Gericht | OVG Berlin-Brandenburg 10. Senat | Entscheidungsdatum | 16.11.2010 | |
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Aktenzeichen | OVG 10 S 31.10 | ECLI | ||
Dokumententyp | Beschluss | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 1 Abs 6 Nr 11 BauGB, § 9 Abs 1 Nr 11 BauGB, § 34 Abs 1 BauGB, § 145 Abs 2 BauGB, § 6 Abs 1 S 1 BauO BE, § 6 Abs 1 S 3 BauO BE, § 72 Abs 1 BauO BE |
Im unbeplanten Innenbereich bedarf es für die Annahme einer nicht überbaubaren Grundstücksfläche in Form einer privaten Grünfläche deutlicher Anhaltspunkte für eine entsprechende bauliche Verfestigung der Situation. Diese können in baulichen Arrondierungen der Grünfläche mit abschließendem Charakter sowie weiteren ablesbaren städtebaulichen Zusammenhängen und Bezugnahmen zum Ausdruck kommen.
Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Berlin vom 2. August 2010 mit Ausnahme der Streitwertfestsetzung geändert.
Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin gegen die Baugenehmigung vom 23. November 2009 wird angeordnet.
Der Antragsgegner und die Beigeladene tragen die Kosten des Verfahrens je zur Hälfte.
Der Wert des Beschwerdegegenstandes wird auf 3.750,- Euro festgesetzt.
I.
Die Antragstellerin ist Eigentümerin des mit einem fünfgeschossigen Vorderhaus bebauten Grundstücks K. 40 in Berlin-P. Sie wehrt sich im vorliegenden Verfahren gegen das Neubauvorhaben der Beigeladenen auf dem nordöstlich angrenzenden Grundstück K. 42. Die Grundstücke liegen in dem Karree K., B. Straße, D. Straße und K. einem unbeplanten Gebiet. Die im südwestlichen Teil dieses Gebiets gelegenen Grundstücke sind - im Gegensatz zu den sich nordöstlich anschließenden Grundstücken - jeweils nur mit einem fünfgeschossigen Vorderhaus ohne Seitenflügel bebaut. Hierbei handelt es sich um den Bereich von dem Grundstück K. 42 bis zur B. Straße, von dort bis zur Ecke D. Straße sowie in nordöstlicher Richtung bis zum Grundstück D. Straße 9. Dahinter endet die „seitenflügellose“ Bebauung, denn sämtliche weiter nördlich gelegenen Grundstücke zwischen der D. Straße und der K.straße bis zur K. weisen neben einer mindestens viergeschossigen Vorderhausbebauung noch jeweils ein bis zwei Seitenflügel auf.
Die Beteiligten streiten über die bauplanungsrechtliche und bauordnungsrechtliche Zulässigkeit des grenzständigen Anbaus eines sechsgeschossigen Seitenflügels an der nordöstlichen Grundstücksgrenze der Antragstellerin. Dieser soll bis zum zweiten Obergeschoss abgetreppt sein. Die unteren beiden Geschosse des Seitenflügels sind als Galerie geplant, die in einen zweigeschossigen Anbau entlang der hinteren Grundstücksgrenze der Beigeladenen übergeht.
Die Antragstellerin hat gegen die Baugenehmigung vom 23. November 2009 Widerspruch eingelegt, über den noch nicht entschieden ist. Den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs hat das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 2. August 2010 zurückgewiesen. Es ist unter Würdigung der nach § 34 Abs. 1 BauGB aus dem baulichen Bestand in der näheren Umgebung ableitbaren bauplanungsrechtlichen Maßstäbe zu dem Schluss gekommen, dass aufgrund der zahlreichen grenzständigen Seitenflügel in dem nördlichen Teil des Baublocks planungsrechtlich an die Grenze gebaut werden könne, so dass eine grenzständige Bebauung gemäß § 6 Abs. 1 Satz 3 BauOBln bauordnungsrechtlich zulässig sei. Auch der historische Bestand in dem südwestlich gelegenen Teil des Baublocks habe dieser baulichen Struktur entsprochen. Aus welchen Gründen die ehemaligen Seitenflügel auf den dortigen Grundstücken nicht mehr vorhanden seien (Beräumung nach kriegsbedingten Zerstörungen oder Beseitigung des Altbestands zur Verbesserung der Hofsituation), könne dahinstehen. Jedenfalls halte sich die Wiedererrichtung eines grenzständigen Seitenflügels und Quergebäudes innerhalb der vorhandenen Baustruktur. Eine städtebauliche Zäsur, die einen Übergang zu einer vollständig anderen, offeneren Bebauung markiere, sei dem Stadtbild selbst bei einer baublockübergreifenden Betrachtung nicht zu entnehmen. Auch das Rücksichtnahmegebot sei - unter den verschiedenen, vom Gericht geprüften Aspekten - nicht verletzt.
Hiergegen richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die Antragstellerin trägt zur Begründung vor, die Freihaltung des Blockinnenbereichs in dem südwestlich gelegenen Teil des Baublocks sei Folge der städtebaulichen Zielsetzung gewesen, eine Verbesserung der Hofsituation der dortigen Grundstücke durch ausreichende Belüftung und Belichtung zu erreichen. Dies untermauere die ihr erteilte sanierungsrechtliche Genehmigung vom 25. (richtig: 29.) Oktober 1999 für den damaligen Dachgeschossausbau, die unter der Auflage erteilt worden sei, den Innenhof des Grundstücks überwiegend als entsiegelte und begrünte Fläche zu gestalten, damit die Nutzungsverdichtung mit den Sanierungszielen vereinbar sei. Zudem ließen die der Entscheidung des Verwaltungsgerichts zugrunde gelegten Luftbildaufnahmen erkennen, dass eine planmäßige Verbindung zwischen den Grünflächen im Inneren des Baublocks und denen im Umfeld des weiter östlich gelegenen Wasserturms bestehe. Hierfür sei eine planmäßige Öffnung des Blockrandes an der D.Straße zu dem im Jahre 1958 angelegten kleinen Park im Inneren des Baublocks erfolgt. Dass diese Öffnung nicht nur eine Baulücke sei, zeige sich daran, dass die Häuser D. Straße 9 und 11 jeweils an den Stirnseiten befenstert und ihre Dächer abgewalmt seien. Durch die Schaffung dieser Torsituation zur D. Straße sei in städtebaulicher Hinsicht auch das Ziel verfolgt worden, eine Sichtverbindung zwischen dem als kleine Parkanlage konzipierten Hof mit der Grünanlage am Wasserturm herzustellen. Damit sei der maßgebliche Bereich der näheren Umgebung durch eine großflächige, städtebaulichen Zielvorstellungen entsprechende Freifläche geprägt, die keinen einzigen in diesen Bereich hineinragenden Baukörper aufweise. Das Vorhaben der Beigeladenen füge sich deshalb hinsichtlich der Grundstücksfläche, die überbaut werden solle, nicht in die Eigenart der näheren Umgebung ein, so dass auch für die Anwendbarkeit der abstandsflächenrechtlichen Anbaumöglichkeiten gemäß § 6 Abs. 1 Satz 3 BauO Bln kein Raum sei.
Der Antragsgegner und die Beigeladene treten der Beschwerde entgegen.
Der Antragsgegner bestreitet, dass die bauhistorische Entwicklung oder die zwischenzeitlich mehrfach veränderte Rechtslage für die nach § 34 Abs. 1 BauGB maßgebenden rechtlichen Rahmenbedingungen bedeutsam sein könnten. Selbst wenn der Erhalt einer bestimmten Situation aus subjektiver Sicht wünschenswert erscheinen möge, seien keine Gründe erkennbar, die dem Rechtsanspruch auf Erteilung der begehrten Baugenehmigung entgegenstehen könnten. Aus einer Auflage zur Entsiegelung und Begrünung der Hoffläche, die Bestandteil einer sanierungsrechtlichen Genehmigung im Zusammenhang mit dem Dachgeschossausbau gewesen sei, könne nicht im Nachhinein auf einen „planerischen Willen“ geschlossen werden, den Innenhof dauerhaft von Bebauung frei zu halten. Erst recht könne dies nicht für die relevante Umgebungsbebauung von Bedeutung sein.
Die Beigeladene sieht die von der Antragstellerin angenommene städtebauliche Zäsur zwischen dem südwestlichen und dem nordöstlichen Teil des Baublocks als „gekünstelt“ an. Einen so „maßgeschneiderten“ und verkleinerten Rahmen könne die Antragstellerin der bauplanungsrechtlichen Beurteilung nicht zu Grunde legen. Die Gebäude D. Straße 9 und 11 stellten lediglich eine Baulücke dar, wobei es nicht darauf ankomme, ob diese gewollt, ungewollt, beplant, unbeplant oder mehr oder weniger zufällig entstanden sei. Typischerweise nehme ein Grundstück an einem einheitlichen Bebauungszusammenhang teil. Mit der Bezugnahme nur auf den südwestlichen Blockinnenbereich habe die Antragstellerin dagegen eine „Mikrosituation“ in den Blick genommen, die schon für sich genommen zu klein sei, um einen bauplanungsrechtlich relevanten Rahmen für die Bebauung der Nachbargrundstücke zu setzen. Wären derart kleine Einheiten maßgebend, müsse sich die Bebauung künftig stets nur an dem orientieren, was auf dem Nachbargrundstück gebaut worden sei. Ein solches Verständnis lasse sich nicht mit dem Wortlaut des § 34 Abs. 1 BauGB vereinbaren.
II.
Die Beschwerde der Antragstellerin ist begründet. Die von ihr mit der Beschwerde dargelegten Gründe (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO) rechtfertigen eine Änderung des angefochtenen Beschlusses.
Das Vorhaben der Beigeladenen verletzt die Nachbarrechte der Antragstellerin, weil nach den planungsrechtlichen Vorschriften nicht - wie angenommen - an die seitliche Grundstücksgrenze angebaut werden muss oder darf (§ 6 Abs. 1 Satz 3 BauO Bln). Dies ergibt sich nicht aus ausdrücklichen bauplanungsrechtlichen Festsetzungen, weil es sich um einen unbeplanten Innenbereich handelt. Entsprechende Maßstäbe können deshalb nur aus der nach § 34 Abs. 1 BauGB maßgebenden, das Grundstück der Beigeladenen prägenden näheren Umgebung anhand der faktisch vorhandenen Bebauung abgeleitet werden. Danach können sich aus den jeweils überbauten Grundstücksflächen und der räumlichen Lage der baulichen Anlagen Merkmale ermitteln lassen, aus denen möglicherweise eine faktische hintere Baugrenze ableitbar ist (vgl. OVG Bln-Bbg, Beschluss vom 30. Oktober 2009, BauR 2010, 441).
Im vorliegenden Fall geht die maßstabbildende Kraft - wie die in den Akten (Bl. 75, 76) befindlichen Luftbildaufnahmen zeigen - nicht von der Bebauung im nordöstlichen Teil des Baublocks mit den zahlreichen Seitenflügeln aus, weil dieser bauliche Bestand an dem sich klar abzeichnenden begrünten Innenbereich im südwestlichen Teil des Baublocks endet. Der nach § 34 Abs. 1 BauGB maßgebende Bebauungszusammenhang wird nicht allein durch die vorhandene Bebauung bestimmt, durch deren Art und Maß der baulichen Nutzung sowie durch deren Bauweise, sondern auch durch die Grundstücksflächen, die überbaut werden sollen. Denn die Nichtüberbaubarkeit von Grundstücksflächen ist ein Normelement des § 34 Abs. 1 BauGB und kann bestimmend für die Zulässigkeit von Vorhaben nach der maßgeblichen „Eigenart der näheren Umgebung“ sein. Ein Bebauungszusammenhang kann auch unbebaute Flächen einschließen, sofern sich diese ihrer Art und Zweckbestimmung nach als endgültig darstellen und die Eigenart der Umgebung prägen, wie es bei öffentlichen oder privaten Grünflächen der Fall ist, die Gegenstand einer Festsetzung nach § 9 Abs. 1 Nr. 15 BauGB sein können und denen eine städtebauliche Funktion innerhalb des Ortsteils zukommt. Eine Bebauung mit Wohngebäuden ist auf solchen Flächen regelmäßig nicht zulässig (vgl. Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Stand: 1. Juni 2010, § 34 RNr. 24 u. 35). Im unbeplanten Innenbereich bedarf es für die Annahme einer nicht überbaubaren Grundstücksfläche in Form einer privaten Grünfläche jedoch deutlicher Anhaltspunkte für eine entsprechende bauliche Verfestigung der Situation. Diese können in baulichen Arrondierungen der Grünfläche mit abschließendem Charakter sowie weiteren ablesbaren städtebaulichen Bezügen zum Ausdruck kommen.
Dies ist hier der Fall, so dass der begrünte Innenbereich städtebaulich eine aus mehreren Höfen gebildete private Grünfläche darstellt. Aus den in den Akten befindlichen Luftbildaufnahmen (Bl. 75, Bl.76) wird die bauplanungsrechtliche Qualität des begrünten Innenbereichs im südwestlichen Teil des Baublocks als private Grünfläche deutlich. Es bestehen Anhaltspunkte für eine entsprechende bauliche Verfestigung der Situation sowie für ablesbare städtebauliche Zusammenhänge, die darauf hindeuten. Ausgangspunkt der Betrachtung muss die weiter östlich zwischen der D. Straße und der ... Straße gelegene öffentliche Grünfläche an dem Wasserturm sein und nicht der Baubestand im nordöstlichen Teil des Baublocks. Diese öffentliche Grünfläche ist das zentrale, rahmengebende Element bei der Beurteilung der bauplanungsrechtlichen Situation, denn deren Ausstrahlungswirkung auf die westlich, östlich sowie südöstlich sie umgebenden Baublöcke, die jeweils begrünte Innenbereich aufweisen, sowie wiederum deren gestalterische Bezugnahme auf diese öffentliche Grünfläche sind unverkennbar. So weisen sowohl der westlich angrenzende Baublock, in dem sich die Grundstücke der Antragstellerin und der Beigeladenen befinden, zwischen den Grundstücken D. Straße 9 und 11 eine Öffnung als Durchgang und Sichtbezug von dem und zu dem begrünten Innenbereich auf als auch der östlich angrenzende Baublock K. Straße/Ecke M. Straße. Der Durchgang zwischen den Grundstücken D. Straße 9 und 11 ist, wie das von der Antragstellerin eingereichte Foto (Bl. 134 d. A.) zeigt, zudem baulich abschließend gestaltet, denn die den Durchgang zugewandten Gebäudeseiten sind befenstert und der Dachabschluss ist an dieser Seite ebenfalls mit einer Walmung versehen, was nicht auf einen noch erwarteten oder gewollten baulichen „Lückenschluss“ hindeutet. Dass zur Schließung der „Lücke“ im Jahr 2003 eine Baugenehmigung erteilt worden sein soll, wie der Antragsgegner im Schriftsatz vom 22. Oktober 2010 vorträgt, stellt die beschriebene Situation bauplanungsrechtlich nicht infrage, weil genehmigte, aber noch nicht errichtete Bauvorhaben als mögliche künftige bauliche Entwicklungen im Rahmen des § 34 Abs. 1 BauGB keine Berücksichtigung finden können, wenn diese sich nicht bereits in der vorhandenen Bebauung niedergeschlagen haben (vgl. Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger,a.a.O., RNr. 35 m. w. N.). Abgesehen davon erscheint es ohnehin fraglich, ob diese Baugenehmigung nicht zwischenzeitlich erloschen ist (vgl. § 72 Abs. 1 BauOBln). Hinzu kommt, dass sowohl in dem Baublock K. Straße/Ecke M. Straße als auch in dem Baublock S. Straße/Ecke B. Straße bei der gärtnerischen Anlegung dieser privaten Grünflächen die charakteristische Rotunde in der Mitte des zentralen Platzes am Wasserturm in eigener Weise gestalterisch aufgegriffen und quasi wiederholt worden ist, wie bei einer stärkeren Zoomeinstellung der eingereichten Luftbildaufnahmen zu erkennen ist. Dies kann als ein weiteres Indiz für den gewollten städtebaulichen Zusammenhang der begrünten Blockinnenbereiche mit der zentralen öffentlichen Grünfläche gewertet werden.
Dieser Befund wird durch die früher durchgeführten Sanierungsmaßnahmen untermauert. Sanierungsrechtliche Vorgänge, wie die von der Antragstellerin eingereichte sanierungsrechtliche Genehmigung vom 29. Oktober 1999 für den Dachgeschossausbau und die in diesem Zusammenhang dem Bauherrn auferlegte Hofbegrünung, können bei einer solchen Sachlage zumindest indizielle Bedeutung dafür haben, ob es sich bei einer vorgefundenen städtebaulichen Situation um ein Zufallsprodukt ohne eigenen städtebaulichen Aussagewert (Freifläche aufgrund von Bombentreffern) oder um eine städtebauliche Zäsur in Form einer bewusst freigehaltenen und gestalteten privaten Grünfläche handelt, sofern auch im Übrigen Anhaltspunkte für eine städtebaulich verfestigte, nicht überbaubare Grundstücksfläche bestehen. Hierbei wird nicht verkannt, dass Sanierungsverordnungen nicht den Grad bauplanungsrechtlicher Verbindlichkeit erreichen und keine „Transformationsfunktion“ für eine nachfolgende Bauleitplanung haben (vgl. OVG RP, Beschluss vom 15. März 2010, BauR 2010, 1195). Auch wenn sie als sonstige, nicht formelle städtebauliche Planungsform im Sinne des § 1 Abs. 6 Nr. 11 BauGB ihre Steuerungswirkung hinsichtlich der Sanierungsziele nur maßnahmebezogen im Rahmen der Genehmigung von Vorhaben gemäß § 145 Abs. 2 BauGB entfalten können (vgl. Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 11. Aufl. 2009, § 1 RNr. 77 bis 79), hat eine auf die Begrünung des Hofbereichs abzielende sanierungsrechtliche Auflage im vorliegenden Zusammenhang indizielles Gewicht.
Bei der bauplanungsrechtlichen Beurteilung der gegebenen Situation ist also ein Perspektivwechsel erforderlich, der den begrünten Innenbereich zwischen der K. und der D. Straße nicht nur als (noch) unbebaute Fläche begreift und deren Bebauungsmöglichkeit an dem übrigen vorhandenen Baubestand misst, sondern deren eigenständige städtebauliche Qualität als Freifläche mit der Zweckbestimmung einer privaten Grünfläche erkennt. Daraus leitet sich zugleich eine faktische hintere Baugrenze hinter den „seitenflügellosen“ Vorderhäusern entlang der K., der B. Straße und der D. Straße ab, die die Errichtung einer Wohnbebauung auf den nicht überbaubaren Grundstücksflächen ausschließt. Dies gilt erst recht für eine grenzständige Bebauung mit einem Seitenflügel, denn diese verletzt in abstandsflächenrechtlicher Hinsicht die Rechte der Antragstellerin, weil außerhalb der überbaubaren Grundstücksflächen die bauplanungsrechtliche Weichenstellung für die Frage der Bauweise endet und für die bauordnungsrechtlichen Abstandsflächen (§ 6 Abs. 1 Satz 1 BauOBln) und deren Einhaltung wieder Raum ist (vgl. Wilke/Dageförde/Knuth/Meyer/Broy-Bülow, BauOBln, 6. Aufl. 2008, § 6 RNr. 26).
Die Beschwerde ist danach begründet. Sie ist nicht deswegen nur teilweise begründet, weil sich die nachbarlichen Abwehrrechte der Antragstellerin im vorliegenden Fall lediglich auf die seitliche Grundstücksgrenze - und damit den Seitenflügel - beziehen können, da sie keine gemeinsame hintere Grundstücksgrenze mit der Beigeladenen hat und damit nachbarliche Abwehrrechte in Bezug auf das Quergebäude ausscheiden. Die Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin gegen die der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung muss im vorliegenden Fall uneingeschränkt erfolgen, weil sich die Baugenehmigung schon aufgrund der baulichen Situation in den ersten beiden Geschossen des Seitenflügels, die zusammen mit dem zweigeschossigen Quergebäude eine Galerie bilden, als nicht teilbar erweist. Der Senat würde anderenfalls eine objektiv rechtswidrige Baugenehmigung für ein weder bautechnisch noch nach der vom Bauherrn bestimmten Funktion abteilbares Gebäude „übrig lassen“ (vgl. hierzu OVG MV, Beschluss vom 17. Januar 2005, BRS 69 Nr. 134; OVG Bln, Beschluss vom 26. April 2005, BRS 69 Nr. 191). Unabhängig davon erfasst die einer Bebauung entgegenstehende bauplanungsrechtliche Rechtslage die Grundstücksfläche hinter dem Vorderhaus der Beigeladenen ohnehin insgesamt.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 und Abs. 3, § 159 Satz 1 VwGO.
Die Streitwertfestsetzung für das Beschwerdeverfahren beruht auf § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 GKG, wobei der Senat der erstinstanzlichen Streitwertfestsetzung folgt.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).