Gericht | VG Potsdam 8. Kammer | Entscheidungsdatum | 10.10.2012 | |
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Aktenzeichen | VG 8 K 705/10 | ECLI | ||
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 19 AVBWasserV, § 6 KAG BB |
Zur Beweislastverteilung bei der Erhebung von Trink- und Schmutzwassergebühren.
Die Beweislast für die richtige Funktion des Wasserzählers innerhalb der eichrechtlichen Fehlergrenzen und die richtige Ablesung liegt grundsätzlich bei den kommunalen Trägern der öffentlichen Wasserversorgung. Bei einem auffallend hohen Wasserverbrauch ist diesen eine Aufbewahrung des ausgebauten Wasserzählers bis zu einer Bestandskraft des Gebührenbescheides zumutbar.
Der Gebührenbescheid des Beklagten vom 7. Januar 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. März 2010 wird aufgehoben, soweit er einen Betrag von 2.147,- € übersteigt.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.
Das Urteil ist wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin wendet sich gegen einen Trink- und Schmutzwassergebührenbescheid.
Die Klägerin ist Eigentümerin des gewerblich genutzten Grundstücks … in ... . Der Zweckverband, dem der Beklagte vorsteht, ist eine Körperschaft des öffentlichen Rechts, der nach seinen satzungsmäßigen Aufgaben u. a. in der Stadt ... für die öffentliche Wasserver- und Abwasserentsorgung zuständig ist.
Mit Bescheid vom 7. Januar 2010 zog der Beklagte die Klägerin für den Abrechnungszeitraum vom 16. Oktober 2008 bis zum 15. Oktober 2009 unter Zugrundelegung eines Verbrauchs von 12.050 m³ in 365 Tagen zu Trink- und Schmutzwassergebühren in Höhe von insgesamt 50.858,35 € (Trinkwasser: 14.723,80 €, Schmutzwasser: 36.134,55 €) heran. Abzüglich bereits geleisteter Vorauszahlungen von 1.940,- € ergebe sich ein noch zu zahlender Gesamtbetrag von 48.918,35 €.
Mit Schreiben vom 14. Januar 2010 legte die Klägerin Widerspruch ein und bat um Überprüfung und Berichtigung des Bescheides. Die berechnete Menge entspräche nicht dem tatsächlichen Verbrauch. In den vergangenen Jahren seien lediglich 291 m³ (2006), 169 m³ (2007) und 280 m³ (2008) verbraucht worden. Die Mieterin, die Fa. ... Mietpartner, habe die Wasserverbräuche mit anderen Mietstationen gleicher Größe und gleichen Maschinenaufkommens verglichen. Dort ergebe sich jeweils ein Verbrauch zwischen 200 m³ und 350 m³.
Mit Widerspruchsbescheid vom 20. März 2010, zugestellt am 23. März 2010, wies der Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Zur Begründung führte er insbesondere aus, dass der Zweckverband nach §§ 12 ff. seiner Beitrags-, Gebühren- und Kostenerstattungssatzung (BGKS) vom 15. Februar 2005 für die Inanspruchnahme der öffentlichen Einrichtungen zur Gebührenerhebung berechtigt sei. Die Gebühren seien auch sachlich und rechnerisch richtig ermittelt worden. Grundlage der Berechnung seien der abgelesene Zählerstand des am 20. August 2009 ausgebauten Wasserzählers Nr. 02330116 mit 13.222 m³ und der zum 15. Oktober 2009 gemeldete Zählerstand des neu eingebauten Wasserzählers Nr. 02930249 mit 7 m³ gewesen. Der Wechsel des Wasserzählers am 20. August 2009 sei im Beisein eines Mitarbeiters vor Ort erfolgt, der den Stand von 13.222 m³ mit seiner Unterschrift bestätigt habe. Dem Mitarbeiter sei ein Beleg mit Angaben zum gewechselten und neuen Wasserzähler ausgehändigt worden, auf dem auch vermerkt gewesen sei, dass die Dichtigkeit/ Ordnungsmäßigkeit sowie der Zählerstand geprüft worden seien. Desweiteren habe sich auf ihm der Hinweis befunden, dass der ausgebaute Wasserzähler für eventuelle Beanstandungen noch 4 Wochen nach Ausbau aufbewahrt werde. Wenn keine Anhaltspunkte für einen Fehler vorliegen, bestehe grundsätzlich keine längere Aufbewahrungsfrist. Innerhalb der Einspruchsfrist von 4 Wochen sei von der Klägerin eine Befundprüfung des Wasserzählers nicht gefordert worden. Vor diesem Hintergrund sei davon auszugehen, dass der Wasserzähler ordentlich gezählt habe. Die abgelesenen Zählerstände könnten als Berechnungsgrundlage herangezogen werden.
Am 22. April 2010 hat die Klägerin Klage erhoben. Zur Begründung trägt sie ergänzend zu ihrer Widerspruchsbegründung insbesondere vor, dass die Fa. ... Mietpartner dort einen Mietservice für Baumaschinen betrieben habe. Der Geschäftsbetrieb sei im Abrechnungszeitraum im gleichen Rahmen wie in den Vorjahren gelaufen. Es seien weder neue Gebäude errichtet worden noch habe es ein exponentiell angestiegenes Mietgeschäft gegeben. Auch sonstige Gründe für einen explosionsartigen Anstieg des Wasserverbrauchs seien nicht ersichtlich. Das Mietgeschäft sei eher rückläufig gewesen, so dass weniger vermietete Baumaschinen zurückgegeben worden seien, die hätten gewaschen werden müssen. Schadhafte Rohre, offen stehende Zapfstellen, Rohrbrüche oder dergleichen seien nicht festgestellt worden. Dem unterschriebenen Beleg käme keine Beweis- oder Erkenntnisfunktion zu. Entgegen der Darstellung im Widerspruchsbescheid sei beim Wechsel des Wasserzählers weder ein Mitarbeiter der Klägerin noch der Mieterin dabei gewesen. Erst nach dem Wechsel habe sich der Mitarbeiter des Abrechnungsunternehmens an einen Mitarbeiter der Fa. ... Mietpartner gewandt und ihn darum gebeten, den Beleg zu unterschreiben. Auf dem Beleg habe sich lediglich der Zählerstand „13.222 m³“ befunden. Einen Wasserverbrauch von 12.050 m³ habe der Mitarbeiter schon deshalb nicht bestätigen können, weil ihm der Zählerstand zu Beginn der Abrechnungsperiode gar nicht bekannt sein konnte. Auch habe der Mitarbeiter nur unter Vorbehalt unterschrieben. Ein Hinweis, dass der ausgebaute Wasserzähler für eventuelle Beanstandungen nur noch 4 Wochen nach Ausbau aufbewahrt werde, habe sich auf dem Beleg nicht befunden. In Anbetracht dessen hätte es sich auch für den Beklagten aufdrängen müssen, dass entweder der Wasserzähler nicht richtig angezeigt hat oder nicht richtig abgelesen worden ist. Dass der ausgetauschte Wasserzähler noch den eichrechtlichen Vorschriften entsprochen hat, wird von der Klägerin wie die Richtigkeit der Ablesung mit Nichtwissen bestritten. Zum Beweis ihrer Behauptungen beruft sie sich auf die Aussagen des Geschäftsführers der Fa. ... Mietpartner, Herrn …, und deren Mitarbeiter, Herrn ….
Die Klägerin beantragt,
den Gebührenbescheid vom 7. Januar 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. März 2010 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung führt er in Vertiefung seines Widerspruchsbescheides insbesondere aus, dass der Wasserzähler entgegen der Auffassung der Klägerin sehr wohl als Grundlage für den Wasserverbrauch verwendet werden könne. Die Klägerin habe die Beweiskraft des Wasserzählers nicht hinreichend widerlegt. Dass dieser nachweislich nicht richtig gezählt habe, stehe nicht fest. Da die Klägerin eine Überprüfung des Wasserzählers nicht beantragt habe, sei eine solche auch nicht erfolgt. Durch den unterschriebenen Wechselbeleg sei die Richtigkeit des Wasserzählerstandes bestätigt worden. Dass der Mitarbeiter der Klägerin in Unkenntnis gehandelt haben mag, sei unerheblich. Gegebenenfalls hätte es der Klägerin oblegen, einen kompetenteren Mitarbeiter zu entsenden. Bei dem dem Kunden regelmäßig ausgehändigten Beleg handle es sich um einen Ausdruck, der diesem im Rahmen der Zählerwechslung vor Ort nach Prüfung und Unterzeichnung durch den Kunden, bzw. dessen Bevollmächtigten ausgehändigt werde. Diesem sog. Eichwechselbeleg seien die Kundendaten (vollständiger Name, Adresse, Kundennummer) und der Zählerstand eindeutig zu entnehmen. Darüber hinaus werde der Kunde darauf hingewiesen, dass für eventuelle Beanstandungen der Ausbauzähler nur 4 Wochen ab Ausbau aufbewahrt werde. Dieser dem Kunden regelmäßig ausgehändigte Beleg sei nicht mit dem aktenkundigen elektronisch archivierten Beleg identisch. Eine Aufbewahrung der Wasserzähler bis zum Abschluss des Verwaltungsverfahrens würde nicht einem ordnungsgemäßen Verwaltungshandeln entsprechen. Zum einen könnten die Geräte nach mehreren Wochen und Monaten der Einlagerung nicht mehr der messtechnischen Befundprüfung unterzogen werden. Zum anderen würden exorbitante Lagerungskosten auf ihn zukommen. Im Verbandsgebiet seien derzeit 11.799 Wasserzähler im Umlauf. Allein im Jahre 2012 würden turnusmäßig 1.768 Wasserzähler gewechselt. Eine gesonderte Erforschung des Verbrauchs unabhängig von dem Wasserzähler obliege ihm mangels hinreichender Kenntnis über das Verbrauchsverhalten und die tatsächlichen Verhältnisse vor Ort nicht. Für den erhöhten Verbrauch könne es mehrere, nicht in seiner Sphäre liegende Ursachen, wie z. B. Rohrbruch oder fehlerhafte Ablesungen in den Vorjahren, geben. Ein nicht aufklärbarer Mehrverbrauch, der räumlich und zeitlich nach der messtechnischen Erfassung des dem Grundstück zugeführten Frischwasser liegt, läge auch nach dem Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Münster vom 30. Juli 2012 - 9 A 2799/10 - in der Risikosphäre des Gebührenpflichtigen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte und den beigezogenen Verwaltungsvorgang des Beklagten (Beiakte Heft 1) Bezug genommen.
Da der Rechtsstreit durch Beschluss der Kammer vom 29. August 2012 gemäß § 6 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) dem Berichterstatter zur Entscheidung übertragen worden ist, ist durch den Einzelrichter zu entscheiden.
Die Klage ist zulässig und im Wesentlichen begründet. Der Trink- und Schmutzwassergebührenbescheid des Beklagten vom 7. Januar 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. März 2010 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin dadurch in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO), soweit er einen Betrag von 2.147,- € übersteigt. Der Rechtsauffassung des Beklagten, dass im Falle eines unerklärlich hoch erscheinenden Wasserverbrauchs der Gebührenpflichtige die Unrichtigkeit der Ablesung des Wasserzählers, bzw. dessen unrichtige Funktion außerhalb der eichrechtlichen Fehlergrenzen nachzuweisen habe und eine Unaufklärbarkeit zu seinen Lasten gehe, kann nicht gefolgt werden. Vielmehr liegt die Beweislast für den tatsächlichen Wasserverbrauch grundsätzlich zunächst bei den öffentlichen Trägern der Wasserversorgung und der Abwasserbeseitigung (VGH München, Urteil vom 16. März 2009 - 20 B 08.3295 -, juris Rdnr. 28; VG Potsdam, Urteil vom 1. September 2008 - 9 K 3513/04 -, juris Rdnr. 31; VG Halle, Urteil vom 28. Oktober 2011 - 4 A 93/11 -, juris Rdnr. 34; VG Koblenz, Urteil vom 14. Oktober 1988 - 2 K 225/87 -, juris [Ls.]; VG Magdeburg, Urteil vom 20. Juni 2011 - 9 A 214/10 -, juris Rdnr. 17; AG Regensburg, Urteil vom 7. Juli 1988 - 6 C 2292/87 -, juris [Ls.]; Queitsch, in: Hamacher u.a., Kommunalabgabengesetz für das Land Nordrhein-Westfalen [KAG NRW] Kommentar, Loseblattsammlung Stand: Dezember 2011, § 6 Rdnr. 293). Dieser Beweis kann zwar regelmäßig durch einen innerhalb der Fehlergrenzen arbeitenden und richtig abgelesenen Wasserzähler erbracht werden. Ein Beweis des ersten Anscheins für den tatsächlichen Wasserverbrauch erbringt der Wasserzähler aber erst dann, wenn eine staatlich anerkannte Prüfstelle für Messgeräte die Fehlerfreiheit der Messung festgestellt hat (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschlüsse vom 28. Februar 2008 - 9 N 57/07 -, NVwZ-RR 2008, 726 f. und vom 17. Februar 2010 - OVG 9 S 83.09 -, juris Rdnr. 5; VGH Mannheim, Urteile vom 8. Oktober 1987 - 2 S 1997/85 -, juris [Ls.], vom 22. August 1988 - 2 S 424/87 -, juris [Ls.] und vom 5. Juli 2012 - 2 S 2599/11 -, juris Rdnrn. 19 f.; OVG Saarlouis, Urteil vom 20. Januar 1994 - 1 R 4/92 -, NJW 1994, 2243 ff.; VG Frankfurt/ Main, Urteil vom 3. November 2009 - 3 K 36/09.F -, juris Rdnr. 26 und Gerichtsbescheid vom 23. März 2004 - 6 E 714/04 -, juris Rdnr. 21; VG Gießen, Urteil vom 30. März 2009 - 8 K 66/08.GI -, juris Rdnr. 17; VG Halle, Urteil vom 28. Oktober 2011 - 4 A 93/11 -, a.a.O.; VG Köln, Beschluss vom 16. Dezember 2010 - 14 L 1788/10 -, juris Rdnr. 12; Düwel, in: Becker u.a., Kommunalabgabengesetz für das Land Brandenburg, Loseblattsammlung Stand: Juli 2012, § 6 Rdnr. 1017). Der Umstand, dass der am 20. August 2009 ausgebaute Wasserzähler Nr. 02330116 zur weiteren Klärung der von der Klägerin bestrittenen richtigen Ablesung und fehlerfreien Funktion mangels Aufbewahrung keiner Inaugenscheinnahme und Befundprüfung durch eine staatlich anerkannte Prüfstelle mehr unterzogen werden kann, geht zu Lasten des Beklagten. Auf die in der Rechtsprechung unterschiedlich beurteilte Frage, ob nach Durchführung einer Befundprüfung über den (widerlegbaren) Beweis des ersten Anscheins hinaus sogar eine unwiderlegliche Vermutung für die Richtigkeit des Messergebnisses spricht (vgl. insofern insb. VGH Mannheim, Urteil vom 5. Juli 2012 - 2 S 2599/11 -, a.a.O.), kommt es nicht an. Der vom Beklagten in Bezug genommene Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Münster vom 30. Juli 2012 - 9 A 2799/10 -, NVwZ-RR 2012, 904 ff., ist unergiebig, da in dem dortigen Fall – anders als bei der streitigen Gebührenerhebung – eine Überprüfung des Wasserzählers durch eine staatlich anerkannte Prüfstelle erfolgt war und gerade keine Anhaltspunkte für eine unrichtige Funktion außerhalb der eichrechtlichen Fehlergrenzen ergeben hat.
Dass die Klägerin von der Möglichkeit des § 24 Abs. 1 Satz 1 der Satzung über die Versorgung der Grundstücke mit Trinkwasser und den Anschluss an die öffentliche Wasserversorgungsanlage des Wasserver- und Abwasserentsorgungs Zweckverbandes Region ... - Wasserversorgungssatzung - vom 15. Februar 2005, wonach der Grundstückseigentümer jederzeit auf eigenes Kostenrisiko die Nachprüfung der Wasserzähler durch eine Eichbehörde oder eine staatlich anerkannte Prüfstelle im Sinne des § 6 Abs. 2 des Eichgesetzes verlangen kann, keinen Gebrauch gemacht hat, ist unerheblich. Es lässt sich weder dieser Satzungsvorschrift noch dem gleichlautenden § 19 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Versorgung mit Wasser (AVBWasserV) entnehmen, dass die Nichtausübung dieses jederzeitigen Nachprüfungsrechts mit erheblichen Rechtsfolgen zu Lasten des Gebührenpflichtigen verknüpft sein soll. Die vom Beklagten - soweit ersichtlich - in seiner ständigen Verwaltungspraxis den Gebührenpflichtigen zur Nachprüfung des Wasserzählers gesetzte sog. Einspruchsfrist von 4 Wochen ab Ausbau kennen die Vorschriften gerade nicht. Im Übrigen würde durch diese - der Rechtsordnung fremden - vierwöchige Frist bei Streitigkeiten über den tatsächlichen Wasserverbrauch auch die gesetzlich vorgesehenen Rechtsbehelfsfristen weitgehend unterlaufen. Die Widerspruchsfrist des § 70 Abs. 1 Satz 1 VwGO von einem Monat ab Bekanntgabe des Gebührenbescheides würde lediglich formal unberührt bleiben. In der Sache würden der Rechtsbehelf des Widerspruchs und die Möglichkeit einer nachfolgenden Anfechtungsklage jedoch weitgehend bedeutungslos werden, da sie durch eine weitgehende Beweislastumkehr zu Lasten des Gebührenpflichtigen kaum noch Aussicht auf Erfolg hätten. Soweit sich der Beklagte für seine Rechtsauffassung auf das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs München vom 24. Juli 1997 - 23 B 94.2165 -, BayVBl. 1998, 25 f., berufen wollte, nach dessen amtlichen Leitsatz der Gebührenpflichtige mit seinem Einwand der fehlerhaften Funktion des Wasserzählers grundsätzlich nicht mehr gehört werden kann, wenn er es unterlassen hat, entsprechend der geltenden Wasserabgabesatzung eine Nachprüfung der Messeinrichtung zu verlangen oder zu veranlassen, lag dem wiederum der Sachverhalt zugrunde, dass eine vom dortigen Beklagten veranlasste Befundprüfung gerade keine Beanstandungen ergeben hatte und damit konkrete Anhaltspunkte für eine Funktionsstörung nicht vorlagen. Ob die Klägerin im konkreten Einzelfall auf die zeitlich beschränkte Aufbewahrung des ausgebauten Wasserzählers tatsächlich hingewiesen worden ist, kann letztendlich nur vermutet werden. Vom Beklagten glaubhaft gemacht ist insofern lediglich, dass nach seiner ständigen Verwaltungspraxis bei dem Ausbau eines Wasserzählers dem Gebührenpflichtigen regelmäßig ein sog. Eichwechselbeleg mit dem Hinweis, dass der Zähler für eventuelle Beanstandungen nur 4 Wochen ab Ausbau aufbewahrt werde, übergeben werde und dies auch im Falle der Klägerin bei dem Ausbau des Wasserzählers Nr. 02330116 erfolgt sein dürfte.
Dass aufgrund dieser Beweislastverteilung den öffentlichen Trägern der Wasserversorgung und der Abwasserbeseitigung zur Vermeidung von Beweislastentscheidungen zu ihren Ungunsten bei einem Zählerwechsel eine Aufbewahrung des ausgebauten Wasserzählers bis zu einer Bestandskraft des Gebührenbescheides zu empfehlen ist (vgl. Düwel, in: Becker u.a., a.a.O., § 6 Rdnr. 1017), begründet für diese auch in Anbetracht des Umstandes, dass es sich um ein „Massengeschäft“ handeln mag, nichts Unzumutbares (vgl. VG Saarbrücken, Urteile vom 11. November 1986 - 3 K 262/83 -, juris [Ls.] und vom 15. Mai 1990 - 5 K 43/88 -, juris [Ls.]). Insbesondere ist entgegen der Darstellung des Beklagten nicht erkennbar, dass eine Aufbewahrung über einen längeren Zeitraum von vornherein sinnlos wäre, weil eine Befundprüfung dann nicht mehr möglich wäre. Nach Ziffer 2.1. der Technischen Richtlinie W 19 betr. Messgeräte für Wasser der Physikalisch Technischen Bundesanstalt (Ausgabe 11/11; abrufbar im Internet unter www.ptb.de) soll lediglich eine Frist von 14 Tagen zwischen dem Ausbau und der messtechnischen Prüfung des Zählers nicht überschritten werden. Dass nach Ablauf dieser Frist eine Befundprüfung von vornherein aus technischen Gründen nicht mehr möglich wäre oder zumindest zu keinem verwertbaren Ergebnis mehr führen kann, kann der Richtlinie so nicht entnommen werden. Ggf. ist eine längere Aufbewahrungszeit bei der Würdigung des Ergebnisses der messtechnischen Prüfung zu berücksichtigen. Die mit einer Aufbewahrung verbundenen zusätzlichen Kosten sind im Interesse einer rechtsstaatlichen, nicht nur an tatsächlichen oder vermeintlichen fiskalischen Gesichtspunkten orientierten Gebührenerhebung in Kauf zu nehmen, zumal auch Rechtsstreitigkeiten der vorliegenden Art mit (vermeidbaren) Kosten verbunden sind. Dass eine Aufbewahrung zu „exorbitanten“ Mehrkosten führen könnte, die auch im Interesse der Gesamtheit aller Gebührenpflichtigen nicht hinnehmbar wären, ist wiederum vom Beklagten nicht hinreichend dargelegt worden. Das nach Ziffer 2.1 lit. f. der bereits benannten Richtlinie der Physikalisch Technischen Bundesanstalt für eine Befundprüfung erforderliche dichte Verschließen der Ein- und Ausgangsstutzen des Wasserzählers unmittelbar nach dem Ausbau ist in jedem Fall erforderlich. Auch die meisten weiteren bei einer Befundprüfung anfallenden Kosten, wie z. B. für den schonenden Transport der ausgebauten Messeinrichtungen (vgl. Ziffer 2.1 lit. e. der Richtlinie), sind ersichtlich unabhängig von dem Zeitpunkt der Prüfung. Soweit es durch die Lagerung an sich, die Anschaffung zusätzlicher Wasserzähler und eine routinemäßige Prüfung vor Vernichtung oder erneuter Verwendung, ob die auf der Grundlage der verwendeten Zähler ergangenen Gebührenbescheide zwischenzeitlich bestandskräftig geworden sind, zu weiteren Kosten kommen sollte, fallen diese im Verhältnis zu den mit der Gebührenerhebung unabhängig von der streitigen Aufbewahrung sowieso anfallenden Kosten kaum ins Gewicht.
Im Übrigen bestand für den Beklagten unabhängig von seiner sonstigen Verwaltungspraxis gerade auch im vorliegenden Einzelfall alle Veranlassung zur Sicherung von Beweismitteln. Dass sich aufgrund des am 20. August 2009 abgelesenen Zählerstandes Streit anbahnte, hätte von ihm bei Anwendung der gebotenen Sorgfalt ohne weiteres erkannt werden können und besonders Anlass zur Aufbewahrung des Wasserzählers geben müssen. Bei dem streitigen Wasserverbrauch handelt es sich ersichtlich nicht nur um eine eher geringfügige und unauffällige Verbrauchssteigerung, sondern um eine bereits auf den ersten flüchtigen Blick auffällige Vervielfachung des Verbrauchs der Vorjahre, mit der Folge dass die auf der Grundlage des Verbrauchs der Vorjahre berechnete Vorausleistung von lediglich 1.940,- € nicht ansatzweise ausreichend war und die erforderliche Nachzahlung von 48.918,35 € eine Höhe erreicht, die für einen durchschnittlichen Gebührenzahler existenzvernichtend sein kann.
Konkrete Anhaltspunkte für eine unrichtige Funktion des Wasserzählers außerhalb der eichrechtlichen Fehlergrenzen, bzw. für eine unrichtige Ablesung sind von der Klägerin mit ihrem Widerspruch und der vorliegenden Klage hinreichend glaubhaft gemacht worden.
Insbesondere ist von ihr nachvollziehbar dargelegt worden, weshalb aus ihrer Sichtweise in ihrer Sphäre liegende Gründe für einen erhöhten Wasserverbrauch, wie z. B. ein Mieterwechsel, eine grundlegende Änderung des Verbrauchsverhaltens des Mieters, ein Rohrbruch oder offen stehende Zapfstellen, ausgeschlossen werden können. Weitere erfolgversprechende Aufklärungsmöglichkeiten, denen in Anwendung des im Verwaltungsprozess nach § 86 Abs. 1 VwGO geltenden Amtsermittlungsgrundsatzes nachzugehen wäre, bestehen nicht. Insbesondere sieht die Kammer keine Veranlassung, durch eine zeugenschaftliche Vernehmung des Geschäftsführers oder von Mitarbeitern der Mieterin der Klägerin, der Fa. ... Mietpartner, quasi ins Blaue hinein zu erkunden, ob sich aus diesen möglicherweise Anhaltspunkte für einen höheren Wasserverbrauch im Abrechnungszeitraum ergeben. Eine Vernehmung des Herrn … könnte zwar möglicherweise zu weiteren Erkenntnissen zu der von der Klägerin bestrittenen richtigen Ablesung des Wasserzählers Nr. 02330116 führen. Insbesondere ist nach dem derzeitigen Sachstand unklar, weshalb er den ihm am 20. August 2009 vorgelegten Beleg lediglich unter Vorbehalt unterschrieben hat. Dass dies gerade deshalb erfolgt ist, weil ihm der ungewöhnlich hohe Zählerstand aufgefallen war, kann derzeit lediglich vermutet werden. Zu der richtigen Funktion des Wasserzählers innerhalb der eichrechtlichen Fehlergrenzen kann dieser Mitarbeiter der Mieterin jedoch naturgemäß - wie die anderen Mitarbeiter auch - keine Angaben machen.
Da nach alledem der abgelesene Zählerstand von 13.222 m³ und der angenommene Verbrauch von 12.050 m³ Trinkwasser im streitbefangenen Abrechnungszeitraum nicht zur Grundlage der Gebührenerhebung gemacht werden können, ist der tatsächliche Wasserverbrauch in entsprechender Anwendung der §§ 15 Abs. 2, 17 Abs. 7 BGKS vom 15. Februar 2005 unter Zugrundelegung des Verbrauchs des vorangegangenen Erhebungszeitraums und unter Berücksichtigung der begründeten Angaben des Gebührenschuldners zu schätzen. Danach ist unter Zugrundelegung der von der Klägerin für die Vorjahre 2006 bis 2008 gemachten und vom Beklagten nicht bestrittenen Angaben von 291 m³, 169 m³ und 280 m³ von einem durchschnittlichem Verbrauch von (gerundet) 247 m³ auszugehen. Der Betrag von 2.147,- € ergibt sich sodann wie folgt: 247 m³ x 1,08 €/m³ = 266,76 € betr. Trinkwasser, 247 m³ x 2,95 €/m³ = 728,65 € betr. Schmutzwasser, unstreitige Grundgebühren von 691,17 € betr. Trinkwasser und 460,80 € betr. Schmutzwasser. Insoweit ist die Klage unbegründet. Dass die Klägerin grundsätzlich nach § 6 des Kommunalabgabengesetzes für das Land Brandenburg (KAG) i. V. m. der BGKS vom 15. Februar 2005 gebührenpflichtig ist, wird von dieser nicht in Abrede gestellt. Insbesondere werden Bedenken gegen die Rechtswirksamkeit der BGKS vom 15. Februar 2005 nicht vorgebracht.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i. V. m. § 709 der Zivilprozessordnung (ZPO).
Die Berufung ist nicht gemäß § 124 a Abs. 1 Satz 1 VwGO zuzulassen. Ein Berufungszulassungsgrund nach § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 VwGO liegt nicht vor.
B e s c h l u s s :
Der Streitwert wird gemäß § 52 Abs. 3 des Gerichtskostengesetzes (GKG) auf 50.858,35 € festgesetzt.