I.
Die Parteien streiten über den Zugewinnausgleich sowie einen Ausgleichsanspruch nach § 40 FGB-DDR.
Die in den Jahren 1966/1969 geborenen Parteien haben am 10.6.1989 geheiratet. Sie lebten bis zum Beitritt der DDR zur Bundesrepublik Deutschland im gesetzlichen Güterstand der Eigentums- und Vermögensgemeinschaft der ehemaligen DDR. Eine Erklärung zur Fortgeltung dieses Güterstandes nach dem Beitritt am 3. 10.1990 gemäß Art. 234 § 4 Abs. 2 EGBGB hat keine der Parteien abgegeben. Aus der Ehe ist im Jahr 1994 der Sohn A… hervorgegangen.
Kurz nach der Eheschließung wurde der Antragstellerin durch notariellen Vertrag vom 27.10.1989 von ihrem Großvater ein Grundstück mit einem Einfamilienhaus und Nebengebäuden in Z…, …straße 11 übertragen. Die Antragstellerin lebte zum Zeitpunkt der Grundstücksübertragung mit ihrem Ehemann, dem Antragsgegner, bereits in dem Haus. Später und bis zur Trennung der Parteien am 14.3.2005 diente das Haus als Ehewohnung. In den Jahren 1992 bis 2003 erfolgten umfangreiche Sanierungs-, Umbau- und Modernisierungsmaßnahmen, die überwiegend in Eigenleistung ausgeführt wurden.
Auf den am 27. 6.2006 zugestellten Scheidungsantrag der Antragstellerin hin sowie die wechselseitigen Anträge der Parteien im Streit um die Vermögensauseinandersetzung hat das Amtsgericht Sachverständigengutachten über den Wert des Hausgrundstücks der Antragstellerin am Anfangs- und Endstichtag und zwei Personenkraftfahrzeuge des Antragsgegners in Auftrag gegeben. Mit Urteil vom 16.12.2009 hat das Amtsgericht die Ehe der Parteien geschieden und das Verfahren über den Versorgungsausgleich abgetrennt und ausgesetzt. Ferner hat es den Antragsgegner verurteilt, an die Antragstellerin einen Zugewinnausgleich in Höhe von 65.000 € zu zahlen. Im Übrigen wurden die Zahlungsanträge beider Parteien abgewiesen.
Gegen diese Entscheidung zum Zugewinnausgleich hat der Antragsgegner Berufung eingelegt. Zur Begründung macht er insbesondere geltend:
Er habe bereits 1989 und 1990 umfangreiche werterhöhende Umbauarbeiten an dem Haus in Z… vorgenommen und auch finanziert. Unter Berücksichtigung des in dem Notarvertrag vom 27.10.1989 zugrunde gelegten Grundstückswerts von 15.000 Mark der DDR und des von dem erstinstanzlichen Sachverständigen für den 3.10.1990 festgestellten Sachwerts von 72.000 € gebühre ihm aufgrund seiner wertsteigernden Leistungen ein Ausgleichsanspruch nach § 40 FGB-DDR in Höhe der Hälfte des Wertzuwachses (von rund 68.165 €), also rund 34.083 €.
Von den Sparguthaben bei der …bank habe er kurz nach der Trennung der Parteien im Jahr 2005 ein Darlehen an seine Eltern in Höhe von 50.000 € zurückzahlen müssen. Dieses sei den Parteien im Frühjahr 2003 zur Finanzierung vorgesehener Umbauarbeiten und zur Vermeidung einer Darlehensaufnahme bei einer Bank gewährt worden. Außerdem habe die Antragstellerin nach der Trennung keinen Kindesunterhalt gezahlt. Unterhaltszahlungen seien von ihr erst im August 2006 aufgenommen worden. Von einer Vermögensverschwendung könne deshalb entgegen der Auffassung des Amtsgerichts nicht die Rede sein.
Der Antragsgegner beantragt,
das angefochtene Urteil des Amtsgerichts Eisenhüttenstadt (3 F 56/06) abzuändern und
1. die Klage der Antragstellerin auf Zahlung eines Zugewinnausgleichs abzuweisen;
2. die Antragstellerin zu verurteilen,
a) an ihn als Ausgleich gem. § 40 FGB 34.082,65 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten p. a. über dem Basiszinssatz ab Rechtskraft des Scheidungsurteils zu zahlen;
b) an ihn 3.608,60 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten p. a. über dem Basiszinssatz ab Rechtskraft des Scheidungsurteils zu zahlen.
Die Antragstellerin begehrt die Zurückweisung der Berufung. Sie bestreitet das tatsächliche Vorbringen des Antragsgegners zu etwaigen Umbauarbeiten 1989/1990 sowie einer Darlehensgewährung und rügt Verspätung. Im Übrigen verteidigt sie die angefochtene Entscheidung.
Im Übrigen wird ergänzend Bezug genommen auf die gewechselten Schriftsätze der Parteien und die Feststellungen in dem angefochtenen Urteil.
II.
Da das vorliegende Verfahren vor dem 1.9.2009 eingeleitet wurde, ist gemäß Artikel 111 Abs. 1 FGG-RG das bis dahin geltende Verfahrensrecht weiter anzuwenden.
Die zulässige Berufung des Antragsgegners hat in der Sache teilweise Erfolg. Die Antragstellerin kann von dem Antragsgegner einen Zugewinnausgleich nicht verlangen. Dem Antragsgegner stehen dagegen gegen die Antragstellerin Ausgleichsforderungen gemäß § 40 Abs. 1 FGB-DDR und § 1378 Abs. 1 BGB in Höhe von (7.200 € + 2.648 € =) 9.848 € zu. Wegen ihrer berechtigten Ausgleichsforderung gegen den Antragsgegner muss sich die Antragsstellerin auf eine gesonderte Geltendmachung verweisen lassen.
1.
Die Parteien haben vor dem 3. 10.1990 die Ehe miteinander geschlossen und somit bis zu diesem Zeitpunkt im gesetzlichen Güterstand der Eigentums- und Vermögensgemeinschaft nach dem FGB-DDR gelebt. Da sie von ihrem Optionsrecht nach Art. 234 § 4 Abs. 2 S. 1 EGBGB keinen Gebrauch gemacht haben, bestimmt sich ihre güterrechtliche Vermögensauseinandersetzung ab dem 3. 10.1990 nach den Vorschriften über den gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft (Art. 234 § 4 Abs. 1 EGBGB). Für die Auseinandersetzung des bis zum Wirksamwerden des Beitritts erworbenen Vermögens der Ehegatten gelten die §§ 39 ff. FGB-DDR. Für gemeinschaftliches Vermögen und dessen Auseinandersetzung nach § 39 FGB-DDR (analog) folgt dies schon aus Art. 234 § 4 Abs. 4 EGBGB. Aber auch Alleinvermögen eines Ehegatten ist insoweit bei der Auseinandersetzung zu berücksichtigen, und zwar gegebenenfalls durch Zuerkennung eines Ausgleichsanspruchs nach § 40 FGB-DDR; an der Anwendbarkeit dieser Vorschrift bestehen keine Bedenken (vgl. hierzu BGH, FamRZ 1999, 1197). Von diesen rechtlichen Grundlagen ausgehend steht dem Antragsgegner gegen die Antragstellerin als angemessener Ausgleich ein Zahlungsanspruch aus § 40 Abs. 1 FGB-DDR in Höhe von 7.200 € zu.
a)
Die Antragstellerin hat das Grundstück …straße 11 mit dem darauf aufstehenden Einfamilienhaus nebst anderen baulichen Anlagen am 27.10.1989 und damit während des Bestehens der am 10.6.1989 geschlossenen Ehe von ihrem Großvater erhalten. Nach dem Wortlaut des notariellen Grundstücksüberlassungsvertrages sollte mit Rücksicht auf die nahen Verwandtschaftsverhältnisse kein Entgelt gezahlt werden und nur eine „Gegenleistung“ in Form von lebenslangen Nutzungsrechten an bestimmten Wohnräumen, Nebengebäuden, Hühnerstall etc. erfolgen. Danach ist das Hausgrundstück der Antragstellerin von ihrem Großvater als Geschenk zugewandt worden, so dass es entgegen der in § 13 Abs. 1 FGB-DDR getroffenen Regelung nicht in die Eigentums- und Vermögensgemeinschaft beider Eheleute fiel. Vielmehr ist die Antragstellerin Alleineigentümerin des Grundstücks und aller baulichen Anlagen geworden. Davon gehen im Ergebnis auch beide Parteien aus.
b)
Der Antragsgegner hat zur Vergrößerung bzw. Werterhaltung des Alleinvermögens der Antragstellerin beigetragen. Entgegen der Auffassung des Amtsgerichts kann deshalb ein Ausgleichsanspruch des Antragsgegners aus § 40 Abs. 1 FGB-DDR nicht verneint werden. Als Stichtag ist der 3.10.1990 maßgebend (vgl. hierzu BGH, FamRZ 1999, 1197).
Nach dem schriftlichen Wertgutachten des Sachverständigen Dipl.-Ing. T… vom 18.5.2009 ist davon auszugehen, dass sich das ursprüngliche Wohngebäude am 3.10.1990 in einem altersgerechten Zustand befunden hat und dass es in dem Zeitraum von 1992 bis 2003 saniert, modernisiert, umgebaut und erweitert wurde. Dass vom Antragsgegner - wie von ihm behauptet - bereits in den Jahren 1989/1990 umfangreiche Sanierungs- und Umbauarbeiten durchgeführt wurden, ist weder hinreichend substanziiert dargetan noch belegt worden.
Allerdings hat die Antragstellerin selbst nicht in Abrede gestellt, dass der Antragsgegner tatsächlich an der Erhaltung ihres Immobilienvermögens mitgewirkt hat. Nach ihrem eigenen schriftsätzlichen Vorbringen sowie den mündlichen Angaben im Rahmen ihrer Anhörung durch den Senat wurden vom Antragsgegner bis zu dem für den Anspruch nach § 40 Abs. 1 FGB-DDR maßgebenden Stichtag 3.10.1990 Renovierungs- und Tapezierungsarbeiten durchgeführt. Für die Materialien wurde das von den Eheleuten durch vollschichtige Arbeit erzielte gemeinsame Einkommen eingesetzt. Nach den Angaben der Antragstellerin in der mündlichen Verhandlung ist auch sonst „gemeinsames Geld ins Haus gesteckt“ worden. Schließlich wurde von den Eheleuten eine neue Küche angeschafft. Das ist ebenfalls als weiterer Beitrag anzusehen, der der Erhaltung des Vermögens der Antragstellerin diente.
c)
Der Senat bemisst den wegen seines Beitrags zur Werterhaltung des Alleinvermögens der Antragstellerin berechtigten und auf Geld gerichteten Ausgleichsanspruch des Antragsgegners der Höhe nach mit 7.200 €.
Anders als der Anspruch auf Zugewinnausgleich ist im Rahmen des Ausgleichsanspruchs nach § 40 Abs. 1 FGB-DDR nicht nur der in der Ehe erzielte (wertmäßig auf den 3.10.1990 begrenzte) Wertzuwachs auszugleichen. Der Anspruch orientiert sich vielmehr am Wert des Alleinvermögens, zu dessen Werterhaltung der Ehegatte beigetragen hat. Der Anteil, der dem Antragsgegner zuzusprechen ist, kann sich danach grundsätzlich bis zur Hälfte des Alleinvermögens der Antragstellerin erstrecken, § 40 Abs. 2 S. 1 FGB-DDR. Die Höhe des Ausgleichsbetrags steht, wie § 40 Abs. 2 FGB-DDR zeigt, im richterlichen Ermessen (vgl. hierzu BGH, FamRZ 1993, 1048), wobei auch die Tatsache zu berücksichtigen ist, dass sich der rund 20 Jahre zurückliegende Wertsteigerungs- oder Erhaltungsbeitrag eines Ehegatten regelmäßig nicht mehr quantifizieren lässt (vgl. hierzu OLG Dresden, FamRZ 2001, 761).
Im Streitfall ist zu berücksichtigen, dass zwischen der Eheschließung am 10.6.1989 und dem Beitrittszeitpunkt nur rund 16 Monate lagen und die wesentlichen Sanierungs-, Umbau- und Erweiterungsmaßnahmen an dem Wohngebäude erst in den Jahren 1992 bis 2003 erfolgten. Bis zum 3.10.1990 wurden nur einzelne Werterhaltungsmaßnahmen durchgeführt. Gemeinsame Kinder, die von den Parteien betreut und versorgt werden mussten, gab es bis dahin noch nicht. Der Senat schätzt daher auf der Grundlage des Akteninhalts und des übereinstimmenden Parteivorbringens den Werterhaltungsbeitrag des Antragsgegners auf 10 %.
Der Wert des Hausgrundstücks der Antragstellerin am Stichtag 3.10.1990, der für die Ermittlungen der Höhe des Anspruchs nach § 40 Abs. 1 FGB-DDR maßgebend ist (vgl. hierzu BGH, FamRZ 1999, 1197), ist nach dem erstinstanzlich eingeholten Wertgutachten vom 18.5.2009 zu bemessen. Der Senat folgt den schriftlichen Ausführungen des Sachverständigen T…, gegen die beide Parteien in der Berufungsinstanz keine Einwände vorgebracht haben. Der Wert des Hausgrundstücks …straße 11 in Z… ist für den Bewertungsstichtag 3.10.1990 mit umgerechnet 72.000 € ermittelt worden. 10 % hiervon ergeben einen Ausgleichsanspruch des Antragsgegners aus § 40 Abs. 1 FGB-DDR in Höhe von 7.200 €.
2.
Dem Antragsgegner steht der geltend gemachte Anspruch aus § 1378 Abs. 1 BGB auf Zahlung eines Zugewinnausgleichs nur in Höhe von 2.648 € zu.
Gemäß § 1378 BGB hat der Ehegatte, dessen Zugewinn den des anderen übersteigt, diesem die Hälfte als Ausgleichsbetrag zu zahlen. Zugewinn ist der Betrag, um den das Endvermögen eines Ehegatten das Anfangsvermögen übersteigt, § 1373 BGB. Demzufolge ist für die Parteien zunächst das Anfangsvermögen nach § 1374 BGB zum Stichtag 3. 10.1990 und sodann das Endvermögen nach § 1375 BGB zum Stichtag 27. 6.2007 zu bestimmen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Ausgleichsanspruch nach § 40 FGB-DDR in das Anfangs- und Endvermögen der Parteien einzustellen ist (vgl. hierzu BGH, FamRZ 1999, 1197).
a)
Unter Berücksichtigung des Grundstückswerts und der Forderungen des Antragsgegners aus § 40 Abs. 1 FGB-DDR beträgt danach das Anfangsvermögen
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des Antragsgegners:
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7.200 €
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der Antragstellerin:
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(72.000 € - 7.200 € =) 64.800 €
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Weiteres Vermögen ist im Anfangsvermögen nach dem unstreitigen Vortrag der Parteien nicht in Ansatz zu bringen.
Ferner ist zu berücksichtigen, dass die durch den Kaufkraftschwund des Geldes eingetretene Wertsteigerung des Anfangsvermögens keinen echten Zugewinn i.S.d. § 1373 BGB darstellt, so dass dieses Anfangsvermögen zu indexieren ist. Ausgehend von dem Basisjahr 2005 (= 100) ergibt sich ein durchschnittlicher Preisindex für 1990 (Anfangsvermögen) von 74,8 und ein solcher im Jahr 2006 (Endvermögen) von 101,6 (vgl. hierzu Palandt/Brudermüller, BGB, 69. Aufl., § 1376, Rn. 30 f.). Danach errechnet sich für die Parteien folgendes indexiertes Anfangsvermögen:
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Antragstellerin:
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64.800 € x 101,6 : 74,8 = rund
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88.017 €
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Antragsgegner:
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7.200 € x 101,6 : 74,8 = rund
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9.780 €.
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b)
Auf der Grundlage der von dem Sachverständigen festgestellten Grundstücks- und Pkw-Werte sind die in der Berufungsinstanz unstreitigen Endvermögenspositionen beider Parteien am Stichtag 27.6.2006 wie folgt in Ansatz zu bringen:
aa) Antragstellerin
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Hausgrundstück …straße 11 in Z… (lt. SV-Gutachten)
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144.000,00 €
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Guthaben Girokonto P…bank
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3.515,51 €
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Sparguthaben Sparkasse …
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2.000,00 €
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Lebensversicherung …
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5.080,69 €
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zusammen rund
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154.596,00 €.
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Abzüglich der Ausgleichsforderung des Antragsgegners beläuft sich das Endvermögen der Antragstellerin auf (154.596 € - 7.200 € =) 147.396 €.
bb) Antragsgegner ohne Sparguthaben …bank
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Wertpapiere …bank
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22.495,50 €
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Wertpapiere U…
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9.299,20 €
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Lebensversicherung
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5.228,22 €
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PKW VW Passat (lt. SV-Gutachten)
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11.000,00 €
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PKW VW Golf (lt. SV-Gutachten)
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7.250,00 €
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landwirtschaftl. Grundstück Flur Nr. 467 (lt. SV-Gutachten)
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920,00 €
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landwirtschaftl. Grundstück Flur Nr. 59 (lt. SV-Gutachten)
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470,00 €
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zusammen rund
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56.663,00 €.
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Unterstreitig haben zum Endstichtag 27.6.2006 auf Seiten des Antragsgegners keine Passiva bestanden. Unter Hinzurechnung der Ausgleichsforderung nach § 40 FGB-DDR beläuft sich sein Endvermögen auf (56.663 € + 7.200 € =) 63.863 €.
cc)
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Zugewinn Antragstellerin:
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147.396 € - 88.017 € =
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59.379 €
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Zugewinn Antragsgegner:
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63.863 € - 9.780 € =
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54.083 €
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Das führt zu einem Anspruch des Antragsgegners gegen die Antragstellerin aus § 1378 Abs. 1 BGB auf Zahlung eines Zugewinnausgleichs in Höhe von
(59.379 € - 54.083 € =) 5.296 € : 2 = 2.648 €
3.
Die Einbeziehung der streitgegenständlichen Sparguthaben bei der …bank in die Zugewinnausgleichsbilanz führt zu keiner abweichenden rechtlichen Beurteilung. Ihre bestehende Forderung muss die Antragstellerin außerhalb der Vermögensauseinandersetzung anlässlich der Ehescheidung geltend machen. Über den Zugewinnausgleich kann ein angemessener Interessenausgleich nicht herbeigeführt werden.
a)
Es handelt sich in der Sache um fünf auf den Namen des Antragsgegners lautende Sparkonten bei der …bank. Zwischen den Parteien steht außer Streit, dass diese Sparkonten am Tag der Trennung der Parteien (14.3.2005) noch die im Jahresabschluss vom 30.12.2004 genannten und nachstehend aufgeführten Beträge aufwiesen. Bis zum Endstichtag am 27.6.2006 verringerten sich die Sparguthaben durch die von dem Antragsgegner vorgenommenen Abhebungen wie folgt:
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Konto-Nr.
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14.3.2005
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27.6.2006
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100692
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21.344,16 €
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15.682,31 €
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10100692
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2.522,03 €
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852,73 €
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110100692
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55.208,96 €
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178,60 €
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110107697
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51.839,17 €
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292,46 €
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210107697
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5.000,00 €
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100,00 €
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zusammen rund
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135.914,00 €
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17.106,00 €
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Es errechnet sich ein Geldverbrauch in Höhe von (135.914 € - 17.106 € =) 118.808 € .
Die Antragstellerin hat sich in ihrer Stufenklage vom 13.2.2006, mit der sie zunächst Auskunft verlangte, sowie in ihrem Schriftsatz vom 7.11.2007 (Zahlungsantrag) ausdrücklich darauf berufen, der Antragsgegner habe sich während des ehelichen Zusammenlebens um die wirtschaftlichen und finanziellen Angelegenheiten der Familie gekümmert. Ferner heißt es in diesem Zusammenhang, „dass gemeinsame Ersparnisse regelmäßig als Spareinlagen bei der …bank eingezahlt wurden“ bzw. „die Sparguthaben auf den Konten bei der …bank wurden von den Eheleuten S… gemeinsam gebildet “. Von diesem Tatsachenvortrag, den sich der Antragsgegner zu Eigen gemacht hat, ist für die rechtliche Beurteilung der Forderung der Antragstellerin auszugehen. Hiernach steht fest, dass bei der …bank gemeinsam Mittel angespart wurden, die dem Antragsgegner nur formal als Kontoinhaber zugeordnet wurden, zumal beide Parteien während des Bestehens der Ehe berufstätig waren.
Entgegen der Auffassung des Antragsgegners kann in Bezug auf die Konten bei der …bank im Verhältnis der Parteien zueinander nicht eine über den Zweck der Verwirklichung der ehelichen Lebensgemeinschaft hinaus gehende Ehegatteninnengesellschaft angenommen werden. Ebenso wenig ist von dem Bestehen einer Treuhandabrede, einem Auftragsverhältnis oder einer unbenannten Zuwendung der Antragstellerin an den Antragsgegner auszugehen. Indizien für eine entsprechend zu bewertende gesellschaftsrechtliche Zusammenarbeit der Parteien sind weder vorgetragen noch nach den Umständen zu erkennen. Da die Konten allein auf den Namen des Antragsgegners lauteten, hat auch keine dem „Oderkonto“ als Gemeinschaftskonto der Ehegatten vergleichbare Lage bestanden.
Nach der Rechtsprechung des BGH (vgl. FamRZ 2002, 1696; FamRZ 2000, 948) zur stillschweigend eingegangenen Bruchteilsgemeinschaft an Forderungen in Bezug auf ein Einzelkonto eines Ehegatten können Eheleute jederzeit - auch stillschweigend - eine Bruchteilsberechtigung des Ehegatten, der nicht Kontoinhaber ist, an der Kontoforderung vereinbaren. Eine solche konkludente Vereinbarung ist dann anzunehmen, wenn sich im Hinblick auf die eingezahlten Sparguthaben eine gemeinsame Zweckverfolgung der Parteien feststellen lässt. Dies ist z.B. zu bejahen, wenn zwischen den Ehegatten Einvernehmen besteht, dass die Ersparnisse beiden zugute kommen sollen (vgl. BGH, FamRZ 2002, 1696). Diese Grundsätze kommen auch im Streitfall zum Tragen. Die in der Zeit des langjährigen Zusammenlebens der Parteien - von 10/1990 bis 3/2005 - angesparten DM - bzw. € - Guthaben sollten auf der Grundlage des Vorberingens beider Parteien nicht allein dem Antragsgegner zugute kommen mit der Folge, dass der Antragstellerin selbst im Wesentlichen keine Barmittel verblieben. Es entspricht vor allem nicht der Lebenserfahrung und ist auch nicht hinreichend substantiiert dargetan, dass die Antragstellerin von den aus den gemeinsamen Arbeitseinkünften angesparten hohen Vermögensbeträgen nichts für sich beanspruchen können, sondern dass das gesamte nicht verbrauchte Arbeitseinkommen beider Parteien alleiniges Vermögen des Antragsgegners sein sollte. Bei der gegebenen Sachlage ist davon auszugehen, dass die von dem Antragsgegner auf seinen Namen angelegten gemeinsamen Ersparnisse den Parteien auch gemeinsam zugute kommen sollten. Denn wenn Eheleute in einer solchen Form sparen, ohne insgesamt einen konkreten Zweck zu verfolgen, der hier nicht aufgezeigt wurde, dient das Angesparte nach der Lebenserfahrung besonderen Anschaffungen, der Vorsorge für den Fall des Alters oder der Erkrankung oder auch dazu, Nachkommen zu bedenken. Die Gelder sollen im Ergebnis beiden Ehegatten zugute kommen, sei es zu ihrem eigenen Nutzen oder zu Gunsten ihrer Erben. Aufgrund dieser Umstände geht der Senat davon aus, dass die Parteien konkludent eine Bruchteilsgemeinschaft an den jeweils bestehenden Kontoforderungen gegenüber der … bank begründen wollten und auch begründet haben (vgl. in diesem Zusammenhang BGH, FamRZ 2002, 1696; FamRZ 2000, 948).
Damit bestimmen sich insoweit die Rechtsbeziehungen der Parteien gemäß § 741 BGB nach den Vorschriften über die Bruchteilsgemeinschaft. Nach § 742 BGB ist im Zweifel anzunehmen, dass den Teilhabern gleiche Anteile zustehen. Davon ist mangels anderweitiger Anhaltspunkte auch im vorliegenden Fall in Bezug auf alle Sparguthaben bei der …bank auszugehen. Gemäß § 749 Abs. 1 BGB kann jeder Teilhaber jederzeit die Aufhebung der Gemeinschaft verlangen. Einen vertraglichen Ausschluss dieses Rechts hat der Antragsgegner nicht dargelegt. Dafür ist auch sonst nichts ersichtlich. Deshalb hat die Antragstellerin auch heute noch einen durch Teilung zu realisierenden Anspruch auf hälftige Teilhabe an dem Gemeinschaftsvermögen, soweit es am Stichtag 27.6.2006 noch - in Höhe von rund 17.106 € - vorhanden war bzw. heute noch ist.
Soweit es den verbrauchten Teil der Sparguthaben betrifft, hat der Antragsgegner unberechtigt Zugriff auf die gemeinschaftlichen Vermögenswerte in Höhe von rund 118.800 € genommen, die hälftig der Antragstellerin zugestanden haben. Insoweit hat die Antragstellerin als Teilhaberin gemäß § 749 BGB einen Anspruch, der auf hälftige Teilhabe am Gesamtvermögen zur Zeit der Trennung gerichtet ist. Durch seine (abredewidrige) Abhebung in Höhe von rund 118.808 € hat der Antragsgegner mehr erhalten, als ihm im Innenverhältnis - als Teilhaber gleicher Anteile - zugestanden hat (vgl. BGH, FamRZ 2000, 948). Da Geldschulden keine Stückschulden sind, ist es auch unerheblich, ob und gegebenenfalls wie der Antragsgegner den abgehobenen Betrag zwischenzeitlich verbraucht hat. Er hat der Antragstellerin die Hälfte des abgehobenen (und verbrauchten) Betrages auszukehren. Insoweit handelt es sich um einen schuldrechtlichen Zahlungsanspruch der Antragstellerin gegen den Antragsgegner (vgl. hierzu auch OLG Naumburg, FamRZ 2007, 1105). Nach Auffassung des Senats können die Sparguthaben des Antragsgegners bei der …bank können nur einheitlich behandelt werden, also auch soweit noch Sparguthaben am 27.6.2006 vorhanden waren.
b)
Es bleibt die Frage, wie mit den schuldrechtlichen Ausgleichsansprüchen der Antragstellerin gem. §§ 741, 742, 749 BGB in Höhe von (135.914 € : 2 =) 67.957 € in dem vorliegenden Zugewinnausgleichsverfahren umzugehen ist. Entgegen der Auffassung der Antragstellerin kann sie im Hinblick auf die gemeinsam angesparten und dem Antragsgegner nur formal zugeordneten Sparguthaben über den Zugewinnausgleich keinen angemessenen Interessenausgleich herbeiführen. Denn durch ein Zugewinnausgleichsverfahren könnte sie selbst dann keinen Ausgleich erreichen, wenn die Guthabenbeträge zu dem maßgeblichen Stichtag noch in vollem Umfang vorhanden bzw. - soweit nicht - dem Endvermögen des Antragsgegners gemäß § 1375 Abs. 2 BGB zuzurechnen wären. Zum Stichtag bestehende Ansprüche des einen gegen den anderen Ehegatten sind im Endvermögen des Anspruchsinhabers nämlich als Aktivposten, in demjenigen des Schuldners als Passivposten zu berücksichtigen, so dass sich auf beiden Seiten im Ergebnis eine gleich hohe Endvermögensposition und damit insoweit keine gemäß § 1378 Abs. 1 BGB auszugleichende Differenz ergibt (vgl. in diesem Zusammenhang auch BGH, FamRZ 2002, 1696).
c)
Konkret wären danach in die Zugewinnausgleichsbilanz unter Ziffer 2. b) noch folgende Positionen einzustellen:
Aufseiten der Antragstellerin ergibt sich ein schuldrechtlicher Ausgleichsanspruch gem. §§ 741, 742, 749 BGB in Höhe von rund (135.914 € : 2 =) 67.957 € .
Dem steht auf Seiten des Antragsgegners eine entsprechend hohe Passivposition gegenüber. Auf der anderen Seite ist sein Vermögen um das gesamte Sparguthaben von 135.914 € zu erhöhen. Hinsichtlich der „verbrauchten“ Beträge von 118.808 € ist eine Zurechnung gemäß § 1375 Abs. 2 BGB wegen illoyaler Vermögensminderungen vorzunehmen. Der Antragsgegner hat nicht schlüssig die Verwendung der 118.808 € vorgetragen. Sein erstmaliger Vortrag in der Berufungsinstanz zu einer Darlehensaufnahme bei seinen Eltern im Jahr 2003 (also am Ende der unstreitig von 1992 bis 2003 dauernden umfangreichen Umbaumaßnahmen an dem Haus der Antragstellerin) stellt keinen schlüssigen Sachvortrag dar. Er hat hierzu behauptet, dass das im Frühjahr 2003 von seinen Eltern gewährte Darlehen von 50.000 € dazu gedient habe, die von den Parteien vorgesehenen Umbauarbeiten an dem Haus zu finanzieren. Eine Darlehensaufnahme bei der Bank habe vermieden werden sollen.
Angesichts eines Sparguthabens von 135.914 € am 30.12.2004 müssen im Jahr 2003 mindestens 100.000 € vorhanden gewesen sein. Es ist daher lebensfremd, dass die Parteien überhaupt an einen (teuren) Bankkredit gedacht haben oder dass sie sich bei den Eltern des Antragsgegners 50.000 € geliehen haben, wenn sie selbst über ein höheres Sparguthaben bei der …bank verfügten. Zumindest hätte der Antragsgegner hierzu nähere Einzelheiten konkret vortragen oder durch Kontoauszüge die entsprechenden Überweisungen belegen können und müssen. Soweit der Antragsgegner im Senatstermin behauptet hat, er habe die 50.000 € in bar von seinen Eltern erhalten und auch in bar wieder zurückgezahlt, hätte er unschwer zumindest eine entsprechende Geldabhebung seiner Eltern von ihrem Sparkonto bzw. seine eigene Barabhebung von 50.000 € von seinen Sparkonten bei der …bank im Jahr 2005 zwecks Rückzahlung an seine Eltern durch entsprechende Kontoauszüge belegen können. Daran fehlt es. Ferner fehlen Aufstellungen und Rechnungen über die Zahlungen, für die der Antragsgegner die 50.000 € im Jahr 2003 verwendet haben will. Insoweit kann es sich im Wesentlichen nur um Materialeinkäufe gehandelt haben, da nach den Feststellungen des Sachverständigen T… in seinem Wertgutachten vom 18.5.2009 die Umbau- und Modernisierungsarbeiten ganz überwiegend in Eigenleistung ausgeführt wurden. Es fehlt danach zu der behaupteten Darlehensgewährung (und –rückzahlung) bereits an dem erforderlichen schlüssigen Sachvortrag des Antragsgegners unter Angabe nachvollziehbarer und nachprüfbarer Einzeltatsachen.
Bringt man danach die (vollen) 135.914 € auf Seiten des Antragsgegners in Ansatz, so ergibt sich unter Berücksichtigung der Passivposition (Forderung der Antragstellerin von 67.957 €) nur noch eine positive Endvermögensposition des Antragsgegners von 67.957 €. Dieser steht eine gleich hohe Position auf Seiten der Antragstellerin gegenüber, sodass sich aus den Sparguthaben bei der …bank keine gemäß § 1378 Abs. 1 BGB auszugleichende Differenz zu Gunsten einer Partei ergibt.
Im Ergebnis muss sich die Antragstellerin folglich auf eine gesonderte Geltendmachung ihrer schuldrechtlichen Ausgleichsforderungen gegen den Antragsgegner verweisen lassen.
Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 291, 288 Abs. 1 Satz 1, 247 BGB, 91, 92 Abs. 1, 97, 708 Nr. 10, 713 ZPO.