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Altersvorsorgezulage


Metadaten

Gericht FG Berlin-Brandenburg 10. Senat Entscheidungsdatum 08.05.2014
Aktenzeichen 10 K 14265/12 ECLI
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Revision zum Bundesfinanzhof wird zugelassen.

Die Kosten des Verfahrens werden der Klägerin auferlegt.

Tatbestand

Die 1966 geborene Klägerin ist Ehefrau eines Landwirts. Die Eheleute haben drei Söhne, die 1992, 1999 und 2000 geboren sind. Das Kindergeld wurde an den Vater ausgezahlt.

Von der seit dem 01. Januar 1995 nach § 1 Abs. 3 des Gesetzes über die Alterssicherung der Landwirte -ALG- bestehenden Versicherungspflicht von Unternehmerehegatten wurde die Klägerin mit Bescheid vom 15. März 1996 befreit. Der Befreiungsgrund war der Abschluss eines Lebensversicherungsvertrages gemäß § 85 Abs. 3 Nr. 3 ALG.

Seit dem Jahr 2005 verfügt die Klägerin zudem über einen nach § 5 Altersvorsorgeverträge-Zertifizierungsgesetz -AltZertG- zertifizierten Altersvorsorgevertrag, auf den sie im streitgegenständlichen Zeitraum die jeweils für die Gewährung der Höchstzulage notwendigen Eigenbeiträge (§§ 82, 86 Einkommensteuergesetz -EStG-) einzahlte. Ihr Ehemann hat keinen nach § 5 AltZertG zertifizierten Altersvorsorgevertrag. Die von der Klägerin beantragten und auf den Altersvorsorgevertrag zunächst auch ausgezahlten Altersvorsorgezulagen für die Jahre 2005 bis 2007 ließ die Beklagte im Rahmen der Überprüfung der Zulageberechtigung zurückbuchen, weshalb die Klägerin jeweils fristgerecht die förmliche Festsetzung der Altersvorsorgezulage für die Streitjahre beantragte (§ 90 Abs. 4 EStG).

Die Beklagte lehnte die Gewährung der Altersvorsorgezulage für die Beitragsjahre 2005 bis 2007 mit Bescheiden vom 20. Februar 2012 ab. Sie bestätigte diese Entscheidungen auf die fristgerecht eingelegten Einsprüche der Klägerin hin mit der Einspruchsentscheidung vom 24. August 2012.

Die Beklagte begründete die Verweigerung der Altersvorsorgezulage mit dem Umstand, dass die Klägerin nicht zu dem in §§ 79, 10a EStG genannten anspruchsberechtigten Personenkreis zähle. Sie habe sich von der nach § 1 Abs. 3 ALG bestehenden Versicherungspflicht in der landwirtschaftlichen Alterskasse befreien lassen.

Gegen diese Entscheidung wehrt sich die Klägerin fristgerecht mit ihrer Klage.

Sie gehöre zum anspruchsberechtigten Personenkreis. § 10a Abs. 1 Satz 3 Halbsatz 1 EStG stelle Versicherungspflichtige nach dem ALG den in § 10a Abs. 1 Satz 1 EStG genannten Pflichtversicherten in der inländischen gesetzlichen Rentenversicherung gleich. Ihre Befreiung von der Beitragspflicht zur landwirtschaftlichen Alterskasse ändere nichts an ihrer gemäß § 1 Abs. 3 ALG weiterhin bestehenden Versicherungspflicht. Ausweislich der Gesetzesformulierung sei für die Zulageberechtigung die Versicherungspflicht und nicht die Beitragspflicht entscheidend.

Hinzu trete der Umstand, dass der Befreiungsgrund der Abschluss eines Lebensversicherungsvertrages gewesen sei, der mindestens das gleiche Beitrags- und Leistungsspektrum wie die Regelungen der Alterssicherung der Landwirte beinhalte. Der befreiende Lebensversicherungsvertrag sei daher nichts anderes als ein Surrogat für die ansonsten bestehende Beitragspflicht zur landwirtschaftlichen Alterskasse.

Die Regelung des § 85 ALG sei ein Sonderkonstrukt im Bereich der Alterssicherung der Landwirte. Sonstige gesetzliche Vorsorgesysteme beinhalteten keine vergleichbaren Vorschriften. Wegen der Äquivalenz der Leistungen und der Beiträge eines Lebensversicherungsvertrages im Sinne des § 85 ALG und des Beitrags- und Leistungsverhältnisses in der Alterssicherung der Landwirte müsse sie, die Klägerin, ebenfalls in den Genuss der Altersvorsorgezulage kommen.

Die Klägerin beantragt,

die Gewährung der Altersvorsorgezulage für die Beitragsjahre 2005 bis 2007 (eine Grundzulage und drei Kinderzulagen) unter Aufhebung der entsprechenden Ablehnungsbescheide vom 20. Februar 2012 sowie der diese Bescheide bestätigenden Einspruchsentscheidung vom 24. August 2012.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hält an ihrer Einspruchsentscheidung fest.

Unmittelbar zulageberechtigt seien gemäß §§ 79 Satz 1, 10a Abs. 1 Satz 1 EStG die in der inländischen gesetzlichen Rentenversicherung Pflichtversicherten. Gemäß § 10a Abs. 1 Satz 3 Halbsatz 1 EStG stünden ihnen Versicherungspflichtige nach dem ALG gleich. Die Klägerin habe sich von der nach § 1 Abs. 3 ALG für bestimmte Landwirtsehegatten bestehenden Versicherungspflicht befreien lassen und falle daher nicht unter die unmittelbare Zulageberechtigung nach §§ 79 Satz 1, 10a Abs. 1 EStG.

Im Termin zur mündlichen Verhandlung waren trotz ordnungsgemäßer Ladung weder die Kläger- noch die Beklagtenseite vertreten.

Entscheidungsgründe

1. Der Senat konnte gemäß § 91 Abs. 2 FGO entscheiden, obgleich die Beteiligten an der mündlichen Verhandlung nicht teilgenommen haben. Die Ladungen enthielten eine entsprechende Belehrung.

2. Die zulässige Klage ist unbegründet, weil die in den angefochtenen Bescheiden enthaltene Ablehnungsentscheidung rechtmäßig ist und die Klägerin nicht in ihren Rechten verletzt (§ 101 Satz 1 FGO). Die in den Streitjahren mangels Bestehen eines nach § 5 AltZertG zertifizierten Altersvorsorgevertrages des Ehemannes unstreitig nicht mittelbar zulageberechtigte Klägerin hat keinen Anspruch auf die begehrte Altersvorsorgezulage als unmittelbar Zulageberechtigte, da sie für die Jahre 2005 bis 2007 die im Gesetz genannten Fördervoraussetzungen für eine unmittelbare Zulageberechtigung nicht erfüllt.

a) Gemäß § 79 Satz 1 EStG haben nur die in § 10a Abs. 1 EStG genannten Personen einen unmittelbaren Anspruch auf Altersvorsorgezulage. Die Klägerin erfüllt die in § 10a Abs. 1 EStG genannten Voraussetzungen für die Beitragsjahre 2005 bis 2007 nicht. Zwar stehen gemäß § 10a Abs. 1 Satz 3 Halbsatz 1 EStG Versicherungspflichtige nach dem ALG den in § 10a Abs. 1 Satz 1 EStG genannten zulageberechtigten Pflichtversicherten in der inländischen gesetzlichen Rentenversicherung gleich. Die Klägerin wurde allerdings ausweislich des auf § 85 Abs. 3 Nr. 3 ALG gestützten Befreiungsbescheids vom 15. März 1996 von ihrer als Landwirtsunternehmerehegattin nach § 1 Abs. 3 ALG grundsätzlich bestehenden Versicherungspflicht befreit. Sie war daher in den Streitjahren keine „Versicherungspflichtige nach dem ALG“ im Sinne von § 10a Abs. 1 Satz 3 Halbsatz 1 EStG.

b) Das Gericht hegt keine verfassungsrechtlichen Zweifel am Ausschluss wegen Abschlusses eines Lebensversicherungsvertrages gemäß § 85 Abs. 3 Nr. 3 ALG von der Versicherungspflicht befreiter Unternehmerehegatten von der unmittelbaren Zulageberechtigung nach §§ 79, 10a EStG. Insbesondere liegt kein Verstoß gegen den in Art. 3 des Grundgesetzes -GG- festgeschriebenen allgemeinen Gleichheitssatz vor. Der eine Ungleichbehandlung rechtfertigende hinreichende sachliche Grund dafür, diese Personengruppe nicht in die Begünstigung nach §§ 79, 10a EStG zur Förderung einer zusätzlichen freiwilligen kapitalgedeckten privaten Altersvorsorge einzubeziehen, ist darin begründet, dass der Gesetzgeber dieser Personengruppe bereits durch § 85 Abs. 3 Nr. 3 ALG die Möglichkeit einer nach dem Kapitaldeckungsverfahren organisierten zusätzlichen Altersvorsorge eingeräumt hat und sie von den gesetzlichen Eingriffen in die umlage- und steuerfinanzierten staatlichen Altersversorgungssysteme [Absenkung der Versorgungsleistungen aufgrund des Altersvermögensergänzungsgesetzes -AvmEG- vom 26. März 2001 (BGBl. I 2001, 403), des Altersvermögensgesetzes -AVmG- vom 26. Juni 2001 (BGBl. I 2001, 1310) bzw. des Versorgungsänderungsgesetzes 2001 vom 20. Dezember 2001 (BGBl. I 2001, 3926)] nicht in vergleichbarem Umfang wie die in § 10a Abs. 1 EStG genannten Anspruchsberechtigten betroffen ist. Der gesetzgeberische Grund für die in § 10a Abs. 1 Satz 3 Halbsatz 1 EStG normierte Gleichstellung der Versicherungspflichtigen nach dem ALG war die wirkungsgleiche Übertragung der in der gesetzlichen Rentenversicherung vorgenommenen Maßnahmen auf das Alterssicherungssystem der Landwirte durch Art. 6 AvmEG, weshalb dem Gesetzgeber auch bei dieser Personengruppe die steuerliche Förderung einer zusätzlichen kapitalgedeckten Altersvorsorge gerechtfertigt erschien [BT-Drs. 14/4595, 44; Killat-Risthaus in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, § 10a EStG Anm. 18 (Dokumentstand 246. Ergänzungslieferung Mai 2011)].

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO. Die Zulassung der Revision beruht auf § 115 Abs. 2 Nr. 2 1. Alt. FGO (Fortbildung des Rechts).