Gericht | OLG Brandenburg 5. Senat für Familiensachen | Entscheidungsdatum | 05.12.2012 | |
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Aktenzeichen | 3 UF 74/12 | ECLI | ||
Dokumententyp | Beschluss | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 185 FamFG |
Gemäß Art. 229 § 17 EGBGB ist eine Restitutionsklage nach § 641 i ZPO – nunmehr (nach Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen etc. zum 1.9.2009): § 185 FamFG – nicht statthaft, wenn eine Klage auf Anfechtung der Vaterschaft wegen Fristablaufes rechtskräftig abgewiesen worden ist, auch wenn ein nachträglich gemäß § 1598 a BGB eingeholtes Abstammungsgutachten die Abstammung widerlegt. Ein solcher Fall liegt auch dann vor, wenn das Amtsgericht eine Vaterschaftsanfechtungsklage mit der Begründung, die Anfechtungsfrist nach § 1600 b Abs. 1 BGB sei nicht eingehalten worden, abgewiesen und der Beschwerdeführer seine Berufung gegen dieses Urteil zurückgenommen hat, nachdem das Beschwerdegericht seinen Prozesskostenhilfeantrag zurückgewiesen und dabei die Frage der Fristversäumung offen gelassen, die Berufung vielmehr als mangels schlüssigen Sachvortrags voraussichtlich erfolglos angesehen hatte. Denn auf diese Weise ist die erstinstanzliche Entscheidung – durch die die Klage wegen Ablaufs der Anfechtungsfrist abgewiesen worden war – in Rechtskraft erwachsen.
Die Beschwerde wird auf Kosten des Antragstellers zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren beträgt 2.000,- Euro.
Das zulässige Rechtsmittel des Antragstellers erweist sich als unbegründet.
Zu Recht hat das Amtsgericht den Antrag des Beschwerdeführers im Restitutionsverfahren abgewiesen. Dessen Begehren stellt sich nämlich vor dem Hintergrund der in Art. 229 § 17 EGBGB enthaltenen Regelung als unzulässig dar. Danach ist eine Restitutionsklage nach § 641 i ZPO – nunmehr (nach Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen etc. zum 1.9.2009): § 185 FamFG – nicht statthaft, wenn eine Klage auf Anfechtung der Vaterschaft wegen Fristablaufes rechtskräftig abgewiesen worden ist, auch wenn ein nachträglich gemäß § 1598 a BGB eingeholtes Abstammungsgutachten die Abstammung widerlegt. Die Vorschrift soll verhindern, dass ein im Wege des § 1598 a BGB erlangtes Abstammungsgutachten dafür herangezogen wird, das Restitutionsverfahren gegen Urteile zu betreiben, durch die eine Vaterschaftsanfechtungsklage wegen Versäumung der Anfechtungsfrist rechtskräftig abgewiesen worden war, und auf diese Weise sicherstellen, dass es in Fällen, in denen die Ausgangsentscheidung sachlich richtig war, bei der Unanfechtbarkeit der Vaterschaft verbleibt (Palandt/Ellenberger, BGB 71. A, Art. 229 § 17 EGBGB Rz. 1; Münch. Komm./Wellenhofer, BGB 6.A., Art. 229 § 17 EGBGB Rz. 1). Da die anfechtungsunabhängige Klärung der Vaterschaft aufgrund Abstammungsbegutachtung nach § 1598 a BGB im Gegensatz zur Vaterschaftsanfechtung zeitlich unbegrenzt zulässig ist, können sich damit – wie vorliegend – Fälle ergeben, in denen durch Abstammungsgutachten festgestellt wird, dass biologisch keine Vaterschaft besteht, die rechtliche Vaterschaft aber wegen Fristablaufes nicht mehr angefochten werden kann. Diese Konsequenz der getroffenen normativen Regelung hat der Gesetzgeber indes aus Gründen der Rechtssicherheit – des Vertrauens der Bürger auf den Bestand rechtskräftiger Entscheidungen - in Kauf genommen, ohne dass dagegen verfassungsrechtliche Bedenken bestünden. Sie folgt im Übrigen bereits aus § 185 FamFG: War nämlich die Anfechtungsfrist abgelaufen, hätte ein etwaiges Abstammungsgutachten im Ausgangsverfahren keine Entscheidungsrelevanz mehr gehabt, weil die Klage bereits aus formalen Gründen der Abweisung unterlag (Münch.-Komm/Wellenhofer aaO Rz. 2).
Das Amtsgericht Fürstenwalde (Spree) hat die vom Beschwerdeführer im Jahr 1999 angestrengte Vaterschaftsanfechtungsklage mit Urteil vom 18.7.2000 in diesem Sinne als unzulässig abgewiesen und dabei zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt, die Anfechtungsfrist nach § 1600 b Abs. 1 BGB sei nicht eingehalten worden, weil im Ergebnis der durchgeführten, allein zur Bestimmung der Anfechtungsfrist verwerteten, Beweisaufnahme habe festgestellt werden können, dass der Beschwerdeführer bereits 1994 von den gegen seine Vaterschaft sprechenden Umständen erfahren habe. Seine Berufung gegen dieses Urteil hat der Beschwerdeführer aber mit Schriftsatz seines damaligen Verfahrensbevollmächtigten vom 21.4.2001 zurückgenommen, nachdem das Rechtsmittelgericht seinen zugleich gestellten Prozesskostenhilfeantrag mit Beschluss vom 20.3.2001 zurückgewiesen hatte. Auf diese Weise ist die erstinstanzliche Entscheidung – durch die die Klage wegen Ablaufs der Anfechtungsfrist abgewiesen worden war – in Rechtskraft erwachsen.
Ohne Bedeutung ist demgegenüber, dass das Berufungsgericht die Frage der Fristversäumung in seiner Prozesskostenhilfeentscheidung vom 20.3.2001 offen gelassen, die Berufung vielmehr als mangels schlüssigen Sachvortrags voraussichtlich erfolglos angesehen hat. Denn nach Rücknahme des Rechtsmittels ist die im Ausgangsverfahren ergangene erstinstanzliche Entscheidung unverändert und damit aus den Gründen der ausgesprochenen Klageabweisung rechtskräftig geworden. Die inhaltliche Richtigkeit dieser Entscheidung zu prüfen, ist dem Senat jedoch bereits aufgrund der entgegenstehenden Rechtskraft verwehrt, und das Restitutionsverfahren gemäß § 185 FamFG begründet gerade keine derartige „Suprarevisions“ befugnis.
Es trifft im Übrigen nicht zu, dass die sog. Restitutionsklage stets statthaft ist, wenn eine Anfechtungsklage aus Beweisgründen abgewiesen wurde. Vielmehr vertritt entgegen dem Beschwerdevorbringen auch Borth (in FPR 2007, 381 ff, 385, m.w.N.) die Rechtsauffassung, dass die Restitution nur insoweit unter den weiteren Voraussetzungen des § 641 i ZPO (a.F.) zulässig ist, als die Vaterschaftsanfechtung im Ausgangsverfahren „abgewiesen wurde, weil die Vermutung des § 1600 c BGB aus Beweisgründen nicht widerlegt werden konnte oder ein fehlerhaftes Abstammungsgutachten vorlag“.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 FamFG, die Bestimmung des Geschäftswertes auf § 47 Abs. 1 FamGKG.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen, da die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofes als Rechtsbeschwerdegericht erfordern (§ 70 Abs. 2 FamFG).