Gericht | OVG Berlin-Brandenburg 5. Senat | Entscheidungsdatum | 03.02.2014 | |
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Aktenzeichen | OVG 5 S 3.14 | ECLI | ||
Dokumententyp | Beschluss | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 123 VwGO, § 146 Abs 4 S 6 VwGO, § 229 Abs 1 S 1 AO, § 229 Abs 1 S 2 AO, § 231 Abs 1 AO |
Die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Potsdam vom 9. April 2013 wird zurückgewiesen.
Die Kosten der Beschwerde trägt der Antragsgegner.
Der Wert des Beschwerdegegenstandes wird auf 5.750 € festgesetzt.
Die Beschwerde hat keinen Erfolg.
Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Verwaltungsgericht im Wege einstweiliger Anordnung nach § 123 VwGO die Vollstreckung aus dem Erschließungs- und Straßenausbaubeitragsbescheid des Antragsgegners vom 30. Juli 2003 bezüglich der Hauptforderung insgesamt und bezüglich der Säumniszuschläge bis auf diejenigen, die im Kalenderjahr 2008 entstanden sind, vorläufig bis zu einer Entscheidung des Antragsgegners über eine Einstellung der Vollstreckung eingestellt: Die Vollstreckung sei nach summarischer Prüfung unzulässig, weil die Beitragsforderung mit Ablauf des Kalenderjahres 2008 zahlungsverjährt sei. Der regelmäßige Verlauf der Verjährungsfrist sei nicht durch Zahlungsaufforderungen o.ä. unterbrochen worden.
Das nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO allein zu prüfende Beschwerdevorbringen rechtfertigt keine Änderung oder Aufhebung des Beschlusses. Der Einwand des Antragsgegners, das Verwaltungsgericht habe sich mit seinem Vortrag zu § 229 Abs. 1 Satz 2 AO und dem neuen Lauf der Zahlungsverjährungsfrist nach Änderung des Beitragsbescheides in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht am 17. Oktober 2008 nicht auseinandergesetzt, geht ins Leere. Denn zu Recht hat die Kammer die teilweise Reduzierung des Beitrags nur als mögliche Unterbrechungshandlung im Sinne von § 231 Abs. 1 AO geprüft, eine Verjährungsunterbrechung bezüglich des verbliebenen Beitrags jedoch im Hinblick auf § 231 Abs. 4 AO verneint. § 229 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 1 AO findet entgegen der Ansicht des Antragsgegners keine Anwendung. Danach beginnt die Zahlungsverjährungsfrist nicht vor Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Festsetzung eines Anspruchs aus dem Steuerschuldverhältnis, ihre Aufhebung, Änderung oder Berichtigung nach § 129 wirksam geworden ist, aus der sich der Anspruch ergibt. Hierbei handelt es sich um eine Ausnahme zur Regel in § 229 Abs.1 Satz 1 AO, wonach die Verjährungsfrist mit Ablauf des Kalenderjahres beginnt, in dem der Anspruch erstmals fällig geworden ist. Die Ausnahmeregelung in § 229 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 1 AO betrifft aber nur Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis, die ohne Rücksicht auf ihre Anmeldung oder Festsetzung fällig werden, d.h. auf sogenannte Fälligkeitssteuern, wie z.B. die Lohnsteuer. Die Anlaufhemmung der Verjährungsfrist verhindert, dass der Fristenlauf beginnt, bevor der Anspruch konkretisiert ist (allg. Ansicht, vgl. Tipke/Kruse, AO, Stand September 2009, Rn. 3 zu § 229; Klein, AO, 11. Aufl., 2012, Rn. 1, und BFH, Urteil vom 30. April 1996 - VII R 122/94 -, juris Rn. 22 m.w.N.). Zu diesen Fälligkeitsabgaben zählen Erschließungs- und Straßenausbaubeiträge ersichtlich nicht (vgl. § 135 Abs. 1 BauGB und § 2 Abs. 1 Satz 2 KAG Bbg i.V.m. § 10 der Straßenausbau-Beitragssatzung der Stadt Falkensee).Die vom Antragsgegner herangezogenen Zitate aus Klein, AO, 11. Aufl., 2012, Rn. 1 und 6 sind aus dem Zusammenhang gerissen. Sie beziehen sich bei vollständiger Texterfassung ausdrücklich auf die genannten Fälligkeitssteuern (Rn. 1) und auf hier nicht in Rede stehende Erstattungsansprüche des Abgabenschuldners, die durch eine Aufhebung oder Änderung eines Steuerbescheides ausgelöst werden (Rn. 5 und 6).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 1 GKG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).