsatzsteuerrechtlich als Unternehmer anzusehen sein sollte, ergäben sich hieraus für das Sozialversicherungsrecht keine weiter gehenden Schlussfolgerungen. Die sozialversicherungsrechtliche Einordnung eines Beschäftigungsverhältnisses ist grundsätzlich unabhängig von der Entscheidung der Finanzbehörden zu treffen (BSG a.a.O.). Soweit darin eine "Durchbrechung der Einheit der Rechtsordnung" liegen sollte, verstößt sie nicht gegen das Grundgesetz (BVerfGE 26, 327).

7. Einer abhängigen Beschäftigung des Beigeladenen zu 1) aufgrund seiner Tätigkeit in der auswärtigen Beratungsstelle steht schließlich auch nicht entgegen, dass er in seiner Tätigkeit als selbständiger Rechtsanwalt der Versicherungspflicht nach dem SGB VI unterliegt. Die Klägerin übersieht insoweit, dass Anknüpfungspunkt dieser Versicherungspflicht gerade nicht die Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) für sie ist, sondern seine davon zu trennende Tätigkeit als Rechtsanwalt. Auch das Gesetz schließt weder den gleichzeitigen Bestand mehrerer Versicherungspflichtverhältnisse noch das Nebeneinander von (versicherungspflichtiger) Beschäftigung und (versicherungspflichtiger oder –freier) selbständiger Tätigkeit generell aus. Wenn schon ähnliche Tätigkeiten für unterschiedliche Auftraggeber sozialversicherungsrechtlich unterschiedlich zu würdigen sein können (vgl. insoweit Senat, Urteil vom 20. November 2013 – L 9 KR 152/11 –, zur Veröffentlichung in juris vorgesehen), dann erst recht berufsrechtlich so verschiedene Tätigkeiten wie die eines Rechtsanwalts und die eines Steuerberaters.

C. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197 a Abs. 1 Satz 1, 2. Hs. SGG i.V.m. § 154 Abs. 1, § 162 Abs. 3 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) und entspricht dem Ergebnis des Rechtsstreites. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig, da sie keine Anträge gestellt haben.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil Gründe nach § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.