Das Gericht konnte verhandeln und entscheiden, obwohl der Kläger zu mündlichen Verhandlung nicht erschienen ist, denn dieser ist ordnungsgemäß geladen und in der Ladung auf die Folgen seines Ausbleibens hingewiesen worden, § 102 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO -.
Die Klage ist zulässig, soweit der Kläger die Aufhebung des Bescheides vom 28. September 2006 und des Widerspruchsbescheides vom 26. Februar 2007 insoweit begehrt. Insbesondere besteht ein Rechtsschutzbedürfnis gemäß § 42 Abs. 2 VwGO, obwohl der Kläger gegen den Bescheid vom 29. Juni 2006 keinen Widerspruch eingelegt hatte. Denn mit dem Bescheid vom 28. September 2006 hat der Beklagte für den Bewilligungszeitraum Oktober 2003 bis September 2004 insgesamt eine neue Sachentscheidung über das in diesen Zeitraum einzusetzende Vermögen, den hieraus folgenden Anspruch auf Ausbildungsförderung und die - nach seiner Auffassung - rechtswidrige Überzahlung sowie eine neue Entscheidung zur Höhe der Rückforderung getroffen. Dieser Zweitbescheid hat neue Rechtsbehelfsfristen in Gang gesetzt (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 10. Auflage, 2008, § 35 Rn. 55 m. w. N.). Davon ist ersichtlich auch der Beklagte ausgegangen, der im Widerspruchsbescheid über den Bescheid vom 28. September 2006 in der Sache entschieden hat.
Soweit der Kläger mit dem schriftsätzlich angekündigten Antrag ausdrücklich auch die Aufhebung des Bescheides vom 30. Januar 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides begehrt, ist der Antrag zwar gemäß § 88 VwGO sachdienlich ausgelegt worden. Denn aus der Begründung des Widerspruchs und insbesondere dem Klagevorbringen im Übrigen ist ersichtlich, dass der Kläger nicht die Aufhebung der in diesem Bescheid für den Bewilligungszeitraum Oktober 2006 bis September 2007 getroffenen, ihn begünstigenden Regelungen begehrt, sondern sich allein – unter Hinweis auf den bereits eingelegten Widerspruch – gegen die Rückforderung von 2972,00 € für den Bewilligungszeitraum Oktober 2003 bis September 2004 wendet.
Die Klage ist insoweit aber auch mit dieser Auslegung unzulässig. Ein Rechtsschutzbedürfnis besteht nicht, denn weder der Benennung des Rückforderungsrestbetrages im Abschnitt E. noch der hierzu ergangenen Zahlungsaufforderung kommt Regelungscharakter zu. Ob eine behördliche Äußerung begrifflich als bloße Zahlungsaufforderung oder als Leistungsbescheid in Gestalt eines anfechtbaren Verwaltungsaktes zu qualifizieren ist, richtet sich nach ihrem objektiven Erklärungsinhalt (vgl. BVerwG, Urteil vom 19. Dezember 1995 – 10 A 1/94 – zitiert nach juris, dort Rn. 14 m. w. N.). Hier wird bereits aus dem Ausgangsbescheid hinreichend deutlich, dass der Beklagte die zurückgeforderte Summe nicht - erneut - verbindlich festlegen und die Voraussetzungen für eine Vollstreckung schaffen wollte. Aus der Bezeichnung der Felder 46 „bestehende Rückforderung“, 48 „Rückforderung insgesamt“, 50 „verbleibende Rückforderung“ und 52 „Rückforderungsrestbetrag“ ist zu erkennen, dass der Beklagte keine neue Rückforderung geregelt – das hierfür vorgesehene Feld 47 weist keine Eintragung auf -, sondern lediglich in der „Gesamtabrechnung“ auf die mit dem zuvor ergangenen Bescheid festgesetzte Rückforderung verwiesen hat. Etwas anderes ergibt sich auch nicht unter Berücksichtigung der Aufforderung, den im Feld 52 ausgewiesenen Betrag binnen Monatsfrist zurückzuzahlen. Aus dem Umstand, dass der u. a. in Abschnitt E, Feld 44 ausgewiesene Nachzahlungsbetrag von 1256,00 € an den Kläger ausgezahlt und nicht mit der Rückforderung verrechnet wurde, zu erkennen, dass letztere nicht als sofort fällig und vollstreckbar angesehen wurde. Jedenfalls mit der Erklärung im Widerspruchsbescheid, der Rückforderungsbetrag werde lediglich aus verwaltungstechnischen Gründen mitgeführt, war dies auch für den Kläger erkennbar.
Die im dargelegten Umfang zulässige Klage ist auch in der Sache begründet. Der Bescheid des Beklagten vom 28. September 2006 und der Widerspruchsbescheid vom 26. Februar 2007 insoweit sind rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
Rechtsgrundlage für die (Teil-)Aufhebung der Bewilligungsbescheide ist § 45 Abs. 1 Satz 1 SGB X. Nach dieser Bestimmung darf ein unanfechtbarer begünstigender Verwaltungsakt, soweit er rechtswidrig ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Vergangenheit nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 zurückgenommen werden.
Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Entgegen der Auffassung des Beklagten war die Bewilligung von Ausbildungsförderung für den Bewilligungszeitraum Oktober 2003 bis September 2004 in der zuletzt durch Bescheid vom 28. April 2005 festgelegten Höhe nicht rechtswidrig. Das Vermögen des Klägers im Zeitpunkt der Antragstellung überschritt angesichts der bestehenden Rückzahlungsverpflichtungen nicht den Freibetrag des § 29 Abs. 1 Nr. 1 BAföG.
Allerdings spricht alles dafür, dass das im Zeitpunkt der Antragstellung am 30. Oktober 2003 auf dem Konto Nr. 5585030408 bei der Berliner Volksbank bestehende Guthaben in Höhe von 6.575,63 € Vermögen des Klägers im Sinne des § 27 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BAföG darstellte, weil dieser nach den für die Anwendung dieser Bestimmung maßgeblichen zivilrechtlichen Grundsätzen der Vermögenszuordnung Inhaber der gegen die Berliner Volksbank bestehenden Forderung war. Inhaber eines Sparkontos ist, wer gemäß der Vereinbarung mit der Bank oder Sparkasse Gläubiger des Guthabens werden sollte (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 4. September 2008 – 5 C 30/07 – zitiert nach juris, dort Rn. 15; BGH, Urteil vom 18. Januar 2005 - X ZR 164/07 - NJW 2005, 980; vgl. auch OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 14. Oktober 2009 – 6 M 20.09 -, zitiert nach juris). Hier bestand das auf dem Namen des Klägers errichtete Sparkonto schon vor den maßgeblichen Einzahlungen, auch der Freistellungsauftrag war für ihn eingerichtet worden. Die der Mutter am 12. November 2002 erteilte Kontovollmacht allein rechtfertigt keine andere zivilrechtliche Zuordnung.
Dem Vermögen des Klägers, dass zutreffend zuzüglich des - um 10 % gekürzten -Bausparguthabens mit insgesamt 8.343,70 € angesetzt worden ist, standen im Zeitpunkt der Antragstellung Schulden von jedenfalls 4.000,00 € gegenüber.
Schulden im Sinne von § 28 Abs. 3 Satz 1 BAföG sind alle gegen den Auszubildenden bestehenden Forderungen. Es reicht aus, dass der Auszubildende mit der Geltendmachung der Forderung ernstlich rechnen muss (vgl. u. a. Ramsauer/Stallbaum/Sternal, BAföG, 4. Aufl. 2005, § 38 Rn 9 m w. N.).
Das Gericht ist nach umfassender Würdigung der tatsächlichen Umstände davon überzeugt, dass der Kläger Darlehensverbindlichkeiten zumindest in Höhe von 4.000,00 € gegenüber seinem Vater hatte.
Für die Frage, ob ein behauptetes Darlehen als bestehende Schuld im Sinne von § 28 Abs. 3 Satz 1 BAföG anzuerkennen ist, ist allein maßgeblich, ob ein Darlehensvertrag zivilrechtlich wirksam geschlossen worden ist und dies von dem insoweit darlegungspflichtigen Auszubildenden auch nachgewiesen werden kann. Weil und soweit der für den Auszubildenden förderungsrechtlich günstige Umstand, ob und in welchem Umfang er vermögensmindernde Schulden hat, seine Sphäre betrifft, obliegt ihm bei der Aufklärung der erforderlichen Tatsachen eine gesteigerte Mitwirkungspflicht; die Nichterweislichkeit der Tatsachen geht zu seinen Lasten. Um der Gefahr des Missbrauchs zu begegnen, sind an den Nachweis des Abschlusses und der Ernstlichkeit der Verträge strenge Anforderungen zu stellen, was etwa voraussetzt, dass sich die Darlehensgewährung auch anhand der tatsächlichen Durchführung klar und eindeutig von einer verschleierten Schenkung oder einer verdeckten, auch freiwilligen Unterhaltsgewährung abgrenzen lässt. Soweit die relevanten Umstände in familiären Beziehungen wurzeln oder sich als innere Tatsache darstellen, die häufig nicht zweifelsfrei feststellbar sind, ist es gerechtfertigt, für die Frage, ob ein entsprechender Vertragsschluss vorliegt, äußerlich erkennbare Merkmale als Beweisanzeichen (Indizien) heranzuziehen. Die Annahme einer wirksam begründeten Darlehensschuld unter Angehörigen muss nicht zwingend einen strikten Fremdvergleich in dem Sinne standhalten, dass sowohl die Gestaltung als auch die Durchführung des Vereinbarten in jedem Punkte dem zwischen Fremden - insbesondere mit einem Kreditinstitut - Üblichen zu entsprechen hat. Derartige Anforderungen gehen über das gesetzliche Erfordernis der bestehenden Schuld im Sinne von § 28 Abs. 3 Satz 1 BAföG hinaus und lassen sich der Vorschrift nicht entnehmen. Ein Rückgriff auf die objektiven Merkmale des so genannte Fremdvergleichs ist vielmehr allein bei der anhand einer umfassenden Würdigung aller relevanten Umstände des Einzelfalles vorzunehmenden Prüfung geboten, ob überhaupt ein wirksamer Darlehensvertrag geschlossen worden ist und damit eine Schuld im Sinne von § 28 Abs. 3 Satz 1 BAföG besteht. Dabei sind die für und gegen einen wirksamen Vertragsschluss sprechenden Indizien im Rahmen einer Gesamtbetrachtung zu gewichten und zu würdigen (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 4. September 2008, - 5 C 30.07 -, zitiert nach juris dort Rn. 25 ff.).
Ausgehend von diesen Grundsätzen ist das Gericht davon überzeugt, dass zwischen dem Kläger und seinem Vater ein wirksamer Darlehensvertrag zu Stande gekommen ist. Dabei ist dem Beklagten zuzugeben, dass die Tatsache, dass der Kläger diese Darlehensverpflichtungen – wie auch das Vermögen – nicht in seinem Antrag vom 30. Oktober 2003 angegeben hat, ein Indiz gegen den Abschluss eines solchen Vertrages darstellt. Es kann hier dahinstehen, ob der Hinweis des Klägers auf die damalige Fassung des Formblattes 1 die vorgetragene „Selbstsaldierung“ allein überzeugend zu erklären vermag. Denn das Gericht misst diesem Umstand angesichts der im Übrigen einheitlich für den Abschluss eines wirksamen Vertrages sprechenden Indizien keine ausschlaggebende Bedeutung bei. Die vom Kläger in wesentlicher Hinsicht im Verwaltungs- wie auch im Klageverfahren einheitlich vorgetragene Vereinbarung, deren Inhalt sein Vater schriftlich bestätigt hat, umfasst die in § 488 Abs. 1 BGB genannten Vertragspflichten; Zinsen müssen – wie aus Abs. 3 Satz 3 der Vorschrift zu ersehen – nicht vereinbart werden. Schriftform ist nur für Verbraucherdarlehensverträge im Sinne des § 492 Abs. 1 BGB vorgesehen. Die Laufzeit kann sich auch stillschweigend aus dem vereinbarten Zweck ergeben oder, falls keine Vereinbarung getroffen wurde, einseitig unter Beachtung von § 315 BGB bestimmt werden (Palandt/Putzo, BGB, 62. Aufl. 2003, § 488 Rn. 4, 15 f.).
Der vorgetragene Zweck, eine Sicherheit für den Erhalt eines „work and travel“ Visums für Australien, ist entgegen der Einschätzung des Beklagten plausibel. Der Vortrag des Klägers deckt sich mit den allgemein zugänglichen Informationen, dass die Vergabe eines solchen Visums den Nachweis finanzieller Mittel in Höhe von derzeit mindestens 5.000 Australischen Dollar voraussetzt, wobei ein aktueller Kontoauszug mit Bankstempel erforderlich ist und der Inhaber des Visums auch der Kontoinhaber sein muss (vgl. etwa die Informationen auf
www.working-holiday-visum.de
, abgerufen am 05.03.2010, oder – in englischer Sprache -
www.germany.embassy.gov.au
). Der Kläger hat auch Bankbelege für Überweisungen vom 30. Oktober 2002 an das Council on International Educational Exchange e. V. u. a. mit dem Betreff “Work and travel Australien, Visagebühr” vorgelegt.
Das Gericht sieht genügend Indizien, die zu diesem Zweck erbrachten Zahlungen von einer Schenkung abzugrenzen. Dabei ist vor allem zu berücksichtigen, dass ausweislich der vorgelegten Kontoauszüge die Darlehenssumme schon gut zweieinhalb Jahre vor der Anhörung zu den Ergebnissen des Datenabgleichs zurückgezahlt worden ist (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 04. September 2008 - 5 C 30/07 – a. a. O. Rn. 27). Der Kläger hat Barauszahlungen von jeweils 2.000,00 € am 28. November und 02. Dezember 2003 von seinem Konto Nr. 5585030408 belegt. Sein Vorbringen zum Verbleib des Geldes erscheint anhand der vorgelegten Kontoauszüge ebenfalls plausibel. So sind auf dem Konto der Mutter Nr. 5585944000 am 28. November und am 04. Dezember 2003 jeweils Bareinzahlungen von 2.000,00 € belegt. Deren Kontovollmacht für das Konto des Klägers bestand ausweislich der Bestätigung der Berliner Volksbank vom 18. Juli 2006 fort. Ebenfalls belegt sind die Überweisung von 3.000,00 € vom Konto der Mutter auf ein Konto des Vaters am 05. Dezember 2003 und der vom Kläger für Hintergrund und Zeitpunkt der „Rückzahlung“ angegebene Zweck.
Auch wenn die Rückzahlung damit nicht unmittelbar vom Konto des Klägers auf ein Konto des Vaters erfolgt ist, sieht das Gericht das inhaltlich immer einheitliche Vorbringen des Klägers zu den Modalitäten der Darlehensgewährung und –rückzahlung als belegt an. Überweisungen von einem Sparkonto sind – wie dieser zutreffend eingewandt hat – nicht möglich. Dass die mit Kontovollmacht versehene Mutter bei der Rückzahlung zwischengeschaltet war und einen Teil der zurückzuzahlenden Summe nicht auf ein Konto des Vaters überwiesen, sondern zu anderen Zwecken verwendet hat, stellt das Bestehen der Rückzahlungspflicht nicht in Frage. Es wird trotz der teilweise ungewöhnlich gestalteten vertraglichen Beziehungen insgesamt ersichtlich, dass der Kläger – wie er mehrfach vorgetragen – nicht davon ausgehen konnte, die erhaltenen Geldleistungen behalten zu dürfen und auch nicht behalten hat. Das Gericht berücksichtigt in diesem Zusammenhang auch, dass das Bestehen der Rückzahlungspflicht vor dem Hintergrund der aus dem Verwaltungsvorgang ersichtlichen familiären und finanziellen Situation – auch die drei Geschwister des Klägers befanden sich in Schul- bzw. Universitätsausbildung, die Mutter war nicht erwerbstätig – glaubhaft ist.
Die vorgetragene Darlehensverbindlichkeit gegenüber der Mutter in Höhe von 700,00 € bedurfte keiner weiteren Aufklärung, weil bereits mit den Darlehensverbindlichkeiten gegenüber dem Vater das Vermögen unterhalb des Freibetrages nach §52 Abs. 1 Nr. 1 BAföG liegt.
Liegen die Voraussetzungen für eine (Teil)-Aufhebung der Bewilligungsbescheide nicht vor, kommt eine Rückforderung nach § 50 Abs. 1 Satz 1 SGB X nicht in Betracht.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO. Das Gericht berücksichtigt, dass Gegenstand der Klage auch hinsichtlich der Teilanfechtung des Bescheides vom 30. Januar 2007 einheitlich die Teilaufhebung und Rückforderung für den Bewilligungszeitraum Oktober 2003 bis September 2004 war und der Kläger nur hinsichtlich der begehrten Klarstellung unterlegen ist. Die Gerichtskostenfreiheit ergibt sich aus § 188 VwGO. Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.