Gericht | LSG Berlin-Brandenburg 1. Senat | Entscheidungsdatum | 24.02.2014 | |
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Aktenzeichen | L 1 KR 271/13 | ECLI | ||
Dokumententyp | Beschluss | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 7 SGB 4, § 7a SGB 4 |
Kombinierte Kostenentscheidung bei Klagen von Arbeitnehmern und Arbeitgebern.
Die Berufung der Klägerinnen gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 15. August 2013 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des Rechtsstreits sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
I.
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Klägerin zu 2) bei der Klägerin zu 1) abhängig beschäftigt ist.
Gegenstand der Klägerin zu 1) ist die Unternehmensberatung. Alleiniger Gesellschafter der Klägerin zu 1) war bis zum 23. August 2011 K S, der geschiedene Ehemann der Klägerin zu 2). Mit notariellem Vertrag vom 23. August 2011 übertrug K S von seinem Geschäftsanteil in Höhe von 25.000,- einen Anteil in Höhe von € 12.375,- an die Klägerin zu 2) und einen Anteil von 250,- € an A W. Nach §§ 10, 16 des ebenfalls am 23. August 2011 neu abgeschlossenen Gesellschaftsvertrags sollte bei Streitigkeiten zwischen den beiden Hauptgesellschaftern A W als Mediator entscheiden. Durch Gesellschafterbeschluss vom 23. August 2011 wurde die Klägerin zu 2) zur weiteren Geschäftsführerin der Klägerin zu 1) neben K S bestellt und mit ihr am selben Tag ein entsprechender Dienstvertrag geschlossen.
Am 31. Oktober 2011 beantragte die Klägerin zu 2) bei der Beklagten die Feststellung ihres sozialversicherungsrechtlichen Status. Sie legte ihren Dienstvertrag als Geschäftsführerin, den Gesellschaftsvertrag sowie später noch den Gesellschafterbeschluss über ihre Bestellung zur Geschäftsführerin vor. Der Antrag wurde am 28. November 2011 von beiden Klägerinnen mit dem Ziel wiederholt, dass eine Beschäftigung nicht festgestellt werde.
Nach Anhörung der Klägerinnen stellte die Beklagte durch jeweils an die Klägerinnen zu 1) und 2) gerichtete inhaltlich identische Bescheide vom 31. Januar 2012 fest, dass die Klägerin zu 2) ihre Tätigkeit für die Klägerin zu 1) seit dem 1. September 2011 im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausübe. Es bestehe Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung, die am 1. September 2011 begonnen habe. Die Klägerin zu 2) sei eine sogenannte Gesellschafter-Geschäftsführerin. Nach Gesamtwürdigung aller Umstände sei ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis anzunehmen. Mit ihrem Stimmrechtsanteil sei es ihr nicht möglich, die Geschicke der Firma maßgeblich zu beeinflussen. Sie habe auch keine Sperrminorität. Die Zahlung fester Bezüge spreche gegen das Vorhandensein eines Unternehmerrisikos, wie es für eine selbständige Tätigkeit kennzeichnend sei. Die zusätzlich gewährte Gewinnbeteiligung sei Ausdruck eines leistungsorientierten Vergütungs-bestandteils. Trotz Freiheit der Gestaltung von Arbeitszeit, Arbeitsort und Ausübung der Tätigkeit handele es sich um eine fremdbestimmte Tätigkeit, da die Gesellschafterversammlung die Ordnung des Betriebs vorgebe. Es komme nicht darauf an, ob die Gesellschafterversammlung von ihrer Überwachungsbefugnis regelmäßig Gebrauch mache. Trotz familienhaften Bindungen zu dem Gesellschafter-Geschäftsführer K S sei die Tätigkeit nicht von familienhafter Rücksichtnahme und einem gleichberechtigten Nebeneinander geprägt.
Dagegen legten die Klägerinnen Widersprüche ein. Die beiden Gesellschafter-Geschäftsführer der Klägerin zu 1) würden ihre Entscheidungen selbständig, unabhängig voneinander und allein verantwortlich treffen. Die persönlichen Kompetenzen der Geschäftsführer seien sehr unterschiedlich. K S verantworte die Bereiche Akquisition und Akquisitionsberatung, wozu ihn sein betriebswirtschaftliches Studium und seine in anderen Gesellschaften gesammelte Erfahrung befähigten. Die Klägerin zu 2) verantworte dagegen die Bereiche Geschäftsstrategie, Projektleitung, Training & Coaching sowie Accounting, wozu sie ihre kaufmännische Ausbildung, ihre jahrelangen Erfahrungen in anderen Branchen und Unternehmen, ihr pädagogisches Studium sowie ihre psychologischen und kommunikationsorientierten Zusatzausbildungen und Praxiserfahrungen qualifizierten. Die Klägerin zu 2) unterliege bei den alltäglichen Rechtsgeschäften keinen Weisungen. Untereinander würden sich die Geschäftsführer keine Weisungen erteilen. Die Klägerin zu 2) sei mit dem anderen Gesellschafter-Geschäftsführer K S verheiratet gewesen. Jeder Gesellschafter könne ihm nicht genehme Beschlüsse verhindern. Durch Widerspruchsbescheide vom 19. September 2012 wies die Beklagte die Widersprüche gegenüber beiden Klägerinnen zurück. Zur Begründung wiederholte und vertiefte die Beklagte ihre Ausführungen aus den Ausgangsbescheiden. Sie verkenne auch nicht, dass die Klägerin zu 2) in der Gesellschaft eine wichtige Position innehabe. Das rechtfertige aber noch nicht den Schluss auf eine selbständige Tätigkeit. Branchenkenntnis und Sachkompetenz seien auch für angestellte Geschäftsführer typisch.
Dagegen richtet sich die vorliegende am 16. Oktober 2012 bei dem Sozialgericht Berlin eingegangene Klage der Klägerin zu 1). Bereits am 10. Oktober 2012 hat die Klägerin zu 2) Klage gegen den Bescheid vom 31. Januar 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. September 2012 erhoben, die von dem Sozialgericht durch Beschluss vom 21. Februar 2013 zu dem vorliegendem Verfahren verbunden worden ist.
Das Sozialgericht hat die Klagen durch Urteil vom 15. August 2013 abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die angefochtenen Bescheide zutreffend die Versicherungspflicht der Klägerin zu 2) wegen Vorliegens einer abhängigen Beschäftigung feststellen würden. Der zwischen den Klägerinnen geschlossene Dienstvertrag weise die typischen Merkmale einer abhängigen Beschäftigung auf, da er ein festes Gehalt, eine Mindestarbeitszeit von 30 Stunden in der Woche, einen Urlaubsanspruch und einen Anspruch auf Entgeltfortzahlung vorsehe. Es sei nicht entscheidend, dass die Klägerin zu 2) keinen Weisungen unterlegen habe, da Dienste höherer Art auch dann fremdbestimmt blieben, wenn sie in einer von anderer Seite vorgegebenen Ordnung des Betriebs aufgingen. Dass die Klägerin zu 2) sich in einer von anderer Seite vorgegebenen Ordnung befinde folge daraus, dass sie an dem Stammkapital der Klägerin zu 1) nur mit 49,5 Prozent beteiligt sei und auch keine vereinbarte Sperrminorität habe. Sie sei rechtlich nicht in der Lage, das Ergehen ihr nicht genehmer Weisungen zu verhindern. Das im Gesellschaftsvertrag vereinbarte Meditationsverfahren zeige gerade, dass sie von den beiden anderen Gesellschaftern überstimmt werden könne. Unerheblich sei, dass es bisher noch keinen Konfliktfall gegeben habe. Ein Fall der von der Rechtsprechung anerkannten Ausnahmen, in denen der Geschäftsführer einer GmbH nicht als abhängig Beschäftigter angesehen worden sei, weil er „schalten und walten könne, wie er wolle“, die Gesellschafter persönlich dominiere oder sonst nach seinem Gutdünken wie ein Alleingesellschafter wirken könne liege nicht vor. Es fehle auch insbesondere an dem Moment der familiären Verbundenheit der Hauptgesellschafter untereinander. Die Klägerin zu 2) habe deswegen nicht wie ein Alleingesellschafter handeln können, weil auch der Gesellschafter S als Geschäftsführer bestellt sei und seinen Bereich selbständig wahrnehme. Die Klägerin zu 2) trage in ihrer Tätigkeit als Geschäftsführerin auch kein unternehmerisches Risiko. Ihr wirtschaftliches Risiko ergebe sich allein aus ihrer Stellung als Gesellschafterin. Die Beteiligten müssten sich an der von ihnen gewählten Konstruktion, die Klägerin zu 2) als Geschäftsführerin zu beschäftigen und ihr Festgehalt als Betriebsausgabe zu verbuchen, auch dann festhalten lassen, wenn sie ihnen in anderer Hinsicht ungünstig erscheine. Bei der Kostenentscheidung seien die beiden Klagen zu trennen. Das Verfahren der Klägerin zu 1) sei nach § 197a Sozialgerichtsgesetz - SGG - gerichtskostenpflichtig, die Klägerin zu 1) habe die Kosten nach § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO - zu tragen. Das Verfahren der Klägerin zu 2) sei dagegen nach § 183 SGG kostenfrei. Den Ersatz ihrer außergerichtlichen Kosten könne die Klägerin zu 2) indessen nicht verlangen.
Gegen das ihnen am 23. August 2013 zugestellte Urteil richtet sich die am 16. September 2013 bei dem Landessozialgericht Berlin-Brandenburg eingegangene Berufung der Klägerinnen. Das Urteil des Sozialgerichts vermöge nicht zu überzeugen. Entscheidend sei, in welchem Maße die Klägerin zu 2) in den Betrieb integriert sei. Unzulänglichkeiten in der Wortwahl des Gesellschaftervertrages könnten nicht zur Fiktion eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses führen. Die im Dienstvertrag ausgewiesene Bruttovergütung von 40.000 € (richtig: 48.000,00 €) sei ausdrücklich als Basisvergütung bezeichnet und entspreche daher dem Entnahmerecht eines Gesellschafters. Auch die Angabe einer Mindestarbeitszeit spreche für eine selbständige Tätigkeit. Beide Gesellschafter als Geschäftsführer hätten dieselbe Rechtsmacht und würden die Gesellschaft aufgrund ihrer unterschiedlichen Aufgabenbereiche beide dominieren. Die Gesellschaft sei von beiden wirtschaftlich abhängig. Die familiäre Verbundenheit der beiden Geschäftsführer sei trotz der Scheidung nicht gänzlich aufgehoben. Die Auswahl des dritten Gesellschafters sei erfolgt, um im Falle von Streitereien einen Weg zur internen Streitschlichtung zu haben ohne die Handlungsfähigkeit der Gesellschaft zu beeinträchtigen.
Die Klägerinnen beantragen,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 15. August 2013 sowie den Bescheid der Beklagten vom 31. Januar 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. September 2012 aufzuheben und festzustellen, dass die Klägerin zu 2) als Gesellschafter-Geschäftsführerin bei der Klägerin zu 1) eine selbständige Tätigkeit ausübt.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das Urteil des Sozialgerichts für überzeugend.
Die Beigeladenen stellen keinen Antrag.
Der Senat hat darauf hingewiesen, dass er erwägt, die Berufung ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss zurückzuweisen, und hat den Klägerinnen Gelegenheit zur Stellungnahme dazu gegeben.
Für die weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten und die Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen, die vorgelegen haben und Gegenstand der Beratung gewesen sind.
II.
Nach § 153 Abs. 4 SGG kann der Senat die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts durch Beschluss zurückweisen. Er hält die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung für nicht erforderlich. Die Möglichkeit zur Entscheidung im Beschlusswege ist auch nicht deswegen versperrt, weil das Sozialgericht – im Einverständnis mit den Beteiligten – gemäß § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entschieden hat (vgl. Keller in Meyer-Ladewig, SGG, 10. Aufl. § 153 Rn 14 mit.weit.Nachw.).
Die Berufung kann keinen Erfolg haben. Mit Recht hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide sind nicht rechtwidrig und verletzen die Klägerinnen nicht in ihren Rechten. Die Klägerin zu 2) war in der Zeit ab dem 1. September 2011 versicherungspflichtig bei der Klägerin zu 1) beschäftigt. Damit bleibt auch der Feststellungsantrag ohne Erfolg.
Rechtsgrundlage für den angefochtenen Bescheid ist § 7a Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV). Danach hat die Beklagte im Anfrageverfahren über das Vorliegen einer Versicherungspflicht auslösenden Beschäftigung zu entscheiden. Nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V), § 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI), § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Elftes Buch (SGB XI) und § 25 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) jeweils in der während des streitigen Zeitraums geltenden Fassung unterliegen Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, der Versicherungspflicht in der Kranken-, Renten-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung.
Die Klägerin zu 2) war seit dem 1. September 2011 bei der Klägerin zu 1) beschäftigt. Maßstab für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung ist § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV. Danach ist Beschäftigung die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist das der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann eingeschränkt und zur „funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess“ verfeinert sein. Bei untergeordneten und einfacheren Tätigkeiten ist eher eine Eingliederung in eine fremde Arbeitsorganisation anzunehmen. Demgegenüber ist eine selbständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbständig tätig ist, richtet sich ausgehend von den genannten Umständen nach dem Gesamtbild der Arbeitsleistung und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (BSG Urt. v. 28. September 2011 – B 12 R 17/09 R; Urt. v. 25. April 2012 – B 12 KR 24/10 R).
Die Klägerin zu 2) war bei der Klägerin zu 1) in einem fremdem Betrieb tätig. Juristische Personen als Betriebs- bzw. Unternehmensinhaber haben eine eigene Rechtspersönlichkeit, die unabhängig von den als Gesellschafter hinter ihnen stehenden Personen ist. Deswegen ist die Frage, ob eine Tätigkeit in einem fremden Betreib vorliegt, unabhängig von etwaigen wirtschaftlichen Beziehungen zur Inhabergesellschaft zu beurteilen (BSG, Urt. v. 29. August 2012 – B 12 R 14/10 R; B 12 KR 25/10 R). Insoweit kommt es also von vornherein nicht darauf an, ob und wie die Klägerin zu 2) an der Klägerin zu 1) beteiligt war.
Bei der Abgrenzung der selbständigen Tätigkeit von der abhängigen Beschäftigung gilt für das Verhältnis der rechtlichen Gegebenheiten zu den tatsächlichen Verhältnissen nach der neueren Rechtsprechung des BSG, der der Senat folgt, dass Ausgangspunkt das Vertragsverhältnis der Beteiligten ist, wie es sich aus den von ihnen geschlossenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus der von ihnen gelebten Beziehung erschließen lässt. Eine im Widerspruch zu den rechtlichen Abreden stehende tatsächliche Handhabung geht der formellen Vereinbarung nur vor, wenn eine formlose Abbedingung rechtlich möglich war. Die tatsächliche Nichtausübung einer bestehenden Rechtsposition ist unbeachtlich, solange die Rechtsposition nicht wirksam abbedungen worden ist. Insoweit gehört zu den tatsächlichen Verhältnissen auch eine unabhängig von ihrer Ausübung fortbestehende Rechtsmacht (vgl. zuletzt BSG Urt. v. 29. August 2012 – B 12 R 14/10 R; B 12 KR 25/10 R).
Die Geschäftsführertätigkeit der Klägerin zu 2) für die Klägerin zu 1) war durch schriftlichen am 23. August 2011 unterzeichneten Dienstvertrag geregelt. Die Einsetzung der Klägerin zu 2) als (Mit-)Geschäftsführer beruht auf dem Gesellschafterbeschluss v. 23. August 2011.
Der Anstellungsvertrag enthält – worauf schon das Sozialgericht zutreffend hingewiesen hat – mehrere Indizien dafür, dass das Vertragsverhältnis zwischen den Beteiligten arbeitnehmertypisch ausgestaltet gewesen ist. Die Klägerin zu 2) erhielt arbeitnehmertypisch nicht nur ein festes Gehalt in Höhe von 48.000,- € jährlich. Ihr standen auch Lohnfortzahlung im Krankheitsfall und bezahlter Urlaub zu, der mit den anderen Geschäftsführern und der Gesellschafterversammlung abzustimmen war.
Im Hinblick auf das Direktionsrecht ergibt sich aus § 1 Abs. 2 des Dienstvertrags, dass die Klägerin zu 2) gehalten war, ihre Tätigkeit nach Maßgabe der Gesetze und des Gesellschaftsvertrages zu verrichten. § 7 Nr. 7.4 Satz 3 des Gesellschaftsvertrags bestimmt ausdrücklich und ohne Beschränkung auf bestimmte Angelegenheiten, dass die Gesellschafterversammlung jederzeit weitere (den Geschäftsführern obliegende) Geschäfte von ihrer Zustimmung abhängig machen darf. Aus § 46 Nr. 6 GmbH-Gesetz ergibt sich, dass die Geschäftsführer der Prüfung und Überwachung durch die Gesellschafter unterliegen. Danach war die Klägerin zu 2) rechtlich verpflichtet, etwaigen ihr von den Gesellschaftern erteilten Weisungen nachzukommen.
Die Klägerin zu 2) hatte auch nicht die rechtliche Möglichkeit, das Ergehen ihr nicht genehmer Weisungen zu verhindern. Sie war nicht Mehrheitsgesellschafterin der Klägerin zu 1) und hatte auch keine Sperrminorität. Das Sozialgericht hat bereits zutreffend darauf hingewiesen, dass sich aus der im Gesellschaftsvertrag geregelten Stimmverteilung die Möglichkeit ergab, dass die Klägerin zu 2) von den beiden anderen Gesellschaftern überstimmt würde. Der von den Klägerinnen geltend gemachte Umstand, dass in ihrem Aufgabenbereich allein die Klägerin zu 2) über die maßgeblichen Fachkenntnisse verfügte und ihr während ihrer bisherigen Tätigkeit für die Klägerin zu 1) auch tatsächlich noch keine Weisungen erteilt worden seien, reicht nicht aus, das Direktionsrecht zu widerlegen. Wesentlich ist sein rechtlicher Bestand. Wollte man anders entscheiden, gäbe es Fälle der „Schönwetterselbständigkeit“ in denen erst nach Beendigung der Tätigkeit anhand des bisherigen Ausbleibens von Weisungen festgestellt werden könnte, ob es sich um eine selbständige Tätigkeit oder abhängige Beschäftigung gehandelt hatte. Das stünde indessen im Widerspruch zu dem Grundsatz, dass das Vorliegen eines versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses bereits bei Aufnahme der Tätigkeit und damit im Voraus feststehen sollte (BSG Urt. v. 29. August 2012 – B 12 KR 25/10 R).
Besondere Umstände, welche es von Beginn an ausgeschlossen erschienen ließen, dass der Klägerin zu 2) jemals eine Weisung erteilt werden würde, lagen nicht vor. Die alleinige Branchenkenntnis der Klägerin zu 2) reicht schon deswegen nicht aus, weil die übrigen Gesellschafter nicht gehindert waren, sich gegebenenfalls fachkundigen Rat von einer außenstehenden Person einzuholen. Allerdings kann nach der Rechtsprechung des BSG ein Ausnahmefall, in dem es nicht allein auf die rechtlichen Verhältnisse ankommt, etwa bei Familienunternehmen vorliegen, wenn die familiäre Verbundenheit der beteiligten Familienmitglieder zwischen ihnen ein Gefühl erhöhter Verantwortung schafft, die zum Beispiel dadurch zum Ausdruck kommt, dass die Höhe der Bezüge von der Ertragslage des Unternehmens abhängig gemacht wird oder wenn es aufgrund der familienhaften Rücksichtnahme an der Ausübung eines Direktionsrechts völlig mangelt. Hiervon ist insbesondere bei einem Geschäftsführer auszugehen, der – obwohl nicht maßgeblich am Unternehmenskapital beteiligt – aufgrund der verwandtschaftlichen Beziehungen faktisch wie ein Alleininhaber die Geschäfte des Unternehmens nach eigenem Gutdünken führt (vgl. BSG Urteil vom 8. Dezember 1987 – 7 RAr 25/86 BB 1989,72; Urteil vom 14. Dezember 1999 – B 2 U 48/98 R USK 9975). Ein solcher Ausnahmefall liegt hier aber nicht vor. Der Senat sieht nicht, woraus sich ergeben sollte, dass die Klägerin zu 2) eine stärkere Stellung in der GmbH als der andere Hauptgesellschafter haben könnte. Dazu haben auch die Klägerinnen nichts vorgetragen. Rein tatsächlich wäre eher das Gegenteil zu vermuten, da der andere Hauptgesellschafter früher der alleinige Gesellschafter der Klägerin zu 1) war. Es können aber nicht beide Hauptgesellschafter nebeneinander und gleichzeitig das Unternehmen faktisch wie ein Alleininhaber führen. Davon ganz abgesehen war die familiäre Gebundenheit der beiden Hauptgesellschafter durch die mittlerweile erfolgte Scheidung beendet. Dass die frühere Ehe über die Scheidung hinaus allein maßgeblich für die Gestaltung der Beziehungen zwischen den Beteiligten geblieben wäre, wird dadurch widerlegt, dass die Klägerin zu 2) und ihr geschiedener Ehemann die (damals noch bevorstehende) Scheidung zum Anlass genommen haben, ihre weitere Zusammenarbeit im Rahmen der Klägerin zu 1) in rechtlichen Formen durch einen Dienstvertrag und einen entsprechenden Gesellschafterbeschluss zu regeln.
Zwar liegt ein Indiz für die Selbständigkeit der Klägerin zu 2) darin, dass sie auch als Gesellschafterin an der Klägerin zu 1) beteiligt war und insoweit ein Unternehmerrisiko trug. Dieses Indiz tritt aber in der maßgeblichen Gesamtschau hinter die Merkmale abhängiger Beschäftigung zurück, die hier überwiegen.
Für den Beginn der Beschäftigung bezieht sich der Senat auf die nach dem Dienstvertrag erst am 1. September 2011 einsetzende Entgeltlichkeit der Tätigkeit. Aus dem Dienstvertrag ergibt sich auch, dass die Klägerin zu 2) während des streitigen Zeitraums gegen Arbeitsentgelt oberhalb der Geringfügigkeitsgrenze (§ 8 SGB IV) beschäftigt wurde.
Ein Eintritt der Versicherungspflicht erst nach Bekanntgabe der Entscheidung der Beklagten über das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung gemäß § 7a Abs. 6 SGB IV kommt nicht in Betracht. Der Klägerinnen haben den Antrag auf Statusfeststellung am 31. Oktober 2011 und damit nicht innerhalb eines Monats nach Aufnahme der Beschäftigung gestellt.
Nach alledem konnte die Berufung keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Der Senat hatte von Amts wegen über die Kosten des gesamten Rechtsstreits zu entscheiden. Für die vom Sozialgericht angenommene Verpflichtung der Klägerin zu 1), die Kosten ihrer Klage zu tragen, ist kein Raum. Der Streitgegenstand dieser Klage ist nämlich mit dem der von der Klägerin zu 2) erhobenen Klage identisch. Es liegt lediglich eine subjektive, nicht eine objektive Klagehäufung vor. Soweit das Landessozialgericht Rheinland-Pfalz und das Landessozialgericht Baden-Württemberg angenommen haben, es würden gesonderte Streitgegenstände vorliegen, wenn ein Versicherungsträger über die Feststellung von Versicherungspflicht gesonderte Bescheide gegenüber dem Arbeitgeber und dem Arbeitnehmer erlässt (LSG Rheinland-Pfalz, Beschluss v. 11. Dezember 2013 – L 6 R 152/12 B und LSG Baden-Württemberg, Urt. v. 30. März 2012 – L 4 R 2043/12), folgt der Senat dem nicht. Es liegen nicht zwei Verwaltungsakte mit unterschiedlichen oder jedenfalls trennbaren Regelungen vor sondern ein Verwaltungsakt, dessen Regelungen rechtliche Folgen für mehrere Personen haben und der entsprechend allen Betroffenen jeweils durch inhaltlich identischen Bescheid bekannt gegeben worden ist. Die Vorstellung, die Klägerinnen wollten jeweils nur die an sie gerichteten Rechtsfolgen anfechten, stimmt mit der objektiven Rechtslage nicht überein, wonach die Versicherungspflicht von Beschäftigten nur einheitlich gegenüber dem Arbeitnehmer und dem Arbeitgeber bestehen und festgestellt werden kann, so dass hier ein Fall der notwendigen Beiladung nach § 75 Abs. 2 SGG vorgelegen hätte, wenn beide nicht bereits als Klägerinnen am Verfahren beteiligt gewesen wären. Bei subjektiver Klagehäufung und einem einheitlichen Streitgegenstand ist die Anwendung des Gerichtskostengesetzes und der VwGO schon ausgeschlossen, wenn nur einer der Kläger zu den in § 183 SGG genannten Personen gehört (BSG, Urteil vom 26. Juli 2006 – B 3 KR 6/06 B - juris Rn 11). Dies war hier hinsichtlich der Klägerin zu 2) sowohl in dem Verfahren vor dem Sozialgericht als auch in dem Berufungsverfahren vor dem Landessozialgericht der Fall.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.