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Abgesenkte Besoldung; Personalüberhang; Versetzung zum Stellenpool; Verwendung im Beitrittsgebiet; (nicht) vorübergehende Verwendung außerhalb des Beitrittsgebiets; Prozesszinsen


Metadaten

Gericht OVG Berlin-Brandenburg 4. Senat Entscheidungsdatum 10.09.2010
Aktenzeichen OVG 4 B 35.08 ECLI
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen § 1 S 2 BesÜV 2, § 2 Abs 1 BesÜV 2, § 126 Abs 3 Nr 3 BRRG, § 291 BGB

Tenor

Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 25. Juni 2008 teilweise geändert.

Der Beklagte wird unter Aufhebung der Bescheide des Bezirksamtes Mitte von Berlin vom 22. April 2004 und vom 22. September 2006 verurteilt, dem Kläger für die Zeit vom 17. Juli 2003 bis zum 30. Juni 2008 weitere Besoldung in Höhe von 14.277,43 Euro brutto nebst Zinsen mit einem Zinssatz von jeweils 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 9.399,13 Euro seit dem 27. Oktober 2006, aus jeweils weiteren 242,53 Euro seit dem 1. November 2006, 1. Dezember 2006, 1. Januar 2007, 1. Februar 2007, 1. März 2007, 1. April 2007, 1. Mai 2007, 1. Juni 2007, 1. Juli 2007, 1. August 2007, 1. September 2007, 1. Oktober 2007, 1. November 2007, 1. Dezember 2007, 1. Januar 2008 sowie aus jeweils weiteren 248,07 Euro seit dem 1. Februar 2008, 1. März 2008, 1. April 2008, 1. Mai 2008 und 1. Juni 2008 zu zahlen.

Es wird festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger vom 1. Juli 2008 bis zum 31. Dezember 2009 volle Dienstbezüge nach Maßgabe des Bundesbesoldungsgesetzes zu gewähren.

Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 v.H. des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 v.H. des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Der Kläger begehrt volle Dienstbezüge nach Maßgabe des Bundesbesoldungsgesetzes.

Der am … 1963 geborene Kläger wurde beim im Beitrittsgebiet liegenden Bezirksamt M... von Berlin am 1. September 1995 zum Beamten auf Probe und mit Wirkung vom 1. März 1998 zum Beamten auf Lebenszeit ernannt. Er bekleidete das Amt eines Stadtamtmannes, später das eines Regierungsamtmannes. Über die Zusammenlegung der bisherigen Bezirke M..., T... und W... in Folge der Bezirksfusion hinaus bis zum 31. März 2003 wurde der Kläger in dem im Beitrittsgebiet liegenden Teil des Bezirks M... eingesetzt. Vom 1. April 2003 bis zum 1. Juli 2003, verlängert bis zum 31. Dezember 2003, wurde der Kläger zu dem zum Bezirksamt M... von Berlin gehörenden, aber in Berlin-W... (Nicht-Beitrittsgebiet) gelegenen Gebäude- und Dienstleistungsmanagement abgeordnet. Mit Verfügung vom 17. Juli 2003 ordnete der Beklagte den Kläger dem Personalüberhang zu und versetzte ihn mit Verfügung vom 1. November 2004 mit Wirkung zum 1. Dezember 2004 zum Zentralen Personalüberhangmanagement (Stellenpool). Der Kläger blieb weiter im in Berlin-W... gelegenen Gebäude- und Dienstleistungsmanagement tätig. Gegen seine Zuordnung zum Personalüberhang und seine Versetzung zum Stellenpool erhob der Kläger vor dem Verwaltungsgericht Berlin Klage (VG 5 A 71.04). Das Verfahren ist nach Abgabe übereinstimmender Erledigungserklärungen abgeschlossen (Kostenbeschluss vom 25. August 2010). Mit Verfügung vom 30. März 2005 ordnete der Stellenpool den Kläger mit Wirkung vom 1. Dezember 2004 bis zum 31. Dezember 2005 weiterhin an das Bezirksamt M... von Berlin, Standort W..., Gebäude- und Dienstleistungsmanagement ab. Die Abordnungszeit wurde verkürzt auf den 14. Juni 2005, und der Kläger wurde vom 15. Juni 2005 bis zum 22. April 2007 an das Bezirksamt T... von Berlin (Nicht-Beitrittsgebiet) abgeordnet. Eine zwischenzeitliche Entsendung des Klägers zu einer privaten Grundstücksverwaltung in Berlin-T... (Nicht-Beitrittsgebiet) im Dezember 2006 endete im Januar 2007. Zum 23. April 2007 ordnete der Stellenpool den Kläger zur Senatsverwaltung für Gesundheit, Umwelt und Verbraucherschutz ab. Der Kläger war außerhalb des Beitrittsgebietes in Berlin-K... eingesetzt. Diese Abordnung wurde letztmalig verlängert bis zum 31. März 2010 und zum 1. April 2010 wurde der Kläger (endgültig) in die Senatsverwaltung f... versetzt.

Der Kläger erhielt bis zum 31. Dezember 2009 eine nach der Zweiten Besoldungs-Übergangsverordnung (2. BesÜV) abgesenkte Besoldung nach der Besoldungsgruppe A 11. Er ist seit dem 2006 verheiratet und erhält seit dem 1. Juli 2006 den entsprechenden Familienzuschlag. Zusätzlich bezog er Kindergeld mit Ausnahme der Dienstzeit seines Sohnes bei der Bundeswehr vom Oktober 2005 bis zum Juni 2006.

Am 6. Januar 2004 beantragte der Kläger beim Bezirksamt Mitte von Berlin volle Besoldung nach Maßgabe des Bundesbesoldungsgesetzes und am 6. Februar 2004 machte er diese schriftsätzlich auch rückwirkend zum 1. April 2003 geltend. Mit Schreiben vom 22. April 2004 lehnte das Bezirksamt M... von Berlin diesen Antrag ab. Den hiergegen erhobenen Widerspruch wies das Bezirksamt M... von Berlin mit Widerspruchsbescheid vom 22. September 2006 zurück. Zur Begründung führte es im Wesentlichen an, dass es sich bei der Tätigkeit des Klägers beim Gebäude- und Dienstleistungsmanagement in Berlin-W... nur um eine vorübergehende Dienstleistung handele. Nach § 1 Satz 2 2. BesÜV verbleibe es aber bei der abgesenkten Besoldung bei einer nur vorübergehenden Verwendung außerhalb des Beitrittsgebietes.

Der Kläger hat hiergegen Klage erhoben, mit der er rückwirkend ab dem 1. April 2003 volle Dienstbezüge nach Maßgabe des Bundesbesoldungsgesetzes geltend gemacht hat. Das Verwaltungsgericht Berlin hat der Klage durch Urteil vom 25. Juni 2008 im Wesentlichen stattgegeben und die Bescheide des Bezirksamtes M... von Berlin vom 22. April 2004 und vom 22. September 2006 aufgehoben, den Beklagten verurteilt, dem Kläger für die Zeit vom 17. Juli 2003 bis zum 30. Juni 2008 weitere Besoldung in Höhe von 14.281,15 Euro brutto nebst Zinsen mit einem Zinssatz von jeweils 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 9.403,- Euro seit dem 27. Oktober 2006, aus jeweils weiteren 242,53 Euro seit dem 1. November 2006, 1. Dezember 2006, 1. Januar 2007, 1. Februar 2007, 1. März 2007, 1. April 2007, 1. Mai 2007, 1. Juni 2007, 1. Juli 2007, 1. August 2007, 1. September 2007, 1. Oktober 2007, 1. November 2007, 1. Dezember 2007, 1. Januar 2008 sowie aus jeweils weiteren 248,04 Euro seit dem 1. Februar 2008, 1. März 2008, 1. April 2008, 1. Mai 2008 und 1. Juni 2008 zu zahlen, und zudem festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet sei, dem Kläger ab 1. Juli 2008 volle Dienstbezüge nach Maßgabe des Bundesbesoldungsgesetzes zu gewähren. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen (bezogen auf den Zeitraum 1. April 2003 bis 16. Juli 2003 und hinsichtlich eines höheren Zinssatzes). Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Dem Kläger stehe mit seiner Zuordnung zum Personalüberhang zum 17. Juli 2003 die ungeschmälerte Besoldung nach dem Bundesbesoldungsgesetz zu, da er seitdem nicht mehr nur vorübergehend außerhalb des Beitrittsgebietes im Sinne des § 1 Satz 2 2. BesÜV verwendet worden sei. Mit dieser Zuordnung sei der Kläger von seiner bisherigen Verwendung im Beitrittsgebiet losgelöst worden. Die Stelle des Klägers beim Bezirksamt M... von Berlin sei weggefallen und der Beklagte habe ihn damit nicht mehr auf seinen bisherigen Stamm-Dienstposten im Beitrittsgebiet zurückholen können. Seine vom Stellenpool angeordneten Übergangseinsätze hätten keinen Bezug zum Beitrittsgebiet gehabt, da sie außerhalb des Beitrittsgebietes in den Ortsteilen W..., T..., T... und K... stattgefunden hätten. Das Klageverfahren (VG 5 A 71.04) gegen die Zuordnung zum Personalüberhang und gegen die Versetzung zum Stellenpool stehe dem Anspruch auf volle Besoldung nicht entgegen, da die Klage keine aufschiebende Wirkung entfaltet habe (§ 126 Abs. 3 Nr. 3 BRRG). Der Zinsanspruch folge aus § 291 BGB in entsprechender Anwendung ab dem Tag der Klageerhebung beim Verwaltungsgericht. Dem Kläger stehe der allgemeine Zinssatz von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz für Geldschulden zu (§ 291 Satz 2 i.V.m. § 288 Abs. 1 Satz 2 BGB).

Gegen dieses Urteil richtet sich die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung des Beklagten, zu deren Begründung er geltend macht:

Auf den Kläger sei § 1 Satz 2 2. BesÜV anzuwenden, da seine Diensteinsätze außerhalb des Beitrittsgebietes in den verschiedenen Stationen lediglich befristet und vorübergehend gewesen seien. Die Zuordnung zum Personalüberhang durch Verfügung vom 17. Juli 2003 könne schon deshalb nicht maßgeblich sein, weil der Kläger weiterhin dem Bezirksamt M... von Berlin angehört habe. Ebenso sei seine Versetzung zum Stellenpool unbeachtlich, da er vom Stellenpool lediglich für befristete Übergangseinsätze außerhalb des Beitrittsgebietes abgeordnet worden sei. Jeder dieser Einsätze sei für sich betrachtet nur vorübergehender Natur gewesen. Das Verwaltungsgericht habe verkannt, dass für die Anwendbarkeit der 2. BesÜV nicht eine dauerhafte Verwendung im Beitrittsgebiet erforderlich sei, maßgeblich sei nur, ob die Tätigkeit des Klägers eine vorübergehende oder dauerhafte Verwendung außerhalb des Beitrittsgebietes im Sinne des § 1 Satz 2 2. BesÜV darstelle. Da der Kläger nach seiner Versetzung zum Stellenpool bis Ende 2008 insgesamt vier Jahre und einen Monat an verschiedenen Orten außerhalb des Beitrittsgebietes jeweils befristet beschäftigt gewesen sei, handele es sich nur um vorübergehende Verwendungen außerhalb des Beitrittsgebietes im Sinne des § 1 Satz 2 2. BesÜV.

Zudem habe das Verwaltungsgericht keine bezifferten Teilbeträge zusprechen dürfen, da der Kläger diese Beträge vorher nicht bei seiner Dienstbehörde geltend gemacht habe. Hinsichtlich der Höhe des zugesprochenen Betrages werde gerügt, dass dieser um 3,72 Euro zu hoch sei. Auch habe das Verwaltungsgericht zu Unrecht § 291 BGB entsprechend angewandt. Es handele sich um Besoldungsrecht, in dem Verzugszinsen nicht vorgesehen seien.

Der Beklagte beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 25. Juni 2008 zu ändern und die Klage im vollem Umfang abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass der Feststellungsantrag auf den Zeitraum bis zum 31. Dezember 2009 beschränkt wird.

Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend und macht geltend:

Mit seiner Zuordnung zum Personalüberhang sei seine Verwendung im Beitrittsgebiet weggefallen; damit sei der Anknüpfungspunkt für eine Besoldung nach der 2. BesÜV weggefallen, da diese voraussetze, dass eine dauerhafte Verwendung im Beitrittsgebiet vorliege.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes wird auf die Streitakte, die Gerichtsakte VG 5 A 71.04 und die über den Kläger geführten Personalakten (3 Bände und 1 Hefter) Bezug genommen, die vorgelegen haben und deren Inhalt - soweit wesentlich - Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Berufung ist im Wesentlichen unbegründet, lediglich in Höhe von 3,72 Euro begründet. Das Verwaltungsgericht hat dem Kläger zu Recht die volle Besoldung ab dem 17. Juli 2003 nebst Zinsen zugesprochen.

I.

Die im Wege objektiver Klagehäufung nach § 44 VwGO kombiniert erhobene Anfechtungs-, Leistungs- und Feststellungsklage ist zulässig. Entgegen der Auffassung des Beklagten ist die Leistungsklage nicht bereits unzulässig, weil der Kläger gegenüber dem Beklagten vor Erhebung der Klage einen entsprechend bezifferten Antrag nicht gestellt hat. Nach § 126 Abs. 3 BRRG bedarf es vor Erhebung einer Leistungsklage eines Vorverfahrens. Ein solches hat der Kläger aber auch durchgeführt, da er am 8. Januar 2004 und erneut am 6. Februar 2004 gegenüber dem Beklagten volle Besoldung nach Maßgabe des Bundesbesoldungsgesetzes rückwirkend ab 1. April 2003 beantragte. Dieser Antrag ist mit Bescheid vom 22. April 2004 abgelehnt worden und sein dagegen erhobener Widerspruch ist mit Widerspruchsbescheid vom 22. September 2006 zurückgewiesen worden. Damit ist den Voraussetzungen des § 126 Abs. 3 BRRG hinreichend Rechnung getragen worden. Eines darüber hinausgehenden bezifferten Zahlungsantrages bedurfte es nicht. Sinn des Vorverfahrens ist die Kontrolle der Recht- und Zweckmäßigkeit des Verwaltungshandelns durch den Dienstherrn selbst. Dem ist Genüge getan, wenn für ihn erkennbar ist, wogegen der Beamte sich wendet und was er begehrt (vgl. BVerwG, Urteil vom 28. Juni 2001 – 2 C 48.00 – juris Rn. 15 f.). Dem Beklagten war hier ohne Weiteres ersichtlich, dass der Kläger ab dem 1. April 2003 den Unterschiedsbetrag zwischen der abgesenkten und der vollen Besoldung nach Maßgabe des Bundesbesoldungsgesetzes begehrt. Die Höhe des Zahlbetrages war damit bestimmbar.

II.

Der Anfechtungs-, Leistungs- und Feststellungsantrag des Klägers ist begründet. Die angefochtenen Bescheide vom 22. April 2004 und vom 22. September 2006 sind rechtswidrig und verletzten den Kläger in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO), weil ihm für den Zeitraum beginnend ab dem 17. Juli 2003 Anspruch auf volle Besoldung nach Maßgabe des Bundesbesoldungsgesetzes zustand. Der Zeitraum vom 1. April 2003 bis zum 16. Juli 2003 ist nicht Gegenstand des Berufungsverfahrens, da der Kläger keine Berufung eingelegt hat und das Oberverwaltungsgericht den Streitfall nur innerhalb des Berufungsantrages prüft (§ 128 Satz 1 VwGO).

Dem Anspruch steht die 2. BesÜV nicht entgegen. Der Kläger unterfiel zwar dem Anwendungsbereich der 2. BesÜV, da er nach § 2 Abs. 1 2. BesÜV von seiner erstmaligen Ernennung im Jahr 1995 an im Beitrittsgebiet verwendet worden ist, er war in dem im Beitrittsgebiet liegenden Teil des Bezirks M... tätig. Aufgrund seiner Zuordnung zum Personalüberhang ab dem 17. Juli 2003 und der sich anschließenden zum 1. Dezember 2004 wirksam gewordenen „Versetzung“ zum Stellenpool schied er aus dem Anwendungsbereich aber wieder aus, da er nicht nur vorübergehend im Sinne des § 1 Satz 2 2. BesÜV außerhalb des Beitrittsgebietes verwendet wurde.

1. Nach § 2 Abs. 1 2. BesÜV ist die Verordnung mit der Folge von abgesenkten Bezügen nur auf Beamte anwendbar, die von ihrer erstmaligen Ernennung an im Beitrittsgebiet verwendet werden; nach § 1 Satz 2 2. BesÜV gilt dies auch in den Fällen einer vorübergehenden Verwendung außerhalb des Beitrittsgebietes. Dementsprechend unterliegt der Beamte, der auf Dauer in das frühere Bundesgebiet wechselt, der Verordnung nicht mehr (vgl. Schinkel/Seifert in Fürst, GKÖD III K § 73/2. BesÜV § 1 Rn. 4). Der Begriff Verwendung zeigt, dass auf den Ort der konkreten dienstlichen Tätigkeit abzustellen ist, nicht aber auf den Behördensitz oder den dienstlichen Wohnsitz des Beamten (vgl. OVG Berlin, Urteil vom 11. Dezember 2001 – OVG 4 B 15.00 - juris Rn. 24; OVG Münster, Urteil vom 22. Januar 2010 – 1 A 3146.07 – juris Rn. 51, 53). Der Kläger ist - unstreitig zwischen den Beteiligten - seit dem 17. Juli 2003 durchgängig außerhalb des Beitrittsgebietes dienstlich tätig gewesen.

2. Die Verwendung des Klägers außerhalb des Beitrittsgebietes war seit dem 17. Juli 2003 nicht lediglich vorübergehend im Sinne des § 1 Satz 2 2. BesÜV. Maßgeblich abzustellen ist – wie bei dem Begriff Verwendung – auf die tatsächlichen Verhältnisse; es ist danach abzugrenzen, ob nach der prognostischen Beurteilungsgrundlage des Dienstherrn bei Beginn der streitigen Verwendung ein auf nicht absehbare Zeit gerichtetes endgültiges Herauslösen aus der bisherigen Verwendung im Beitrittsgebiet bei Zugrundelegung aller erkennbaren Umstände tatsächlich ernsthaft beabsichtigt gewesen ist (vgl. OVG Münster a.a.O. Rn. 58, 69). Vorübergehend ist eine Verwendung dagegen nur, wenn sie explizit oder sachimmanent vorübergehend fixiert ist. Die bloße Möglichkeit, die Verwendung zu ändern oder abzubrechen, ist unerheblich, da es sonst praktisch nur vorübergehende Verwendungen gäbe (vgl. OVG Berlin a.a.O. Rn. 30).

Die Verwendung des Klägers war hier nicht lediglich vorübergehend im Sinne des § 1 Satz 2 2. BesÜV, da er mit seiner Zuordnung zum Personalüberhang und der von vornherein vom Dienstherr beabsichtigten späteren Versetzung in den Stellenpool rechtlich und tatsächlich endgültig aus seiner Verwendung in dem im Beitrittsgebiet liegenden Teil des Bezirks M... herausgelöst wurde. Eine Rückkehr ins Beitrittsgebiet war rechtlich nicht angelegt. Der Kläger hatte keine rechtliche Bindung an seine Verwendung im Beitrittsgebiet mehr – seine Stelle war weggefallen – und er war auch tatsächlich nicht noch einmal im Beitrittsgebiet dienstlich tätig. Zudem war seine Verwendung ausweislich der Zuordnungs- und der Versetzungsverfügung, bezogen auf das frühere Bundesgebiet, weder explizit noch sachimmanent vorübergehend fixiert. Dem steht auch nicht die rechtliche Konzeption des Stellenpools entgegen. Zwar sollte die Verwendung der dortigen Beamten nur vorübergehend geschehen, es sollte sich um eine „Zwischenstation“ zur letztlich angestrebten Versetzung zu einer neuen Dienststelle handeln (vgl. Senatsvorlage vom 8. April 2003, Abgeordnetenhaus von Berlin, Drucks. 15/1564 S. 10 zu § 6 Nr. 1), auf eine Rückkehr ins Beitrittsgebiet war sie aber ersichtlich nicht angelegt.

Zudem belegen auch die tatsächlich eingetretenen und vorhersehbar gewesenen Folgen dieser Konzeption des Stellenpools, dass die Zuordnung zum Personalüberhang und die sich anschließende Versetzung zum Stellenpool für die betroffenen Beamten nicht nur ein vorübergehender Zustand ist. Dies gilt erst recht ab dem Zeitpunkt der Versetzung zum Stellenpool, denn der Beamte kann nicht davon ausgehen, dass seine Zugehörigkeit zu diesem durch eine reguläre Versetzung zu einer anderen Berliner Behörde zeitnah beendet wird. Es ist vielmehr ungewiss, ob überhaupt und gegebenenfalls wann seine Zugehörigkeit zum Stellenpool enden wird (vgl. BVerwG, Urteil vom 18. September 2008 – 2 C 8.07 - juris Rn. 20 f.). Damit kann auch bei dem Kläger nicht mehr davon ausgegangen werden, dass es sich bei seiner Zuordnung zum Personalüberhang mit anschließender Versetzung zum Stellenpool nur um eine vorübergehende Verwendung außerhalb des Beitrittsgebietes im Sinne des § 1 Satz 2 2. BesÜV handelt.

Unerheblich ist daher auch, ob es sich bei den infolge der Zuordnung zum Personalüberhang und den späteren vom Stellenpool verfügten Diensteinsätzen des Klägers um jeweils nur vorübergehende Einsätze handelte. Denn bereits mit der Zuordnung zum Personalüberhang ist seine Verwendung im Beitrittsgebiet endgültig beendet worden.

III.

Der Verurteilung des Beklagten zur Zahlung der vollen Besoldung nach dem Bundesbesoldungsgesetz steht nicht das inzwischen abgeschlossene Klageverfahren VG 5 A 71.04 entgegen, da die Klage wegen § 126 Abs. 3 Nr. 3 BRRG im maßgeblichen Zeitraum bereits keine aufschiebende Wirkung entfaltete (vgl. Senatsbeschluss vom 6. März 2007 – OVG 4 S 42.06 -).

IV.

Das Verwaltungsgericht hat dem Kläger jedoch auf seinen Leistungsantrag hin 3,72 Euro zu viel zugesprochen. Ausweislich der vom Beklagten im Berufungsbegründungsschriftsatz vom 8. September 2008 vorgelegten und vom Kläger unwidersprochen gebliebenen Berechnung, die sich das Gericht nach eigener Überprüfung zu eigen macht, beläuft sich der Differenzbetrag auf 14.277,43 Euro, mithin 3,72 Euro weniger als die zugesprochenen 14.281,15 Euro. Infolgedessen sind auch die Beträge für die Ermittlung der Zinsen anzupassen.

V.

Nicht zu beanstanden ist jedoch die Verurteilung des Beklagten zur Zahlung von Prozesszinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem Tag der Klageerhebung beim Verwaltungsgericht. Rechtsgrundlage ist § 291 i.V.m. § 288 Abs. 1 Satz 2 BGB in entsprechender Anwendung, wonach der Schuldner eine Geldschuld von dem Zeitpunkt der Rechtshängigkeit an mit einem Zinssatz von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz pro Jahr zu verzinsen hat. Im Gegensatz zu Verzugszinsen, die nur aufgrund ausdrücklicher gesetzlicher Regelung gewährt werden, können Prozesszinsen regelmäßig in entsprechender Anwendung des § 291 BGB verlangt werden, es sei denn, das geschriebene Fachrecht weist eine den allgemeinen Grundsatz derogierende Regelung auf, die aber in Anbetracht des Wesensunterschiedes zwischen Verzugs- und Prozesszinsen grundsätzlich nicht in einem lediglich Verzugszinsen ausschließenden Rechtssatz gesehen werden kann (vgl. BVerwG, Urteil vom 22. Februar 2001 – 5 C 34.00 – juris Rn. 14; für das Besoldungsrecht vgl. BVerwG, Urteil vom 17. Juni 2010 – 2 C 86.08 – juris Rn. 31). Eine im Besoldungsrecht Prozesszinsen ausschließende Regelung existiert entgegen der Auffassung des Beklagten nicht. Vielmehr schließt § 3 Abs. 6 BBesG a.F. (heute: § 3 Abs. 5 BBesG) in diesem Zusammenhang ausdrücklich lediglich die Geltendmachung von Verzugszinsen aus.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO. Die Berufung hat nur zu einem geringen Teil Erfolg.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 VwGO, § 127 BRRG liegen nicht vor. Insbesondere hat die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung; sie betrifft auslaufendes Recht, da die 2. BesÜV mit Ablauf des 31. Dezember 2009 außer Kraft getreten ist; die Vorschriften sind auch nicht noch in einer erheblichen Zahl offener Altfälle anzuwenden, da nach Angaben des Beklagten lediglich ein weiteres gleichgelagertes Verfahren vor dem Verwaltungsgericht Berlin anhängig ist.