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Entscheidung 5 W 131/18


Metadaten

Gericht OLG Brandenburg 5. Zivilsenat Entscheidungsdatum 15.05.2019
Aktenzeichen 5 W 131/18 ECLI ECLI:DE:OLGBB:2019:0515.5W131.18.00
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen

Tenor

Auf die Beschwerde der Beschwerdeführerin wird die Kostenrechnung vom 12. Mai 2017 zum Kassenzeichen yxz (L… Blatt ..., Geschäfts-Nr. …) aufgehoben.

Gründe

I.

Für die beantragte Löschung einer beschränkt persönlichen Dienstbarkeit, Pfandhaftentlassungen sowie Teilungen von Grundstücken betreffend das Grundbuch von L… Blatt ... wurden von der Antragstellerin mit Kostenrechnung vom 12. Mai 2017 (Geschäfts-Nr. …, Kassenzeichen …) Gebühren in Höhe von 2.859,50 € erhoben. Die Antragstellerin hatte bereits mit ihrem Antrag vom 28. März 2017 Gebührenbefreiung gemäß § 6 Abs. 2 JKGBbg beantragt und mit ihrer Erinnerung vom 20. Oktober 2017 eine Anlage zum Körperschaftssteuerbescheid 2015 beigefügt, wonach sich die Steuerpflicht ausschließlich auf den von der Körperschaft unterhaltenen (einheitlichen) steuerpflichtigen wirtschaftlichen Betrieb erstreckt und die Beschwerdeführerin im Übrigen nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG von der Körperschaftssteuer und nach § 3 Nr. 6 GewStG von der Gewerbesteuer befreit ist, weil sie ausschließlich und unmittelbar steuerbegünstigten gemeinnützigen, mildtätigen und kirchlichen Zwecken in Sinne der §§ 51 ff. AO dient.

Nachdem der Bezirksrevisor des Landgerichts Cottbus am 23. Februar 2018 unter Hinweis auf die Entscheidung des Senats vom 18. März 2014 (5 W 140/13) und Beschlüsse des Landgerichts Cottbus vom 29. Juli 2015 und vom 30. März 2011 einer solchen Gebührenbefreiung unter Hinweis darauf, dass die Beschwerdeführerin nicht ausschließlich steuerbegünstigte Zwecke verfolge, widersprochen hatte, hat das Amtsgericht Senftenberg mit Beschluss vom 1. März 2018 die Erinnerung unter Hinweis auf die Ausführungen des Bezirksrevisors zurückgewiesen.

Gegen diesen Beschluss wendet sich die Antragstellerin mit ihrer Beschwerde vom 10. April 2018. Soweit § 6 Abs. 2 JKGBbg für die Kostenbefreiung darauf abstelle, dass ausschließlich und unmittelbar steuerbegünstigte Zwecke (§ 51 AO) verfolgt würden, seien diese steuerrechtlich im Sinne der Abgabenordnung auszulegen. Aus der Gesetzesbegründung ergebe sich, dass auch der Gesetzgeber von einem solchen Verständnis ausgegangen sei, denn danach sollten die gleichen Maßstäbe, die im Steuerrecht für den Verzicht auf die Erhebung von Körperschaftssteuer angewandt würden, auch für die Frage der Gebührenbefreiung gelten. Eine „Ausschließlichkeit“ im Sinne von § 56 AO sei aber auch dann noch gegeben, wenn der steuerpflichtige, wirtschaftliche Geschäftsbetrieb von untergeordnetem Umfang sei und als Mittelbeschaffungstätigkeit zur ausschließlichen Zweckverfolgung diene und nicht zum Selbstzweck würde. Mit dem Ausschließlichkeitsgrundsatz seien auch solche Betätigungen vereinbar, die eine Gemeinwohlförderung vorbereiten oder ermöglichen sollen. Weil die steuerrechtliche Ausschließlichkeit einen steuerpflichtigen wirtschaftlichen Betrieb gerade nicht ausschließe, verlange § 6 Abs. 2 2. Hs JKGBbg zusätzlich, dass die konkrete Angelegenheit keinen solchen Geschäftsbetrieb betreffe. Bei § 144 Abs. 2 KostO (jetzt § 91 Abs. 2 GNotKG) beziehe sich die „Ausschließlichkeit“ auf die Abgrenzung der steuerbegünstigten Zwecke untereinander.

Nach Hinweis des Senats, dass bislang lediglich die Kopie der Anlage zum Körperschaftssteuerbescheid vorliege, § 6 Abs. 2 JKGBbg aber die Vorlage des entsprechenden Steuerbescheides verlange, hat die Antragstellerin die Körperschaftssteuerbescheide für 2014 und 2015 vorgelegt. Sie hat ergänzend vorgetragen, die konkrete Angelegenheit könne rein zeitlich keinen Anteil an der für das Jahr 2015 dem Steuerbescheid zu entnehmenden Einkünften in Höhe von 14.363 € aus steuerpflichtigem wirtschaftlichem Geschäftsbetrieb haben, weil die Vorgänge im Jahr 2017 stattfanden. Die konkreten Grundbuchangelegenheiten dienten der Vorbereitung einer Finanzierung von Sanierungsmaßnahmen am Seniorenhof und dem betreuten Wohnen. Die zu sanierenden Anlagen stellten grundsätzlich keinen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb dar und hätten an den Einkünften keinen Anteil.

II.

Die zulässige Beschwerde, über die nach § 81 Abs. 3 S. 2 GNotKG, § 119 Abs. 1 Nr. 1 b) GVG das Oberlandesgericht entscheidet, hat in der Sache Erfolg. Die Beschwerdeführerin ist hinsichtlich der Eintragungen nach § 6 Abs. 2 JKGBbg von den entsprechenden Kosten befreit.

Der Senat hat in seinem Beschluss vom 4. April 2019 (Az. 5 W 6/19) zu den Voraussetzungen für die Kostenbefreiung wie folgt ausgeführt:

„Nach § 6 Abs. 2 JKGBbg sind diejenigen Kostenschuldner von der Zahlung der Gebühren befreit, die ausschließlich und unmittelbar steuerbegünstigte Zwecke im Sinne von § 51 AO verfolgen, diese Voraussetzung durch einen Freistellungs- oder Körperschaftsbescheid oder durch eine vorläufige Bescheinigung des Finanzamts nachweisen und darlegen, dass die Angelegenheit nicht einen steuerpflichtigen wirtschaftlichen Betrieb betrifft. Wie der Senat bereits in seinem Beschluss vom 18. März 2014, Az. 5 W 140/13, ausgeführt hat, hat die Gebührenbefreiung nach § 6 Abs. 2 JKGBbg kumulativ zwei Voraussetzungen, nämlich den Nachweis der Verfolgung steuerbegünstigter Zwecke und die Darlegung, dass die Angelegenheit keinen steuerpflichtigen Geschäftsbetrieb betrifft. Die Kostenbefreiung knüpft nicht an die Angelegenheit an, sondern an die Person des Kostenschuldners. Es sollen diejenigen kostenrechtlich privilegiert werden, die im Sinne von § 51 AO ausschließlich und unmittelbar steuerbegünstigte Zwecke verfolgen.

Gewährt das Gesetz eine Steuervergünstigung, weil eine Körperschaft ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Zwecke (steuerbegünstigte Zwecke) verfolgt, gelten hierfür die §§ 51 ff. AO. Nach § 56 AO liegt Ausschließlichkeit vor, wenn eine Körperschaft nur ihre steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecke verfolgt. Schließt das Gesetz die Steuervergünstigung insoweit aus, als ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb (§ 14 AO) unterhalten wird, so verliert die Körperschaft die Steuervergünstigung für die dem Geschäftsbetrieb zuzuordnenden Besteuerungsgrundlagen (§ 64 Abs. 1 AO). Ein solcher wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb, der nicht Zweckbetrieb (§ 65 AO) ist, ist damit zwar erlaubt, kann aber im Einzelfall nicht nur dem Gebot der Selbstlosigkeit (§ 55 AO), sondern vor allem den Grundsatz der Ausschließlichkeit (§ 56 AO) widersprechen (Gesch: in Klein, AO,§ 56 Rn. 3). Für die Grenzen der Vereinbarkeit eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs mit den vorgenannten Grundsätzen stellen Rechtsprechung und Finanzverwaltung darauf ab, ob der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb dazu führt, dass der gemeinnützige Zweck nicht mehr ausschließlich verfolgt und von einem anderen Zweck durch die wirtschaftliche Betätigung verdrängt wird. Ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb ist danach nur schädlich, wenn er in der Gesamtschau zum Selbstzweck wird und damit eigenständig neben den steuerbegünstigten Zweck tritt bzw. diesen verdrängt (BFH BStBl 2007, 631; Gesch, a. a. O.). Die Kostenbefreiung in § 6 Abs. 2 JKGBbg knüpft nach ihrem Wortlaut an diesen steuerrechtlichen Begriff der „Ausschließlichkeit“ an. Nur bei einem solchen Verständnis ist für die Gerichte bei der Frage, ob im konkreten Fall die Voraussetzungen für eine Gebührenbefreiung vorliegen, der privilegierte Personenkreis klar und eindeutig feststellbar, weil diese Voraussetzung ohne eine Prüfung in der Sache durch die Vorlage des entsprechenden Steuerbescheides nachzuweisen ist. Nur bei diesem Verständnis hat die zusätzliche Voraussetzung für die Gebührenbefreiung, dass die konkrete Angelegenheit keinen Geschäftsbetrieb betreffen darf, im Übrigen eine eigenständige Bedeutung. Soweit der Senat in seiner Entscheidung vom 18. März 2014, Az. 5 W 140/13, eine andere Auffassung vertreten hat, hält er hieran nicht länger fest.“

Der Senat folgt dieser Rechtsprechung auch in seiner Einzelrichterbesetzung.

Die Beschwerdeführerin hat im Rahmen des Beschwerdeverfahrens durch die Vorlage der Körperschaftssteuerbescheide für die Jahre 2014 und 2015 nachgewiesen, dass sie, abgesehen von dem unterhaltenen steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb, im Sinne der §§ 51 ff. AO steuerbegünstigte Zwecke verfolgt. Sie hat weiter hinreichend dargelegt, dass die hier maßgeblichen konkreten Angelegenheiten den Geschäftsbetrieb nicht betreffen. Die beantragten grundbuchlichen Änderungen dienen danach der Finanzierung von Sanierungsmaßnahmen des Seniorenhofs und des betreuten Wohnens.

Das Verfahren ist gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet (§ 81 Abs. 8 GNotKG).