Die Klage hat nur in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg. Die angegriffenen Abrechnungsbescheide zur Umsatzsteuer 1998 und 1999, beide in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 27. Dezember 2004, erweisen sich wegen Ermessensfehlerhaftigkeit als rechtwidrig und verletzen die Klägerin insofern in ihren Rechten. Auf der anderen Seite ist das Ermessen des Beklagten nicht darauf reduziert, die Klägerin von der Rückforderung eines ihr abgetretenen, im Nachhinein entfallenen Umsatzsteuerguthabens zu verschonen und ihr gegenüber in entsprechender Höhe einen Guthabenbetrag festzusetzen (§ 100 Abs. 1 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung – FGO –).
Nach § 218 Abs. 1 Satz 1 AO sind Grundlage für die Verwirklichung von Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis (§ 37 AO) u.a. Steuerbescheide. Zu diesen Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis rechnen insbesondere auch Steuerrückforderungen. So hat in den Fällen, in denen eine Steuer oder auch eine Steuervergütung ohne rechtlichen Grund gezahlt oder zurückgezahlt worden ist, derjenige, auf dessen Rechnung die Zahlung bewirkt worden ist, an den Leistungsempfänger einen Anspruch auf Erstattung des gezahlten oder zurückgezahlten Betrages (§ 37 Abs. 2 Satz 2 AO). Im Falle unter anderem [u.a.] der Abtretung richtet sich dieser Rückforderungsanspruch nicht nur gegen den Leistungsempfänger, sondern darüber hinaus grundsätzlich auch gegen den Abtretenden (§ 37 Abs. 2 Satz 3 AO). Hierbei hat über Streitigkeiten, die einen Erstattungsanspruch im Sinne von § 37 Abs. 2 AO betreffen, die Finanzbehörde durch Verwaltungsakt, einen sog. Abrechnungsbescheid, zu entscheiden (§ 218 Abs. 2 AO).
Den angegriffenen Abrechnungsbescheiden zur Umsatzsteuer 1998 und 1999, beide in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 27. Dezember 2004, liegt insofern betreffend das der Klägerin von Seiten der GbR abgetretene, letztlich auf ihre Umsatzsteuer 1999 umgebuchte Umsatzsteuerguthaben 1998 zu Recht ein Rückforderungsbetrag in Höhe von 327.226,80 € zu Grunde. Das streitgegenständliche Umsatzsteuerguthaben 1998, das die GbR der Klägerin abgetreten hatte, bestand nicht mehr, nachdem der Beklagte gegenüber der GbR als Abtretender, als sog. Zedentin, die maßgebliche Umsatzsteuerfestsetzung durch bestandskräftig gewordenen Bescheid vom 17. April 2003 aufgehoben hatte. Hierdurch ging die Abtretung (gegenständlich) gleichsam ins Leere, so dass die Klägerin als Abtretungsempfängerin, d.h. als sog. Zessionarin, den ihr gleichwohl zugeschriebenen Abtretungsbetrag hiernach ohne rechtlichen Grund erhalten hat. Sie war daher hinsichtlich des zunächst bei der GbR entstandenen, ihr im Wege der Abtretung zugewandten und schließlich auf ihre Umsatzsteuer 1999 umgebuchten Umsatzsteuerguthabens 1998 ungerechtfertigt bereichert. Die Klägerin traf daher auf der Grundlage von § 37 Abs. 2 Satz 1 und 2 AO grundsätzlich die Verpflichtung, dem Beklagten, auf dessen Rechnung die ungerechtfertigte Vereinnahmung des streitgegenständlichen Umsatzsteuerguthabens 1998 erfolgte, den entsprechenden Betrag zurückzuerstatten.
Mit der Rückerstattung der abgetretenen, später gegenstandslos gewordenen Umsatzsteuererstattung 1998 hätte nach § 37 Abs. 2 Satz 3 AO darüber hinaus aber auch die GbR als Zedentin belastet werden können. So richtet sich u.a. im Falle einer Abtretung der Rückforderungsanspruch ohne weitere Voraussetzungen auch gegen den Abtretenden.
Der Beklagten konnte aus diesem Grunde sein Rückerstattungsverlangen mit der Klägerin und der GbR gegenüber mehreren Rückforderungsverpflichteten geltend machen. Beide, die Klägerin und die GbR, schuldeten nebeneinander aus einem Steuerschuldverhältnis dieselbe Leistung, die der Beklagte als Rückerstattungsberechtigter indes nur einmal zu beanspruchen hatte. Die Klägerin und die GbR waren insoweit Gesamtschuldner im Sinne von § 44 Abs. 1 Satz 1 AO.
Die Auswahlentscheidung der Finanzbehörde, welchen von mehreren (Gesamt-)Schuldnern sie mit der von ihr beanspruchten Rückerstattung belastet, steht naturgemäß in ihrem Ermessen. Mangels näherer ausdrücklicher gesetzlicher Vorgaben zur Rangfolge der Inanspruchnahme hier der Verpflichteten nach § 37 Abs. 2 Satz 2 und 3 AO hat die Finanzbehörde dieses Ermessen nach § 5 AO entsprechend dem Zweck der Ermächtigung auszuüben und hierbei die gesetzlichen Grenzen des Ermessens einzuhalten. Um aber dem Gericht eine Nachprüfung ihrer Ermessensausübung zu ermöglichen, hat die Finanzbehörde ihre tragenden Ermessenserwägungen im Rahmen der von § 121 Abs. 1 AO gebotenen Begründung eines (Steuer-)Verwaltungsaktes in dem entsprechenden Rückforderungsbescheid niederzulegen.
Die gerichtliche Nachprüfung einer Ermessensentscheidung ist in diesem Zusammenhang laut § 102 Satz 1 FGO darauf beschränkt zu überprüfen, ob der Verwaltungsakt rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht worden ist. Keinesfalls darf das Gericht die der Finanzbehörde zukommende Ermessensausübung durch seine eigene Entscheidung ersetzen. Nur dann, wenn ausnahmsweise der Ermessensspielraum im konkreten Einzelfall derart eingeschränkt ist, dass lediglich eine Entscheidung ganz bestimmten, dem Klagebegehren entsprechenden Inhalts als ermessensgerecht in Betracht kommt (sog. Ermessensreduzierung auf Null), kann das Gericht ausnahmsweise eine Verpflichtung der Finanzbehörde zu einem bestimmten Vorgehen aussprechen.
Hat die Finanzbehörde ihr Ermessen (überhaupt) ausgeübt, kann sie ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes bis zum Abschluss der Tatsacheninstanz eines finanzgerichtlichen Verfahrens ergänzen (§ 102 Satz 2 FGO). § 102 Satz 2 FGO ermöglicht es ihr jedoch nicht, Ermessenserwägungen im finanzgerichtlichen Verfahren erstmals anzustellen, die Ermessensgründe auszuwechseln oder vollständig nachzuholen (Bundesfinanzhof – BFH –, Urteil vom 11. März 2004 – VII R 52/02 – Amtliche Sammlung der Entscheidungen des BFH – BFHE – 205, 14, Bundessteuerblatt – BStBl – II 2004, 579 Leitsatz 2).
An diesem Maßstab ist von einem im Sinne von § 102 Satz 1 FGO beachtlichen Ermessensausübungsfehler auszugehen: das Fehlen jeglichen Ermessenshinweises legt einen Ermessensausfall nahe, d.h., dass der Beklagten von seinem (Auswahl-)Ermessen überhaupt keinen Gebrauch gemacht und daher sein Ermessen in dieser Beziehung nicht zweckentsprechend ausgeübt hat. So sind die angegriffenen Abrechnungsbescheide nicht als Ermessens(-ausübungs-)Bescheide ausgewiesen. Weder klingt in ihnen das Wort Ermessen an noch wird in anderer Weise deutlich, dass der Beklagte davon ausging, nach eigener Entscheidung den einen oder anderen von mehreren Verpflichteten in Anspruch nehmen zu können. Zwar benennen die beiden Bescheide die Beteiligten des Abtretungsverhältnisses. Indes sind sie nicht nebeneinander etwa auch mit Verweis auf die verschiedenen Bestimmungen von § 37 Abs. 2 Satz 2 und Satz 3 AO als Rückzahlungsverpflichtete aufgeführt. Ebenso wenig ist den angegriffenen Abrechnungsbescheiden zu entnehmen, welche Umstände den Beklagten im Einzelfall bewogen haben sollten, die Auswahlentscheidung anstelle der GbR zu Lasten der Klägerin ausfallen zu lassen.
Die Auswahlentscheidung lag nach den Verhältnissen des Streitfalls auch nicht derart auf der Hand, dass sie geradezu naturgesetzlich gegen die Klägerin vorgezeichnet war und sich von daher eine nähere Begründung einer gleichsam selbstverständlichen Ermessenentscheidung erübrigt haben sollte. § 37 Abs. 2 AO bezeichnet (ausdrücklich) kein Rangverhältnis, nach dem die mehreren Verpflichteten nach Satz 2 und Satz 3 dieser Bestimmung heranzuziehen sind. Eine derartige Reihenfolge ist auch nicht aus dem Gesichtspunkt der Rechtsgerechtigkeit abzuleiten. Zwar kann dafür, den Rückforderungsanspruch gegen den Zessionar, hier die Klägerin, zu richten, angeführt werden, dass er die Leistung ohne Rechtsgrund tatsächlich vereinnahmt hat und insofern durch die Zahlung selbst unmittelbar ungerechtfertigt bereichert ist. Auch das Interesse an einer möglichst effektiven, schnellen Rechtsdurchsetzung kann es nahelegen, eine ungerechtfertigte Bereicherung bei dem Leistungsempfänger rückgängig zu machen, der den ihm nicht gebührenden (Vermögens-)Vorteil tatsächlich innehat. Auf der anderen Seite sind aber auch bei dem Abtretenden, hier der GbR, die Verhältnisse damit zu beschreiben, dass er mit der Abtretung eine gegen ihn gerichtete Forderung beglichen hat, er mithin die später weggefallene Abtretungsforderung für sich zahlbar gemacht hat und damit ebenfalls in gleicher Höhe unmittelbar ungerechtfertigt bereichert ist.
Weiterhin gaben im Streitfall Aspekte der möglichst einfachen und schnellen Realisierung des Rückforderungsanspruchs des Beklagten keine mehr oder weniger zwingende Veranlassung, die Klägerin als Abtretungsempfängerin mit der Rückerstattung zu belasten. Anhaltspunkte dafür, dass nur sie, nicht aber auch etwa die GbR zum Zeitpunkt des Ergehens der Abrechnungsbescheide Mitte 2003 zahlungsfähig gewesen sein und deshalb hinreichende Gewähr geboten haben sollte, den Rückforderungsbetrag auch tatsächlich aufbringen zu können, sind nicht zu erkennen. Im Gegenteil hatte der Beklagte gegenüber der GbR kurz zuvor mit Umsatzsteuerbescheiden 1999 bis 2001 jeweils vom 17. April 2003 Umsatzsteuerguthaben in Höhe von 82.688,68 (1999), 79.056,46 € (2000) und 30.254,67 € (2001), zusammen gerechnet in Höhe von 191.999,81 €, fällig gestellt. Allein hierdurch wäre im Wege der Verrechnung ein Anteil von rund 60 vom Hundert (v.H.) des streitgegenständlichen Rückforderungsbetrages gegenüber der GbR realisierbar gewesen.
Eine regelmäßig vorrangige Inanspruchnahme des Abtretungsempfängers vor dem Abtretenden ist nach Auffassung des Senats schließlich nicht dadurch geboten, dass § 37 Abs. 2 Satz 3 AO Ausnahmecharakter zukommen (so aber: Brockmeyer/Ratschow, in: Klein, AO, 10. Aufl. 2009, § 37 AO Rn. 31) oder aber § 37 Abs. 2 Satz 3 AO als eine Art (verkappte) Haftungsvorschrift Anlass geben sollte, den Abtretenden erst nachrangig in Anspruch zu nehmen (so aber: Finanzgericht – FG – Berlin, Urteil vom 21. Dezember 1999 – 7 K 7262/98 – Entscheidungen der Finanzgerichte – EFG – 2000, 403, 404; grundsätzlich [wohl] ebenso: FG Baden-Württemberg, Beschluss vom 17. September 2003 – 1 V 52/03 – Deutsches Steuerrecht – DStR – 2005, 292, 293). Für eine solchermaßen einschränkende Anwendung von § 37 Abs. 2 Satz 3 AO gibt der Gesetzeswortlaut nichts her. Für den Regelfall lässt sich auch nicht ohne Weiteres begründen, warum von vornherein der Abtretungsempfänger im Verhältnis zum Abtretenden „näher dran“ sein sollte, die Rückforderung zu leisten. Unter diesen Umständen ist von einer grundsätzlichen Gleichrangigkeit der Rückforderungsverpflichtungen auf der Grundlage von § 37 Abs. 2 Satz 2 und Satz 3 AO auszugehen (ebenso: FG Düsseldorf, Urteil vom 2. März 2007 – 18 K 4115/06 – nicht veröffentlicht, zitiert nach juris Rn. 24).
Hiernach ist im Streitfall bezogen auf die Auswahlentscheidung, gegenüber der Klägerin oder der GbR die Rückerstattung geltend zu machen, von einem Ermessensausfall auszugehen. Dies schließt es aus, dass der Beklagte etwaige Ermessenserwägungen im vorliegenden Rechtsstreit darlegen bzw. nachholen konnte.
Die Klägerin musste mit ihrer Klage jedoch scheitern, soweit sie anstelle des ihr gegenüber geltend gemachten Rückforderungsbegehrens spiegelbildlich die Festsetzung eines entsprechenden Guthabens aus der Umsatzsteuer 1998 beansprucht. Eine Einengung des dem Beklagten zustehenden (Auswahl-)Ermessens, dass er seinen Rückforderungsanspruch rechtmäßiger Weise anstatt gegen die Klägerin nur gegen die GbR richten könnte, ist ebenso wenig begründbar.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 136 Abs. 1 Satz 1 FGO. Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 151 Abs. 3, 155 FGO, 708 Nr. 10, 711 der Zivilprozessordnung – ZPO – analog.
Die Zulassung der Revision beruht auf § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO. Es ist bisher höchstrichterlich nicht geklärt und es liegen auch weder einheitliche instanzgerichtliche Entscheidungen noch übereinstimmende Kommentierungen dazu vor, ob im Falle einer Abtretung ein Rückforderungsanspruch nach § 37 Abs. 2 AO im Verhältnis zum Abtretenden im Sinne von § 37 Abs. 2 Satz 3 AO vorrangig gegen den Abtretungsempfänger im Sinne von § 37 Abs. 2 Satz 2 AO zu richten ist und sich gegebenenfalls bei Inanspruchnahme des Abtretungsempfängers eine nähere Begründung der so getroffenen Auswahlentscheidung erübrigt.