Gericht | FG Berlin-Brandenburg 10. Senat | Entscheidungsdatum | 09.01.2014 | |
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Aktenzeichen | 10 K 14360/10 | ECLI | ||
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen |
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens werden der Klägerin auferlegt.
Die Beteiligten streiten aufgrund einer Kürzung der Altersvorsorgezulage wegen nach Meinung der Beklagten gegebener Unterschreitung des Mindesteigenbeitrages im Sinne des § 86 Einkommensteuergesetz -EStG-.
Die 1970 geborene Klägerin ist Beamtin und Mutter zweier 1993 und 1996 geborener Kinder. Sie verfügt seit dem Jahr 2003 über einen nach § 5 Altersvorsorgeverträge-Zertifizierungsgesetzes -AltZertG- zertifizierten Altersvorsorgevertrag. Die der Beklagten von der zuständigen Besoldungsstelle (Bundeseisenbahnvermögen) für die Klägerin mitgeteilte Besoldung des Jahres 2005 belief sich auf 17.141,83 Euro. Auf der Lohnsteuerbescheinigung 2005 war in Zeile 3 jedoch lediglich eine Bruttobesoldung in Höhe von 16.030,00 Euro ausgewiesen. Die Differenz in Höhe von 1.111,83 Euro beruhte im Wesentlichen auf der Klägerin nach § 40 Abs. 2 EStG durch die Dienstherrin pauschal versteuert zugewandten geldwerten Vorteilen für ein Jobticket (1.080,00 Euro) sowie weiteren pauschal versteuerten Besoldungsbestandteilen. Im Einkommensteuerbescheid der Klägerin für 2005 hatte das zuständige Finanzamt dementsprechend die Werbungskosten für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zu ihren Einkünften aus nichtselbständiger Tätigkeit um 1.080,00 Euro Fahrtkostenersatz gemindert.
Die Klägerin leistete auf ihren Altersvorsorgevertrag in 2006 einen Eigenbeitrag in Höhe von 90,96 Euro, da sie den gemäß § 86 EStG erforderlichen Mindestbeitrag ausgehend von einer Besoldung in Höhe von 16.030,00 Euro berechnete (16.030,00 Euro x 3% ./. 390,00 Euro).
Die Anbieterin schrieb ihr für das Jahr 2006 lediglich eine - wegen Unterschreitung des Mindesteigenbeitrags - auf 286,07 Euro gekürzte Altersvorsorgezulage gut. Die Klägerin beantragte daraufhin fristgerecht (§ 90 Abs. 4 EStG) die Festsetzung einer ungekürzten Altersvorsorgezulage in Höhe von 390,00 Euro bei der Beklagten.
Mit Bescheid über die Festsetzung der Altersvorsorge 2006 vom 02. April 2009 setzte die Beklagte die Altersvorsorgezulage auf 286,07 Euro fest. Sie kürzte dabei die Maximalzulage von 390,00 Euro weiterhin mit dem Kürzungsfaktor 0,7335, da die Klägerin nach Berechnung der Beklagten nur 73,35% des erforderlichen Mindesteigenbeitrages geleistet habe. Im Unterschied zur Klägerin berechnete die Beklagte den erforderlichen Mindesteigenbeitrag ausgehend von einer Besoldung in Höhe von 17.141,00 Euro. Auf die rechnerisch unstreitig zutreffende Berechnung nimmt der Senat wegen der näheren Einzelheiten Bezug. In den Erläuterungen des Bescheids wies die Beklagte darauf hin, dass auch geldwerte Vorteile bei der Berechnung des erforderlichen Mindesteigenbeitrags einzubeziehen seien.
Hiergegen erhob die Klägerin fristgerecht Einspruch.
Sie habe nicht wissen können, dass neben den in der Lohnsteuerbescheinigung ausgewiesenen Bruttobezügen auch andere Größen in die Berechnung des Mindesteigenbeitrags einzubeziehen seien. Weder die Anbieterin des Altersvorsorgevertrages noch die Beklagte habe hierüber informiert. Die von der Beklagten verantworteten Informationsbroschüren seien unklar formuliert. Selbstverständlich hätte sie auch den höheren Mindesteigenbeitrag geleistet.
Mit Einspruchsentscheidung vom 10. September 2010 wies die Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück.
Die Kürzung der Zulage beruhe rechtskonform auf dem Umstand, dass die Klägerin den erforderlichen Mindesteigenbeitrag nicht geleistet habe. Der Einwand, dass sie die zutreffenden Berechnungsgrundlagen nicht gekannt habe, führe zu keiner anderen rechtlichen Beurteilung.
Hiergegen wehrt sich die Klägerin mit ihrer fristgerecht erhobenen Klage, die sie mit ihrem Vorbringen im Einspruchsverfahren begründet.
Sie habe mangels einer entsprechenden Information der Beklagten nicht wissen können, dass bei der Berechnung des Mindesteigenbeitrags auch nicht auf der Lohnsteuerbescheinigung ausgewiesene Leistungen zu berücksichtigen seien, zumal die Besoldungsstelle ihr, der Klägerin, keine entsprechende Besoldungsmitteilung überlassen habe, aus der die Höhe der steuerbegünstigten Leistungen ersichtlich gewesen wäre. Sie sei weiterhin bereit die Differenz nachzuzahlen.
Die Klägerin beantragt,
den Festsetzungsbescheid der Beklagten an die Klägerin vom 02. April 2009 in der Form des Ablehnungsbescheids vom 10. September 2010 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, auf den begründeten Antrag der Klägerin die Festsetzung der Altersvorsorgezulage für die Klägerin für das Beitragsjahr 2006 vorzunehmen und der Klägerin zur Kenntnis zu bringen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die steuerbegünstigten geldwerten Vorteile seien bei der Ermittlung des Mindesteigenbeitrags zu berücksichtigende Bestandteile der Besoldung. Der Rechtsirrtum der Klägerin über die zutreffende Berechnung des Mindesteigenbeitrags ändere daran nichts. Eine Möglichkeit, den ausstehenden Mindesteigenbeitrag für 2006 zwecks Gewährung der vollen Zulage nachzuzahlen, bestehe nicht.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung ist die Klägerin trotz ordnungsgemäßer Ladung weder erschienen noch war sie vertreten.
Dem Gericht hat bei seiner Entscheidungsfindung die den Streitfall betreffende Verwaltungsakte der Beklagten vorgelegen. Wegen der näheren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Beteiligtenvorbringens wird auf deren Inhalt sowie auf die im Verfahren ausgetauschten Schriftsätze verwiesen.
1. Die zulässige Klage ist unbegründet, da die Klägerin keinen Anspruch auf Festsetzung der Altersvorsorgezulage in der von ihr begehrten ungekürzten Höhe hat (§ 101 Satz 1 Finanzgerichtsordnung -FGO-). Der Senat konnte dies gemäß § 91 Abs. 2 FGO so entscheiden, obgleich die Klägerin in der mündlichen Verhandlung weder erschienen ist noch vertreten war. Die Ladung enthielt eine entsprechende Belehrung.
a) § 86 Abs. 1 Satz 1 und 6 EStG sehen eine anteilige Kürzung der Zulage vor, sofern der erforderliche Mindesteigenbeitrag nicht geleistet wird. Die Klägerin hat den erforderlichen Mindesteigenbeitrag in 2006 nicht geleistet.
aa) Für 2006 betrug - worüber die Beteiligten sich einig sind - der von unmittelbar zulageberechtigten Beamten zu leistende Mindesteigenbeitrag gemäß § 86 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 EStG 3% der in 2005 bezogenen Besoldung vermindert um den Anspruch auf Altersvorsorgezulage.
bb) Im Falle der Klägerin betrug der in 2006 zu leistende Mindesteigenbeitrag 124,00 Euro. Sie hat jedoch lediglich 73,35 % dieses Betrages geleistet. Ausschlaggebend ist, dass entgegen der Rechtsauffassung der Klägerin bei der Berechnung des Mindesteigenbeitrags im Falle von Beamten nicht lediglich der in Zeile 3 der Lohnsteuerbescheinigung unter der Bezeichnung „Bruttoarbeitslohn“ ausgewiesene Betrag anzusetzen ist. Das Gericht stimmt vielmehr der Rechtsauffassung der Beklagten zu, dass der in § 86 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 EStG enthaltene Begriff der „Besoldung“ anhand der für den jeweils betroffenen Beamten geltenden Besoldungsvorschriften auszulegen ist [BMF vom 24. Juli 2013, BStBl. I 2013, 1022 Tz.71; gleicher Auffassung zur Auslegung des Begriffs „Besoldung“ in § 86 EStG Arteaga/Veit in Korn, Einkommensteuergesetz, § 86 EStG Rz. 9 (Stand 01. Januar 2005); Killat-Risthaus in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, § 86 EStG Anm. 6 (Dokumentstand 241. Ergänzungslieferung April 2010); Lindberg in Blümich, EStG/KStG/GewStG, § 86 EStG Rz. 5 (Dokumentstand 120. Ergänzungslieferung August 2013)]. Den Umstand, dass die jeweils einschlägigen Besoldungsgesetze maßgeblich sind, belegt § 86 Abs. 1 Satz 3 EStG, der auslandsbezogene Bestandteile nach den §§ 52 ff. Bundesbesoldungsgesetz -BBesG- oder entsprechenden Regelungen eines Landesbesoldungsgesetzes für die Berechnung des Mindesteigenbeitrags ausklammert. Dies verdeutlicht, dass die Besoldung im Sinne des § 86 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 EStG grundsätzlich die Besoldung im Sinne der Besoldungsgesetze ist.
cc) Nach dem für die Klägerin als Bundesbeamtin geltenden BBesG gehören auch Sachbezüge zur Besoldung (§ 10 BBesG). Die einkommensteuerliche Behandlung (z.B. Pauschalversteuerung durch den Arbeitgeber oder Steuerfreiheit) dieser Sachbezüge ist für die Zugehörigkeit zur Besoldung irrelevant. Es existiert kein gesetzlicher Anknüpfungspunkt für die seitens der Klägerin vertretene Auffassung, nur die individualversteuerte lohnsteuerpflichtige Bruttobesoldung laut Zeile 3 der Lohnsteuerbescheinigung sei Besoldung im Sinne des § 86 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 EStG. Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber zusätzlich zu der ausdrücklich in § 86 Abs. 1 Satz 3 EStG formulierten Ausnahme für Auslandsbezüge auch pauschalversteuerte Sachbezüge im Rahmen der Berechnung des Mindesteigenbeitrags ausnehmen wollte, sind nicht ersichtlich. Dies ist lediglich für den von § 86 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 EStG betroffenen Personenkreis der Fall, da nach § 40 Abs. 2 EStG pauschal versteuerte Fahrkostenzuschüsse gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 3 Sozialversicherungsentgeltverordnung -SvEV- sozialversicherungsfrei bleiben. Sozialversicherungsfreiheit kann für die Berechnung des Mindesteigenbeitrags von Beamten angesichts der Sozialversicherungsfreiheit der gesamten Besoldung indes keine Rolle spielen.
dd) Das Gericht hegt keine Zweifel, dass die Höhe der im Umfang von 17.141,83 Euro vom Bundeseisenbahnvermögen für 2005 an die Beklagte gemeldeten Besoldung der Klägerin zutrifft, zumal sie den Bezug von pauschalversteuerten Besoldungsbestandteilen, die gemäß § 41b Abs. 4 EStG aus diesem Grund nicht in Zeile 3 der Lohnsteuerbescheinigung ausgewiesen sind, nicht bestritten hat. Im Übrigen dürfte zumindest der Wert des der Klägerin zugewandten Jobtickets in Zeile 18 der Lohnsteuerbescheinigung 2005 enthalten gewesen sein (vgl. § 41b Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 EStG 2005), weshalb das zuständige Finanzamt die Werbungskosten ausweislich des Einkommensteuerbescheids 2005 um einen Fahrtkostenersatz in Höhe von 1.080,00 Euro gemindert hat.
b) Auf eine Verletzung von Informationspflichten kann die Klägerin ihr Klagebegehren ebenfalls nicht erfolgreich stützen. Die von der Klägerin behauptete schuldhafte Verletzung einer Belehrungspflicht durch unklare Formulierung der von der Beklagten verantworteten Informationsbroschüren könnte allenfalls Schadenersatz in Geld, nicht aber den Erlass eines gesetzlich nicht vorgesehenen Verwaltungsaktes rechtfertigen. Bei einem Verstoß der Finanzbehörde gegen ihre Hinweis- und Auskunftspflichten nach § 89 Abgabenordnung -AO- kann der Betroffene nur im Rahmen des rechtlich Zulässigen so gestellt werden als wäre der Verstoß nicht passiert (BFH, Beschluss vom 27. Februar 2007 - III B 158/06, BFH/NV 2007, 1090). Die Festsetzung einer ungekürzten Altersvorsorgezulage trotz Unterschreitens des nach § 86 EStG erforderlichen Eigenbeitrags sieht das Gesetz nicht vor.
2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.