Toolbar-Menü
 
Sie sind hier: Gerichtsentscheidungen Grundsicherung für Arbeitsuchende - (teilweise-) Aufhebung eines Bewilligungsbescheides...

Grundsicherung für Arbeitsuchende - (teilweise-) Aufhebung eines Bewilligungsbescheides - Änderung der Verhältnisse - Hinzutreten von Einkommen - gebundene Entscheidung auch bei atypischer Fallkonstellation - Mitverschulden der Behörde - Schadensminderungspflicht der Behörde - Rückforderung überzahlter Leistungen - Erlass


Metadaten

Gericht LSG Berlin-Brandenburg 25. Senat Entscheidungsdatum 26.01.2011
Aktenzeichen L 25 AS 1843/09 ECLI
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen § 40 Abs 1 S 1 SGB 2, § 40 Abs 1 S 2 SGB 2, § 330 Abs 3 S 1 SGB 3, § 48 Abs 1 S 2 Nr 3 SGB 10, § 50 Abs 1 SGB 10

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 29. September 2009 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich gegen die Aufhebung eines Leistungsbewilligungsbescheides sowie die Rückforderung hiernach überzahlter Leistungen für die Zeit vom 1. September 2006 bis zum 28. Februar 2007.

Die 1977 geborene Klägerin lebt seit mindestens Sommer 2005 mit dem während des streitbefangenen Zeitraums als Student nicht leistungsberechtigten O M in einer eheähnlichen Gemeinschaft. Sie bezog bis zum 30. Juli 2006 einschließlich Arbeitslosengeld und ergänzend hierzu bis zum 31. August 2006 von der Potsdamer Arbeitsgemeinschaft zur Grundsicherung für Arbeitsuchende - PAGA -, an deren Stelle ab dem 1. Januar 2011 das JobCenter Landeshauptstadt Potsdam (Beklagter) getreten ist, Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts einschließlich Kosten der Unterkunft und Heizung. Auf ihren im Juli 2006 gestellten Leistungsfortzahlungsantrag bewilligte ihr der Beklagte mit seinem Bescheid vom 2. August 2006 derartige Leistungen auch für die Zeit vom 1. September 2006 bis zum 28. Februar 2007 in Höhe von 738,42 € monatlich. Diese Leistungen setzten sich aus der Regelleistung in Höhe von 311 €, dem Zuschlag nach Bezug von Arbeitslosengeld in Höhe von 221 € sowie den anteiligen Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von 206,42 € zusammen. Ende August 2006 / Anfang September 2006 zeigte die Klägerin dem Beklagten an, dass sie demnächst eine abhängige Beschäftigung aufnehmen werde, und unterrichtete ihn mit ihrer am 25. September 2006 persönlich abgegebenen Veränderungsmitteilung vom 12. September 2006 nochmals schriftlich darüber, dass sie seit dem 11. September 2006 bei der Firma P. als Bauzeichnerin sozialversicherungsfrei beschäftigt sei, das monatliche Entgelt 400 € brutto = netto betrage und jeweils zum Monatsende gezahlt werde. Zugleich überreichte sie eine Einkommensbescheinigung ihres Arbeitgebers vom 14. September 2006, wonach sie für den Monat September 2006 am Ende dieses Monats ein Entgelt in Höhe von 266,67 € brutto = netto zu beanspruchen habe, und machte ergänzend monatliche Fahrtkosten in Höhe von 83 € geltend.

Der Beklagte merkte sich intern vor, dass er die der Klägerin bewilligten Leistungen nunmehr neu berechnen müsse, zahlte ihr die bewilligten Leistungen jedoch in voller Höhe weiterhin aus. Erst nach Eingang des von der Klägerin Ende Januar 2007 gestellten Leistungsfortzahlungsantrags für die Zeit ab März 2007 nahm er den Vorgang wieder auf und teilte der Klägerin mit seinem Scheiben vom 26. Februar 2007 mit, dass sie angesichts des von ihr seit September 2006 erzielten Einkommens in der Zeit vom 1. September 2006 bis zum 28. Februar 2007 Leistungen in Höhe von insgesamt 1.333,34 € zu Unrecht bezogen habe und beabsichtigt sei, die Leistungsbewilligung entsprechend aufzuheben und die überzahlten Leistungen zurückzufordern. Nachdem die Klägerin hierzu darauf hingewiesen hatte, dass sie mangels zeitnaher Reaktion des Beklagten auf ihre rechtzeitige Veränderungsmitteilung auf die korrekte Berechnung der gewährten Leistungen habe vertrauen dürfen, hob der Beklagte den Bewilligungsbescheid vom 2. August 2006 mit seinem Bescheid vom 11. Mai 2007 unter Bezugnahme auf einen als Anlage beigefügten – nach den einzelnen Leistungsarten und einzelnen Monaten untergliederten – Berechnungsbogen für die Zeit vom 1. September 2006 bis zum 28. Februar 2007 in Höhe von insgesamt 1.333,34 € teilweise auf und führte zur Begründung aus: Rechtsgrundlage für die Aufhebung sei § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB X). Hiernach sei die Leistungsbewilligung aufzuheben gewesen, weil die Klägerin während des genannten Zeitraums Einkommen aus dem Beschäftigungsverhältnis bei der Firma P. erzielt habe, das zu einer Minderung ihrer Leistungsansprüche geführt habe. Mit weiterem Bescheid vom 11. Mai 2007 forderte der Beklagte gestützt auf § 50 Abs. 1 SGB X von der Klägerin die ihr nach der teilweisen Aufhebung der Leistungsbewilligung überzahlten Leistungen in der genannten Höhe von 1.333,34 € zurück.

Mit ihren hiergegen gerichteten Widersprüchen machte die Klägerin geltend: Die Bescheide seien rechtswidrig. Denn die Überzahlung sei allein darauf zurückzuführen, dass der Beklagte auf ihre rechtzeitige Veränderungsmitteilung nicht reagiert habe. Dieses Versäumnis könne nunmehr nicht zu ihren Lasten gehen.

Mit seinem Widerspruchsbescheid vom 14. September 2007 wies der Beklagte die Widersprüche der Klägerin als unbegründet zurück und führte aus: Die teilweise Aufhebung der Leistungsbewilligung in Höhe von 133,34 € für den Monat September 2006 und in Höhe von 240 € monatlich für die Monate Oktober 2006 bis Februar 2007 sei ebenso wie die Erstattungsforderung nicht zu beanstanden. Insbesondere bestünden gegen die Aufhebungsentscheidung keine Bedenken. Denn die Klägerin habe nach Erlass des Bewilligungsbescheides Einkommen erzielt, das ab dem 1. September 2006 zu einer Minderung der ihr für diese Zeit zuerkannten Leistungsansprüche in der von ihm berechneten Höhe geführt habe. Ob sie die Überzahlung verursacht habe, sei unerheblich. Zudem sei nach § 40 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 des Zweiten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB II) i. V. m. § 330 Abs. 3 des Dritten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB III) für Ermessenserwägungen kein Raum.

Mit ihrer daraufhin erhobenen Klage hat die Klägerin vorgetragen: Sie habe auf die Rechtmäßigkeit der Leistungsbewilligung vertrauen dürfen. Denn obwohl sie den Beklagten ordnungsgemäß über das Hinzutreten des Arbeitsentgelts unterrichtet habe, habe er auf diese Mitteilung nicht reagiert, sondern ihr die bewilligten Leistungen weitergezahlt. Die von ihm erst Monate später festgestellte Überzahlung sei damit allein von ihm verursacht worden, was nicht zuletzt vor dem Hintergrund, dass er zu einer zügigen Bearbeitung sowie einer Minimierung eventueller Schäden verpflichtet gewesen sei, nicht zu ihren Lasten gehen könne.

Das Sozialgericht hat die Klage mit seinem Urteil vom 29. September 2009 abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Die angefochtenen Bescheide seien rechtmäßig. Sie seien zunächst in formeller Hinsicht nicht zu beanstanden, weil der Beklagte die Klägerin insbesondere vor ihrem Erlass in ausreichendem Maße angehört habe. Auch in materieller Hinsicht bestünden gegen die Bescheide keine Bedenken. Rechtsgrundlage für die im Streit stehende teilweise Aufhebung des Bewilligungsbescheides vom 2. August 2006 sei § 40 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB II i. V. m. § 330 Abs. 2 SGB III i. V. m. § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X. Danach sei ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse u. a. aufzuheben, soweit nach Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen erzielt worden sei, das zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde. Hierbei gelte gemäß § 48 Abs. 1 Satz 3 SGB X in Fällen, in denen Einkommen auf einen zurückliegenden Zeitraum anzurechnen sei, als Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse der Beginn des Anrechnungszeitraumes. Diese Voraussetzungen seien im Fall der Klägerin erfüllt, wobei die wesentliche Änderung im Zufluss des von ihr erzielten Arbeitseinkommens zu sehen sei, das im September 2006 266,67 € und in den übrigen Monaten des Bewilligungszeitraumes jeweils 400 € betragen habe. Dieses Arbeitseinkommen sei gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 2 i. V. m. § 11 SGB II auf den Bedarf der Klägerin anzurechnen gewesen, und zwar gemäß § 2 Abs. 2 Satz 1 der Verordnung zur Berechnung von Einkommen sowie zur Nichtberücksichtigung von Einkommen und Vermögen beim Arbeitslosengeld II / Sozialgeld für den Monat, in dem es zugeflossen sei, so dass der 1. September 2006 als Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse nach § 48 Abs. 1 Satz 3 SGB X zu gelten habe. In welcher Höhe sich der monatliche Leistungsanspruch der Klägerin aufgrund des erzielten Einkommens gemindert habe, habe der Beklagte hinreichend dargelegt. Seine Berechnung, wonach der Betrag der Aufhebung im September 2006 133,34 € und in den restlichen Monaten jeweils 240 € betrage, sei hierbei nicht zu beanstanden. Insbesondere führten die geltend gemachten Fahrtkosten gemäß § 11 Abs. 2 Satz 2 und 3 SGB II nicht zu einem höheren Freibetrag, weil das monatliche Einkommen nicht mehr als 400 € betragen habe. Eine Ermessensentscheidung habe der Beklagte nach § 40 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB II i. V. m. § 330 Abs. 2 SGB III nicht zu treffen gehabt. Die in § 48 Abs. 4 i. V. m. § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X geregelte Jahresfrist sei gewahrt. Entgegen der Auffassung der Klägerin spielten Vertrauensschutzgesichtspunkte nach den in ihrem Fall einschlägigen gesetzlichen Vorgaben keine Rolle. Insbesondere komme es nicht darauf an, ob sie die Überzahlung verschuldet habe bzw. die nachträgliche Rechtswidrigkeit der Bewilligung aufgrund der geänderten Verhältnisse hätte erkennen müssen. Dass die bloße Untätigkeit des Beklagten im hier maßgeblichen Zeitraum keinen Vertrauensschutz begründen könne, ergebe sich bereits aus der ansonsten sinnlosen Jahresfrist für die Aufhebung. Die Rechtmäßigkeit des Erstattungsbescheides folge aus § 50 Abs. 1 SGB X, der die Aufhebung eines Leistungsbewilligungsbescheides mit einem Erstattungsanspruch verbinde. Besonderheiten nach § 40 Abs. 2 SGB II seien im Fall der Klägerin nicht zu beachten, weil eine Erstattung von Kosten der Unterkunft nicht im Raum stehe.

Gegen dieses ihr am 15. Oktober 2009 zugestellte Urteil richtet sich die am 30. Oktober 2009 bei Gericht eingegangene Berufung der Klägerin, mit der sie ihr bisheriges Vorbringen weiter vertieft.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 29. September 2009 und die Bescheide des Beklagten vom 11. Mai 2007 in der Gestalt des Widerspruchbescheides vom 14. September 2007 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er hält das angegriffene Urteil für zutreffend.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, insbesondere die Schriftsätze der Beteiligten, sowie den die Klägerin betreffenden Verwaltungsvorgang des Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Berufung der Klägerin, die sich seit dem 1. Januar 2011 gegen das JobCenter Landeshauptstadt Potsdam als Rechtsnachfolger der Potsdamer Arbeitsgemeinschaft zur Grundsicherung für Arbeitsuchende – PAGA – richtet, ist zulässig, aber nicht begründet. Das Urteil des Sozialgerichts ist zutreffend.

Wie das Sozialgericht mit Recht ausgeführt hat, ist die von der Klägerin erhobene Klage (in Gestalt der isolierten Anfechtungsklage im Sinne des § 54 Abs. 1 Satz 1 1. Alternative des Sozialgerichtsgesetzes – SGG –) zwar zulässig, aber unbegründet. Denn die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten.

Diese Bescheide sind zunächst formell rechtmäßig, wobei sich insbesondere kein Anhörungsmangel im Sinne des § 24 Abs. 1 SGB X feststellen lässt. Insoweit kann dahinstehen, ob das Anhörungsschreiben vom 26. Februar 2007, mit dem der Beklagte keine Aufschlüsselung nach Leistungsarten und Leistungsmonaten vorgenommen hat, den gesetzlichen Vorgaben genügt. Denn ein eventuell hieraus resultierender Verfahrensfehler wäre jedenfalls nach § 41 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 SGB X durch das Widerspruchsverfahren als geheilt anzusehen.

Des Weiteren leiden die angefochtenen Bescheide auch an keinem materiellen Fehler. Sie erweisen sich zunächst gemäß § 33 Abs. 1 SGB X als in ausreichendem Maße bestimmt, weil sich aus ihnen ohne weiteres ergibt, für wen, was, wie geregelt worden ist. Dies gilt insbesondere für den Aufhebungsbescheid vom 11. Mai 2007 in der Gestalt des Widerspruchbescheides vom 14. September 2007, weil sich bereits dem Ausgangsbescheid durch die Bezugnahme auf den ihm als Anlage beigefügten – nach Leistungsarten und Monaten aufgeschlüsselten – Berechnungsbogen eindeutig entnehmen lässt, in welcher Höhe Leistungsbewilligungen für welche Zeiträume aufgehoben worden sind. Diese Regelungen wiederum sind in unmissverständlicher Weise in den Widerspruchsbescheid übernommen worden.

Auch im Übrigen lassen sich materielle Fehler nicht feststellen. Wie das Sozialgericht – abgesehen von dem fehlenden Hinweis auf § 40 Abs. 1 Satz 1 SGB II sowie der fehlerhaften Bezugnahme auf § 330 Abs. 2 SGB III anstatt auf § 330 Abs. 3 Satz 1 SGB III – zutreffend dargelegt hat, findet die im Streit stehende teilweise Aufhebung des Bewilligungsbescheides vom 2. August 2006 ihre Rechtsgrundlage in § 40 Abs. 1 Satz 1 und 2 Nr. 1 SGB II i. V. m. § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X i. V. m. § 330 Abs. 3 Satz 1 SGB III. Danach ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse u. a. aufzuheben, soweit nach Erlass des Verwaltungsakts Einkommen erzielt worden ist, das zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde. Hierbei gilt gemäß § 48 Abs. 1 Satz 3 SGB X in Fällen, in denen Einkommen auf einen zurückliegenden Zeitraum anzurechnen ist, als Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse der Beginn des Anrechnungszeitraums. Wie das Sozialgericht mit Recht ausgeführt hat, sind diese Voraussetzungen hier erfüllt. Wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung nimmt der Senat zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen an dieser Stelle nach § 153 Abs. 2 SGG Bezug auf die von ihm für zutreffend erachteten Entscheidungsgründe des angegriffenen Urteils und sieht diesbezüglich von einer eigenen Darstellung der Entscheidungsgründe ab. Lediglich bestärkend weist er nochmals darauf hin, dass die hier anzuwendenden gesetzlichen Grundlagen bei Vorliegen der in ihnen genannten Eingriffsvoraussetzungen keine Ermessensentscheidung, sondern eine gebundene Entscheidung vorsehen, bei der es im Übrigen auch nicht darauf ankommt, wer die Überzahlung verursacht hat oder ob der Betroffene (aus sonstigen Gründen) auf den Bestand des Bewilligungsbescheides vertrauen durfte.

Gegen diese engen gesetzlichen Vorgaben hegt der Senat keine durchgreifenden Bedenken. Die nach § 40 Abs. 1 Satz 2 SGB II vorgeschriebene entsprechende Anwendung von § 330 Abs. 3 Satz 1 SGB III führt zwar im Ergebnis dazu, dass ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung anders als in den Fällen, in denen § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X originär anzuwenden ist, selbst in atypischen Fällen für die Vergangenheit ohne Ausübung von Ermessen aufzuheben ist. Hieraus folgt jedoch nicht, dass § 330 Abs. 3 Satz 1 SGB III nicht oder nur modifiziert zur Anwendung kommen dürfte. Denn abgesehen davon, dass dies dem durch die Fassung der hier einschlägigen Vorschriften zum Ausdruck gebrachten eindeutigen Willen des Gesetzgebers widerspräche, besteht für eine solche Verfahrensweise auch keine Notwendigkeit. Wie das Bundessozialgericht (BSG) wiederholt entschieden hat, ist die Anordnung einer gebundenen Entscheidung selbst für atypische Fallkonstellationen, zu denen insbesondere die Konstellationen gehören, in denen die Behörde die in Rede stehende Überzahlung mindestens mitverschuldet hat, rechtlich nicht zu beanstanden, woran auch der Gedanke einer die Behörde grundsätzlich treffenden Schadensminderungspflicht nichts zu ändern vermag (vgl. z. B. BSG, Urteil vom 5. Juni 2003 - B 11 AL 70/02 R - sowie Urteil vom 28. November 2007 - B 11a/7a AL 14/07 R -, jeweils zitiert nach juris). Eventuellen Unbilligkeiten kann gegebenenfalls in ausreichendem Maße durch einen Erlass der nach § 40 Abs. 1 Satz 1 SGB II i. V. m. § 50 Abs. 1 SGB X mit der Aufhebung des Verwaltungsakts verbundenen Erstattungsforderung Rechnung getragen werden, wie er auch für den Bereich des SGB II in § 44 SGB II ausdrücklich vorgesehen ist (vgl. BSG a. a. O.).

Ob im Fall der Klägerin ein solcher Erlass in Betracht gezogen werden kann, bedarf hier keiner Entscheidung, weil hierüber zunächst einmal eine behördliche Entscheidung herbeigeführt werden müsste. Ob sie zugunsten der Klägerin zu treffen wäre, erscheint indes schon deshalb zweifelhaft, weil die Klägerin die nachträglich eingetretene Rechtswidrigkeit der Leistungsbewilligung aufgrund der geänderten Verhältnisse wohl hätte erkennen müssen und deshalb trotz der fehlenden zeitnahen Reaktion des Beklagten auf ihre rechtzeitige Veränderungsmitteilung auf die Rechtmäßigkeit der Weitergewährung wohl nicht hätte vertrauen dürfen. Zudem müsste sich die Klägerin heute in einer Notlage befinden und es müsste heute zu besorgen sein, dass die Weiterverfolgung des Erstattungsanspruchs zu einer Existenzgefährdung führt, wofür Anhaltspunkte jedenfalls nach Lage der Akten nicht bestehen.

Wie das Sozialgericht schließlich mit Recht dargelegt hat, findet die hier im Streit befindliche Erstattungsforderung in (§ 40 Abs. 1 Satz 1 SGB II i. V. m.) § 50 Abs. 1 SGB X ihre Rechtsgrundlage. Hiernach sind, soweit – wie hier – ein Verwaltungsakt aufgehoben worden ist, bereits erbrachte Leistungen zu erstatten. Auf die sich auf die Erstattung von Leistungen für die Unterkunft beziehende Sonderregelung des § 40 Abs. 2 SGB II kommt es im Fall der Klägerin nicht an, weil es hier ausschließlich um die Erstattung von Teilen der erbrachten Regelleistungen geht.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und folgt dem Ausgang des Rechtsstreits in der Sache selbst.

Die Revision ist nicht zugelassen worden, weil ein Grund hierfür gemäß § 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG nicht vorliegt.