Gericht | VG Frankfurt (Oder) 6. Kammer | Entscheidungsdatum | 14.03.2012 | |
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Aktenzeichen | VG 6 K 396/09 | ECLI | ||
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 16 PolG BB, § 17 PolG BB, § 18 PolG BB, § 20 PolG BB, Art 2 GG, Art 8 GG, Art 103 GG, Art 104 GG, § 240 StGB, § 123 StGB, § 153 StPO, § 1 VersammlG, § 15 Abs 3 VersammlG, § 113 Abs 1 S 4 VwGO |
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Klägerin begehrt die nachträgliche Feststellung der Rechtswidrigkeit ihres acht Stunden und 47 Minuten dauernden Gewahrsams.
Im September 2007 nahm sie an einer mehrtägigen Protestaktion der Umweltorganisation xxx teil. Aktivisten dieser Organisation hatten seit dem xxx September 2007 mehrere Bäume entlang des xxxgrabens in der xxx am Stadtrand von xxx besetzt. Sie errichteten mehrere Baumplattformen und protestierten durch Aufhängen von Transparenten gegen die bergrechtliche Inanspruchnahme der xxxlandschaft für den Braunkohletagebau xxx. Nach eigenen Angaben hatte auch die Klägerin mehrere Tage und Nächte auf den besetzten Bäumen ausgeharrt. Die besetzten Bäume befanden sich auf einem weitläufigen, etwa 380 Hektar großen Gelände, das nicht umfriedet war. Das Gelände gehört der xxx (Energieversorgungsunternehmen), deren aktienrechtliche Anteile sich allesamt in xxx Staatsbesitz befinden, bzw. war dem Unternehmen durch das Land Brandenburg per Überlassungsvertrag zur bergbaurechtlichen Nutzung überlassen worden. Für das Gelände besteht ein bergrechtlicher Planfeststellungsbeschluss, der dessen Inanspruchnahme für den Braunkohletagebau ermöglicht. Am xxx September 2007 stellte das Unternehmen einen Strafantrag wegen Hausfriedensbruchs. Die Polizei überprüfte darüber hinaus den Tatvorwurf der Nötigung gemäß § 240 des Strafgesetzbuches.
Für den xxx September 2007 waren die Fällung der Bäume und die Räumung des Geländes vorgesehen. An diesem Tage sowie am Folgetag, dem xxx September 2007, führte die Polizei auf dem Gelände den vorgesehenen Einsatz durch. Am ersten Einsatztag wurden insgesamt siebzehn Personen und am zweiten Einsatztag drei weitere Baumbesetzer sowie eine Person wegen Nichtbefolgens eines Platzverweises in Gewahrsam genommen.
Am ersten Einsatztag begannen die Einsatzkräfte ab 06:00 Uhr mit der Absperrung des Einsatzortes. Gegen 7:30 Uhr wurde eine Aktivistin in Gewahrsam genommen, die sich im Umfeld der besetzten Bäume aufhielt. Die Einsatzkräfte stellten fest, dass insgesamt 22 Personen 12 Bäume besetzt hielten. Die Baumbesetzer saßen auf mit Seilen im Geäst gesicherten Plattformen oder hatten sich selbst mittels Kletterausrüstung gesichert. Einige Bäume waren durch Kletterseile verbunden, auf denen sich die Besetzer von einem Baum zum anderen bewegen bzw. zwischen den Bäumen verweilen konnten. Gegen 10 Uhr begannen die Polizei, die Feuerwehr und Mitarbeiter des Unternehmens mit den Fäll- und Räumungsarbeiten. Die Einsatzkräfte fuhren mit einer Hebebühne zu den Baumkronen, in denen sich die Besetzer aufhielten. Sobald sich die Hebebühne einer besetzten Baumkrone näherte, stellten die Einsatzkräfte zuerst um 10:51 Uhr und sodann um 11:10 Uhr sowie zu späteren Zeitpunkten jeweils fest, dass sich einige der Baumbesetzer mit Rohrverschraubungen, Ketten und ähnlichen Hilfsvorrichtungen an die Bäume anketteten. Die Einsatzkräfte räumten die besetzten Bäume, und zwar jeweils einen nach dem anderen. Dabei wurden diejenigen Besetzer, die sich mit Hilfsvorrichtungen an den Bäumen befestigt hatten, zunächst durch Sicherungsseile am Baum gesichert, um ein Abstürzen zu verhindern. Danach wurde das oberhalb der angeketteten Besetzer befindliche Baumgehölz stückweise Ast für Ast abgesägt und die abgesägten Holzstücke per Hand zu Boden geworfen. Nachdem das Gehölz über den jeweiligen Besetzern entfernt worden war, wurden sie mit ihren Armen inklusive der Selbstfesselung über den verbliebenen Stumpf gehoben und in den Korb der Hebebühne verbracht. Die erste Person, mit deren Bergung auf diese Weise um 11:00 Uhr begonnen worden war, wurde um 12:24 Uhr in Gewahrsam genommen. Zwischen 12:24 Uhr und 14:24 Uhr wurden von dieser Baumgruppe insgesamt vier Personen verbracht und in Gewahrsam genommen.
Um 13:50 Uhr wurde der Einsatz zu der in der Anlage 1 zum Bericht über den Einsatzverlauf zum Einsatz am xxx September 2007 als Punkt 3 bezeichneten Baumgruppe verlegt, auf der sich neben der Klägerin fünf weitere Personen befanden. Um 14:00 Uhr wurden zwischen den Bäumen die Seile gekappt. Um 14:15 Uhr begannen die Einsatzkräfte mit den Sägearbeiten. Um 14:58 Uhr stieg die Klägerin ohne Einwirkung von Zwangsmitteln vom Baum herab. Sie wurde durchsucht und ohne Anwendung von Zwang in Gewahrsam genommen. In dem hierzu auf einem Formblatt gefertigten Kurzbericht Nr. 103085 vom selben Tage ist neben dem Feld „Festnahme" das Feld „Gewahrsam“ angekreuzt. Ferner wird im Bericht ausgeführt, die Klägerin habe das Geäst der Baumkronen erst nach ca. 15 Stunden nach Ablauf der Duldung des Unternehmens verlassen. Zu diesem Zeitpunkt sei die Räumungsaktion weit fortgeschritten gewesen. Die Klägerin sei den Weisungen erst nach mehreren polizeilichen Aufforderungen störungsfrei nachgekommen. Bei der Durchsuchung der Klägerin wurden unter anderem ein Wanderrucksack, zwei Luftmatratzen, zwei Schlafsäcke, ein Hygienestoffbeutel, zwei LED-Kopflampen, ein weißer Kletterhelm, ein Klettergeschirr mit acht großen und vier kleinen Karabinerhaken, ein Funkgerät und ein blaues Fahrradschloss sichergestellt. Um 15:45 Uhr wurde die Klägerin im Zentralgewahrsam der Polizeidienststelle xxx aufgenommen, nachdem sie von xxx dorthin verbracht worden war.
Zwischen 15:50 Uhr und 17:15 Uhr wurden von der als Punkt 3 bezeichneten Baumgruppe vier weitere Personen verbracht; eine weitere Person begab sich freiwillig vom Baum.
Der Leiter der Gefangenensammelstelle in xxx führte in seinem Bericht vom xxx März 2008 aus, der Direktor des Amtsgerichts xxx sei gegen 14:30 Uhr erstmals fernmündlich informiert worden, er habe sich zu diesem Zeitpunkt in einer Sitzung befunden. Gegen 15:45 Uhr habe der Direktor zurückgerufen. Er sei detailliert unterrichtet und um eine richterliche Beschlussführung zu den freiheitsentziehenden Maßnahmen ersucht worden.
Der Direktor des Amtsgerichtes xxx führte in seinen inhaltlich übereinstimmenden Stellungnahmen vom xxx. April 2008 (Aktenzeichen xxx) und xxx Januar 2009 (Aktenzeichen xxx) aus, gegen 15 Uhr habe ihn der Leiter des Schutzbereiches xxx telefonisch darüber in Kenntnis gesetzt, dass eine richterliche Entscheidung über die Zulässigkeit der weiteren Freiheitsentziehung beantragt werde, nachdem bei der Räumung etwa 15 bis 20 Personen in Gewahrsam genommen und erkennungsdienstlich behandelt worden seien. An der ursprünglichen Absicht, die Aktivisten nach Beendigung der Fällarbeiten am Nachmittag zu entlassen, werde nicht mehr festgehalten, weil sie sich nur schwer und zeitaufwändig von den Bäumen entfernen ließen. Mehrere Aktivisten hätten sich so an Bäume gekettet, dass deren Entfernung nur durch das Absägen des Baumes in Teilstücken möglich sei.
Gegen 16:15 Uhr telefonierte die Prozessbevollmächtigte der Klägerin mit dem Amtsgerichtsdirektor. Sie beantragte die unverzügliche Freilassung der Klägerin und fünf weiterer namentlich benannter Personen und kündigte hierfür die Übersendung eines Faxschreibens an, das um 16:43 Uhr beim Amtsgericht einging.
Um 16:50 Uhr wurde die Klägerin in die Gefangenensammelstelle aufgenommen und um 16:55 Uhr durchsucht. Dabei wurden ihr ein Kronverschluss, zwei Kreuzschrauben, eine Klammerfeder und drei Unterlegscheiben abgenommen.
Der Amtsgerichtsdirektor hat in den Stellungnahmen vom xxx April 2008 und xxx Januar 2009 ausgeführt, er habe nach Erhalt des um 16:43 Uhr eingegangenen Telefaxes der Prozessbevollmächtigten der Klägerin den Polizeigewahrsam zwischen 17 und 18 Uhr aufgesucht und dort mit etwa sechs Inhaftierten, deren polizeiliche Erfassungsvorgänge abgeschlossen gewesen seien, über die Sach- und Rechtslage gesprochen. Er habe angekündigt, er müsse sich erst vor Ort ein Bild über die Gesamtsituation verschaffen. Zu diesem Zeitpunkt hätten die anderen Aktivisten, die noch erkennungsdienstlich behandelt worden seien, noch nicht angehört werden können.
Um 18:43 Uhr endete die polizeiliche Beschuldigtenvernehmung der Klägerin zu mehreren Strafanzeigen, die das Unternehmen unter anderem wegen Hausfriedensbruchs und wegen Sachbeschädigungen auf dem xxx Gelände erstattet hatte.
Frau Rechtsanwältin xxx aus xxx, die als Unterverfahrensbevollmächtigte unter anderem für die Klägerin auftrat, erklärte mit eidesstattlicher Versicherung vom xxx Januar 2009, das erste Telefonat mit dem Amtsgerichtsdirektor habe sie nach dessen Eintreffen auf der Polizeiwache gegen 18 Uhr geführt. Der Direktor habe ihr angekündigt, er wolle sich vor Ort einen Überblick über die aktuelle Situation in xxx verschaffen. Sie habe darauf hingewiesen, er könne dies tun. Allerdings habe er zuvor die in Gewahrsam befindlichen Personen zu entlassen. Das Telefonat habe mit der Verständigung darüber geendet, nach dessen Rückkehr erneut zu telefonieren.
Der Amtsgerichtsdirektor führte im handschriftlich verfassten Vermerk vom xxx September 2007 und in den Stellungnahmen vom xxx April 2008 und xxx Januar 2009 aus, gegen 18 Uhr habe er sich zu den xxx begeben. Es habe sich um ein weitläufiges Waldgebiet gehandelt, an dessen Rand sich mehrere Aktivisten verschiedener Gruppen befunden hätten. Auf dem Gelände habe er mit Herrn xxx telefoniert, dem er die Vorgehensweise erläutert und erklärt habe, sämtliche in Gewahrsam befindliche Aktivisten würden freigelassen, wenn die Aktion beendet werde. Herr xxx habe erklärt, jeder Aktivist gehe individuell vor und die Zentrale könne keine Anweisungen geben. Zu dem Vermerk des Amtsgerichtsdirektors vom xxx September 2007 erklärte der Energiereferent von xxx in Hamburg, Herr xxx, in seiner Stellungnahme vom xxx November 2007, er habe mit dem Amtsgerichtsdirektor telefoniert, der sich vor Ort in xxx befunden habe. Der Amtsgerichtsdirektor habe ihm den Vorschlag unterbreitet, die noch in den Bäumen befindlichen Personen könnten das Gelände mit einer Personalienfeststellung verlassen, wenn sie die Bäume jetzt verlassen würden. Diesen Vorschlag habe er an die vor Ort befindlichen Kontaktpersonen von xxx weitergeleitet. Er selbst habe für xxx nicht den Abbruch der Aktion erklärt, sondern dem Amtsgerichtsdirektor mitgeteilt, die in den Bäumen befindlichen Personen würden eigenverantwortlich eine Entscheidung über die Fortsetzung oder den Abbruch der Aktion treffen. Aus seiner persönlichen Sicht habe die Aktion ihr Ziel erreicht. Im Zusammenhang mit der Sorge des Amtsgerichtsdirektors, dass die Inhaftierten nach ihrer Freilassung möglicherweise wieder auf Bäume steigen würden, habe er ihm mitgeteilt, aus seiner Sicht werde niemand mehr von xxx erneut auf Bäume klettern.
Nach dem Einsatzverlaufbericht der Polizei sprach der Amtsgerichtsdirektor um 19 Uhr mit vier Baumbesetzern, von denen zwei Besetzer der im Bericht als Punkt 2 bezeichneten Baumgruppe um 19:15 Uhr und 19:33 Uhr freiwillig aufgaben. Die beiden anderen Personen verblieben um 19:55 Uhr im Baum. Um 20:00 Uhr wurde der Tageseinsatz wegen einbrechender Dunkelheit und starken Regens beendet.
Der Amtsgerichtsdirektor erklärte in den Stellungnahmen vom xxx April 2008 und xxx Januar 2009, nach Abschluss der Gespräche mit den Aktivisten und der Inaugenscheinnahme des Geländes habe er sich unverzüglich in den Polizeigewahrsam begeben.
Die Unterverfahrensbevollmächtigte der Klägerin erklärte mit eidesstattlicher Versicherung vom xxx Januar 2009, sie habe um 20:38 Uhr erneut mit dem Amtsgerichtsdirektor nach dessen Rückkehr aus xxx telefoniert und ihm mitgeteilt, sie habe ebenfalls mit dem Energiereferenten von xxx telefoniert, der ihr wiederum mitgeteilt habe, für xxx sei die Aktion beendet. Sie habe auf die Rechtswidrigkeit des fortdauernden Gewahrsams hingewiesen. Der Amtsgerichtsdirektor habe jedoch ein informatorisches Gespräch mit den in Gewahrsam befindlichen Personen führen wollen.
Der Amtsgerichtsdirektor erklärte in den Stellungnahmen vom xxx April 2008 und xxx Januar 2009, nach seiner Rückkehr aus xxx habe er die bereits erkennungsdienstlich behandelten Personen in einem Raum versammeln lassen und ihnen die Sach- und Rechtslage erläutert. Die versammelten Personen hätten jedoch ohne anwaltlichen Beistand keine Erklärungen abgeben wollen. Da unter anderem die Unterverfahrensbevollmächtigte der Klägerin ihm gegenüber versichert habe, dass die Aktion für xxx beendet sei, hätten keine Gründe mehr für die Fortdauer des Gewahrsams vorgelegen. Dies sei der Polizei mitgeteilt worden, die daraufhin ihre Anträge auf Bestätigung und Fortdauer der Gewahrsame zurückgenommen habe. Hierüber habe er die Unterverfahrensbevollmächtigte der Klägerin um 21:30 Uhr telefonisch informiert.
Die Unterverfahrensbevollmächtigte der Klägerin erklärte mit eidesstattlicher Versicherung vom xxx Januar 2009, sie habe um 21:16 Uhr mit dem Amtsgerichtsdirektor telefoniert und ihm angekündigt, sie wolle nach xxx kommen und um 0:00 Uhr mit der Anhörung beginnen. Der Amtsgerichtsdirektor habe entgegnet, er wolle die Rücknahme der Anträge erwirken. Um 21:30 Uhr habe er bei ihr nochmals angerufen und mitgeteilt, dass die Entlassungen beginnen würden.
Mit dem um 21:36 Uhr beim Amtsgericht xxx eingegangenen Telefax rügte die Prozessbevollmächtigte der Klägerin unter anderem, dass der Richter nicht der Verpflichtung zur Rechtsschutzgewährung nachgekommen sei, sondern mehrere Stunden damit verbracht habe, „informelle“ Anhörungen bzw. „Gruppenverhöre“ ohne vorherige Anwaltskonsultationen durchzuführen, und dass er das Aussageverweigerungsrecht der Gefangenen unterlaufen habe, indem er versucht habe, ihnen Aussagen abzunötigen, die diese nicht hätten abgeben wollen.
Ab 21:45 Uhr wurde mit der Entlassung der im Gewahrsam befindlichen Aktivisten begonnen. Die Klägerin wurde um 23:45 Uhr entlassen.
Mit Beschluss vom xxx November 2007 (Geschäftsnummer xxx) wies das Amtsgericht xxx den Antrag der Staatsanwaltschaft xxx vom xxx November 2007 nach § 98 Abs. 2 Satz 2 der Strafprozessordnung auf Billigung der Sicherstellung der LED-Kopflampen, des Kletterhelms, des Klettergeschirrs und des Funkgerätes der Klägerin mit der Begründung zurück, es sei weder eine Strafbarkeit nach § 123 des Strafgesetzbuches (Hausfriedensbruch) noch eine nach § 240 des Strafgesetzbuches (Nötigung) erkennbar. Der Ermittlungsakte ließen sich keine den Tatbestand der Nötigung untermauernden Tatsachen feststellen, wie zum Beispiel der Zeitpunkt der geplanten Fällung sowie Art und Weise der Baumbesetzung (Eigenfesselung, Fesselung an den Baum oder Baumbesetzung ohne Hilfsmittel).
Mit Verfügung vom 17. Januar 2008 stellte die Staatsanwaltschaft xxx das gegen die Klägerin wegen Nötigung (§ 240 des Strafgesetzbuches) eingeleitete Ermittlungsverfahren xxx nach § 45 Abs. 1 des Jugendgerichtsgesetzes in Verbindung mit § 153 der Strafprozessordnung mit der Begründung ein, bezüglich des Tatbestandes der Nötigung wären weitere Ermittlungen dahin notwendig, ob und wie von der Klägerin eine nicht nur psychische, sondern auch physische Zwangseinwirkung ausgegangen sei. Insoweit wäre zu klären, ob zum fraglichen Zeitpunkt tatsächlich Baumfällarbeiten hätten stattfinden sollen und ob hier durch eine Fesselung an den Baum eine tatsächlich psychische Hinderung der Arbeiter vorgelegen habe, einen Baum zu fällen. In Anbetracht der polizeilichen Maßnahmen stehe zu erwarten, dass sich die Klägerin das Verfahren zur Warnung gereichen lasse. Durch das bisherige Verfahren sei hinreichend auf die Klägerin eingewirkt worden, so dass eine Ahndung durch Urteil entbehrlich erscheine.
Am 24. Januar 2008 hat die Klägerin unter anderem die nachträgliche Feststellung der Rechtswidrigkeit ihrer Freiheitsentziehung vom xxx September 2007 beim Amtsgericht xxx (xxx) beantragt, das den Rechtsstreit mit dem nicht weiter angefochtenen Beschluss vom 11. März 2009 an das Verwaltungsgericht Frankfurt (Oder) verwiesen hat.
Zur Begründung ihrer Klage trägt die Klägerin vor, die Freiheitsentziehung sei rechtswidrig gewesen. Sie sei bereits in ihrem Grundrecht auf effektiven Rechtsschutz verletzt, weil ihr bis zur Beendigung des Freiheitsentzuges zu keinem Zeitpunkt mitgeteilt worden sei, auf welche Rechtsgrundlage diese Maßnahme gestützt werde und ob die Freiheitsentziehung präventiver oder repressiver Natur sei. Im Gewahrsam habe man ihr eröffnet, sie würde bis zur „Beendigung der Maßnahmen in xxx“ im Gewahrsam bleiben. Gegen 15:15 Uhr habe ihre Prozessbevollmächtigte vom Leiter der Gefangenensammelstelle die telefonische Mitteilung erhalten, alle Personen, die in Gewahrsam genommen worden seien, sollten zur Verhinderung weiterer Straftaten bis zum Ende der Fällarbeiten am Folgetag im Gewahrsam bleiben. Rechtswidrig sei die Freiheitsentziehung aber auch deshalb, weil vor der Freiheitsentziehung keine Versammlungsauflösung ausgesprochen worden sei, obwohl sie – die Klägerin – mit weiteren Umweltschützern an einer Versammlung im Sinne des Art. 8 des Grundgesetzes teilgenommen habe und es sich bei den Baumbesetzungen in xxx um eine Versammlung gehandelt habe, die dem Schutzbereich des Grundrechtes der Versammlungsfreiheit und dem Schutz des Versammlungsgesetzes unterfalle. Dieses Grundrecht gelte im öffentlichen Raum. Bei dem Gelände, auf dem die Baumbesetzungen stattgefunden hätten, handele es sich um einen öffentlichen Raum. Jedenfalls sei die Versammlung ungeachtet ihrer Rechtmäßigkeit polizeifest gewesen. Rechtswidrig sei die Freiheitsentziehung aber auch, weil zuvor kein Platzverweis ausgesprochen worden sei und weil die tatbestandlichen Gewahrsamsvoraussetzungen nach § 17 Abs. 1 Nr. 2 des Brandenburgischen Polizeigesetzes nicht vorgelegen hätten. Sie habe keine Straftaten begangen. Der Straftatbestand des Hausfriedensbruchs sei bereits deshalb nicht erfüllt, weil das Gelände, auf dem sie festgenommen worden sei, nicht umfriedet gewesen sei. Eine strafbare Nötigungshandlung scheide aus, weil sie keine konkrete Person als Nötigungsadressat genötigt habe und die Aktion von dem Grundrecht der Versammlungsfreiheit gedeckt gewesen sei. Als der Baum rundherum um sie abgesägt worden sei, sei sie freiwillig vom Baum herabgestiegen. Ferner sei die Freiheitsentziehung weder unerlässlich noch im Übrigen verhältnismäßig gewesen. Nachdem sie freiwillig vom Baum herabgestiegen sei, habe es keine Rechtfertigung mehr dafür gegeben, sie weiter festzuhalten, weil keine Gefahr mehr bestanden habe, dass sie erneut einen Baum besetzen würde. Hierzu sei sie wegen ihres physischen und psychischen Zustandes nicht in der Lage gewesen. Den Beamten vor Ort hätte bekannt sein müssen, dass sie mehrere Tage auf dem Baum verbracht habe und vor allem wegen der Angstsituation beim Fällen der Bäume erschöpft gewesen sei. Ihr Klettermaterial sei beschlagnahmt worden, so dass sie auch deshalb nicht mehr auf einen anderen Baum hätte klettern können. Der insoweit darlegungspflichtige Beklagte habe keine konkreten Anhaltspunkte benannt, welche die Annahme rechtfertigen könnten, dass sie eine Rückkehr auf das Gelände beabsichtigt habe. Keine Gefahr begründe hingegen allein die Tatsache, dass ein Bürger nicht mit der Polizei sprechen wolle. Als milderes Mittel hätte ein Platzverweis genügt, weil niemand mehr auf das Gelände hätte zurückkehren können, das an dem betreffenden Tag – auch mit Straßensperren – abgesperrt gewesen und von dem Sicherheitsdienst des Unternehmens bewacht worden sei. Es hätte genügt, die Bäume und gegebenenfalls das Gelände von anwesenden Personen zu räumen. Für die Fortsetzung der Rodungsarbeiten hätte es ausgereicht, die übrigen Bäume ebenfalls zu sichern, anstatt die Demonstranten in Gewahrsam zu nehmen. Die Freiheitsentziehung sei ferner aus dem Grunde rechtswidrig, weil schon vor der Gewahrsamnahme eine richterliche Anordnung hätte eingeholt werden müssen. Bereits seit 7:30 Uhr morgens habe der Beklagte gewusst, dass er Personen für längere Zeit in Gewahrsam nehmen wolle. Bei einem vorhergehenden Antrag hätte ihr Name nicht benannt werden müssen. Dokumentationspflichten seien nicht eingehalten worden, weil den Verwaltungsvorgängen nicht entnommen werden könne, wann entsprechende Anträge gestellt und wie sie begründet worden seien. In Parallelverfahren seien Musteranträge erst am 02. Oktober 2007 beim Amtsgericht eingegangen. Der Leiter der Gefangenensammelstelle habe gegen 15:15 Uhr mitgeteilt, dass ein Richter vorinformiert sei. Der Amtsgerichtsdirektor habe um 16:15 Uhr mitgeteilt, die Polizei wolle Unterbindungsgewahrsam beantragen, er habe aber noch keine Anträge vorliegen, sondern nur eine „Vorinformation“. Rechtswidrig sei die Freiheitsentziehung schließlich deshalb, weil sowohl die Polizei als auch der später hinzugezogene Eilrichter gegen das Gebot verstoßen hätten, unverzüglich eine richterliche Entscheidung über die Begründung und Fortdauer des Gewahrsams herbeizuführen. Der Amtsgerichtsdirektor habe sich trotz anwaltlicher Aufforderung geweigert, unverzüglich eine entsprechende Entscheidung zu treffen, sondern gemeint, lieber „vor Ort“ als „Vermittler“ aufzutreten. Dem beabsichtigten Ortstermin sei ausdrücklich widersprochen worden. Stattdessen habe ihre Prozessbevollmächtigte beim Telefonat mit den Amtsgerichtsdirektor auf ihre persönliche Anhörung und eine unverzügliche Richterentscheidung gedrungen. Entgegen der dienstlichen Stellungnahme des Amtsgerichtsdirektors vom 08. Januar 2009 habe ihre Prozessbevollmächtigte bereits ab 14:45 Uhr versucht, für sie eine Anhörung durchzusetzen. Die vom Amtsgerichtsdirektor verfassten Vermerke entsprächen nicht der Wahrheit und würden durch die Erklärungen ihrer Unterverfahrensbevollmächtigten und des Energiereferenten von xxx vom 21. Januar 2009 und 08. November 2007 richtig gestellt. Die Betroffenen hätten zumindest vor der Durchführung des Ortstermins persönlich angehört werden müssen, um vorab feststellen zu können, ob bei einigen der Festgehaltenen bereits kein Gewahrsamsgrund vorliege.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
festzustellen, dass ihre Freiheitsentziehung am 27. September 2007 rechtswidrig gewesen ist und dass der Beklagte ihre außergerichtlichen Kosten für das Eilverfahren trägt.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung trägt er vor, der Gewahrsam der Klägerin sei gerechtfertigt gewesen, weil eine konkrete Gefahr für die öffentliche Sicherheit vorgelegen habe. Sie sei nach § 17 Abs. 1 des Brandenburgischen Polizeigesetzes in Gewahrsam genommen worden. Die Baumbesetzungen seien widerrechtlich gewesen. Gegen die Baumbesetzer sei wegen Hausfriedensbruchs Anzeige erstattet und Strafantrag gestellt worden. Darüber hinaus sei der Tatvorwurf der Nötigung gemäß § 240 des Strafgesetzbuches geprüft worden. Die Klägerin sei erst nach 15 Stunden den vielfachen polizeilichen Aufforderungen nachgekommen und vom besetzten Baum herab gestiegen. Auch am Boden sei sie nicht bereit gewesen, mit den Beamten zu kommunizieren. Die Gewahrsamnahme der Klägerin sei notwendig gewesen. Ein Platzverweis sei als milderes Mittel nicht in Betracht gekommen. Die Polizeibediensteten seien davon ausgegangen, dass die Klägerin mit hoher Wahrscheinlichkeit erneut einen Baum besetzen werde. Ein Gespräch mit ihr sei nicht möglich gewesen, weil sie jegliche Kommunikation verweigert habe. Es sei nicht absehbar gewesen, wie sie nachfolgend agieren würde. Sie habe sich auch nicht bereit erklärt, die Aktion für beendet zu erklären. Eine komplette Absperrung des Geländes zur Verhinderung weiterer Straftaten sei wegen dessen Weitläufigkeit nicht möglich gewesen. Nachdem gegen 14:30 Uhr zunächst vergeblich versucht worden sei, den Direktor des Amtsgerichts zu erreichen, sei er gegen 15 Uhr umfassend über die Lage informiert worden. Die Einsatzkräfte seien zu Beginn des Einsatzes davon ausgegangen, dass der Einsatz voraussichtlich im Laufe des Tages beendet werde. Deshalb sei beabsichtigt gewesen, die Klägerin und die übrigen Aktivisten nach Aufnahme der Personalien und nach der voraussichtlichen Beendigung der Fällarbeiten zum Nachmittag aus dem Gewahrsam zu entlassen. Wegen der zeitlichen Verzögerungen habe dieser Plan jedoch nicht mehr eingehalten werden können. Daher sei eine richterliche Entscheidung über die Zulässigkeit der weiteren Freiheitsentziehung beantragt worden. Nach dem Vor-Ort-Termin habe der Amtsgerichtsdirektor den Ingewahrsamgenommenen mitgeteilt, dass eine Entlassung aus dem Gewahrsam erfolge, sobald die Baumbesetzungen für beendet erklärt würden. Da diese Erklärung nicht abgegeben worden sei, habe mit den Einzelvernehmungen begonnen werden sollen. Die Gewahrsamsgründe seien weggefallen, nachdem die Unterverfahrensbevollmächtigte der Klägerin mitgeteilt habe, dass die Aktion der Organisation xxx für beendet erklärt werde.
Das Amtsgericht xxx hat mit Beschluss vom 15. Januar 2009 das Ablehnungsgesuch der Klägerin gegen den mit der Sache befassten Amtsgerichtsdirektor für begründet erklärt.
Die Kammer hat mit Beschluss vom 23. Januar 2012 das Verfahren abgetrennt und unter dem Aktenzeichen VG 6 K 123/12 fortgeführt, soweit die Klägerin mit dem Klageantrag zu 2. aus der Klageschrift vom 24. Januar 2008 die Feststellung begehrt, dass die Art und Weise der Durchführung der Freiheitsentziehung rechtswidrig gewesen ist.
Den Beteiligten ist in der mündlichen Verhandlung vom 14. März 2012 Gelegenheit zu weiterem Sachvortrag gewährt worden; hinsichtlich ihres Vorbringens wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung von diesem Tage Bezug genommen.
Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf die Gerichtsakte sowie die beigezogenen Verwaltungsvorgänge (Beiakten 1 bis 7), die allesamt Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.
Der Verwaltungsrechtsweg ist nach § 17a Abs. 2 Satz 3 des Gerichtsverfassungsgesetzes eröffnet, nachdem das Amtsgericht xxx den Rechtsstreit mit rechtskräftigem Beschluss vom 11. März 2009 mit bindender Wirkung an das erkennende Gericht verwiesen hat.
Die in entsprechender Anwendung des § 113 Abs. 1 Satz 4 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) statthafte und auch im Übrigen zulässige Fortsetzungsfeststellungsklage auf nachträgliche Feststellung der Rechtswidrigkeit des durch Zeitablauf erledigten Gewahrsams, für die wegen des mit dem Gewahrsam der Klägerin einhergehenden schwerwiegenden Eingriffs in das Grundrecht der Freiheit der Person (Artikel 2 Absatz 2 Satz 2 und Artikel 104 des Grundgesetzes – GG –) ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse besteht, ist unbegründet.
Die Gewahrsamnahme der Klägerin am xxx September 2007 um 14:58 Uhr sowie die Fortdauer des Gewahrsams bis 23:45 Uhr sind nicht rechtswidrig gewesen.
Bei dieser Maßnahme handelte es sich um eine polizeirechtliche Präventivmaßnahme und nicht um eine repressive Maßnahme der Strafverfolgung. Dies geht aus dem Kurzbericht Nummer 103085 vom xxx September 2007 hervor, auf dessen Formblatt nicht das für repressive Strafverfolgung stehende Feld „Festnahme“, sondern das für präventivpolizeiliche Maßnahmen stehende Feld „Gewahrsamnahme“ angekreuzt ist. Nach eigenen Angaben wurde der Klägerin in der Gefangenensammelstelle mitgeteilt, dass sie bis zur Beendigung der Maßnahmen in xxx in Gewahrsam bleiben werde. Damit war ihr entsprechend § 19 Abs. 1 Satz 1 des Brandenburgischen Polizeigesetzes (BbgPolG) der Sache nach bekannt gegeben worden, dass sie für die Dauer der Baumfällungen in präventivpolizeilichen Unterbindungsgewahrsam nach § 17 Abs. 1 Nr. 2 BbgPolG genommen worden war. Auch ihre Prozessbevollmächtigte hat mit Schriftsatz vom 24. Januar 2008 vorgetragen, sie habe vom Leiter der Gefangenensammelstelle die telefonische Mitteilung erhalten, alle Personen, die in Gewahrsam genommen worden seien, sollten zur Verhinderung weiterer Straftaten bis zum Ende der Fällarbeiten am Folgetag in Gewahrsam bleiben, weil das Unternehmen am xxx September 2007 nicht damit fertig werde. Der präventivpolizeiliche Charakter wird nicht durch die während des Gewahrsams durchgeführte polizeiliche Beschuldigtenvernehmung der Klägerin in Frage gestellt. Denn diese Vernehmung, die um 18:43 Uhr endete, fand bei Gelegenheit des Gewahrsams und nicht im Anschluss daran statt und führte nicht dazu, dass der Gewahrsam der Klägerin verlängert wurde, weil der für die Entscheidung über die Zulässigkeit und die Fortdauer des Gewahrsams zuständige Richter während dieser Zeit zwischen 18 Uhr und 20 Uhr zum Zwecke der Sachverhaltsaufklärung einen Ortstermin in xxx durchgeführt hatte.
Vor der Gewahrsamnahme der Klägerin bedurfte es keiner versammlungsrechtlichen Auflösungsverfügung nach § 15 Abs. 3 des Versammlungsgesetzes – VersammlG – (vgl. zum Erfordernis einer vorhergehenden versammlungsrechtlichen Auflösung für präventivpolizeiliche Gewahrsamsnahmen: Bundesverfassungsgericht [BVerfG], Beschluss vom 26. Oktober 2004 - 1 BvR 726/01 - NVwZ 2005, 80,<81>), weil die Baumbesetzung auf dem Privatgelände, das im Eigentum des Unternehmens stand bzw. durch Überlassungsverträge zur bergbaurechtlichen Nutzung überlassen worden war, keine Versammlung im Sinne des Art. 8 GG bzw. der §§ 1, 15 VersammlG war. Die Versammlungsfreiheit verbürgt die Durchführung von Versammlungen dort, wo ein allgemeiner öffentlicher Verkehr eröffnet ist, und zwar im öffentlichen Straßenraum oder auch an Stätten außerhalb des öffentlichen Straßenraumes, an denen in ähnlicher Weise ein öffentlicher Verkehr eröffnet ist und Orte der allgemeinen Kommunikation entstehen, soweit hinsichtlich dieser Einrichtungen nach Art. 1 Abs. 3 GG eine unmittelbare Grundrechtsbindung der öffentlichen Hand oder eines von der öffentlichen Hand beherrschten Unternehmens besteht; solche Orte des allgemeinen kommunikativen Verkehrs sind Einkaufszentren, Ladenpassagen oder sonstige Begegnungsstätten, die unter anderem durch Mittel des Zivilrechts geschaffen werden und für die der öffentliche Verkehr eröffnet worden ist (vgl. BVerfG, Urteil vom 22. Februar 2011 - 2 BvR 699/06 - sub [66 bis 68], NJW 2011,1201,<1204>). Die Versammlungsfreiheit verschafft dagegen dem Bürger kein Zutrittsrecht zu beliebigen Orten und gewährt keinen Zutritt zu Orten, die der Öffentlichkeit nicht allgemein zugänglich sind und zu denen schon nach den äußeren Umständen nur zu begrenzten Zwecken Zugang gewährt wird (vgl. BVerfG, Urteil vom 22. Februar 2011, sub [65], a. a. O., S. 1204). An Orten, die in tatsächlicher Hinsicht ausschließlich oder ganz überwiegend nur einer bestimmten Funktion dienen, kann nach Art. 8 GG keine Durchführung einer Versammlung außerhalb privater Nutzungsrechte begehrt werden (BVerfG, Urteil vom 22. Februar 2011 [sub 70], a. a. O., S. 1205). Insoweit besteht gegen den Willen des Grundstückseigentümers bzw. -berechtigten kein Recht zur Versammlung auf fremden Grundstücken (vgl. Bundesverwaltungsgericht [BVerwG], Urteil vom 29. Oktober 1992 - 7 C 34/91 - NJW 1993, 699; Oberverwaltungsgericht Lüneburg, Beschluss vom 26. Februar 2004 - 11 LA 239/03 - NVwZ-RR 2004, 575; Schleswig- Holsteinisches Oberlandesgericht, Urteil vom 25. Febru-ar 2011 - 1 U 39/10 - NVwZ-RR 2011,523,<524>; Bayerisches Oberstes Landesgericht, Urteil vom 29. September 1993 - 4 St RR 92/94 - NJW 1995, 269,<271>; Depenheuer in: Maunz-Dürig, Grundgesetz, Kommentar, Art. 8 Rdnr. 63 <48. Lfg.> m. w. Nw.; Jarrass/Pieroth, Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland, 11. Auflage 2011, Art. 8 Rdnr. 16 m. w. Nw.). Eine Versammlung von Menschen, die gegen den Willen des Grundstückseigentümers oder -berechtigten auf einem nicht der Öffentlichkeit allgemein zugänglichen Privatgrundstück stattfindet, ist unbeschadet der Frage ihrer Rechtmäßigkeit keine Versammlung, die dem Schutzbereich des Art. 8 GG unterfällt.
Ausgehend von diesen Grundsätzen unterfiel die Baumbesetzung auf dem ehemaligen Gelände der xxx nicht dem Schutzbereich des Art. 8 GG. Dieses Gelände gehörte nicht zum öffentlichen Straßenraum. Es war auch kein Ort, an dem in ähnlicher Weise ein allgemeiner öffentlicher Verkehr eröffnet und ein Ort der allgemeinen Kommunikation geschaffen worden war. Denn das Unternehmen hatte das Gelände als Eigentümer bzw. Nutzungsberechtigter nach dem bergrechtlichen Planfeststellungsbeschluss für die Inanspruchnahme durch den Braunkohletagebau vorgesehen. Mit dieser Nutzungsabsicht hat es nicht aktiv einen allgemeinen Ort der Kommunikation geschaffen und keinen öffentlichen Verkehr eröffnet, sondern das Gelände einem bestimmten Nutzungszweck unterworfen, so dass es gerade eben nicht der Allgemeinheit zur Verfügung stehen sollte. Allein der Umstand, dass dieses Gelände nicht eingefriedet war, führt nicht dazu, dass dadurch für die Öffentlichkeit ein allgemeiner Verkehr eröffnet wird. Des Weiteren unterfiel das Energieversorgungsunternehmen als Eigentümer bzw. Nutzungsberechtigter der betreffenden Flächen nicht der Grundrechtsbindung nach Art. 1 Abs. 3 GG, weil es eine Aktiengesellschaft nach deutschem Recht ist, die – anders als etwa die Deutsche Bahn AG – nicht von der inländischen öffentlichen Hand beherrscht wird. Bereits aus diesem Grunde kann die Klägerin auch nichts zu ihren Gunsten aus dem von ihr angeführten Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Schleswig-Holstein vom 14. Februar 2006 herleiten, das die Ansicht vertritt, Blockadeaktionen von Gleisanlagen der Deutschen Bahn würden dem Schutzbereich des Art. 8 GG unterfallen (vgl. Oberverwaltungsgericht für das Land Schleswig-Holstein, Urteil vom 14. Februar 2006 – 4 LB 10/05 - NordÖR 2006,166,<167>).
Bei den Baumbesetzungen handelte es sich aber auch nicht um eine Versammlung im Sinne der §§ 1, 15 Abs. 3 VersammlG. Denn der Begriff der Versammlung im Sinne des Versammlungsgesetzes ist in Anlehnung an den verfassungsrechtlichen Versammlungsbegriff zu deuten (vgl. BVerfG, Beschluss vom 12. Juli 2001 – 1 BvQ 28/01 - NJW 2001, 2459,<2460>). Das Versammlungsgesetz sieht lediglich Beschränkungen der Versammlungsfreiheit vor (vgl. BVerfG, Beschluss vom 14. Mai 1985 - 1 BvR 233, 341/81 - BVerfGE 69,315,<351>). Die besonderen Voraussetzungen für beschränkende Maßnahmen, die im Versammlungsgesetz aufgestellt sind, sind Ausprägungen des Grundrechts der Versammlungsfreiheit (vgl. BVerfG, Beschluss vom 26. Oktober 2004, a. a. O., S. 81). Dementsprechend unterfällt eine Baumbesetzung auf einem nicht dem kommunikativen Verkehr eröffneten Privatgrundstück, die – wie hier – nicht dem Schutzbereich des Art. 8 GG unterfällt, auch nicht dem einfach-gesetzlichen Versammlungsbegriff des Versammlungsgesetzes. Dies gilt hier auch schon deshalb, weil die Baumbesetzung nicht als Versammlung angemeldet war.
Vor der Gewahrsamnahme der Klägerin bedurfte es keines gesonderten Ausspruches eines Platzverweises nach § 16 Abs. 1 BbgPolG, weil die Gewahrsamnahme hier ihre Rechtsgrundlage in § 17 Abs. 1 Nr. 2 Halbsatz 1 BbgPolG findet, zu dessen tatbestandlichen Voraussetzungen – anders bei § 17 Abs. 1 Nr. 3 BbgPolG – nicht der vorherige Ausspruch eines Platzverweises gehört. Nach dem hier einschlägigen § 17 Abs. 1 Nr. 2 Halbsatz 1 BbgPolG kann die Polizei eine Person in Gewahrsam nehmen, wenn das unerlässlich ist, um unter anderem die unmittelbar bevorstehende Begehung oder Fortsetzung einer Straftat zu verhindern. Für die Beurteilung, ob die Begehung einer Straftat unmittelbar bevorsteht oder eine solche fortgesetzt wird, kommt es nicht auf die rechtliche Würdigung des Sachverhaltes bei rückwirkender Betrachtung an, sondern allein darauf, wie sich den Polizeibeamten die Gefahrenlage bei fehlerfreier ex ante-Prognose darstellte (vgl. BVerwG, Urteil vom 01. Juli 1975 - 1 C 35.70 - BVerwGE 49,36,<42 f.>; Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg [VGHBW], Urteil vom 17. März 2011 - 1 S 2513/10 - DVBl 2011, 626). Dabei kann sich gemäß § 17 Abs. 1 Nr. 2 Halbsatz 2 Buchstabe b BbgPolG die Annahme, dass eine Person eine solche Tat begehen oder zu ihrer Begehung beitragen wird, insbesondere darauf stützen, dass bei der betreffenden Person unter anderem Werkzeuge oder sonstige Gegenstände gefunden werden, die ersichtlich zur Tatbegehung bestimmt sind oder erfahrungsgemäß bei derartigen Taten verwendet werden.
Diese Voraussetzungen für die Gewahrsamnahme der Klägerin waren hier erfüllt.
Die Polizeibediensten konnten im Zeitpunkt der Gewahrsamnahme zu Recht davon ausgehen, dass die Klägerin durch Besetzung des Baumes zumindest in der Zeit von 14:15 Uhr bis 14:58 Uhr eine nach § 240 des Strafgesetzbuches (StGB) strafbare Nötigung begangen oder jedenfalls zu den von den anderen Baumbesetzern begangenen Nötigungshandlungen Beihilfe (§ 27 Abs. 1 StGB) geleistet bzw. hierzu einen Beitrag im Sinne von § 17 Abs. 1 Nr. 2 Halbsatz 2 Alt. 2 BbgPolG geleistet hatte. Nach § 240 StGB macht sich strafbar, wer einem Menschen rechtswidrig unter anderem mit Gewalt zu einer Handlung, Duldung oder Unterlassung nötigt. Die Gewaltausübung im Sinne dieser Vorschrift erfordert eine körperliche Kraftentfaltung, die bei Blockadeaktionen beispielsweise darin erblickt werden kann, dass sich die nötigende Person an Gegenstände ankettet (vgl. BVerfG, Beschluss vom 24. Oktober 2001 – 1 BvR 1190/90, 2173/93, 433/96 - NJW 2002,1031,<1032>) und auf diese Weise auf die Handlungsfreiheit einer anderen Person einwirkt. Rechtswidrig ist die Gewaltanwendung, wenn sie zu dem angestrebten Zweck als verwerflich anzusehen ist (vgl. § 240 Abs. 2 StGB). Strafbare Beihilfe leistet nach § 27 Abs. 1 StGB, wer vorsätzlich einen anderen zu dessen vorsätzlich begangener Straftat Hilfe geleistet hat. Die Klägerin hatte sich nach den insoweit nicht unzutreffenden Feststellungen in dem anlässlich ihrer Gewahrsamnahme gefertigten Kurzbericht Nr. 103085 jedenfalls seit dem xxx September 2007 ab 00:00 Uhr auf einem Baum auf dem Gelände der xxx aufgehalten. Auch wenn der Polizeieinsatz am xxx September 2007 erst in den Morgenstunden ab 6:00 Uhr begonnen hatte, konnten die Polizeibediensteten wegen der bei der Klägerin sichergestellten Gegenstände (zwei Schlafsäcke, zwei Luftmatratzen, ein Hygienestoffbeutel und LED-Kopflampen) zu Recht davon ausgehen, dass die Klägerin zumindest die vorangegangene Nacht auf dem Baum verbracht hatte. Tatsächlich hielt die Klägerin den Baum nach eigenen Angaben schon seit mehreren Tagen besetzt. Des Weiteren verblieb die Klägerin, nachdem ausweislich der Anlage 1 zum Bericht über den Einsatzverlauf zum Einsatz am xxx September 2007 um 14:15 Uhr mit den Sägearbeiten begonnen worden war, noch 43 Minuten auf dem Baum, bis sie um 14:58 Uhr herabstieg. In Übereinstimmung mit diesem Bericht hat die Klägerin im Klageverfahren vorgetragen, sie sei vom Baum herabgestiegen, als dieser rundherum um sie abgesägt worden sei. Unzutreffend ist jedoch ihr Einwand, sie habe keine konkrete Person als Nötigungsadressat genötigt. Vielmehr hat die Klägerin durch ihren Verbleib im Baum die mit den Sägearbeiten betrauten Personen konkret bei deren Fällarbeiten behindert, weil sie den Baum nach Beginn der Sägearbeiten noch für eine Dauer von 43 Minuten besetzt hielt, so dass der Baum nicht an dessen Stamm in Bodennähe gefällt werden konnte, sondern in einer aufwändigen Art und Weise rund um sie herum abgesägt werden musste. In diesem Zusammenhang lagen hier auch ausreichende Anhaltspunkte dafür vor, dass die Klägerin nicht nur psychischen, sondern auch physischen Zwang ausüben würde, weil bei ihrer Durchsuchung ein Fahrradschloss und eine Kletterausrüstung mit Karabinerhaken gefunden wurden. Diese Gegenstände sind geeignet, eine Person an einem Baum zu befestigen, so dass deren Entfernung in lichter Höhe in einer nicht unerheblichen Weise erschwert werden kann. Ungeachtet dessen konnten die Polizeibediensteten jedenfalls davon ausgehen, dass die Klägerin Beihilfe zu Nötigungshandlungen derjenigen Umweltaktivisten geleistet hatte, die sich mit Verbundrohren an den Bäumen befestigt und somit den Straftatbestand der Nötigung nach § 240 StGB erfüllt hatten, weil sie die Besetzung nicht alleine, sondern gemeinschaftlich im Verbund mit anderen Aktivisten durchführte. Da die Klägerin ein Funkgerät bei sich führte, war die Annahme gerechtfertigt, dass sie sich während der Aktion mit den anderen Aktivisten abgesprochen, deren Aktionen gebilligt und durch ihre Teilnahme insoweit auch unterstützt hatte. Unabhängig von einem etwaigen strafbaren Verhalten der Klägerin rechtfertigten diese Umstände hier jedenfalls die Annahme, dass sie zumindest unterhalb der Schwelle einer strafbaren Beihilfe nach § 27 StGB zur Begehung von Straftaten durch andere Baumbesetzer beigetragen hatte und weiter beitragen würde und somit der Gewahrsamgrund nach § 17 Abs. 1 Nr. 2 Halbs. 2 Alt. 2 BbgPolG gegeben war. Hingegen konnten die Polizeibediensten nicht davon ausgehen, dass die Nötigungshandlungen der Aktivisten, zu denen die Klägerin zumindest beigetragen hatte, wegen des damit verbundenen Protestes gegen die Baumfällungen als nicht verwerflich und damit als nicht rechtswidrig im Sinne des § 240 Abs. 2 StGB anzusehen waren. Unbeschadet dessen, dass hier der Schutzbereich der Versammlungsfreiheit nach Art. 8 GG aus den dargelegten Gründen nicht eröffnet war, schützt dieses Grundrecht lediglich die Teilhabe an der Meinungsbildung, nicht aber die zwangsweise oder sonst wie selbsthilfeähnliche Durchsetzung von Forderungen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 24. Oktober 2001, a. a. O., S. 1032). Gleiches gilt für das Grundrecht der Meinungsfreiheit nach Art. 5 Abs. 1 GG. Denn vorliegend haben die betreffenden Baumbesetzer jedenfalls ab dem Zeitpunkt, zu dem mit den Fällarbeiten an dem Bäumen, auf denen sie sich befanden, begonnen worden war, nicht mehr nur ihre Meinung kollektiv kundgetan, sondern versucht, ihre Forderung nach Erhalt der Bäume in selbsthilfeähnlicher Weise durchzusetzen, indem sie durch ihren Verbleib in den Bäumen die Fällarbeiten aktiv behinderten. Dies trifft auch auf die Klägerin zu, die erst 43 Minuten nach Beginn der Sägearbeiten den von ihr besetzten Baum verließ. Der demnach nicht zu beanstandenden Annahme einer strafbaren Handlung oder eines Beitrages hierzu steht hier nicht die Einstellungsverfügung der Staatsanwaltschaft xxx vom 17. Januar 2008 entgegen, mit der das gegen die Klägerin unter anderem wegen des Vorwurfs der Nötigung eingeleitete Ermittlungsverfahren eingestellt wurde. Da die Staatsanwaltschaft dieses Verfahren nicht nach § 170 Abs. 2 der Strafprozessordnung (StPO) wegen fehlenden bzw. nicht erwiesenen strafbaren Verhaltens, sondern nach § 45 des Jugendgerichtsgesetzes i. V. m. § 153 Abs. 1 StPO wegen geringer Schuld eingestellt hatte, ergibt sich auch hieraus, dass der Verdacht nicht ausgeräumt war, die Klägerin habe eine strafbare Handlung begangen. Nichts anderes gilt für den Beschluss des Amtsgerichts xxx vom 30. November 2007, soweit die Sicherstellung einiger Gegenstände, die der Klägerin abgenommen worden waren, mit der Begründung abgelehnt worden war, der Ermittlungsakte ließen sich keine die Nötigung untermauernden Tatsachen entnehmen. Denn dem Amtsgericht lag bei seiner Entscheidung nicht der polizeiliche Einsatzverlaufbericht und dessen Anlage 1 vor, aus dem in Übereinstimmung mit dem Klagevorbringen hervorgeht, dass die Klägerin den Baum nach Beginn der Sägearbeiten noch besetzt gehalten hatte. Nicht entscheidungserheblich ist angesichts der vorstehenden Ausführungen das Vorbringen der Klägerin, sie habe nicht den Straftatbestand des Hausfriedensbruchs (§ 123 StGB) verwirklicht.
Des Weiteren konnten die Polizeibediensten auch zu dem Zeitpunkt, nachdem die Klägerin freiwillig vom Baum gestiegen war und nachdem ihre mitgeführten Utensilien sichergestellt worden waren, davon ausgehen, dass sie im Sinne des § 17 Abs. 1 Nr. 2 Halbs. 2 Alt. 2 BbgPolG weiterhin zur Begehung von Straftaten der übrigen Aktivisten zumindest beitragen wird. Hierfür sprach, dass die Baumbesetzungsaktion von xxx um 14:58 Uhr noch nicht beendet war und sich insbesondere in der Baumgruppe, in der sich die Klägerin zuvor aufgehalten hatte, noch fünf weitere Aktivisten befanden, von denen im weiteren Verlauf des Tages eine Aktivistin freiwillig herabstieg und vier Aktivisten bis 17:15 Uhr geborgen wurden. Die Polizisten konnten zu Recht davon ausgehen, dass die Klägerin nicht nur einen untergeordneten, eher unbedeutenden Beitrag zu der Baumbesetzung geleistet hatte, sondern zumindest zu dem engeren Kreis der Aktivisten gehörte, der gewillt war, die Baumrodungen so lange wie möglich zu behindern. Die bei der Klägerin sichergestellten Utensilien, wie das Funkgerät und die professionelle Kletterausrüstung nebst LED-Leuchten, zeigten eine enge Einbindung in die Aktivistengruppe und eine koordinierte Vorgehensweise. Für einen besonderen Durchhaltewillen der Klägerin sprach, dass sie nach dem Erkenntnisstand der Polizisten – wie bereits dargelegt – mindestens eine Nacht einen Baum besetzt gehalten hatte. Den Anschein eines besonders stark ausgeprägten Durchhaltewillens erweckte die Klägerin aber vor allem dadurch, dass sie während der Sägearbeiten noch 43 Minuten im Baum ausharrte. Ohne die ausdrückliche Kundgabe eines Aufgabewillens war daher die Annahme gerechtfertigt, dass sie ihren Protest auch nach Verlassen des Baumes auf andere Weise weiter fortsetzen würde. Einen entsprechenden Aufgabewillen hat die Klägerin nicht geäußert. Dies ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, zumal ihrem Klagevorbringen, eine Gefahr werde nicht dadurch begründet, dass ein Bürger nicht mit der Polizei sprechen wolle, entnommen werden kann, dass sie sich nicht in dieser Weise gegenüber der Polizei geäußert hat. Die Klägerin kann sich nicht mit Erfolg darauf berufen, dass sie den Baum freiwillig verlassen hatte und die Polizisten vor Ort ihre Erschöpfung hätten erkennen müssen. Denn wenn die Klägerin tatsächlich zu erschöpft war, um sich weiter an der Protestaktion auf dem Gelände zu beteiligen, hätte sie dies sofort nach Verlassen des Baumes kundtun können. Dies hat sie jedoch – wie bereits ausgeführt – nicht getan. Äußere Anhaltspunkte, an Hand derer die Polizeibediensteten einen Erschöpfungszustand der Klägerin hätten erkennen können, sind weder ersichtlich noch vorgetragen. Vielmehr verkennt die Argumentation der Klägerin, dass sie den Baum keineswegs aus Erschöpfung, sondern wegen der Sägearbeiten verlassen hat; fernliegend ist deshalb die Annahme, dass die Einsatzkräfte ihre nunmehr geltend gemachte Erschöpfung ohne einen sofortigen ausdrücklichen Hinweis der Klägerin als Gewahrsamsausschlussgrund hätten wahrnehmen und bewerten müssen (vgl. zu diesem Gesichtspunkt: Verwaltungsgericht Köln, Urteil vom 26. März 2009 - 20 K 2662/08 - zitiert nach Juris, Rdnr. 33). Allein der Umstand, dass sie den betreffenden Baum nach einer mehrstündigen Besetzung erst während der Sägearbeiten verließ, konnte allenfalls die Annahme begründen, dass sie ihre Protestaktion lediglich an diesem konkreten Baum nicht mehr weiter fortsetzen würde. Hingegen konnte allein deswegen in Ermangelung eines ausdrücklich geäußerten Aufgabewillens sowie wegen der bislang erkennbar gewordenen Indizien für einen Durchhaltewillen noch nicht die Schlussfolgerung gezogen werden, dass sie erschöpft sei und die Protestaktion auf dem weitläufigen Gelände nicht auf andere Weise fortsetzen würde, indem sie – auch ohne Kletterausrüstung – einen anderen Baum besteigt oder auf dem weitläufigen Gelände verbleibt, die Räumungsarbeiten behindert und die anderen noch auf dem Gelände verbliebenen Aktivisten verbal oder durch Weitergabe von Informationen koordinativ unterstützt.
Die Gewahrsamnahme der Klägerin war unerlässlich, um die Fortsetzung der Baumbesetzungen und ihren damit einhergehenden Beitrag zur Begehung bzw. Fortsetzung strafbarer Nötigungshandlungen zu unterbinden. Bei der Prüfung der Unerlässlichkeit ist ein strenger Maßstab anzulegen, der angesichts der Schwere des Grundrechtseingriffes eine eingehende Prüfung der Erforderlichkeit der freiheitsentziehenden Maßnahme gebietet (vgl. BVerfG, Beschluss vom 30. Oktober 1990 – 2 BvR 562/88 - NJW 1991,1283,<1284>; VGHBW, Urteil vom 17. März 2011, a. a. O., S. 626). Die Gewahrsamsvoraussetzung der „Unerlässlichkeit“ ist nicht gleichbedeutend mit dem Merkmal der Erforderlichkeit, sondern geht darüber hinaus; unerlässlich ist danach ein Gewahrsam, wenn die Gefahrenabwehr nur auf diese Weise möglich und nicht durch andere Maßnahmen ersetzbar ist (vgl. Oberlandesgericht Frankfurt a. M., Beschluss vom 23. Juli 2007 - 20 W 129/07 - zitiert nach Juris, Rdnr. 14). Vorliegend gab es keine anderen polizeilichen Maßnahmen, mit denen eine Fortsetzung der Baumbesetzungen und ein damit einhergehender Beitrag der Klägerin hätten unterbunden werden können. Nach dem insoweit unwidersprochenen Vorbringen des Beklagten, welches durch das Klagevorbringen, wonach die Tatsache, dass ein Bürger nicht mit der Polizei sprechen wolle, keine Gefahr begründe, bestätigt wird, war ein Gespräch mit der Klägerin nicht möglich, in dessen Verlauf sie darauf hätte hingewiesen werden können, dass sie das Gelände verlassen könne, wenn sie erkläre, sich nicht mehr weiter an der Baumbesetzung zu beteiligen. Auch ein Platzverweis von dem Gelände als eine an sich in Betracht zu ziehende mildere Maßnahme schied hier schon deswegen aus, weil damit eine Rückkehr der Klägerin, der aus den dargelegten Gründen eine Fortsetzung des Protestes unterstellt werden konnte, nicht wirksam hätte verhindert werden können. Denn bei dem Gelände handelte es sich nach dem Vorbringen des Beklagten sowie den anlässlich der amtsrichterlichen Augenscheinnahme vom ersten Einsatztag und den in den Einsatzberichten getroffenen Feststellungen, die insoweit unwidersprochen geblieben sind, um ein 380 Hektar großes (vgl. Seite 4 der Stellungnahme des Polizeipräsidiums Frankfurt/Oder an das Ministerium des Innern vom 25. September 2009) und damit weitläufiges und unübersichtliches urwüchsiges, zum Teil bewaldetes Gelände, das nicht umfriedet war; dies zeigen auch die in der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsakte der Klägerin (xxx) befindlichen Lichtbilder des xxxgrabens (vgl. die in Blatt 26 und 27 der Ermittlungsakte befindlichen Bilder sowie die Bilder 1, 2, 4 und 5 der Bilddokumentation vom 23. September 2007 zu Tgb.-Nr. xxx). Für die Unübersichtlichkeit des Geländes und der nicht gegebenen wirksamen Absperrungsmöglichkeit spricht ferner der Umstand, dass am zweiten Einsatztag am xxx September 2007 drei Baumbesetzer sowie acht weitere Personen auf dem Gelände festgestellt worden sind, nachdem sich nach den polizeilichen Feststellungen, die zuvor am Vorabend zum Ende des ersten Einsatztages gegen 20 Uhr getroffen worden waren, nur zwei Baumbesetzer auf dem Gelände befanden (vgl. Seite 3 der Berichterstattung des Leiters des Schutzbereiches xxx vom xxx September 2007). Anders als ein freies Gelände konnte das Waldgelände nicht ohne Weiters eingesehen und überblickt werden. Angesichts all dieser Umstände konnte das Gelände nicht effektiv und in der Weise hermetisch abgeriegelt und bewacht werden, dass ein unbefugtes Eindringen nicht oder nur unter Schwierigkeiten möglich war. Soweit die Prozessbevollmächtigte der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vortrug, das Gelände sei an dem besagten Tage abgesperrt gewesen, ergibt sich hieraus aus den bereits dargelegten Gründen nicht, dass mit dieser Absperrung ein unbefugtes Betreten des Geländes wirksam verhindert werden konnte. Dies gilt auch für die klägerseitig angeführten Straßensperren, weil damit allein die Zufahrt bzw. der Zugang über die auf das Gelände führenden Zuwegungen und Straßen unterbunden werden konnte, nicht jedoch der Zugang jenseits dieser durchs Gehölz. Ein unbefugter Zutritt zu dem Gelände konnte angesichts der Unübersichtlichkeit des Geländes auch nicht durch eine Bewachung unterbunden werden. Wegen der Vielzahl der Bäume auf dem Gelände war es entgegen der Annahme der Klägerin auch nicht möglich, jeden einzelnen Baum zu sichern.
Lag nach alledem ein Gewahrsamsgrund nach § 17 Abs. 1 Nr. 2 BbgPolG vor, so bestand dieser auch weiterhin fort bis zu der zwischen 21:16 Uhr und 21:30 Uhr erklärten Rücknahme des Antrages des Beklagten auf dessen Bestätigung und Fortdauer sowie bis zur Entlassung der Klägerin um 23:45 Uhr. Gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 1 BbgPolG ist die festgehaltene Person zu entlassen, sobald der Grund für die Maßnahme der Polizei weggefallen ist. Vorliegend war dieser Grund jedoch bis zu den vorstehend genannten Zeitpunkten nicht entfallen. Die Baumbesetzungen auf dem xxxgelände dauerten über den Entlassungszeitpunkt der Klägerin am xxx September 2007 um 23:45 Uhr hinausgehend noch bis zum Folgetag am xxx September 2007 fort. Der Energiereferent von xxx hat anlässlich des Telefonates mit dem Amtsgerichtsdirektor, das zwischen 18 Uhr und 20 Uhr geführt wurde, zunächst mitgeteilt, dass die Aktivisten vor Ort selbständig über den Fortgang oder Abbruch der Baumbesetzungen entscheiden würden. Erst um 20:38 Uhr hat xxx dem Amtsgerichtsdirektor über die Unterverfahrensbevollmächtigte der Klägerin mitteilen lassen, dass für xxx die Protestaktion beendet sei. Die Klägerin hat während der Dauer ihres Gewahrsams zu keinem Zeitpunkt kundgetan, dass sie sich nicht mehr an der Baumbesetzung beteiligen werde. Die Fortdauer des Gewahrsams war aber auch noch gerechtfertigt, nachdem ihre Unterverfahrensbevollmächtigte dem Amtsrichter um 20:38 Uhr telefonisch mitgeteilt hatte, für xxx sei die Aktion beendet. Denn zu diesem Zeitpunkt war der Amtsrichter angesichts der telefonischen Mitteilung des Energiereferenten von xxx, jeder Aktivist handele eigenständig, berechtigt, sich im Anschluss an das Telefonat mit der Unterverfahrensbevollmächtigten durch eine Befragung der festgehaltenen Personen zu vergewissern, ob diese die Protestaktion aufgeben oder fortsetzen wollen. Obwohl die Inhaftierten nicht bereit waren, eine Erklärung abzugeben, führt der Umstand, dass der Amtsrichter trotz alledem zwischen 21:16 Uhr und 21:30 Uhr beim Beklagten auf eine Rücknahme der Anträge auf Bestätigung und Fortdauer des Gewahrsams hinwirkte, nicht zur Rechtswidrigkeit des Gewahrsams, weil dieses Hinwirken nicht zu einer Verlängerung, sondern zur Beendigung des Gewahrsams führte. Anhaltspunkte dafür, dass die darauf hin eingeleiteten Entlassungen der Ingewahrsamgenommenen und die Entlassung der Klägerin zögerlich umgesetzt wurden, sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.
Keine Bedenken gegen die Begründung und Fortdauer des Gewahrsams bestehen in verfahrensrechtlicher Hinsicht.
Eine Freiheitsentziehung erfordert nach Artikel 104 Abs. 2 Satz 1 GG grundsätzlich eine vorherige richterliche Anordnung; eine nachträgliche richterliche Entscheidung genügt nur, wenn der mit der Freiheitsentziehung verfolgte verfassungsrechtlich zulässige Zweck nicht erreichbar wäre, sofern der Festnahme die richterliche Entscheidung vorausgehen müsste (vgl. BVerfG, Beschluss vom 13. Dezember 2005 – 2 BvR 447/05 -, NVwZ 2006, 579,<580> m. w. Nw.). Im vorliegenden Fall war die Einholung einer richterlichen Entscheidung über die Zulässigkeit des Gewahrsams schon vor der Ingewahrsamnahme der Klägerin nicht geboten. Denn die zügige Unterbindung der Baumbesetzungen und der damit einhergehenden Beiträge hierzu wäre nicht möglich gewesen, wenn die Gewahrsamnahme erst nach Vorliegen einer richterlichen Anordnung vorgenommen worden wären. Zudem war zu Beginn des Einsatzes nicht ohne Weiteres erkennbar, dass es zu länger dauernden Gewahrsamnahmen kommen würde. Entgegen der Ansicht der Klägerin konnten die Polizeibediensteten bei der Gewahrsamnahme der ersten Person um 07:30 Uhr zunächst annehmen, dass es jedenfalls für die übrigen Baumbesetzer und damit auch für die Klägerin keiner vorhergehenden richterlichen Entscheidung über die Anordnung eines Gewahrsams bedurfte, weil sie zu diesem Zeitpunkt zu Recht davon ausgehen konnten, dass eine richterliche Entscheidung erst nach Wegfall des Grundes der polizeilichen Maßnahme ergehen würde. Denn ursprünglich hatten sie angenommen, die Räumung des Geländes werde am Nachmittag des xxx September 2007 abgeschlossen sein. Zu Beginn des Einsatzes war jedoch noch nicht erkennbar, dass sich einige der Baumbesetzer an bzw. in den besetzten Bäumen befestigen würden. Erst im Verlauf des Einsatzes war die Polizei in der Lage zu erkennen, dass sich die Räumungs- und Fällarbeiten erheblich verzögern würden und die Baumbesetzer nicht ohne größeren Aufwand aus den besetzten Bäumen zu bergen waren. Denn sie stellten erstmals um 10:51 Uhr fest, dass sich eine Aktivistin mit Rohrverschraubungen oder ähnlichen Hilfsvorrichtungen in einem besetzten Baum befestigt hatte, als sich die Einsatzkräfte ihr mit einer Hebebühne näherten. Infolgedessen war eine schlichte Bergung nicht mehr möglich, sondern es bedurfte sehr aufwändiger Bergungsarbeiten, indem das Geäst über der angeketteten Person Stück für Stück entfernt wurde. Allein die Bergung dieser Person, die um 11:00 Uhr begann und um 12:24 Uhr endete, dauerte eine Stunde und 24 Minuten. Es war auch nicht von vornherein erkennbar, wie viele Aktivisten auf diese Weise geborgen werden mussten. Denn erst nach und nach konnten die Einssatzkräfte feststellen, dass noch in einigen weiteren Fällen aufwändige Bergungsarbeiten mittels Absägen einzelner Baumstücke notwendig werden würden, weil sich einige der Baumbesetzer erst bei Herannahen der Hebebühne an dem jeweils besetzten Baum befestigten und dies jeweils um 11:10 Uhr, 12:59 Uhr und 13:23 Uhr sowie zu späteren Zeitpunkten festgestellt wurde. Im Fall der Klägerin war die Einholung einer auf sie bezogenen richterlichen Entscheidung aber auch deshalb nicht möglich, weil ihre Identität erst bekannt geworden war, nachdem sie den Baum verlassen und ihre Personalien festgestellt worden waren. Aus den dargelegten Gründen war schließlich eine Vorabinformation des Gerichtes zu Beginn des Einsatzes mit dem Ziel, dass vom Gericht in organisatorischer Hinsicht Vorkehrungen getroffen werden für eine Bereitstellung entsprechender Kapazitäten zur zügigen Bearbeitung etwaiger Massengewahrsamnahmen (vgl. hierzu: BVerfG, Beschluss vom 13. Dezember 2005, a. a. O., S. 581), nicht möglich.
Es liegt kein Verstoß gegen Art. 104 Abs. 2 Satz 2 GG und § 18 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 BbgPolG vor. Nach diesen Vorschriften ist bei jeder Freiheitsentziehung, die – wie hier die Gewahrsamnahme nach § 17 BbgPolG – nicht auf einer vorhergehenden richterlichen Anordnung beruht, unverzüglich eine nachträgliche richterliche Entscheidung über die Zulässigkeit und Fortdauer der Freiheitsentziehung herbeizuführen. Dieses Gebot gilt nicht nur für die betreffende Polizeidienststelle, sondern auch für den Richter, der über Zulässigkeit und Fortdauer der Freiheitsentziehung eine Entscheidung zu treffen hat. Unverzüglich im Sinne der vorgenannten Vorschriften bedeutet, dass die richterliche Entscheidung über die Zulässigkeit und die Fortdauer der Freiheitsentziehung ohne jede Verzögerung, die sich nicht aus sachlichen Gründen rechtfertigen lässt, nachgeholt werden muss (vgl. hierzu: BVerfG, Beschluss vom 13. Dezember 2005, a. a. O., S. 580 m. w. Nw.).
Hier hat der Beklagte nach der Gewahrsamnahme der Klägerin unverzüglich auf eine Herbeiführung der richterlichen Entscheidung hingewirkt, indem der Leiter der Gefangenensammelstelle beim Direktor des Amtsgerichts xxx als dem nach § 18 Abs. 2 Satz 1 BbgPolG zuständigen Richter telefonisch um eine richterliche Bestätigung nachgesucht hat, nachdem der Gewahrsam der Klägerin um 14:58 Uhr begründet und sie um 15:45 Uhr in die Gefangenensammelstelle verbracht worden war. Einer schriftlichen Antragstellung bedurfte es hier nicht (vgl. hierzu: BVerfG, Beschluss vom 13. Dezember 2005, a. a. O., S. 580; VGHBW, Urteil vom 27. September 2004 - 1 S 2206/03 - NVwZ-RR 2005,540,<542>), weil die im Polizeibericht vom 14. März 2008 und in der amtsrichterlichen Stellungnahme vom 08. April 2008 dokumentierte telefonische Antragstellung gegen 14:30 Uhr und 15:45 Uhr angesichts dessen, dass auch die Prozessbevollmächtigte der Klägerin insoweit Entsprechendes vorgetragen hat, in noch ausreichender Weise den Dokumentationspflichten genügt hat, zumal in diesem Punkt wegen des insoweit übereinstimmenden Vortrages keine Zweifel an der inhaltlichen Richtigkeit des Berichtes und der Stellungnahme bestehen. Angesichts dessen bestehen auch keine Zweifel, dass sich das polizeiliche Ersuchen um eine richterliche Entscheidung über die Bestätigung und Fortdauer des Gewahrsams in einer hinreichend bestimmten Weise auch auf die Klägerin bezog, zumal die Prozessbevollmächtigte der Klägerin sich während des um 16:15 Uhr mit dem Amtsrichter geführten Telefonates und mit dem beim Amtsgericht um 16:43 Uhr eingegangen Telefax ausdrücklich gegen die Gewahrsamnahme der Klägerin gewandt hatte. Für die polizeiliche Antragstellung bestehen auch keine rechtsverbindlichen weitergehenden Anforderungen, und zwar insbesondere nicht im Hinblick auf eine substantiierte Darlegung des Gewahrsamsgrundes und der Beibringung von Beweismitteln (a.A.: Donat, Polizeiliche Freiheitsentziehungen, S. 57), weil es dem Gericht obliegt, von Amts wegen die für seine Entscheidung erheblichen Tatsachen zu ermitteln (vgl. BVerfG, Beschluss vom 13. Dezember 2005, a. a. O., S. 580; VGHBW, Urteil vom 27. September 2004, a. a. O., S. 542).
Die weitere Sachbehandlung der Freiheitsentziehungssache durch das Amtsgericht verstieß ebenfalls nicht gegen das nach Art. 104 Abs. 2 Satz 2 GG und § 18 Abs. 1 Satz 1 BbgPolG bestehende Gebot, unverzüglich eine richterliche Anhörung und Entscheidung herbeizuführen. Vor der Entlassung der Klägerin um 23:45 Uhr wurde eine solche Entscheidung nicht mehr getroffen, weil der Beklagte seinen Antrag ausweislich der Erklärungen des Amtsrichters und der Unterverfahrensbevollmächtigten der Klägerin vom 02. April 2008 und 21. Januar 2009 zwischen 21:16 Uhr und 21:30 Uhr zurück genommen hatte. Bis zum Rücknahmezeitpunkt lagen indessen sachliche Gründe dafür vor, dass bis dahin noch keine richterliche Entscheidung getroffen worden war.
Gemäß § 18 Abs. 2 Satz 2 BbgPolG i. V. m. § 3 Satz 2 des Gesetzes über das gerichtliche Verfahren bei Freiheitsentziehungen in der Fassung vom 19. August 2007 (BGBl. I. S. 1970) – FrhEntzG – i. V. m. § 12 des Gesetzes über die Freiwillige Gerichtsbarkeit vom 20. Mai 1898 (RGBl. I S. 771) in der am xxx September 2007 geltenden Fassung – FGG – hat der Richter den Sachverhalt von Amts wegen zu ermitteln. Der Richter muss selbst die Tatsachen feststellen, die eine Freiheitsentziehung rechtfertigen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 30. Oktober 1990, a. a. O., S. 1284). Insoweit muss die richterliche Entscheidung über die Zulässigkeit und Fortdauer einer Freiheitsentziehung auf einer zureichenden Sachaufklärung beruhen und eine in tatsächlicher Hinsicht genügende Grundlage haben, weil ausschließlich der Richter eine originäre und konstitutive Entscheidung über die Zulässigkeit und Fortdauer des Gewahrsams trifft, die unabhängig ist von der Vorentscheidung der Polizeibehörde (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 30. Oktober 1990, a. a. O., S. 1284/1285 und vom 13. Dezember 2005, a. a. O., S. 580 und vom 08. März 2011 - 1 BvR 47/05 - NVwZ 2011,743,<746>). Den Ermittlungspflichten wird nicht genügt, wenn sich der Richter in Anwendung des § 12 FGG bei seiner Ermittlungstätigkeit lediglich auf die Prüfung beschränkt, ob die von der Polizei vorgetragenen Gründe für eine Freiheitsentziehung plausibel erscheinen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 30. Oktober 1990, a. a. O., S. 1284). Da eine vollumfängliche richterliche Aufklärungspflicht besteht, wird deren Umfang nicht dadurch begrenzt, dass die Polizei den Antrag nicht oder nur unzureichend begründet hat (a. A.: Donat, a. a. O., S. 54, 57). In inhaltlicher Hinsicht wird das richterliche Prüf- und Entscheidungsprogramm durch § 18 Abs. 1 Satz 1 BbgPolG definiert. Zum einen ist nach § 18 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2, Unteralternative 1 BbgPolG zu prüfen, ob der Gewahrsam in zulässiger Weise begründet wurde. Hierzu gehört die Prüfung, ob bei der Gewahrsamnahme ein Gewahrsamsgrund nach § 17 Abs. 1 BbgPolG vorlag. Diese Prüfung umfasst bei einer Gewahrsamnahme nach § 17 Abs. 1 Nr. 2 BbgPolG wegen der Unterbindung einer bevorstehenden oder fortgesetzten Begehung einer Straftat nach § 240 StGB neben der eingehenden Prüfung der Unerlässlichkeit des Gewahrsams auch die Klärung der Frage, ob die betreffende Person physische Gewalt im Rahmen einer Nötigung angewendet hat. Zum anderen hat der Richter nach § 18 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 Unteralternative 2 BbgPolG zu prüfen, ob die Voraussetzungen für die Fortdauer des Gewahrsams vorliegen und insbesondere ein Grund nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 BbgPolG für die Entlassung der in Gewahrsam befindlichen Person wegen des zwischenzeitlichen Wegfalls des Gewahrsamsgrundes vorliegt. Schließlich hat der Richter die festgehaltene Person unverzüglich anzuhören (vgl. § 18 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BbgPolG). Die gesetzlichen Vorschriften geben dem Richter keine konkrete Prüfungsreihenfolge vor, welche Punkte, die bei der Entscheidung nach § 18 Abs. 1 Satz 1 BbgPolG zu berücksichtigen sind, zuerst geprüft werden müssen. Insbesondere ergibt sich aus der Pflicht des § 18 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BbgPolG zur unverzüglichen Anhörung kein zwingendes Gebot, dass die Anhörung in jedem Falle sämtlichen anderen richterlichen Amtshandlung voranzugehen hat. Wenn sachliche Gründe dafür vorliegen, dass vor der Anhörung andere richterliche Amtshandlungen vorgenommen werden, liegt kein Verstoß gegen das Gebot zur unverzüglichen Durchführung einer Anhörung vor, weil sich die Verzögerung einer Anhörung aus sachlichen Gründen rechtfertigen lässt. Denn insoweit definiert sich das Tatbestandsmerkmal der Unverzüglichkeit im Zusammenhang mit der Anhörungspflicht in der gleichen Weise wie der Begriff der Unverzüglichkeit im Zusammenhang mit der Pflicht zur Herbeiführung einer richterlichen Entscheidung. Die nach § 18 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BbgPolG bestehende einfach-gesetzliche Unverzüglichkeitspflicht konkretisiert den verfassungsrechtlichen Anspruch aus Art.103 Abs. 1 GG auf rechtliches Gehör vor dem Gericht um eine zeitliche Komponente in der Weise, dass der Betroffene ohne eine sachlich begründete Verzögerung anzuhören ist. Diese zeitliche Komponente der Anhörungspflicht besitzt ihrerseits jedoch keinen Verfassungsrang, weil sie nicht ausdrücklich in Art. 104 Abs. 2 GG angeführt ist, der ohne ausdrückliche Nennung der Anhörung allein die Pflicht zu einer unverzüglichen Herbeiführung einer richterlichen Entscheidung aufstellt. Stattdessen ist das einfach-gesetzliche Gebot der Unverzüglichkeit der Anhörung im Lichte des verfassungsrechtlichen Gebotes des Art. 104 Abs. 2 Satz 2 GG auszulegen, unverzüglich eine richterliche Entscheidung über die Zulässigkeit und Fortdauer der Freiheitsentziehung herbeizuführen. Letzteres Gebot hat eine doppelte Funktion: Zum einen soll für den Fall, dass die Freiheitsentziehung angeordnet wird, möglichst schnell eine richterliche Entscheidung getroffen werden. Zum anderen konkretisiert Art. 104 Abs. 2 Satz 2 GG die sich aus dem Grundrecht der Freiheit der Person der Artikel 2 Abs. 2 Satz 2 und 104 Abs. 1 GG i. V. m. dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ergebende Pflicht der Staatsorgane, die Dauer einer Freiheitsentziehung auf das erforderliche Mindestmaß zu beschränken. Daher sind im Rahmen des gerichtlichen Freiheitsentziehungsverfahrens Verfahrensschritte nicht erforderlich und damit unzulässig, die für die richterliche Entscheidungsfindung über die Fortdauer einer Freiheitsentziehung nicht notwendig sind und insbesondere zu einer unnötigen Verlängerung der Freiheitsentziehung führen würden. Wenn demnach ein richterliches Freiheitsentziehungsverfahren über die Fortdauer eines Gewahrsams etwa aus den Gründen entscheidungsreif ist, weil zwischenzeitlich die Voraussetzungen nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 BbgPolG für die Entlassung wegen des Wegfalls des Gewahrsamsgrundes vorliegen oder weil die übrigen Gewahrsamsvoraussetzungen offensichtlich nicht vorliegen, so ist eine gleichwohl durchgeführte Anhörung der festgehaltenen Person nicht mehr erforderlich und deshalb vor deren Entlassung nicht mehr zulässig, weil sie zu einer unnötigen Verlängerung des Freiheitsentziehungsverfahrens und damit auch der Dauer der Freiheitsentziehung führen würde. Vielmehr ist in solchen Fällen ohne Anhörung des Betroffenen die sofortige Entlassung anzuordnen. Allein die während der Dauer der Freiheitsentziehung unterbliebene Anhörung führt in einem solchen Falle nicht zur Rechtswidrigkeit der Freiheitsentziehung; gegebenenfalls ist die Anhörung nach der Freilassung des Betroffenen nachzuholen, wenn dies verlangt wird. Das Vorliegen von Entlassungsgründen oder das offensichtliche Nichtvorliegen der Gewahrsamsvoraussetzungen ist daher ein sachlicher Grund, von einer nach § 18 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BbgPolG unverzüglichen Durchführung einer Anhörung abzusehen. Nicht sachwidrig sind des Weiteren richterliche Amtshandlungen, welche der Vorbereitung einer Anhörung dienen und geeignet sind, eine umfassende Anhörung der betroffenen Person zu ermöglichen. Aber auch andere Verfahrens- und Ermittlungsschritte können der Anhörung vorangehen, wenn hierfür ein sachlicher Grund besteht. Insoweit kann die sich aus dem Unverzüglichkeitsgebot nach Art. 104 Abs. 2 Satz 2 GG ergebende Eilbedürftigkeit der richterlichen Entscheidung eine Vereinfachung und Verkürzung sowie Flexibilität des Verfahrens rechtfertigen, die auf den Gesichtspunkt der Effektivität des Grundrechtsschutzes ausgerichtet ist (vgl. BVerfG, Beschluss vom 13. Dezember 2005, a. a. O., S. 580 m. w. Nw.). Dementsprechend ist es nicht sachwidrig, wenn sich die richterlichen Verfahrens- und Ermittlungsschritte im Rahmen des umfänglichen richterlichen Prüf- und Entscheidungsprogrammes zunächst auf diejenigen Punkte konzentrieren, die voraussichtlich eine schnelle Entscheidung und vor allem eine zügige Freilassung der Festgehaltenen ermöglichen. Nicht schon sachwidrig ist es daher, wenn nach Lage des Falles zunächst geprüft wird, ob der ursprüngliche Gewahrsamgrund auch gegenwärtig oder in der Zukunft noch vorliegt oder die festgehaltene Person wegen des zwischenzeitlich weggefallenen Gewahrsamsgrunde nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 BbgPolG zu entlassen ist. Bei Fallkonstellationen, in denen eine Gewahrsamnahme anlässlich einer Veranstaltung erfolgt war, können richterliche Ermittlungen, die nach Lage des Falles in die Richtung gehen, ob die Veranstaltung noch andauert, nicht von vorn herein sachwidrig sein, wenn eine zügige Klärung zu erwarten ist. Stellt der Richter fest, dass die Veranstaltung, in deren Verlauf Gewahrsamnahmen vorgenommen wurden, nicht mehr fortdauert, so ist ohne eine weitere Prüfung sofort eine Entscheidung zu treffen, dass die festgehaltene Person nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 BbgPolG zu entlassen ist. Ferner kann sich die Sachverhaltsaufklärung bei mehreren gleichzeitig anhängigen Freiheitsentziehungssachen in den Fällen, die dem ersten Anschein nach in grundlegenden Punkten gleich oder ähnlich gelagert sind, zunächst auf diejenigen Gesichtspunkte konzentrieren, die voraussichtlich bei allen oder den meisten festgehaltenen Personen zu berücksichtigen sein werden. Bei der Prüfung der Zulässigkeit und Fortdauer eines Unterbindungsgewahrsams nach § 17 Abs. 1 Nr. 2 BbgPolG können dementsprechend Ermittlungen zur Beschaffenheit des Veranstaltungsortes, wo der Gewahrsam begründet wurde, nicht sachwidrig sein, soweit im Hinblick auf die zu prüfende Gewahrsamvoraussetzung der Unerlässlichkeit geprüft wird, ob wegen der Möglichkeit, den Veranstaltungsort wirksam abzusperren, nicht als milderes Mittel ein Platzverweis nach § 16 Abs. 1 BbgPolG zur Gefahrenabwehr in Betracht gekommen wäre. Durch eine diesbezügliche Aufklärung der Beschaffenheit des Veranstaltungsortes kann eine Beschleunigung des Verfahrens erreicht werden, wenn mehrere Personen am gleichen Veranstaltungsort in Gewahrsam genommen worden sind. Gleiches gilt für Ermittlungen, die der Aufklärung dienen, ob das Tatbestandsmerkmal der Gewaltanwendung im Sinne von § 240 StGB erfüllt oder der Veranstaltungsort ein im Sinne des § 123 Abs. 1 StGB befriedetes Besitztum ist. Insoweit ermöglicht § 18 Abs. 2 Satz 2 BbgPolG i. V. m. § 3 Satz 2 FrhEntzG i. V. m. § 15 Abs. 1 Satz 1 FGG i. V. m. § 371 der Zivilprozessordnung (ZPO) auch eine Augenscheinnahme vor Ort, die jedenfalls dann nicht sachwidrig ist, wenn durch eine Klärung der örtlichen Gegebenheiten im Wege einer gleichsam „vor die Klammer gezogenen“ Sachverhaltsermittlung voraussichtlich eine Beschleunigung der anhängigen Freiheitsentziehungsverfahren erreicht wird und wegen der geringen Entfernung zwischen Veranstaltungsort und Gerichtssitz oder Aufenthaltsort des Richters keine Verzögerungen der Freiheitsentziehungsverfahren zu erwarten sind. Auch im Schrifttum wird die richterliche Besichtigung von Arrestzellen und Bearbeitungsräumen der Polizei für zulässig erachtet (vgl. Donat, a. a. O., S. 57); nichts anderes kann aber aus den dargelegten Gründen für eine Besichtigung des Veranstaltungsortes gelten, an dem eine Person in Gewahrsam genommen wurde. Da der Richter aus den dargelegten Gründen zur Beschleunigung der Freiheitsentziehungsverfahren schon vor der Anhörung einer festgehaltenen Person in gleich- oder ähnlich gelagerten Fällen Ermittlungen zusammenfassen kann, die voraussichtlich bei der überwiegenden Zahl der anhängigen Freiheitsentziehungssachen zu berücksichtigen sein werden, sind auch so genannte „Gruppenanhörungen“ der festgehaltenen Personen nicht von vornherein sachwidrig. Zwar ersetzt eine „Gruppenanhörung“ nicht die nach § 18 Abs. 1 Satz 1 BbgPolG vorgeschriebene Einzelanhörung einer festgehaltenen Person; des Weiteren ist eine „Gruppenanhörung“ nicht ausdrücklich im Gesetz erwähnt. Ihre Rechtsgrundlage findet sie jedoch als eine Maßnahme der Amtsermittlung in § 12 FGG i.V.m. § 3 Satz 2 FrhEntzG i. V. m. § 18 Abs. 2 Satz 2 BbgPolG. Zur Beschleunigung des Freiheitsentziehungsverfahrens kann eine solche Gruppenanhörung sachdienlich sein, wenn der Gruppe der festgehaltenen Personen richterliche Hinweise zur Sach- und Rechtslage erteilt werden. Eine Beschleunigung des Freiheitsentziehungsverfahrens kann in der Aussicht begründet sein, dass derartige an die Gruppe gerichtete Hinweise nicht bei jeder nachfolgenden Einzelanhörung jeweils einzeln erteilt werden müssen. Als Maßnahme der Amtsermittlung sind im Rahmen von Gruppenanhörungen zur Beschleunigung der Freiheitsentziehungsverfahren und im Vorgriff auf die jeweilige Einzelanhörung im Sinne § 18 Abs. 1 Satz 1 BbgPolG auch einfache Fragen an eine Gruppe festgehaltener Personen zulässig, die ohne Weites mit Ja oder Nein beantwortet werden können. Insbesondere ist mit Blick auf den Entlassungsgrund nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 BbgPolG, wonach eine festgehaltene Person zu entlassen ist, sobald der Grund für die Maßnahme der Polizei entfallen ist, auch die ohne Weiters mit ja oder nein zu beantwortende Frage an Gruppenmitglieder zulässig, ob sie ihre Beteiligung an der Veranstaltung, deretwegen sie in Gewahrsam genommen wurden, fortsetzen wollen oder nicht. Denn das Freiheitsentziehungsverfahren wird zu einem beschleunigten Abschluss geführt, wenn die jeweils Befragten die Frage nach der Fortsetzung der Teilnahme in glaubhafter Weise verneinen, weil sie in diesem Falle aus den dargelegten Gründen nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 BbgPolG sofort zu entlassen sind.
Gemessen an diesen Vorgaben war die amtsrichterliche Behandlung der Sache nicht sachwidrig und verstieß nicht gegen das Unverzüglichkeitsgebot nach § 18 Abs. 1 Satz 1 BbgPolG. Denn die Verfahrenshandlungen des Amtsrichters haben nicht ohne sachlichen Grund zu einer Verzögerung geführt und es ist jedenfalls nicht offenkundig, dass durch eine sofortige Anhörung der Klägerin eine zügigere Freilassung bzw. eine richterliche Entscheidung nach § 18 Abs. 1 Satz 1 BbgPolG herbeigeführt worden wäre. Nachdem der Amtsrichter nach Absprache mit der Prozessbevollmächtigten der Klägerin um 16:43 Uhr deren Telefax erhalten hatte, suchte er schon kurze Zeit danach, und zwar zwischen 17 Uhr und 18 Uhr, sechs inhaftierte Personen in der Polizeiwache auf, deren erkennungsdienstliche Erfassungsvorgänge abgeschlossen waren. Nicht sachwidrig war sein Hinweis an diese Gruppe, dass er sich zunächst ein Bild von der Gesamtsituation vor Ort machen und klären wolle, ob die verbliebenen Aktivisten die Baumbesetzungen fortsetzen oder abbrechen würden. Hierbei handelte es sich nicht um eine Anhörung, sondern um einen zulässigen Sammelhinweis, der geeignet war, die betreffenden Freiheitsentziehungsverfahren zu beschleunigen. Ferner war es nicht sachwidrig, dass auf dem xxxgelände eine Augenscheinnahme durchgeführt wurde und dies vor der Durchführung etwaiger Einzelanhörungen geschah. Die Hin- und Rückfahrt zwischen Gerichtssitz und dem am Stadtrand des Gerichtssitzes befindlichen Gelände führte wegen der geringen Entfernung nicht zu einer sachwidrigen Verzögerung der Entscheidung. Die Dauer der zwischen 18 Uhr und 20:38 Uhr durchgeführten Augenscheinnahme führte zu keiner sachwidrigen Verzögerung der Sache, weil die währenddessen vorgenommenen richterlichen Amtshandlungen nicht sachwidrig waren. Denn ausweislich der amtsrichterlichen Stellungnahme vom 02. April 2008 sollte mit der Augenscheinnahme vor Ort zum einen geklärt werden, ob das Gelände unter anderem umfriedet ist und Umfriedungsmöglichkeiten bestehen. Mit dieser Zielrichtung bezog sich die Augenscheinnahme auf die nach § 17 Abs. 1 Nr. 2 BbgPolG unter anderem erforderlichen Feststellungen, ob die den festgehaltenen Personen unter anderem vorgeworfene Begehung eines Hausfriedensbruches, der nach § 123 Abs. 1 StGB den Aufenthalt auf einem befriedeten Besitztum voraussetzt, zutreffend war und ob die Gewahrsamnahmen angesichts etwaiger Umfriedungsmöglichkeiten für das Gelände unerlässlich waren. Da alle am xxx September 2007 festgehaltenen Baumbesetzer und Aktivisten auf dem xxxgelände in Gewahrsam genommen worden waren und somit zumindest in diesem Punkt vergleichbare Fälle vorlagen, waren diese Ermittlungen geeignet, sämtliche anhängige Freiheitsentziehungssachen entscheidungsreif zu machen, wenn sich herausgestellt hätte, dass das Gelände abzusichern gewesen wäre und damit sämtliche Gewahrsamnahmen nicht im Sinne von § 17 Abs. 1 BbgPolG unerlässlich und damit unzulässig gewesen wären. Beim Ortstermin hat der Amtsrichter festgestellt, dass es sich bei dem Gelände um ein weitläufiges Waldgebiet handelt (vgl. Stellungnahme vom 02. April 2008). Zum anderen diente der Ortstermin der Feststellung, ob die Baumbesetzungen abgebrochen oder fortgesetzt werden würden. Auch im Hinblick darauf war die Maßnahme geeignet, für sämtliche anhängigen Freiheitsentziehungssachen die Entscheidungsreife zügig herbeizuführen, weil bei einem Abbruch der Baumbesetzungen sämtliche festgehaltenen Personen nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 BbgPolG sofort zu entlassen gewesen wären. Aus diesem Grunde war es auch nicht sachwidrig, dass der Amtsrichter während des Ortstermins die in den Bäumen verbliebenen Besetzer fragte, ob sie die Baumbesetzungen abbrechen würden, und dass er darauf hinwies, dass sie bei einem Abbruch der Besetzung nach Feststellung der Personalien vor Ort das Gelände verlassen könnten. Ebenfalls nicht sachwidrig war aus den dargelegten Gründen, dass der Amtsrichter auf dem xxxgelände mit dem Energiereferenten von xxx ein Telefongespräch führte, in dessen Verlauf letzterer nach den insoweit übereinstimmenden Stellungnahmen des Amtsrichters vom 02. April 2008 und des Energiereferenten vom 08. November 2007 mitteilte, die auf den Bäumen befindlichen Personen würden eigenverantwortlich handeln und unabhängig von xxx selbst eine Entscheidung über die Fortsetzung der Baumbesetzungen treffen. Auch dieses Telefonat diente der Feststellung, ob ein Gewahrsamsbeendigungsgrund nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 BbgPolG vorliegt. Angesichts der Aussage des Energiereferenten sowie des dem Amtsrichter bekannten Umstandes, dass nach dem damaligen Erkenntnisstand um 19:55 Uhr noch zwei Besetzer auf den Bäumen verblieben waren, war nach Beendigung des Ortstermins auch eine nachfolgende Gruppenanhörung nicht sachwidrig, in deren Verlauf den festgehaltenen Personen nach dem Hinweis auf die fortdauernden Baumbesetzungen ausweislich des insoweit übereinstimmenden Vorbringens des Amtsrichters und der Prozessbevollmächtigten der Klägerin (vgl. Erklärung vom 02. April 2008 und das um 21:36 Uhr gesendete Telefax vom xxx September 2007) die Möglichkeit zur Abgabe einer Erklärung eröffnet wurde, dass die Aktion beendet sei und sie nicht mehr zu dem Gelände zurückkehren würden. Denn auch dieser Verfahrensschritt diente der Klärung, unter dem Gesichtspunkt des § 20 Abs. 1 Nr. 1 BbgPolG eine zügige Entlassung wegen des Wegfalls des ursprünglichen Gewahrsamsgrundes herbeizuführen. Mit dieser Gruppenanhörung sollten Einzelanhörungen nicht ersetzt werden, weil der Amtsrichter in seiner Stellungnahme vom 02. April 2008 ausgeführt hat, er habe die Inhaftierten darauf hingewiesen, dass nunmehr mit den Einzelvernehmungen begonnen werde; dass solche Einzelvernehmungen tatsächlich beabsichtigt waren, ergibt sich aus der eidesstattlichen Versicherung der Unterverfahrensbevollmächtigten der Klägerin vom 21. Januar 2009, die versichert hat, dass sie um 21:16 Uhr dem Amtsrichter angekündigt habe, nach xxx zu kommen und gegen 0:00 Uhr mit den Anhörungen zu beginnen. Ausgehend von diesem Verfahrensablauf lag bis zur Antragsrücknahme zwischen 21:16 Uhr und 21:30 Uhr keine unsachgemäße Verzögerung vor, zumal nicht offenkundig ist, dass der Gewahrsam der Klägerin im Falle ihrer sofortigen Einzelanhörung früher beendet worden wäre oder zu einem früheren Zeitpunkt eine richterliche Entscheidung herbeigeführt worden wäre. Hingegen berührt der Umstand, dass der Amtsrichter nach der Freilassung der Klägerin zunächst keinen Grund mehr für eine richterliche Entscheidung gesehen hat und deshalb dem Ablehnungsgesuch der Klägerin stattgegeben wurde, nicht die Rechtmäßigkeit der Freiheitsentziehung, weil dieses nach der Entlassung der Klägerin gezeigte Verhalten keinen Einfluss auf die Dauer der Freiheitsentziehung hatte und ihm weder entnommen werden kann noch sonst ersichtlich ist, dass schon während der Dauer der Freiheitsentziehung der Klägerin sachwidrig gehandelt wurde.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO und hinsichtlich der beantragten Kostenerstattung für das Eilverfahren aus § 16 Abs. 1 Satz 1 FrhEntZG.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Berufungszulassungsgründe nach § 124a Abs. 1 Satz 1 VwGO liegen nicht vor.