Gericht | OVG Berlin-Brandenburg Fachsenat für Personalvertretungssachen | Entscheidungsdatum | 18.04.2013 | |
---|---|---|---|---|
Aktenzeichen | OVG 60 PV 5.12 | ECLI | ||
Dokumententyp | Beschluss | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 5 ASiG, § 9 Abs 3 ASiG, § 16 ASiG, § 19 ASiG, § 77 Abs 6 PersVG BE, § 85 Abs 1 S 1 Nr 7 PersVG BE, § 86 Abs 3 S 1 Nr 6 PersVG BE |
Bei der Verpflichtung eines überbetrieblichen Dienstes von Fachkräften für Arbeitssicherheit zur Wahrnehmung der Aufgaben nach § 6 ASiG steht dem Personalrat nur ein Anhörungsrecht nach § 77 Abs. 6 PersVG Berlin zu.
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Berlin vom 21. Februar 2012 wird zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
I.
Im Streit ist die Frage, ob die Vergabe der sicherheitstechnischen Betreuung der Dienstkräfte des Bezirksamts an eine Privatfirma ein Mitbestimmungsrecht des Personalrats nach § 85 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 PersVG Berlin (Maßnahmen zur Verhütung von Dienst- und Arbeitsunfällen und sonstigen Gesundheitsschädigungen) bzw. § 86 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 PersVG Berlin (Bestellung von Fachkräften für Arbeitssicherheit) auslöst oder nur der Anhörung nach § 77 Abs. 6 PersVG Berlin (Verpflichtung eines überbetrieblichen Dienstes von Fachkräften für Arbeitssicherheit) unterliegt.
Nachdem der Beteiligte die Vergabe des Auftrags zur sicherheitstechnischen Betreuung mit Zustimmung des Antragstellers Anfang des Jahres 2011 ausgeschrieben hatte, schloss er mit der Firma T... nach Anhörung des Antragstellers einen auf zwei Jahre befristeten Betreuungsvertrag für die Zeit vom 1. Juli 2011 bis zum 31. Juni 2013. Ein vom Antragsteller hierbei reklamiertes Mitbestimmungsrecht verneinte der Beteiligte mit Schreiben vom 6. Juni 2011 unter Hinweis auf dessen Anhörungsrecht nach § 77 Abs. 6 PersVG Berlin.
Daraufhin hat der Antragsteller am 9. August 2011 das personalvertretungsrechtliche Beschlussverfahren zur Feststellung einer Mitbestimmungsrechtsverletzung eingeleitet und vorgebracht, die Beauftragung einer Firma mit der sicherheitstechnischen Betreuung entsprechend § 5 des Arbeitssicherheitsgesetzes (ASiG) sei nach § 86 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 PersVG Berlin mitbestimmungspflichtig. Anders als nach dem Bundespersonalvertretungsgesetz, wo der Gesetzgeber im Mitbestimmungstatbestand den Zusatz "als Arbeitnehmer" bzw. "als Beamte" aufgenommen habe, komme es nach dem Berliner Personalvertretungsgesetz nicht darauf an, ob die Bestellung eigene Beschäftigte oder Fachkräfte für Arbeitssicherheit als Firma betreffe. Die ältere Berliner verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung, die auf einen aus § 9 Abs. 3 ASiG hergeleiteten Vorrang des Anhörungsrechts erkannt habe, sei im Hinblick auf die neuere Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zum Verhältnis von Mitbestimmungsrechten zu anderen Beteiligungsrechten mit geringerer Intensität nicht mehr aufrecht zu erhalten. Anders als bei einer Einstellung und der damit verbundenen Eingliederung neuer Beschäftigter gehe es bei der hier in Rede stehenden Mitbestimmung nicht um die Auswirkungen bei der Zusammenarbeit mit den übrigen Beschäftigten der Dienststelle, sondern um die Sicherstellung eines Mindestschutzes nach dem Arbeitssicherheitsgesetz. Dafür sei unerheblich, ob die Tätigkeit bereits beschäftigten Dienstkräften, noch einzustellenden Dienstkräften oder überbetrieblich tätigen Fachkräften übertragen werde. Die Beauftragung unterliege außerdem als Maßnahme zur Verhütung von Dienst- und Arbeitsunfällen und sonstigen Gesundheitsschädigungen der Mitbestimmung nach § 85 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 PersVG Berlin, wie das Bundesverwaltungsgericht zur wortgleichen Regelung in § 75 Abs. 3 Nr. 11 BPersVG bereits entschieden habe.
Mit Beschluss vom 21. Februar 2012 hat das Verwaltungsgericht Berlin den Antrag zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt: § 77 Abs. 6 PersVG Berlin sei die spezielle Beteiligungsregelung, die nur ein Anhörungsrecht normiere und weitergehende Mitbestimmungstatbestände verdränge. Die Kammer folge der entsprechenden, maßgeblich aus der Entstehungsgeschichte des Gesetzes abgeleiteten Auffassung der 61. Kammer des Verwaltungsgerichts im Beschluss vom 30. Juli 1997 - VG 61 A 17.96 -, die auch vom Oberverwaltungsgericht Berlin im Beschluss vom 3. März 1999 - OVG 60 PV 14.97 - bestätigt worden sei. Das dagegen gerichtete Antragsvorbringen vermöge diese Rechtsprechung nicht erfolgreich in Frage zu stellen. Das Bundespersonalvertretungsgesetz tauge wegen der andersartigen Systematik dort nicht als Vergleichsgrundlage. Aus der Entstehungsgeschichte des Gesetzes ergebe sich, dass der Berliner Gesetzgeber, anders als der Bundesgesetzgeber, die Regelung in § 9 Abs. 3 ASiG habe nachbilden wollen. § 77 Abs. 6 PersVG Berlin und § 86 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 PersVG Berlin beträfen unterschiedliche Fallkonstellationen, sodass sich die Frage der Normenkonkurrenz gar nicht stelle. Gegenüber dem allgemeinen Mitbestimmungstatbestand des § 85 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 PersVG Berlin sei § 77 Abs. 6 PersVG Berlin allerdings die speziellere, das Mitbestimmungsrecht verdrängende Norm.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Antragstellers, die er wie folgt begründet: Anders als das Verwaltungsgericht dies sehe, könne dem Wortlaut der Gesetzesbegründung zur Einführung von § 77 Abs. 6 und § 86 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 PersVG Berlin, der lediglich auf § 9 ASiG insgesamt verweise, nicht zweifelsfrei entnommen werden, ob es sich jeweils um einander ausschließende oder kumulative Tatbestände handele. Auch das Argument der Fachkammer, die Verpflichtung freiberuflicher und überbetrieblicher Dienste entbehre einer Eingliederung bestimmter Beschäftigter in die Dienststelle und sei daher aufgrund der geringeren Intensität der Maßnahme als ausschließlich anhörungspflichtig anzusehen, überzeuge nicht. Der Sinn und Zweck der Mitbestimmung im Bereich der Bestellung von Fachkräften für Arbeitssicherheit, die Gewährleistung der Arbeitssicherheit in der Dienststelle, sei von der Form der Beauftragung unabhängig. Der Berliner Gesetzgeber habe eine von § 9 Abs. 3 ASiG abweichende Regelung treffen können und treffen wollen. Dadurch werde § 77 Abs. 6 PersVG Berlin nicht inhaltsleer. Denn es sei zwischen dem Akt der anhörungspflichtigen vertraglichen Verpflichtung, d.h. dem Vertragsschluss, einerseits und der mitbestimmungspflichtigen Bestellung, d.h. dem eigentlichen Einsatz, andererseits zu unterscheiden. Eine solche Unterscheidung sei dem Personalvertretungsrecht keineswegs fremd, wie ein Blick auf die Mitbestimmung bei der Einstellung zeige, wo nicht der Arbeitsvertragsschluss, sondern die tatsächliche Eingliederung des Beschäftigten inmitten stehe. Die Unterscheidung sei auch sinnvoll, weil weniger der Vertrag als die vom beauftragten Unternehmen entsandten Personen der Prüfung daraufhin bedürften, ob sie den Aufgaben des Arbeitssicherheitsgesetzes gerecht würden. Darüber hinaus komme das Mitbestimmungsrecht nach § 85 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 PersVG Berlin zum Tragen. Das Bundesverwaltungsgericht habe zur gleichlautenden Vorschrift im Bundespersonalvertretungsgesetz entschieden, dass die Beauftragung eines überbetrieblichen Dienstes von Fachkräften für Arbeitssicherheit mit der sicherheitstechnischen Betreuung der Beschäftigten einer Dienststelle unter diesen Mitbestimmungstatbestand falle. Er werde durch das Anhörungsrecht nach § 77 Abs. 6 PersVG Berlin nicht verdrängt. Das ergebe sich aus der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des Bundesarbeitsgerichts zum Bundesrecht. Dort gelte § 9 Abs. 3 ASiG mit der Regelung über das Anhörungsrecht unmittelbar, stehe also ebenso zu der allgemeinen Mitbestimmung bei Gesundheitsmaßnahmen in Konkurrenz wie § 77 Abs. 6 zu § 85 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 PersVG Berlin. Wesentliche Unterschiede in der Entstehungsgeschichte der Beteiligungstatbestände im Bundesrecht und im Berliner Landesrecht habe das Verwaltungsgericht nicht aufgezeigt. Eine Regel, wonach das schwächere Beteiligungsrecht das stärkere verdränge, gebe es nicht.
Der Antragsteller beantragt,
den Beschluss des Verwaltungsgerichts Berlin vom 21. Februar 2012 zu ändern und festzustellen, dass der Beteiligte dadurch sein Mitbestimmungsrecht verletzt hat, dass er die Firma T... mit der Wahrnehmung der sicherheitstechnischen Betreuung der Dienstkräfte beim Bezirksamt Neukölln von Berlin ab 1. Juli 2011 beauftragt hat, ohne hierfür die erforderliche Zustimmung des Antragstellers eingeholt zu haben.
Der Beteiligte beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Er verteidigt den angefochtenen Beschluss und hält der Argumentation des Antragstellers zur Aufspaltung in Verpflichtungsakt einerseits und Bestellungsakt andererseits die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts entgegen, wonach im Falle der externen Vergabe der sicherheitstechnischen Betreuung eine Bestellung nach § 5 ASiG gerade nicht stattfinde. Eine Bestellung finde grundsätzlich nur im bestehenden Arbeitsverhältnis statt und sei dann von dem Grundverhältnis, dem Arbeitsverhältnis, zu unterscheiden.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Verfahrensbeteiligten einschließlich der Anlagen Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat ein Mitbestimmungsrecht des Antragstellers zutreffend verneint.
Der Anwendungsbereich von § 86 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 PersVG Berlin ist nicht eröffnet. Danach bestimmt der Personalrat in Angelegenheiten sämtlicher Dienstkräfte nach Maßgabe des § 81 Abs. 2 mit bei Bestellung und Abberufung von Betriebsärzten und Fachkräften für Arbeitssicherheit sowie bei Erweiterung oder Einschränkung ihrer Aufgaben. Bei der vertraglichen Verpflichtung der Sicherheitsfirma T... handelt es sich um keine Bestellung von Fachkräften für Arbeitssicherheit. Das folgt aus Wortlaut und systematischer Stellung der Vorschrift im Normgefüge des Personalvertretungsgesetzes, aus Sinn und Zweck der Vorschrift und aus der Entstehungsgeschichte der Norm.
Ausweislich des Vertrages vom 26. Mai 2011 zwischen dem Land Berlin, vertreten durch das Bezirksamt Neukölln von Berlin (Auftraggeber), und der F... (Auftragnehmer) über die sicherheitstechnische Betreuung der Dienstkräfte nach dem Arbeitsschutz- und dem Arbeitssicherheitsgesetz hat das Land Berlin die F... zur Wahrnehmung der in § 6 ASiG näher bestimmten Aufgaben der Fachkräfte für Arbeitssicherheit verpflichtet. Damit kommt der Auftraggeber seiner in § 16 ASiG geregelten Pflicht nach, in der Landesverwaltung einen den Grundsätzen des Arbeitssicherheitsgesetzes gleichwertigen sicherheitstechnischen Arbeitsschutz zu gewährleisten. Mit der vertraglichen Verpflichtung der Sicherheitsfirma „bestellt“ der Beteiligte aber keine Fachkräfte für Arbeitssicherheit. Vielmehr erfüllt er die sich aus § 5 ASiG ergebende Verpflichtung des Arbeitgebers, Fachkräfte für Arbeitssicherheit (Sicherheitsingenieure, -techniker, -meister) schriftlich zu bestellen, dadurch, dass er einen überbetrieblichen Dienst von Fachkräften für Arbeitssicherheit zur Wahrnehmung der Aufgaben nach § 6 verpflichtet (vgl. § 19 ASiG). „Bestellt“ werden die Fachkräfte nach dieser Konstruktion nicht vom Auftraggeber, sondern allenfalls vom Auftragnehmer. § 19 ASiG befreit den Arbeitgeber bei der Verpflichtung überbetrieblicher Dienste gerade von der „Bestellung“ bestimmter einzelner Kräfte des überbetrieblichen Dienstes zugunsten einer Überbürdung dieser Aufgabe auf den überbetrieblichen Dienst. Entgegen der Ansicht des Antragstellers handelt es sich beim tatsächlichen Einsatz der jeweiligen Fachkraft ebenfalls um keine „Bestellung“. Der Vertrag regelt lediglich die persönlichen Anforderungen, die die Sicherheitsingenieure, -techniker und -meister erfüllen müssen, sowie das Recht des Auftraggebers, einen Austausch der jeweiligen Fachkraft des Stammpersonals zu verlangen. Die Verantwortung für die ordnungsgemäße Auswahl der eingesetzten Fachkraft obliegt hier der überbetrieblichen Sicherheitsfirma. Es ist offenkundig, dass diese Form des Einsatzes einer Fachkraft für Sicherheitstechnik keine Maßnahme des Beteiligten im Sinne von §§ 79 Abs. 1, 86 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 PersVG Berlin darstellt.
Es kommt hinzu, dass nach dem Einleitungshalbsatz in § 86 Abs. 3 PersVG Berlin die nachfolgend aufgelisteten Mitbestimmungstatbestände auf „Angelegenheiten sämtlicher Dienstkräfte“ beschränkt sind. Die Mitarbeiter des überbetrieblichen Dienstes, also die als Fachkraft für Arbeitssicherheit eingesetzten Ingenieure pp. sind jedoch keine Dienstkräfte der Dienststelle. Nach § 3 Abs. 1 PersVG Berlin sind Dienstkräfte im Sinne des Gesetzes die Arbeitnehmer und Beamten einschließlich der zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten. Dienstkräfte im Sinne dieses Gesetzes sind auch Personen, die sich ausschließlich zum Zwecke einer über- oder außerbetrieblichen Ausbildung im Sinne des § 1 Abs. 5 des Berufsbildungsgesetzes in einer Einrichtung des öffentlichen Dienstes befinden. Dazu gehören die Kräfte eines überbetrieblichen Dienstes ersichtlich nicht.
Zwar sind „sämtliche Dienstkräfte“ des Bezirksamtes von der Verpflichtung des überbetrieblichen Dienstes dadurch in ihren (sozialen) Angelegenheiten betroffen, dass die Aufgaben ihres Schutzes am Arbeitsplatz von Dritten wahrgenommen werden. Mit dem Begriff „sämtliche Dienstkräfte“ in § 86 Abs. 3 Satz 1 PersVG Berlin ist jedoch nur die Zusammenfassung von Angelegenheiten der Arbeitnehmer und Beamten gemeint. § 86 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 PersVG Berlin regelt - im Gegensatz zu § 85 PersVG Berlin - nicht die Mitbestimmung in einer allgemeinen (sozialen) Angelegenheit aller Dienstkräfte, sondern die Mitbestimmung bei einer personellen Einzelmaßnahme einer Dienstkraft. Das ergibt sich zweifelsfrei aus einem Abgleich mit den übrigen Tatbeständen des § 86 Abs. 3 Satz 1 PersVG Berlin, in denen Versetzung, Umsetzung, Abordnung, Zuweisung, Nebentätigkeitsgenehmigung und Anordnung betreffend die Wohnsitznahme als personelle Einzelmaßnahmen der Mitbestimmung unterworfen werden.
Schließlich spricht die Regelung in § 77 Abs. 6 PersVG Berlin gegen ein Mitbestimmungsrecht aus § 86 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 PersVG Berlin: Dort ist vor der Verpflichtung eines überbetrieblichen Dienstes von Betriebsärzten oder Fachkräften für Arbeitssicherheit die Personalvertretung (nur) zu hören. Diese Vorschrift hätte keinen Anwendungsbereich, unterläge der Akt der Verpflichtung eines überbetrieblichen Dienstes der Mitbestimmung. Die dagegen vom Antragsteller ins Feld geführte Unterscheidung zwischen anhörungspflichtiger Verpflichtung eines überbetrieblichen Dienstes einerseits und mitbestimmungspflichtigem Einsatz der einzelnen Fachkraft des überbetrieblichen Dienstes andererseits wirkt gekünstelt: Auch mit dem tatsächlichen Einsatz einer vom Auftragnehmer ausgewählten Fachkraft wird diese nach dem oben Gesagten noch nicht zur Dienstkraft der Dienststelle, bleibt mithin mitbestimmungsfrei.
Anders als der Antragsteller meint, ist § 77 Abs. 6 PersVG Berlin seinem Wortlaut nach auch eindeutig auf den Fall eines überbetrieblichen Dienstes von Fachkräften anwendbar. Die von ihm vermisste Wiederholung des Wortes „von“ vor dem Satzteil „Fachkräften für Arbeitssicherheit“ ist grammatikalisch nicht gefordert. Es handelt sich um eine Aufzählung, bei der das Wort „von“ zwanglos auf beide nachfolgenden Arten von überbetrieblichen Diensten zu beziehen ist, sodass die Vorschrift nicht auf die Verpflichtung einzelner Fachkräften für Arbeitssicherheit, sondern auf die Verpflichtung eines überbetrieblichen Dienstes solcher Fachkräfte anwendbar ist.
Sinn und Zweck der Regelung in § 86 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 PersVG Berlin deuten in dieselbe Richtung. Das stärkere Beteiligungsrecht soll der Bestellung der Fachkräfte für Arbeitssicherheit als Beschäftigte in der Dienststelle vorbehalten bleiben, während das schwächere Beteiligungsrecht nach § 77 Abs. 6 PersVG Berlin für die Heranziehung eines überbetrieblichen Dienstes gelten soll. Diese abgestufte Beteiligungsform findet seine sachliche Rechtfertigung in dem unterschiedlichen Maß der Eingliederung in die Dienststelle. Dem lässt sich nicht entgegenhalten, dass die Eingliederung einer Fachkraft für Arbeitssicherheit in die Dienststelle bereits unter dem Gesichtspunkt der Einstellung mitbestimmungspflichtig sei und deshalb bei der Anwendung von § 86 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 PersVG Berlin allein auf die Übertragung der wahrzunehmenden Funktion abzustellen sei. Richtig ist zwar, dass in den Fällen, in denen die Dienstbehörde eine Fachkraft für Arbeitssicherheit einstellt, ein Mitbestimmungsrecht des Personalrats sowohl nach § 87 Nr. 1 als auch nach § 86 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 PersVG Berlin besteht. Das bedeutet aber keineswegs Identität beider Vorschriften. Beide betreffen vielmehr verschiedene Tatbestände. Während der erstere auf die Person des Einzustellenden bezogen ist, geht es bei dem anderen um die Funktion als Fachkraft für Arbeitssicherheit. Das bedeutet z.B., dass der Personalrat die Einstellung als solche befürworten, die Beauftragung mit der Funktion aber ablehnen kann. Darüber hinaus ist es auch denkbar, dass eine bereits in der Dienststelle tätige Dienstkraft mit der Wahrnehmung der sicherheitstechnischen Aufgaben betraut wird. Für die Anwendung des § 86 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 PersVG Berlin neben § 87 Nr. 1 PersVG Berlin bleibt deshalb, auch wenn man die Regelung allein auf die Beschäftigung als Dienstkraft bezieht, durchaus Raum (vgl. Beschluss des Senats vom 3. März 1999 - OVG 60 PV 14.97 - PersR 1999, S. 400, 401).
Die Entstehungsgeschichte der Norm bestätigt das Ergebnis. Beide Vorschriften, § 77 Abs. 6 und § 86 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 PersVG Berlin, sind mit dem Dreizehnten Gesetz zur Änderung des Landesbeamtengesetzes zugleich eingefügt worden. In der Gesetzesbegründung dazu heißt es, nach § 16 ASiG sei u.a. in den Verwaltungen der Länder ein den Grundsätzen des ASiG gleichwertiger arbeitsmedizinischer und sicherheitstechnischer Arbeitsschutz zu gewährleisten. Zu diesen Grundsätzen gehöre auch die Beteiligung der Personalvertretung nach Maßgabe von § 9 ASiG. Da die Beteiligungsrechte der Personalvertretung zwingend und abschließend im Personalvertretungsrecht zu regeln seien, müsse die in § 9 ASiG getroffene Regelung in dieses Gesetz übernommen werden, um der sich aus § 16 ASiG ergebenden Verpflichtung zu entsprechen (Drs.-Abghs. 9/128 S. 4 zu Art. IV Nr. 5 und 7 des Entwurfs des 13. LBÄG).
Nach § 9 Abs. 3 ASiG sind die Betriebsärzte und Fachkräfte für Arbeitssicherheit mit Zustimmung des Betriebsrats zu bestellen und abzuberufen. Das Gleiche gilt, wenn deren Aufgaben erweitert oder eingeschränkt werden sollen; im Übrigen gilt § 87 in Verbindung mit § 76 des Betriebsverfassungsgesetzes. Vor der Verpflichtung oder Entpflichtung eines freiberuflich tätigen Arztes, einer freiberuflich tätigen Fachkraft für Arbeitssicherheit oder eines überbetrieblichen Dienstes ist der Betriebsrat zu hören. Die Inbezugnahme dieser Vorschrift in der Gesetzesbegründung spricht dafür, dass der Gesetzgeber die dort vorgesehene gestufte Beteiligung in das Personalvertretungsgesetz übernehmen wollte. Dem kann schwerlich entgegengehalten werden, dass die Gesetzesbegründung den dritten Absatz in § 9 ASiG nicht zitiert, sondern auf § 9 ASiG insgesamt verweist. Die Gesetzesbegründung bezieht sich ausdrücklich auf die neu einzufügenden Beteiligungstatbestände, zu denen sich ausschließlich § 9 Abs. 3 ASiG verhält. Die übrigen Regelungen in § 9 ASiG weisen keinen Bezug zu der Beteiligung der Beschäftigtenvertretungen bei Bestellung, Verpflichtung oder Einstellung von Fachkräften oder überbetrieblichen Diensten auf.
Die vom Antragsteller angeführten Judikate anderer Gerichte führen nicht weiter, weil sie anderslautende Vorschriften und systematisch andere Normzusammenhänge zum Gegenstand haben. So fehlt z.B. im Bundespersonalvertretungsgesetz eine dem § 77 Abs. 6 PersVG Berlin vergleichbare Regelung. Da bereits der Anwendungsbereich von § 86 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 PersVG Berlin nicht eröffnet ist, stellt sich auch entgegen der Auffassung des Antragstellers das Problem der Normenkonkurrenz zu § 77 Abs. 6 PersVG Berlin nicht, die er zugunsten des stärkeren Beteiligungsrechts aufgelöst wissen möchte.
Anders verhält es sich indessen mit § 85 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 PersVG Berlin. Danach bestimmt die Personalvertretung, soweit keine Regelung durch Rechtsvorschrift oder Tarifvertrag besteht, gegebenenfalls durch Abschluss einer Dienstvereinbarung mit über Maßnahmen zur Verhütung von Dienst- und Arbeitsunfällen und sonstigen Gesundheitsschädigungen.
Der Anwendungsbereich der Norm ist eröffnet. Die vorgesehene Maßnahme der Verpflichtung eines überbetrieblichen Dienstes von Fachkräften für Arbeitssicherheit zielt ersichtlich darauf ab, das Risiko von Gesundheitsschädigungen oder Unfällen innerhalb der Dienststelle zu mindern und einen effektiven Arbeits- und Gesundheitsschutz zu gewährleisten. Denn mit der Inpflichtnahme eines überbetrieblichen Dienstes will die Dienstbehörde ihren Schutzpflichten nach dem Arbeitsschutz- und Arbeitssicherheitsgesetz nachkommen. Der in § 85 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 PersVG Berlin verwendete Begriff der Maßnahme ist weit zu verstehen; er umfasst z.B. nicht nur die Einführung oder Änderung technischer Vorrichtungen, sondern auch organisatorische und personelle Entscheidungen der in Rede stehenden Art (vgl. Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 25. Januar 1995 - BVerwG 6 P 19.93 -, juris Rn. 22, zur wortgleichen Regelung in § 76 Abs. 2 Nr. 4 BPersVG für die Bestellung von Betriebsärzten).
Bei § 85 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 PersVG Berlin handelt es sich jedoch um einen Auffangtatbestand (vgl. Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 25. Januar 1995, a.a.O., Rn. 23), der von § 77 Abs. 6 PersVG Berlin nach den Grundsätzen der Spezialität verdrängt wird. Der Anwendungsbereich der letztgenannten Vorschrift ist auf den speziellen Fall der Verpflichtung externer Kräfte für betriebsärztliche Aufgaben und Arbeitssicherheit beschränkt und hätte mit seiner ausdrücklich angeordneten minderen Beteiligung keinen Anwendungsbereich, unterfiele diese spezielle Maßnahme zum Schutz vor Gesundheitsschädigungen oder Unfällen innerhalb der Dienststelle daneben dem Mitbestimmungsrecht nach § 85 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 PersVG Berlin. Wie bereits dargelegt, ist der Gesetzesbegründung zudem zu entnehmen, dass der Gesetzgeber die gestufte Beteiligung bei der Verpflichtung von überbetrieblichen Diensten einerseits und der Bestellung von dienststelleneigenen Kräften ausdrücklich gewollt hat. Diese gesetzgeberische Entscheidung ist hinzunehmen, auch wenn sich Gründe für eine Ungleichbehandlung der beiden Fälle der Bestellung bzw. Verpflichtung von Fachkräften für Arbeitssicherheit nicht gerade aufdrängt (vgl. hierzu den Bericht des Abgeordneten Sund für den Ausschuss für Arbeit und Sozialordnung zum Entwurf des § 9 Abs. 3 Satz 3 ASiG in der Fassung des Antrags von SPD und FDP - BT-Drs. 7/1085 S. 7: „Diese andere Form der Beteiligung des Betriebsrats ist aus Gründen der Praktikabilität des Gesetzes geboten und wird zugleich dem Grundsatz einer vertrauensvollen Zusammenarbeit in entsprechender Weise gerecht“).
Die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu § 76 Abs. 2 Nr. 4 BPersVG (Beschluss vom 25. Januar 1995, a.a.O., Rn. 23) und zu § 90 Nr. 3 PersVG Berlin (Beschluss vom 14. Juni 2011 - BVerwG 6 P 10.10 -, juris Rn. 44 ff.) kann der Antragsteller für seine gegenteilige Auffassung nicht in Anspruch nehmen. Die erstgenannte Entscheidung befasste sich mit dem - andersartigen - Konkurrenzverhältnis zwischen § 75 Abs. 3 Nr. 11 BPersVG einerseits und §§ 75 Abs. 3 Nr. 10, 76 Abs. 2 Nr. 4 BPersVG andererseits und benennt übrigens die in § 9 Abs. 3 Satz 3 ASiG enthaltene Regelung ausdrücklich als eine die Mitbestimmung möglicherweise verdrängende gesetzliche Spezialregelung, die jedoch mangels Rezeption im Bundespersonalvertretungsgesetz nicht zum Zuge kam. Die Auffassung des Antragstellers, § 9 Abs. 3 ASiG gelte im Bereich des Bundes unmittelbar, findet - jedenfalls für den Bereich der öffentlichen Verwaltung des Bundes - im Gesetz keine Stütze (vgl. § 16 ASiG und die Richtlinie des Bundesministers des Innern vom 28. Januar 1978 für den betriebsärztlichen und sicherheitstechnischen Dienst in den Verwaltungen und Betrieben des Bundes [GMBl S. 114] in der Fassung der Änderungsrichtlinie vom 10. November 1981 [GMBl 1981, 516], mit der ein dem Arbeitssicherheitsgesetz gleichwertiger arbeitsmedizinischer und sicherheitstechnischer Arbeitsschutz gewährleistet werden soll). Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 14. Juni 2011 bezog sich zwar auf das Konkurrenzverhältnis unterschiedlich starker Beteiligungsrechte nach dem Berliner Personalvertretungsgesetz. Über die Feststellung eines Vorrangs des Mitbestimmungsrechts im Einzelfall hinausreichende Grundsätze zur Normenkonkurrenz im Berliner Personalvertretungsgesetz hat das Bundesverwaltungsgericht darin nicht aufgestellt. Vielmehr hat es betont, dass im Einzelnen näher zu prüfende Umstände dazu führen können, dass ein nach seinem Wortlaut gleichzeitig eingreifender Mitbestimmungstatbestand durch ein minderes Beteiligungsrecht verdrängt wird (a.a.O., Rn. 45).
Für die weitere Begründung der Beschwerde, es entspreche ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, dass § 9 Abs. 3 ASiG nicht den allgemeinen Tatbestand der Mitbestimmung bei Regelungen über die Verhütung von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten sowie über den Gesundheitsschutz in § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG verdränge, hat der Antragsteller keinen Beleg benannt; solcher findet sich - soweit ersichtlich - auch nicht. Vielmehr hat das Bundesarbeitsgericht in seiner Entscheidung vom 4. November 1980 (- 1 ABR 53/78 -, juris Rn. 39) nur festgestellt, dass § 9 Abs. 3 ASiG die allgemeine Regelung der Mitbestimmung bei Maßnahmen der Arbeitssicherheit insoweit nicht verdränge, als auf der ersten Stufe der Maßnahme darüber entschieden werde, welches Modell der Bestellung bzw. Verpflichtung von Fachkräften für Arbeitssicherheit oder überbetrieblichen Dienste gewählt werde. Auf dieser Stufe ist der Antragsteller vom Beteiligten hier bei der Ausschreibung des Auftrags beteiligt worden. Habe sich die Dienstbehörde mit Zustimmung der Beschäftigtenvertretung für die Verpflichtung eines überbetrieblichen Dienstes entschieden, verdränge - so das Bundesarbeitsgericht weiter - § 9 Abs. 3 Satz 3 ASiG sehr wohl das Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG. Der Betriebsrat sei dann bei der Auswahl des zu verpflichtenden freiberuflichen Arztes bzw. des überbetrieblichen Dienstes von Betriebsärzten auf ein Anhörungsrecht beschränkt (a.a.O., Rn. 40). Ebenso liegt es hier.
Die Rechtsbeschwerde war mangels Zulassungsgrundes nicht zu eröffnen.