Toolbar-Menü
 
Sie sind hier: Gerichtsentscheidungen Entscheidung
Aufgrund von Wartungsarbeiten konnten seit Januar 2024 keine neuen Entscheidungen veröffentlicht werden. Alle Entscheidungen mit Stand vom 31. Dezember 2023 sind jedoch abrufbar. Zurzeit werden die noch ausstehenden Entscheidungen nachgepflegt.

Entscheidung 2 U 119/19


Metadaten

Gericht OLG Brandenburg 2. Zivilsenat Entscheidungsdatum 20.01.2020
Aktenzeichen 2 U 119/19 ECLI ECLI:DE:OLGBB:2020:0120.2U119.19.00
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen

Tenor

1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung der Klägerin gegen das am 8. November 2018 verkündete Urteil der 4. Zivilkammer - Einzelrichter - des Landgerichts Frankfurt (Oder), Az. 14 O 366/17, gemäß § 522 Abs. 2 ZPO durch Beschluss zurückzuweisen.

2. Die Klägerin erhält Gelegenheit zur Stellungnahme binnen 2 Wochen nach Zugang dieses Beschlusses.

Gründe

Der Senat ist einstimmig davon überzeugt, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat, die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und eine mündliche Verhandlung auch aus sonstigen Gründen nicht geboten ist (§ 522 Abs. 2 ZPO).

1.
Die Klage ist bereits unzulässig. Die unter der Bezeichnung „Wohnungseigentümergemeinschaft …“ handelnde Klägerin ist nicht parteifähig, weil es sich hierbei lediglich um eine - nicht parteifähige - Untergemeinschaft der „Wohnungseigentümergemeinschaft Y…“ handelt (§ 50 ZPO). Nach § 10 Abs. 6 Satz 5 WEG kann die Gemeinschaft vor Gericht klagen und verklagt werden. Dabei muss die Gemeinschaft die Bezeichnung „Wohnungseigentümergemeinschaft“ gefolgt von der bestimmten Angabe des gemeinschaftlichen Grundstücks - hier: Y… - führen (§ 10 Abs. 6 Satz 4 WEG). Bei einer Mehrhausanlage kann zwar die Gemeinschaftsordnung die Bildung von Untergemeinschaften mit eigenen Beschlussfassungskompetenzen und Kostenverteilungsregelungen in allein sie betreffenden Verwaltungsangelegenheiten vorsehen. Solche Untergemeinschaften sind jedoch keine selbstständigen Tochterverbände, sondern nur ein Teil der Gesamtgemeinschaft. Rechts- und parteifähig ist ausschließlich die Gesamtgemeinschaft, nicht jedoch die hier klagende Untergemeinschaft der Wohnungseigentümer der Häuser X… (vgl. OLG Koblenz, Beschluss vom 18. Oktober 2010 - 5 U 934/10 -; OLG Nürnberg, Urteil vom 16. August 2013 - 2 U 2379/12 - in Verbindung mit dem dazu ergangenen Nichtannahmebeschluss des Bundesgerichtshofs vom 10. Februar 2016 - VII ZR 252/13 -, jeweils bei juris; Zöller-Althammer, ZPO, 33. Aufl.2020, Rn 24 zu § 50 ZPO).

Eine Berichtigung des Rubrums auf die „Wohnungseigentümergemeinschaft Y… “ kommt nicht in Betracht. Ein berichtigungsfähiger Rubrumsfehler durch unrichtige oder unvollständige Bezeichnung der Klagepartei liegt nicht vor. Eine Berichtigung käme nur in Betracht, wenn feststeht oder erkennbar ist, wer als Partei gemeint war, und Interessen Dritter durch die Berichtigung nicht berührt werden. Voraussetzung ist, dass die Identität der Partei feststeht und durch die Berichtigung gewahrt bleibt (vgl. OLG Nürnberg, a. a. O.; Zöller-Feskorn, a. a. O., Rn 17 zu § 319 ZPO).

Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Der Klageerhebung liegt kein Beschluss der Wohnungseigentümergemeinschaft Y… zugrunde. In der Wohnungseigentümerversammlung vom 27. November 2017 (Anlage zum Schriftsatz der Klägerin vom 17. April 2018, Bl. 104-108 d. A.) haben ersichtlich lediglich die mit 39 von 44 Stimmanteilen anwesenden Eigentümer der Untergemeinschaft „X… “ zum TOP 04 einstimmig mit 39 Stimmen den Beschluss Nr. 223/17 gefasst, ein Klageverfahren gegen den Beklagten zur Geltendmachung eines Schadensersatzanspruchs für die Beitragszahlung nach dem Staatshaftungsgesetz in Höhe von 15.595,58 € nebst Zinsen und gezahlter Säumniszuschläge einzuleiten, und den Verwalter bevollmächtigt, den Klägervertreter mit der Klageeinreichung und -verfolgung zu beauftragen. In der Versammlung vertreten waren insgesamt 187 von 216 Einheiten.

2.
Lediglich vorsorglich weist der Senat darauf hin, dass die Klage in der Sache auch unbegründet wäre. Jedenfalls im Ergebnis zu Recht hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Die Klägerin - ihre Parteifähigkeit unterstellt - könnte von dem Beklagten wegen der in Bestandskraft erwachsenen Festsetzung eines Abwasseranschlussbeitrages in Höhe von 15.595,58 Euro durch Bescheid vom 4. August 2011 keinen Schadensersatz verlangen. Der Beitragsbescheid war nicht rechtswidrig. Insbesondere war im Zeitpunkt seines Erlasses noch keine Festsetzungsverjährung eingetreten. Zur Begründung verweist der Senat auf das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 27. Juni 2019, Az.: III ZR 93/18, das sich eingehend mit allen auch von der Berufung angesprochenen Gesichtspunkten verfassungs- und abgabenrechtlicher Art auseinandergesetzt hat. Der Senat hat sich der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bereits in mehreren Entscheidungen angeschlossen (vgl. zuletzt Urteile vom 17. Dezember 2019, Az.: 2 U 66/17 und 2 U 33/18). Begründeter Anlass, hiervon abzuweichen, besteht nicht. Der Senat sieht davon ab, die rechtlichen Erwägungen des Bundesgerichtshofs an dieser Stelle lediglich zu wiederholen.

Danach gilt im Streitfall: Unstreitig ist die erste wirksame Abwasserbeitragssatzung des Beklagten erst am 1. Januar 2006 in Kraft getreten. Vor diesem Zeitpunkt konnte eine Beitragspflicht der Klägerin aus Rechtsgründen nicht entstanden sein. Festsetzungsverjährung hätte gemäß § 12 Abs. 3a KAG Bbg frühestens mit Ablauf des 31. Dezember 2011 eintreten können. Der Bescheid vom 4. August 2011 ist nach allem rechtzeitig erlassen worden.

Weitere Umstände, aus denen sich die Rechtswidrigkeit des Beitragsbescheides ergeben könnte, zeigt die Berufung nicht auf. Über die vom Bundesgerichtshof erörterten Gesichtspunkte des Vertrauensschutzes hinaus sind im Streitfall keine Tatsachen vorgetragen, die die Geltendmachung des Herstellungsbeitrages ausnahmsweise als treuwidrig erscheinen lassen. Die von der Berufung geltend gemachten Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit der Entscheidung des Bundesgerichtshofs, insbesondere seiner die Rechtmäßigkeit des Beitragsbescheides rechtfertigenden Erwägungen, teilt der Senat nicht. Auch ist nicht dargetan, dass in dem festgesetzten Beitrag nach § 18 KAG Bbg nicht berücksichtigungsfähige Aufwendungen enthalten sein könnten.

In Ermangelung eines Hauptanspruchs besteht auch kein Anspruch auf Zinsen und Erstattung von Stundungszinsen.