Gericht | OVG Berlin-Brandenburg 10. Senat | Entscheidungsdatum | 30.04.2014 | |
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Aktenzeichen | OVG 10 S 7.14 | ECLI | ||
Dokumententyp | Beschluss | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 55 Abs 2 Nr 2 BauO BB, § 68 Abs 1 Nr 1 BauO BB, § 73 Abs 1 Nr 1 BauO BB, § 35 Abs 1 Nr 1 BauGB, § 201 BauGB, § 146 Abs 4 S 6 VwGO |
Zu den Anforderungen des § 55 Abs. 2 Nr. 2 BbgBO an im Außenbereich baugenehmigungsfrei errichtbare Gebäude, die einem landwirtschaftlichen Betrieb dienen und nur zum vorübergehenden Schutz von Tieren bestimmt sind
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Cottbus vom 21. März 2014 wird zurück-gewiesen.
Die Kosten der Beschwerde trägt die Antragstellerin.
Der Wert des Beschwerdegegenstandes wird auf 2.500 EUR festgesetzt.
I.
Die Antragstellerin wendet sich gegen eine Verfügung, mit der die Bauaufsichtsbehörde des Antragsgegners unter Anordnung der sofortigen Vollziehung die Einstellung der Bauarbeiten an der im Bau befindlichen Halle auf dem im Außenbereich gelegenen Grundstück W..., Flur,... Flurstück ... in der Gemarkung B... angeordnet hat. Er begründete die Baueinstellungsverfügung im Wesentlichen damit, dass mit der Ausführung eines genehmigungspflichtigen Bauvorhabens begonnen worden sei, ohne dass die Antragstellerin im Besitz einer Baugenehmigung sei. Bei der Halle handele es sich nicht um ein baugenehmigungsfreies Vorhaben im Sinne von § 55 Abs. 2 Nr. 2 BbgBO, denn sie diene objektiv nicht nur dem vorübergehenden Schutz von Tieren eines landwirtschaftlichen Betriebes. Die Bauausführung mit den ausgehobenen Fundamenten, Betonsohlen von 50 - 60 cm Breite, Bewehrungsmatten und Sockelfundamenten lasse auf die Errichtung eines Stalles schließen. Das Verwaltungsgericht hat den gegen die Baueinstellungsverfügung gerichteten vorläufigen Rechtsschutzantrag der Antragstellerin abgelehnt. Hiergegen wendet sie sich mit ihrer Beschwerde.
II.
Die zulässige Beschwerde hat keinen Erfolg. Das Vorbringen der Antragsstellerin, das allein Gegenstand der Prüfung des Oberverwaltungsgerichts ist (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), rechtfertigt eine Änderung des angefochtenen Beschlusses nicht.
Die Antragstellerin trägt im Wesentlichen vor, das Verwaltungsgericht sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass es sich um ein baugenehmigungspflichtiges Vorhaben handele, weil sie sich auf § 55 Abs. 2 Nr. 2 BbgBO berufen könne. Sie führe einen landwirtschaftlichen Betrieb zur Züchtung und zur Haltung von Ziegen und Schafen. Dazu legt sie insbesondere einen Landpachtvertrag, einen Jahresabschluss für das Jahr 2012 und einen Einnahme- und Ausgabenplan vor. Sie halte 15 Schafe und 3 Lämmer in einem Stallgebäude im P... in B.... Die Schafe würden zur Produktion von Joghurt und Käse genutzt, die in Eigenregie vermarktet werden sollten. Sie plane die Haltung von 150 Ziegen. Zudem sei sie Eigentümerin von vier Pferden, die sie auf Pachtflächen am W... in der Nähe eines Hotels für die dort beschäftigte Reitlehrerin als „Infrastruktur“ vorhalte. Das Bauvorhaben benötige sie als Pferdeunterstand. In der kalten Jahreszeit befänden sich die Pferde in einem festen Stall.
Die Ausführungen der Antragstellerin in der Beschwerdeschrift rechtfertigen keine Änderung der angefochtenen Entscheidung, denn das Vorbringen legt nicht substantiiert dar, dass das Bauvorhaben entgegen der Annahme des Antragsgegners und des Verwaltungsgerichts nach § 55 Abs. 2 Nr. 2 BbgBO genehmigungsfrei ist. Das Verwaltungsgericht geht vielmehr zu Recht davon aus, dass die auf der Rechtsgrundlage des § 73 Abs. 1 Nr. 1 BbgBO erlassene Baueinstellungsverfügung rechtmäßig ist, weil die Antragstellerin mit einem nach § 54 BbgBO genehmigungspflichtigen Bauvorhaben entgegen § 68 Abs. 1 Nr. 1 BbgBO begonnen hat, obwohl die erforderliche Baugenehmigung nicht vorliegt. Das Verwaltungsgericht ist im Ergebnis zutreffend zu der Bewertung gelangt, dass das Bauvorhaben der Antragstellerin nicht sämtliche Voraussetzungen des § 55 Abs. 2 Nr. 2 BbgBO erfüllt, weil es nach der gebotenen summarischen Prüfung der Sachlage kein Gebäude eines landwirtschaftlichen Betriebes ist, das nur zum vorübergehenden Schutz von Tieren bestimmt ist.
Die Errichtung oder Änderung von Gebäuden ohne Feuerstätte im Außenbereich, die einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb dienen, nur zum vorübergehenden Schutz von Tieren oder zur Unterbringung von Ernteerzeugnissen oder landwirtschaftlichen Geräten bestimmt sind, nicht unterkellert sind und nicht mehr als 150 m² Grundfläche und nicht mehr als 5 m Höhe haben, bedarf nach § 55 Abs. 2 Nr. 2 BbgBO keiner Baugenehmigung. Sämtliche Voraussetzungen der Vorschrift müssen erfüllt sein, damit der Bauherr in den Genuss der Genehmigungsfreistellung kommt. Zu Recht geht das Verwaltungsgericht davon aus, dass zur Frage, ob ein Gebäude einem landwirtschaftlichen Betrieb dient, an die Rechtsprechung zum privilegierten Vorhaben im Außenbereich im Sinne von §§ 35 Abs. 1 Nr. 1, 201 BauGB angeknüpft werden kann (vgl. Reimus/Semtner/Langer, BbgBO, 3. Aufl. 2009, § 55 Rn. 12; Dirnberger in: Jäde, Dirnberger u.a., Bauordnungsrecht Brandenburg, Stand: Nov. 2013, § 55 Rn. 25, 28; OVG Bbg, Beschluss vom 24. Februar 2003 - 3 B 68/02 -, BA S. 3 zur entsprechenden Vorschrift in § 67 Abs. 2 Nr. 2 BbgBO a.F.). Weiterhin ist für die Anwendbarkeit der Ausnahmeregelung erforderlich, dass das dem landwirtschaftlichen Betrieb dienende Gebäude eine besondere Zweckbestimmung haben muss. Es darf nur zum vorübergehenden - also nicht zum dauernden - Schutz von Tieren bestimmt sein. Das Gebäude muss daher nach objektiven Merkmalen und Umständen geeignet sein, lediglich vorübergehenden Zwecken, wie dem nur vorübergehenden Schutz von Tieren, zu dienen, was in der Regel nur eine einfache Ausführung erfordert. Dieser Zweck muss das Gebäude objektiv äußerlich prägen. Erfasst sind also in erster Linie auf Viehweiden übliche leicht gebaute Schutzhütten für Tiere und Weideunterstände, nicht hingegen Gebäude, die von ihrer objektiven Zweckbestimmung her für die dauernde Unterbringung von Tieren insbesondere in einem Stall geeignet sind (vgl. OVG Bbg, Beschluss vom 24. Februar 2003, a.a.O., BA S. 5; Dirnberger in: Jäde, Dirnberger, a.a.O., § 55 Rn. 37; Reimus/Semtner/Langer, a.a.O., § 55 Rn. 12; Gädtke, BauO NRW, 12. Auflage, § 65 Rn. 30).
Gemessen daran hat nach der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nur gebotenen summarischen Prüfung der Sachlage die Antragstellerin mit ihrem Vorbringen nicht substantiiert dargetan, dass ihr einem landwirtschaftlichen Betrieb zugeordnetes Bauvorhaben nur zum vorübergehenden Schutz von Tierenbestimmt ist. Nach den objektiven, von der Bauaufsichtsbehörde im Verwaltungsverfahren mit Lichtbildern dokumentierten Umständen soll das Gebäude der Antragstellerin nicht in einfacher Weise ausgeführt werden, sondern mit massiven Fundamenten und Betonsohlen mit ca. 50 - 60 cm Breite. Teilweise wurden bereits Betonwände in nicht unerheblicher Höhe errichtet bzw. die Schalung für diese angelegt. Insgesamt ist aus der Größe (18,65 m x 7,95 m = 148,20 m²) und Ausstattung des Gebäudes nicht mehr ableitbar, dass es nur zum vorübergehenden Schutz von Tieren bestimmt ist. Vielmehr deutet die äußere Prägung darauf hin, dass das Gebäude objektiv zu einer dauerhaften Unterbringung von Pferden der Antragstellerin in der Nähe des Hotels, für dessen Reitunterricht sie vorgehalten werden, über mehrere Monate geeignet und bestimmt ist. Dass das Gebäude, wie die Antragstellerin behauptet, lediglich „während der warmen Monate“ als „Pferdeunterstand“ dienen soll, ist bei summarischer Prüfung der Sachlage nicht hinreichend dargetan. Hierzu hätte vor dem Hintergrund des Gebots der größtmöglichen Schonung des Außenbereichs in der Naturlandschaft des Spreewaldes zum vorübergehenden Schutz der Pferde eine Weideunterstand ausgereicht, wozu aber wegen ihrer leichten und einfachen Bauweise keine der derart massiven Betonfundamente und -wände erforderlich sein dürften.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr.2, § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Ziffern 1.5., 9.4 des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit vom 18. Juli 2013 (im Internet abrufbar unter http://www.bverwg.de/informationen/streitwertkatalog.php), wobei der Senat der erstinstanzlichen Wertfestsetzung folgt.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).