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Ordnungsgeld - Zeuge - Bestimmtheit - Bedingung


Metadaten

Gericht LSG Berlin-Brandenburg 13. Senat Entscheidungsdatum 02.05.2013
Aktenzeichen L 13 SB 259/12 B ECLI
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen § 118 SGG, § 380 ZPO

Tenor

Auf die Beschwerde wird der Beschluss des Sozialgerichts Cottbus vom 23. August 2012 insoweit aufgehoben, als gegen den Beschwerdeführer ein Ordnungsgeld in Höhe von 600 € festgesetzt worden ist.

Die Staatskasse hat dem Beschwerdeführer die Kosten des Beschwerdeverfahrens erstatten.

Gründe

I.

Der Beschwerdeführer wendet sich gegen die Auferlegung eines Ordnungsgeldes.

Im Laufe des vor dem Sozialgericht Cottbus zum Az. S 26 SB 127/11 anhängigen Verfahrens, in dem die Beteiligten über die Höhe des bei dem Kläger festzusetzenden Grades der Behinderung streiten, ist der Beschwerdeführer, der den Kläger wegen dessen Rückleidens behandelt hat, mit richterlicher Verfügung vom 13. Oktober 2011 vergeblich aufgefordert worden, einen Befundbericht zu erstatten. Nachdem der Beschwerdeführer trotz mehrfacher Erinnerung weiterhin keinen Befundbericht vorgelegt hatte, hat das Sozialgericht mit gerichtlicher Verfügung vom 8. Mai 2012 Termin zur Beweisaufnahme auf den 26. Juli 2012 bestimmt und hierzu den Beschwerdeführer als sachverständigen Zeugen geladen. Die Ladung enthielt den Zusatz:

Der Termin wird aufgehoben, wenn der Befundbericht rechtzeitig vor dem Termin bei Gericht eingeht.

Die Terminsmitteilungen an die Beteiligten enthielten darüber hinaus den Hinweis:

Es steht Ihnen frei, zu der Beweisaufnahme zu erscheinen. Der Termin wurde ausschließlich zur Zeugenvernehmung anberaumt, da der geladene sachverständige Zeuge der Aufforderung des Gerichts zur Erstellung eines den Kläger betreffenden Befundberichts bisher nicht nachgekommen ist. Gegebenenfalls werden mit ihm nur die Fragen aus dem Vordruck des Gerichts erörtert. Sie können an den sachverständigen Zeugen sachdienliche Fragen richten lassen.

Falls Sie an dem Termin teilnehmen möchten, wird eine vorherige Rücksprache mit der Geschäftsstelle empfohlen, da der Termin unter Umständen kurzfristig aufgehoben wird. Reisekosten, sonstige Auslagen und Verdienstausfall können Ihnen vom Gericht nicht erstattet werden.

Der Beschwerdeführer ist zu dem Termin am 26. Juli 2012 nicht erschienen. Daraufhin hat ihm das Sozialgericht die durch dessen Ausbleiben verursachten Kosten des Verfahrens auferlegt sowie gegen ihn ein Ordnungsgeld in Höhe von 200 € und für den Fall, dass dies nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft von zwei Tagen festgesetzt. Die diesen Beschluss enthaltene Sitzungsniederschrift ist dem Beschwerdeführer am 2. August 2012 zugestellt worden.

Mit gerichtlicher Verfügung vom 31. Juli 2012 hat das Sozialgericht erneuten Termin zur Beweisaufnahme auf den 23. August 2012 angesetzt. Die Ladung des Klägers bzw. die Terminsmitteilungen an die Beteiligten enthielten dieselben Zusätze und Hinweise wie die vorangehenden.

Auch zu dem Termin am 23. August 2012 ist der Kläger nicht erschienen. Neben der Auferlegung der durch das Ausbleiben verursachten Kosten des Verfahrens hat das Sozialgericht gegen den Beschwerdeführer ein Ordnungsgeld in Höhe von 600 € und für den Fall, dass dies nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft von sechs Tagen festgesetzt. Die diesen Beschluss enthaltene Sitzungsniederschrift ist dem Beschwerdeführer am 14. September 2012 zugestellt worden.

Am 6. September 2012 ist der Befundbericht des Beschwerdeführers bei dem Sozialgericht eingegangen.

Mit Telefax vom 15. Oktober 2012, einem Montag, hat der Beschwerdeführer „gegen das Ordnungsgeld Einspruch“ erhoben. Zur Begründung hat er ausgeführt, dass er den Befundbericht bereits im März erstellt habe. Wegen Erkrankung seiner Assistentin sei dieser nicht rechtzeitig abgeschickt worden.

Die Bezirksrevisorin hat die ihr gewährte Gelegenheit zur Stellungnahme mit Schriftsatz vom 28. Januar 2013 wahrgenommen.

II.

Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens ist die von dem anwaltlich nicht vertretenen Beschwerdeführer als „Einspruch“ bezeichnete Beschwerde im Sinne des § 172 Sozialgerichtsgesetz (SGG) gegen den Beschluss des Sozialgerichts Cottbus vom 23. August 2012, mit dem gegen ihn ein Ordnungsgeld in Höhe von 600 € festgesetzt worden ist. Da der Beschwerdeführer sich ohne Einschränkung „gegen das Ordnungsgeld“ gewandt hat, ist in dem Schriftsatz vom 15. Oktober 2012 gleichzeitig eine Beschwerde gegen den Ordnungsgeldbeschluss vom 26. Juli 2012 zu erblicken. Dieses Verfahren ist noch anhängig.

Das einen Ordnungsgeldbeschluss betreffende Beschwerdeverfahren kennt, da es nicht kontradiktorisch ausgestaltet ist, keinen Beschwerdegegner (vgl. u.a. den Beschluss des Senats vom 26. März 2012, L 13 SB 163/11 B).

Die Beschwerde gegen den Beschluss vom 23. August 2012 ist zulässig. Insbesondere ist die Beschwerdefrist des § 173 SGG, die einen Monat beträgt, gewahrt. Der Beschluss ist dem Kläger am 14. September 2012 zugestellt worden. Die Frist würde nach § 64 Abs. 2 SGG am 14. Oktober 2012 abgelaufen sein. Da dieser Tag ein Sonntag war, hat sie nach § 64 Abs. 3 SGG am folgenden Werktag, d.h. am 15. Oktober 2012, geendet, weshalb die an diesem Tag bei dem Sozialgericht eingegangene Beschwerde noch fristgemäß gewesen ist.

Die Beschwerde ist auch begründet, denn die Auferlegung eines Ordnungsgeldes gegen den Beschwerdeführer ist rechtswidrig.

Gemäß § 118 Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit § 380 Zivilprozessordnung (ZPO) werden einem ordnungsgemäß geladenen Zeugen, der nicht erscheint, ohne dass es eines Antrages bedarf, die durch das Ausbleiben verursachten Kosten auferlegt. Zugleich wird gegen ihn ein Ordnungsgeld und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft festgesetzt.

Es fehlt vorliegend bereits an einer ordnungsgemäßen Ladung des Zeugen. Nach § 118 Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. m. § 377 Abs. 2 ZPO muss die Ladung enthalten:

1. die Bezeichnung der Parteien;
2. den Gegenstand der Vernehmung;
3. die Anweisung, zur Ablegung des Zeugnisses bei Vermeidung der durch das Gesetz angedrohten Ordnungsmittel in dem nach Zeit und Ort zu bezeichnenden Termin zu erscheinen.

Diesen Anforderungen genügt die vorliegende an den Zeugen ergangene Ladung nicht. Zwar hat das Sozialgericht dem Beschwerdeführer in der Ladung mitgeteilt, dass er im Termin als sachverständiger Zeuge (Beweismittel) geladen werde. Als Gegenstand der Vernehmung wurde „Befund- und Behandlungsbericht“ über den Kläger genannt. Es ist zweifelhaft, ob hiermit das Beweisthema hinreichend bestimmt worden ist. Dies kann jedoch offen bleiben. Denn mit der Anweisung an den Beschwerdeführer, zum Termin zu erscheinen, bezweckte das Sozialgericht offensichtlich nicht, dessen Erscheinen zum Zwecke der Ablegung des Zeugnisses zu veranlassen, mithin ihn persönlich zum Gesundheitszustand des Klägers tatsächlich zu befragen. Vielmehr war die Ladung ausweislich ihres Inhaltes in erster Linie darauf gerichtet, die schriftliche Beantwortung der dem Beschwerdeführer im Befundberichtsformular übersandten Fragen nach § 377 Abs. 3 ZPO zu erzwingen. Sie enthielt den ausdrücklichen Zusatz, dass der Termin aufgehoben werde, wenn der Befundbericht rechtzeitig vor dem Termin bei dem Gericht eingehe. Dass eine persönliche Befragung des Zeugen auch nicht beabsichtigt war, ergibt sich auch aus der Empfehlung an die Beteiligten für den Fall, dass sie an dem Termin teilnehmen möchten, zuvor Rücksprache mit der Geschäftsstelle zu nehmen, da der Termin unter Umständen kurzfristig aufgehoben werde. Mit einer solchen Vorgehensweise verfehlt die Ladungsverfügung aber ihren Zweck. Zudem ist eine Ladung, die unter einer auflösenden Bedingung steht, im Prozessrecht nicht vorgesehen. Insgesamt erweist die Ladung sich als nicht ordnungsgemäß, so dass bei Ausbleiben des Zeugen hierauf ein Ordnungsgeldbeschluss nicht gestützt werden darf.

Die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (vgl. zur Notwendigkeit einer Kostenentscheidung u.a. den Beschluss des Senats vom 5. August 2011, L 13 SB 60/11 B).

Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).