Gericht | LArbG Berlin-Brandenburg 7. Kammer | Entscheidungsdatum | 23.08.2011 | |
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Aktenzeichen | 7 Sa 273/11 | ECLI | ||
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 611 BGB |
Die Zahlung eines Strukturausgleichs nach § 12 TVÜ-L i.v.m. der Anlage 3 für die Vergütungsgruppen mit dem Merkmal "ohne" ist nicht davon abhängig, dass die Ausgangsvergütungsgruppe (originäre) Vergütungsgruppe keinen Aufstieg enthält.
I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Potsdam vom 07.01.2010 - 8 Ca 166/09 abgeändert:
1. Das beklagte Land wird verurteilt, an die Klägerin 120,00 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hinaus seit dem 26.01.2009 zu zahlen.
2. Das beklagte Land trägt die Kosten des Rechtsstreits.
II. Die Revision wird zugelassen.
Die Parteien streiten darüber, ob der Klägerin ein Strukturausgleich gemäß dem Tarifvertrag zur Überleitung der Beschäftigten der Länder in den TV-L und zur Regelung des Übergangsrechts (TVÜ-L) vom 12. Oktober 2006 in Höhe von monatlich 40,-- € für die Monate November 2008 bis Januar 2009 zusteht.
Die am ….. 1968 geborene Klägerin ist seit dem 1. September 1988 beim beklagten Land bzw. dessen Rechtsvorgänger im Brandenburgischen Landesinstitut für R. beschäftigt. Sie ist dort als MTA im toxikologischen Labor tätig. Auf das Arbeitsverhältnis finden die Tarifverträge des öffentlichen Dienstes Anwendung. Die Klägerin war in der Vergütungsgruppe VIb, Fallgruppe 27 mit Aufstieg nach Vc, Fallgruppe 26 des zunächst geltenden BAT-O eingruppiert. Am 29. September 1995 erfolgte nach Erfüllung der entsprechenden Dienstjahre der Fallgruppenaufstieg in die Vergütungsgruppe Vc, Fallgruppe 26.
Mit der Überleitung vom BAT in den Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) zum 1. November 2006 wurde die Klägerin in die Entgeltgruppe 8 Stufe 6 des TV-L übergeleitet. Strukturausgleichszahlungen erhielt sie nicht.
Mit der vorliegenden, beim Arbeitsgericht Potsdam am 26. Januar 2009 eingegangenen und dem beklagten Land am 18. Februar 2009 zugestellten Klage begehrt die Klägerin die Zahlung eines Strukturausgleichs nach § 12 TVÜ-L in Verbindung mit der Anlage 3 zum TVÜ-L für die Monate von November 2008 bis Januar 2009 in Höhe von monatlich 40,-- €.
Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, ihr stehe nach der Anlage 3 zu § 12 TVÜ-L dauerhaft ein Anspruch auf Strukturausgleich in Höhe von 40,-- € brutto monatlich zu, da es nach dem Wortlaut der Anlage 3 zum TVÜ-L insbesondere auf ihre tatsächliche Vergütungsgruppe bei Inkrafttreten des TVÜ ankomme, also auf die Vergütungsgruppe Vc BAT unabhängig davon, ob sie diese Vergütungsgruppe mit Bewährungsaufstieg oder ohne Bewährungsaufstieg erreicht habe. Entgegen der Auffassung des beklagten Landes stelle der TVÜ-L nicht auf eine „originäre“ Eingruppierung ab. Auch die übrigen Spalten der Anlage 3 zum TVÜ-L beträfen die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des TVÜ aktuellen Daten. Der Strukturausgleich habe reale Einkommensverluste ausgleichen sollen, die sie auch tatsächlich erlitten habe, da sie bei Fortgeltung des BAT-O Vergütungssteigerungen aus der 41. und 43. Lebensaltersstufe erhalten hätte.
Die Klägerin hat beantragt,
an sie 120,-- € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 29.01.2009 zu zahlen.
Das beklagte Land hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das beklagte Land hat die Auffassung vertreten, für den Strukturausgleich nach der Anlage 3 zum TVÜ-L komme es nicht auf die aktuelle, zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des TVÜ gezahlten Vergütungsgruppe an, sondern auf die originäre Vergütungsgruppe der Klägerin an, also auf die Vergütungsgruppe VIb BAT, die im konkreten Fall keinen Anspruch auf einen Strukturausgleich begründe. Dies ergebe sich aus der Systematik der tariflichen Regelungen sowie deren Sinn und Zweck zum Strukturausgleich.
Das Arbeitsgericht Potsdam hat mit Urteil vom 7. Januar 2010, auf dessen Tatbestand wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Vorbringens der Parteien Bezug genommen wird, die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen unter Bezugnahme auf eine Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 22. Oktober 2008 - 13 Sa 77/08 für den Bereich des Bundes ausgeführt, nach Systematik und Sinn und Zweck der tarifvertraglichen Regelungen komme es für den Strukturausgleich auf die „originäre“ Vergütungsgruppe der Klägerin an. Für die Begründung im Einzelnen wird auf die angefochtene Entscheidung Bezug genommen.
Gegen dieses der Klägerin am 19. Januar 2010 zugestellte Urteil richtet sich ihre Berufung, die sie mit einem beim Landesarbeitsgericht am 12. Februar 2010 eingegangenen Schriftsatz eingelegt und mit einem beim Landesarbeitsgericht am 19. März 2010 eingegangenen Schriftsatz begründet hat.
Die Klägerin und Berufungsklägerin macht unter Bezugnahme auf eine Entscheidung des LAG Baden-Württemberg vom 15. Dezember 2010 - 13 Sa 73/10 – zur Regelung der Anlage 3 zu § 12 TVÜ-Bund auch in der Berufungsinstanz geltend, für die Zahlung eines Strukturausgleichs komme es auf die am Stichtag 1. November 2006 aktuelle gezahlte Vergütung, d.h. auf die tatsächliche Eingruppierung zu diesem Stichtag an. Sie behauptet, die Tarifvertragsparteien hätten nie übereinstimmend eine andere Auffassung vertreten, wonach es auf die originäre Vergütungsgruppe ankommen solle. Ver.di habe stets darauf hingewiesen, dass die am Stichtag 1. November 2006 maßgebliche Vergütungsgruppe für den Strukturausgleich entscheidend sein solle und keine Unterscheidung zwischen der originären Eingruppierung oder aber auf dem Weg des Bewährungsaufstiegs erreichten Eingruppierung habe getroffen werden sollen.
Die Klägerin beantragt,
1. das Urteil des Arbeitsgerichts Potsdam vom 07.01.2010 - 8 Ca 166/09 - wird aufgehoben;
2. die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 120,-- € brutto (Strukturausgleich für die Monate November 2008 bis Januar 2009) nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 26.01.2009 zu zahlen.
Das beklagte Land beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Das beklagte Land verteidigt das erstinstanzliche Urteil unter Ergänzung und Vertiefung seines Vorbringens zur Auslegung des Tarifvertrages und behauptet ergänzend dazu, bei Vereinbarung der Strukturausgleichstabelle sei jedenfalls auf Landesebene klar gewesen, dass es sich bei der in der 2. Spalte der Tabelle genannten „Vergütungsgruppe bei Inkrafttreten TVÜ“ um die Vergütungsgruppe handele, in die der Angestellte originär eingruppiert worden sei. Etwas anderes habe die Klägerin nicht darlegen und beweisen können. Bei den Redaktionsverhandlungen zum TV-L bzw. TVÜ-L im Zeitraum Mai bis Oktober 2006 habe der Strukturausgleich nur eine untergeordnete Rolle gespielt. Allerdings habe Einigkeit über eine Anlehnung an die Tarifvorschriften des Bundes bestanden. Die Arbeitgeber seien davon ausgegangen, dass Strukturausgleiche mit der Bezeichnung „ohne“ nur dann dem Beschäftigten zustehen sollten, wenn er originär in der am Tag vor der Überleitung maßgebenden Vergütungsgruppe eingruppiert gewesen sei. Dies habe der Vertreter der TdL bei einem Informationsgespräch mit ver.di und der DBB Tarifunion bereits am 3. November 2005 deutlich gemacht. Die Einigkeit der Tarifvertragsparteien zur Auslegung des TVÜ-L komme auch in den nachfolgenden Regelungen im Änderungstarifvertrag Nr. 1 für das Pflegepersonal sowie in der mit § 1 Nr. 9 des Änderungstarifvertrages Nr. 2 zum TVÜ-L vom 1. März 2009 eingefügten Protokollerklärung zu § 12 Abs. 1 zum Ausdruck. Auch die von der DBB Tarifunion herausgegebenen Schreiben zur Auslegung von § 12 TVÜ-L würden bestätigen, dass die Tarifvertragsparteien übereinstimmend davon ausgegangen seien, dass die dort genannte Vergütungsgruppe die originäre Vergütungsgruppe sei. Für dieses Schreiben wird auf Bl. 228 und 229 ff. d. A. Bezug genommen. Im Übrigen stütze auch der Wortlaut der Anlage 3 die Ansicht, es komme auf die bei Inkrafttreten des TVÜ-L originäre Vergütungsgruppe an. Wenn in der 3. Spalte „ohne“ angegeben werde, so könne dies nur so verstanden werden, dass der Karriereverlauf in der Vergangenheit und in der Zukunft „frei von“ einem Aufstieg sein müsse. Hätten die Tarifvertragsparteien lediglich gemeint, es dürfe kein künftiger weiterer Aufstieg vorgesehen sein, so hätten sie die Formulierung „ohne weiteren“ Aufstieg verwendet.
Das Landesarbeitsgericht hat mit Beschluss vom 29. März 2011 (Bl. 297 d. A.) eine Auskunft der Tarifvertragsparteien Tarifgemeinschaft der Länder (TdL), ver.di und DBB Tarifunion zur Auslegung der Anlage 3 zum TVÜ-Länder eingeholt. Wegen der Einzelheiten der Auskünfte der Tarifvertragsparteien wird auf Bl. 299 - 322 d. A. Bezug genommen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des zweitinstanzlichen Parteivorbringens wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Vorbringen in den mündlichen Verhandlungsterminen Bezug genommen.
1. Die Berufung ist nach § 64 Abs. 3 Ziff. 2 b ArbGG statthaft, da sie vom Arbeitsgericht ausdrücklich zugelassen wurde. Sie ist auch form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§ 66 Abs. 1 Satz 1, 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG i. V. m. §§ 519, 520 ZPO). Dabei setzt sich die Klägerin in ihrer Berufungsbegründung ausreichend mit den Entscheidungsgründen I. Instanz auseinander. Im vorliegenden Rechtsstreit geht es ausschließlich darum, wie die tariflichen Regelungen zu verstehen sein sollen. Die Berufungsbegründung der Klägerin enthält hier im Einzelnen die Argumente, aus denen sich aus Sicht der Klägerin eine gegenüber dem Arbeitsgericht Potsdam anderer Auslegung des Tarifvertrages ergibt.
Die Berufung der Klägerin ist daher zulässig.
2. Die Berufung der Klägerin ist auch begründet. Der Klägerin steht der geltend gemachte Strukturausgleich in Höhe von monatlich 40,-- € gem. § 12 Abs. 1 Satz 1 TVÜ-L in Verbindung mit der hierzu vereinbarten Anlage 3 zu.
2.1 Die maßgeblichen Regelungen im TVÜ-L lauten wie folgt:
„ § 4
Zuordnung der Vergütungs- und Lohngruppen
….
(2) Beschäftigte, die im November 2006 bei Fortgeltung des bisherigen Tarifrechts die Voraussetzungen für eine Höhergruppierung, einen Bewährungs-, Fallgruppen- oder Tätigkeitsaufstieg erfüllt hätten, werden für die Überleitung so behandelt, als wären sie bereits im Oktober 2006 höhergruppiert bzw. höher eingereiht worden.
…
§ 8
Bewährungs- und Fallgruppenaufstiege
...
(2) Beschäftigte, die aus dem Geltungsbereich des BAT / BAT-O in eine der Entgeltgruppen 2 sowie 9 bis 15 übergeleitet werden und – die am 1. November 2006 bei Fortgeltung des bisherigen Tarifrechts die für eine Höhergruppierung erforderliche Zeit der Bewährung oder Tätigkeit zur Hälfte erfüllt haben, - in der Zeit zwischen dem 1. Dezember 2006 und dem 31. Oktober 2008 höhergruppiert wären, - bis zum individuellen Aufstiegszeitpunkt weiterhin eine Tätigkeit auszuüben haben, die diesen Aufstieg ermöglicht hätte, und - bei denen zum individuellen Aufstiegszeitpunkt keine Anhaltspunkte vorliegen, die bei Fortgeltung des bisherigen Rechts einer Höhergruppierung entgegengestanden hätten, erhalten ab dem Zeitpunkt, zu dem sie nach bisherigem Recht höhergruppiert wären, in ihrer bisherigen Entgeltgruppe Entgelt nach derjenigen individuellen Zwischen- beziehungsweise Endstufe, die sich ergeben hätte, wenn sich ihr Vergleichsentgelt (§ 5) nach der Vergütung aufgrund der Höhergruppierung bestimmt hätte. Ein etwaiger Strukturausgleich wird ab dem individuellen Aufstiegszeitpunkt nicht mehr gezahlt.
...
§ 12
Strukturausgleich
(1) Aus dem Geltungsbereich des BAT / BAT-O übergeleitete Beschäftigte erhalten einen nicht dynamischen Strukturausgleich ausschließlich in den in Anlage 3 aufgeführten Fällen zusätzlich zu ihrem monatlichen Entgelt. Maßgeblicher Stichtag für die anspruchsbegründenden Voraussetzungen (Vergütungsgruppe, Lebensaltersstufe, Ortszuschlag, Aufstiegszeiten) ist der 1. November 2006, sofern in Anlage 3 nicht ausdrücklich etwas anderes geregelt ist.
(2) Die Zahlung des Strukturausgleichs beginnt im November 2008, sofern in Anlage 3 nicht etwas anderes bestimmt ist. ...
(5) Bei Höhergruppierungen wird der Unterschiedsbetrag zum bisherigen Entgelt auf den Strukturausgleich angerechnet.
...“
Anlage 3 zum TVÜ-L enthält eine Tabelle, in der – soweit hier von Interesse – folgendes geregelt ist:
Entgelt-gruppe | Vergü-tungs-gruppe bei Inkraft-treten TVÜ | Aufstieg | Ortszu-schlag | Lebens-altersstufe | Höhe Ausgleichsbetrag | Dauer |
Bei In-Kraft- | ||||||
8 | Vc | ohne | OZ 2 | 37 | 40 Euro | dauerhaft |
8 | Vc | ohne | OZ 2 | 39 | 40 Euro | dauerhaft |
2.2 Die Klägerin erfüllt die Voraussetzungen dieser Vorschriften. Sie ist eine aus dem Geltungsbereich des BAT in den TV-L übergeleitete Beschäftigte. Sie wurde dort in die Entgeltgruppe 8 eingruppiert. Zum Zeitpunkt der Überleitung befand sie sich in der Vergütungsgruppe Vc sowie der Lebensaltersstufe 39 und erhielt einen Ortszuschlag der Stufe 2. Ein weiterer Aufstieg aus der Vergütungsgruppe Vc war nicht vorgesehen. Damit erfüllte die Klägerin die in der Anlage 3 vorgesehenen fünf Voraussetzungen zur Zahlung des Ausgleichsbetrages in Höhe von 40,-- €.
Unerheblich ist, dass die Klägerin nicht originär in die Vergütungsgruppe Vc BAT-O eingruppiert war. Die Anlage 3 zu § 12 TVÜ-L stellt lediglich darauf ab, in welche Vergütungsgruppe des BAT der Mitarbeiter zum Zeitpunkt der Überleitung eingruppiert war, nicht darauf, ob die Voraussetzung hierfür mit oder ohne Bewährungsaufstieg erfüllt waren (so auch LAG Düsseldorf vom 13.05.2011 - 6 Sa 100/11 - veröffentlicht in juris; Hanau ZTR 2009, 403 ff.; a. A. Görgens ZTR 2009, 562 ff.; Kuner BeckOK TVÜ-Länder § 12 Rz. 3 a). Dies ergibt eine Auslegung des Tarifvertrages. Die eingeholte Tarifauskunft lässt einen anderweitigen übereinstimmenden Willen der Tarifvertragsparteien nicht erkennen.
2.2.1 Die Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrages folgt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln (vgl. BAG vom 22.04.2010 - 6 AZR 962/08 - ZTR 2010, 417 zum Strukturausgleich im Geltungsbereich des TVÜ-Bund m. w. N.). Danach ist zunächst vom Tarifwortlaut auszugehen, wobei der maßgebliche Sinn der Erklärung zu erforschen ist, ohne am Buchstaben zu haften. Bei nicht eindeutigem Tarifwortlaut ist der mögliche Wille der Tarifvertragsparteien mit zu berücksichtigen, soweit er in den tariflichen Normen seinen Niederschlag gefunden hat. Abzustellen ist stets auf den tariflichen Gesamtzusammenhang, weil dieser Anhaltspunkte für den wirklichen Willen der Tarifvertragsparteien liefert und nur so Sinn und Zweck der Tarifnorm zutreffend ermittelt werden können. Lässt dies zweifelsfreie Auslegungsergebnisse nicht zu, dann können die Gerichte für Arbeitssachen ohne Bindung an eine Reihenfolge weitere Kriterien wie die Entstehungsgeschichte des Tarifvertrages, ggf. auch die praktische Tarifübung ergänzend hinzuziehen. Auch die Praktikabilität denkbarer Auslegungsergebnisse ist zu berücksichtigen. Im Zweifel gebührt derjenigen Tarifauslegung der Vorzug, die zu einer vernünftigen, sachgerechten, zweckorientierten und praktisch brauchbaren Regelung führt (vgl. BAG vom 22.04.2010 - 6 AZR 962/08 - a. a. O.).
2.2.2 Ausgehend von diesen Grundsätzen kam die erkennende Kammer - ebenso wie bereits das Landesarbeitsgericht Düsseldorf (Urteil vom 13.05.2011 - 6 Sa 100/11) - zu dem Ergebnis, dass maßgeblich für die Zahlung des Strukturausgleichs die tatsächliche, zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des TVÜ-L erreichte Vergütungsgruppe zugrunde zu legen war, nicht hingegen die ursprüngliche oder originäre Vergütungsgruppe.
Dazu hat das LAG Düsseldorf unter Berücksichtigung der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 22. April 2010 - 6 AZR 962/08 - ZTR 2010, 417 ff. zum gleichlautenden TVÜ-Bund folgendes ausgeführt:
„b) Bereits der Wortlaut der Tarifnorm deutet darauf hin, dass die tatsächliche, zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des TVÜ-L erreichte Vergütungsgruppe zugrunde zu legen ist, nicht hingegen die ursprüngliche oder originäre Vergütungsgruppe (anders wohl zum TVÜ-Bund: BAG v. 22.04.2010 – 6 AZR 962/08 – ZTR 2010, 417, Rn. 18; vgl. aber auch die Ausführungen des BAG unter Rn. 33).
Zwar ist der Begriff „Aufstieg“ in der dritten Spalte der Anlage 3 mehrdeutig, da er sowohl vergangenheits- (ohne Aufstieg erreichte Vergütungsgruppe) als auch zukunftsbezogen (ohne Möglichkeit eines zukünftigen Aufstiegs) verstanden werden kann. Der in der zweiten Spalte der Anlage 3 verwendete Begriff „Vergütungsgruppe“ umfasst aber zweifelsfrei auch diejenigen Vergütungsgruppen, die erst im Wege eines Bewährungsaufstiegs erreicht wurden. Eine Einschränkung, z. B. unter Verwendung des Begriffs „originär“ oder der Bezeichnung „Ausgangs-Vergütungsgruppe“ haben die Tarifvertragsparteien nicht vorgenommen. Die zeitliche Konkretisierung „bei Inkraft-Treten TVÜ“ (Hervorhebung durch Unterzeichner) steht einer Auslegung im Sinne des beklagten Landes entgegen, denn in den Fällen, in denen bei Inkrafttreten des TVÜ ein Bewährungsaufstieg vollzogen war, befanden sich die Mitarbeiter zu dem genannten Zeitpunkt nicht mehr in der originären (ursprünglichen) Vergütungsgruppe. Hätten die Tarifvertragsparteien frühere – nämlich originäre – Vergütungsgruppen einbeziehen wollen, hätten sie zumindest die Formulierung „vor Inkraft-Treten TVÜ“ wählen müssen.
c) Auch ein Vergleich mit anderen in der Anlage 3 geregelten Fallgruppen spricht gegen eine Auslegung im Sinne des beklagten Landes.
Soweit in der Spalte 3 Aufstiege genannt werden, handelt es sich ausschließlich um solche, die am Stichtag noch nicht vollzogen waren, also – bei Fortgeltung des BAT – zukünftig zu erwarten waren (ebenso für den TVÜ-Bund: BAG v. 22.04.2010 – 6 AZR 962/08 – ZTR 2010, 417, Rn. 21). Mangels anderer Angaben lässt dies den Schluss zu, dass die Tarifvertragsparteien in der dritten Spalte der Anlage 3 ausschließlich auf die zukünftige mögliche Entwicklung abgestellt und dementsprechend auch das Wort „ohne“ so verstanden haben, dass kein (weiterer) Aufstieg mehr möglich gewesen wäre. Dem kann nicht entgegen gehalten werden, dass in den Fällen mit Aufstieg die höhere Vergütungsgruppe genannt ist, in den Fällen ohne Aufstieg hingegen nicht (so für den TVÜ-Bund: BAG v. 22.04.2010 – 6 AZR 962/08 – ZTR 2010, 417 ff., Rn. 21). Dies beruht nämlich allein darauf, dass in den Fällen „ohne Aufstieg“ keine höhere Vergütungsgruppe mehr erreicht werden konnte, die Nennung einer solchen sich dementsprechend erübrigt.
d) Der Sinn und Zweck der tariflichen Regelung über einen Strukturausgleich spricht ebenfalls dafür, auch solche Mitarbeiter zu erfassen, die im Bereich des BAT eine Vergütungsgruppe nach einem Bewährungsaufstieg erreicht hatten.
Mit dem Strukturausgleich wollten die Tarifvertragsparteien Erwartungen auf zukünftige Entgeltsteigerungen nach dem bisherigen Tarifsystem Rechnung tragen (BAG v. 22.04.2010 – 6 AZR 962/08 – ZTR 2010, 417 ff., Rn. 25). Bei der Ermittlung der begünstigten Personengruppen war entscheidend, welche Einkommensentwicklung bei der bisher erreichten Vergütungsgruppe und Lebensaltersstufe sowie dem jeweiligen Familienstand (Ortszuschlag Stufe 1 oder Stufe 2) noch möglich gewesen wäre. Dies erklärt, warum die Strukturausgleichsbeträge innerhalb einer Vergütungsgruppe bei verschiedenen Lebensaltersstufen nicht stets gleich hoch sind (Clemens/Scheuring/Steingen/Wiese, TV-L, Teil IV TVÜ-Länder Rn. 373). Im Interesse einer für eine Vielzahl von Fallgestaltungen angestrebten Abmilderung von Exspektanzverlusten haben die Tarifvertragsparteien Verwerfungen in Einzelfällen ausdrücklich hingenommen (vgl. Nr. 1 Satz 2 der Niederschriftserklärungen zu § 12 TVÜ-Bund). Bei der Gestaltung der neuen Entgelttabelle wurde das Ziel verfolgt, die früheren Lebensaltersstufen der Angestellten durch tätigkeitsbezogene Entwicklungsstufen zu ersetzen, um die Einkommensentwicklung für jüngere Beschäftigte attraktiver zu gestalten und im Gegenzug die bisherigen Tabellenwerte in den Endstufen vielfach etwas abzuflachen; zum Ausgleich sind in einer begrenzten Zahl von Fallgestaltungen die Strukturausgleiche eingeführte worden (Hanau ZTR 2009, 403, 408 unter Verweis auf Durchführungshinweise der TdL vom 27.05.2008). Dies kommt in der Spalte 5 der Strukturausgleichstabelle zum Ausdruck, in der die Tarifvertragsparteien auf die Lebensaltersstufe des Angestellten bei Inkrafttreten des TVÜ-L abgestellt haben. Dieses Abmilderungsziel spricht für das Verständnis, dass das Merkmal „Aufstieg - ohne“ bereits erfüllt ist, wenn am Stichtag kein (weiterer) Aufstieg mehr möglich war. Entgeltsteigerungen aufgrund des Erreichens einer höheren Lebensaltersstufe wären nach bisherigem Tarifrecht unabhängig davon eingetreten, ob die aktuelle Eingruppierung noch einen Bewährungs- oder Tätigkeitsaufstieg zugelassen hätte oder ein solcher Aufstieg bereits vor dem Inkrafttreten des TVÜ-L erfolgt war. Der Verlust der Altersexspektanz trifft alle Beschäftigte einer Vergütungsgruppe gleich, unabhängig davon, ob sie in diese originär eingruppiert waren oder durch Aufstieg gelangt sind (vgl. BAG v. 22.04.2010 a. a. O. zum TVÜ-Bund, Rn. 26; Hanau ZTR 2009, 403, 407). Eine Bindung des Anspruchs auf Strukturausgleich an eine originäre Vergütungsgruppe stünde deshalb dem Willen der Tarifvertragsparteien, auch mit der Abschaffung der Lebensaltersstufen verbundene Exspektanzverluste auszugleichen, in Widerspruch.
Dies schließt zwar eine anderweitige Regelung – kein Ausgleich von Expektanzverlusten bei Mitarbeitern, die bereits einen Bewährungsaufstieg vollzogen haben – nicht zwingend aus (vgl. BAG v. 22.04.2010 – 6 AZR 962/08 – ZTR 2010, 417 ff., Rn. 27). Der Sinn und Zweck spricht aber eher für eine Auslegung im Sinne des Klägers als für das von dem beklagten Land vertretene Auslegungsergebnis.
e) Auch der Grundsatz der Rechtsklarheit spricht dafür, bei der Vergütungsgruppe gemäß der zweiten Spalte der Anlage 3 zu § 12 TVÜ-Länder nicht danach zu differenzieren, ob diese im Wege des Bewährungsaufstiegs erreicht wurde oder nicht.
Bei der Tarifauslegung sind die besonders wichtigen Grundsätze der Rechtsklarheit und Rechtssicherheit zu berücksichtigen, denen die Tarifvertragsparteien bei der Abfassung von Tarifnormen gerecht werden wollen (vgl. hierzu BAG v. 18.04.2007 – 4 AZR 696/05 – AP Nr. 8 zu § 1 TVG Tarifverträge: Telekom, Rn. 20). Im Zweifel wollen Tarifvertragsparteien Normen schaffen, die für die hiervon erfassten Arbeitnehmer und Arbeitgeber transparent sind. Für einen entsprechenden Willen bei der hier auszulegenden Tarifnorm spricht, dass die Tarifvertragsparteien in der Anlage 3 im Rahmen einer Tabelle sämtliche Voraussetzungen sowie die Höhe und die Bezugsdauer des Strukturausgleichs aufgelistet haben (ebenso für den TVÜ-Bund: BAG v. 22.04.2010 – 6 AZR 962/08 – ZTR 2010, 417 ff., Rn. 33). Mit dieser gewollten Klarheit wäre es nicht zu vereinbaren, wenn man eine zusätzliche Voraussetzung – das Erreichen einer Vergütungsgruppe ohne Bewährungsaufstieg – annehmen würde. Für Normadressaten, die sich allein an dem Wortlaut des § 12 TVÜ-Länder und der Anlage 3 orientieren wollen, wäre dies nicht erkennbar (ähnlich für den TVÜ-Bund: BAG v. 22.04.2010 – 6 AZR 962/08 – ZTR 2010, 417 ff., Rn. 25)...
f) Soweit das beklagte Land meint, es ergäbe sich ein Wertungswiderspruch zu § 8 Abs. 2 TVÜ-L, wenn man in der zweiten Spalte der Strukturausgleichstabelle nicht auf die originäre Vergütungsgruppe abstelle, kann dem nicht gefolgt werden.
Zwar mag es sein, dass es dann Fälle geben kann, in denen Mitarbeiter bei ansonsten identischen Voraussetzungen (Entgeltgruppe nach dem TV-L, nach Bewährungsaufstieg erreichte Vergütungsgruppe nach dem BAT ohne weitere Aufstiegsmöglichkeit, Ortszuschlag und Lebensaltersstufe) entweder einen Strukturausgleich erhalten oder nicht, je nachdem, ob der Bewährungsaufstieg bereits bei Inkrafttreten des TVÜ-L vollzogen war oder erst gemäß § Abs. 2 TVÜ-L nachvollzogen wird. Dies ist aber eine zulässige Folge des Stichtagsprinzips (ebenso BAG v. 22.04.2010 – 6 AZR 962/08 – ZTR 2010, 417 ff., Rn. 23).
Diesen überzeugenden Ausführungen des LAG Düsseldorf schließt sich die erkennende Kammer vollinhaltlich an. Weder die Entstehungsgeschichte der Regelung noch die weitere Tarifentwicklung lässt Rückschlüsse auf einen anderweitigen ursprünglichen Willen der Tarifvertragsparteien zu. Auch das beklagte Land geht davon aus, dass über den Strukturausgleich nicht maßgeblich verhandelt wurde, sondern insoweit die Regelungen des Bundes übernommen wurden, für die das Bundesarbeitsgericht bereits in seiner Entscheidung ausgeführt hat, dass die dortigen Regelungen nach der Auslegung des Tarifvertrages nicht eindeutig sind und für die das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg in der nachfolgenden Entscheidung nach Einholung der Tarifauskunft zu dem Ergebnis gelangte, dass ein übereinstimmender Wille der Tarifvertragsparteien nicht feststellbar war (vgl. LAG Baden-Württemberg vom 15.12.2010 - 13 Sa 73/2010 veröffentlicht in juris rechtskräftig).
Soweit das beklagte Land behauptet, bereits 2005 habe ein Vertreter der TdL im Rahmen der Verhandlungen gegenüber den Gewerkschaften deutlich gemacht, die Länder gingen von der „originären“ Vergütungsgruppe aus, ersetzt das Verständnis der einen Seite von den tariflichen Vorschriften nicht die Einigung der Tarifvertragsparteien. Dass die Vertreter der Gewerkschaften einem solchen Verständnis zugestimmt hätten, behauptet das beklagte Land selbst nicht.
Ein solches übereinstimmendes Verständnis der tariflichen Regelung folgt auch nicht aus dem vom beklagten Land eingereichten Rundschreiben der Gewerkschaft Technik und Naturwissenschaft im DBB Beamtenbund und Tarifunion BTP Niedersachsen sowie dem Landesverband Sachsen (Bl. 228 und 229 ff. d. A.). Soweit dort die originäre Vergütungsgruppe zum Zeitpunkt der Überleitung als maßgeblich angesehen wird, unterscheidet sich das Beispiel, dass Anlass für das Rundschreiben war, inhaltlich erheblich von der hier vorliegenden Konstellation, da es in diesem Fall gerade um die Vergütungsgruppe IVb und den Aufstieg nach IVa nach 2, 4, 6 Jahren ging, nicht aber um die Frage, was die Tarifvertragsparteien unter dem Begriff „ohne“ gemeint haben. Außerdem stehen diese Rundschreiben gerade einem übereinstimmenden Willen der Tarifvertragsparteien entgegen. Denn Anlass dieser Rundschreiben war offensichtlich eine andere Sichtweise zweier Bundesländer über die Maßgeblichkeit der Tarifgruppen.
Auch die weitere Tarifentwicklung lässt keinen Rückschluss auf den ursprünglichen Willen der Tarifvertragsparteien zu. Zwar ist in den Änderungstarifverträgen Nr. 1 und 2 zum TVÜ-L jeweils in einem speziellen Fall ausdrücklich die Zahlung eines Strukturausgleichs trotz eines erfolgten Aufstiegs geregelt worden. Hieraus kann aber nicht gefolgert werden, in allen anderen - bereits vom TVÜ-L in seiner ursprünglichen Fassung - erfassten Fällen sei ausschließlich auf die originäre Vergütungsgruppe abzustellen. Die Tarifvertragsparteien wollten lediglich in Kenntnis der bereits bestehenden Auslegungsstreitigkeiten für die in den Änderungstarifverträgen geregelten Fallgruppen Unklarheiten vermeiden. Wie in den bereits zuvor normierten Fällen zu verfahren ist, sollte hingegen erkennbar nicht geregelt werden, ansonsten hätten die Tarifvertragsparteien nämlich insoweit klarstellende Regelungen aufgenommen (LAG Düsseldorf vom 13.05.2011 - 6 Sa 100/11 veröffentlicht in juris).
2.4 Die eingeholten Tarifauskünfte haben nicht ergeben, dass ein übereinstimmender Wille der Tarifvertragsparteien zum Verständnis der hier streitgegenständlichen Auslegungsfragen bestand.
Die Gewerkschaft ver.di hat in ihrer Auskunft vom 14. April 2011 (Bl. 299 ff. d. A.) unter Punkt 3 ausdrücklich erklärt, es habe keine Einigkeit mit dem Bund bestanden, dass die originäre Vergütungsgruppe maßgeblich für die Zahlung des Strukturausgleichs sein sollte. Eine solche Auffassung sei weder normiert worden, noch sei sie Gegenstand der Tarifverhandlungen gewesen. Vielmehr habe Einigkeit darüber bestanden, dass auf die Verhältnisse zum Zeitpunkt der Überleitung in den TVöD abgestellt werden solle und sich aus Sicht der Gewerkschaft ergeben habe, dass bei Fallgruppen mit (Zeit-, Tätigkeits- oder Bewährungs-)Aufstiegen eine unterschiedliche Behandlung erfolgen sollte, je nachdem, ob im Zeitpunkt der Überleitung der Aufstieg bereits erfolgt gewesen sei oder nicht. Weiterhin verweist die Gewerkschaft ver.di in ihrem Schreiben vom 14. April 2011 zu Beginn ihrer Stellungnahme ausdrücklich darauf hin, dass über den Strukturausgleich für die Länder nicht gesondert verhandelt worden sei, sondern die Regeln des TVÜ-Bundes unverändert übernommen worden seien. Auch aus dem beigefügten Schreiben von ver.di an ihre Mitglieder vom 9. November 2007 zum Strukturausgleich wird deutlich, dass die Gewerkschaft damals jedenfalls nicht die Vorstellung hatte, es komme auf die originäre Vergütungsgruppe an. In dem Schreiben heißt es ausdrücklich, es sei unerheblich, ob dies eine originäre Eingruppierung ist, die Vergütungsgruppe auf dem Weg des Bewährungsaufstiegs erreicht wurde oder ggf. ein Bewährungsaufstieg noch voraus liegt (vgl. Bl. 304 d. A.). Dies Verständnis entspricht der von der DBB Tarifunion mitgeteilten Auskunft vom 18. April 2011. Auch die DBB Tarifunion verweist darauf, dass keine gesonderten Verhandlungen mit den Ländern geführt worden seien, was im Ergebnis auch dem Vortrag des beklagten Landes entspricht. Die DBB Tarifunion verweist auch hier ausdrücklich darauf, dass die Tarifvertragsparteien des TVÜ-Bundes keine Übereinstimmung dazu erzielt hätten, dass das Wort „ohne“ in der Spalte Aufstieg bedeuten würde, dass die für die Überleitung am 1. Oktober 2005 maßgebliche Vergütungsgruppe im Wege des Aufstiegs erreicht worden sein müsse. Auch hier hatte die DBB Tarifunion ausdrücklich klargestellt, dass die Tarifvertragsparteien für den TVÜ-L keine anderweitigen Regelungen getroffen hätten, mithin die Unklarheiten beim TVÜ-Bund auf den TVÜ-L durchgeschlagen haben.
Etwas anderes ergibt sich nicht aus der Tarifauskunft der Tarifgemeinschaft Deutscher Länder TdL Vielmehr bestätigt die TdL, dass die Regelungen zu dem Strukturausgleich den Regelungen des Bundes folgen sollten. Ein entsprechender übereinstimmender Wille der Tarifvertragsparteien wird dort nicht wiedergegeben. Vielmehr ergibt sich aus dem Schreiben, dass die Arbeitgeberseite in einem Informationsgespräch am 3. November 2005 ihre Auffassung zum Begriff des Strukturausgleichs zum Ausdruck gebracht hat, demgegenüber ver.di aber sein Einverständnis offensichtlich nicht erteilt hatte, sondern auch aus Sicht des Vertreters der Länder darüber noch verhandeln wollte. In den eigentlichen Tarifvertragsverhandlungen sind dann die Voraussetzungen des Strukturausgleichs gemäß der zweiten Spalte der Strukturausgleichstabelle nicht näher diskutiert worden. Vielmehr gingen alle Seiten davon aus, dass hier die Regelungen des Bundes übernommen würden, ohne dass diese aber - insoweit wird auf die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts sowie die nachfolgende Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg Bezug genommen - eindeutig gewesen sind. Aus diesem Ablauf lässt sich jedenfalls kein Rückschluss auf einen übereinstimmenden Willen der Tarifvertragsparteien ziehen (vgl. bereits LAG Düsseldorf vom 13.05.2011 - 6 Sa 100/11).
2.4 Ergibt aber der Wortlaut, die Systematik, der Sinn und Zweck sowie der Grundsatz der Rechtsklarheit die Auslegung, dass es für den Anspruch auf den Strukturausgleich ausreicht, wenn ein Mitarbeiter die Vergütungsgruppe im Wege des Bewährungsaufstiegs erlangt hat und ist ein anderweitiger übereinstimmender Wille der Tarifvertragsparteien nicht feststellbar, ist der Auslegung der Vorzug zu geben, dass es nicht auf die originäre Eingruppierung ankommt (vgl. BAG vom 22.04.2010 - 6 AZR 962/08 - a. a. O. zum identischen TVÜ-Bund; LAG Düsseldorf vom 13.05.2011 - 6 Sa 100/11). Eine anderweitige Darlegung oblag der Klägerin nicht, da diese Auslegung die näher liegende war.
3. Mithin standen der Klägerin für die Monate November 2008 bis Januar 2009 die geltend gemachten Ansprüche in Höhe von 3 x 40,-- € zu. Diese Ansprüche sind nicht verfallen, da die Klägerin sie mit ihrer Klageschrift innerhalb von sechs Monaten ab Fälligkeit geltend gemacht hat. Der Zinsanspruch folgt hier aus §§ 286, 288 Abs. 1 BGB..
4. Aus diesen Gründen war auf die Berufung der Klägerin das Urteil des Arbeitsgerichts abzuändern und der Klage stattzugeben. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.
5. Die Revision war gem. § 72 Abs. 2 Ziff. 1 ArbGG zuzulassen, da die Auslegung der Regelung in § 12 TVÜ-L in Verbindung mit Absatz 1 der Anlage 3 zu § 12 TVÜ-L von grundsätzlicher Bedeutung ist. Sie betrifft eine Vielzahl von Fällen, wie sich schon aus den verschiedenen arbeitsgerichtlichen und landesarbeitsgerichtlichen Entscheidungen zeigt.