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Anfechtungsklage; Entziehung; Pflegegeld; aufschiebende Wirkung.


Metadaten

Gericht LSG Berlin-Brandenburg 27. Senat Entscheidungsdatum 27.08.2012
Aktenzeichen L 27 P 41/12 B ER ECLI
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen § 15 SGB 11, § 48 SGB 10, § 86a SGG, § 86b SGG

Tenor

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 10. April 2012 wird zurückgewiesen.

Kosten sind auch für das Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.

Gründe

Die Beschwerde war zurückzuweisen, denn das Sozialgericht hat im Ergebnis zu Recht die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Anfechtungsklage der Antragstellerin gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 11. Januar 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 1. März 2012 abgelehnt.

Gemäß § 86b Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung einer Anfechtungsklage anordnen; einer solchen Anordnung bedarf es vorliegend auch, weil die Anfechtungsklage gegen die Bescheide, mit denen die Gewährung von Pflegegeld nach der Pflegestufe 1 für die Zukunft aufgehoben wurde, gemäß § 86a Absatz 2 Nr. 3 SGG kraft Gesetzes keine aufschiebende Wirkung besitzt.

In diesen Fällen, in denen das Gesetz für den Regelfall anordnet, dass eine Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung besitzt, kann die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage durch das Gericht nur dann erfolgen, wenn ausnahmsweise die Interessenabwägung im Einzelfall einen Vorrang des privaten Aufschubinteresses gegenüber dem öffentlichen Vollzugsinteresse am Vollzug der angefochtenen Bescheide besitzt. Dies ist regelmäßig dann der Fall, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Bescheide bestehen oder andere Gründe für ein Überwiegen des Aufschubinteresses glaubhaft gemacht werden.

Diese Voraussetzungen sind indessen im vorliegenden Fall nicht erfüllt. Vielmehr bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Bescheide. Nach summarischer Prüfung hat die Antragsgegnerin zu Recht gemäß § 48 Sozialgesetzbuch/Zehntes Buch die vorangegangene Bewilligung von Pflegegeld aufgehoben, weil mit zunehmendem Alter der inzwischen zwölfjährigen Antragstellerin diese eine wesentliche Änderung ihrer gesundheitlichen Verhältnisse erfahren hat und in nur noch geringem, die Voraussetzungen des § 15 Sozialgesetzbuch/Elftes Buch (SGB XI) nicht mehr erfüllendem Maße der Grundpflege bedarf. Der Senat folgt insoweit der Begründung des Sozialgerichts in der angefochtenen Entscheidung und sieht gemäß § 142 Absatz 2 Satz 3 SGG von einer weiteren Darstellung der Gründe ab.

Auch das Beschwerdeverfahren hat diesbezüglich nicht zu einer anderen Einschätzung geführt. Auch nach der ausführlichen persönlichen Befragung der Mutter der Antragstellerin und der informatorischen Anhörung der Antragstellerin selbst im Termin zur Erörterung des Sachverhalts vom 13. August 2012 ergibt sich kein Grundpflegebedarf von durchschnittlich täglich mindestens 46 Minuten, wie der nach § 15 Absatz 3 Satz 1 Nr. 1 SGB XI erforderlich wäre. Ausweislich der Feststellungen des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung Berlin-Brandenburg e.V. vom 3. Januar 2012 fallen täglich nur insgesamt 6 Minuten Grundpflegebedarf der Antragstellerin an, und zwar wegen des Waschens des Unterkörpers. Selbst wenn hierzu noch die von der Mutter der Antragstellerin angegebenen Zeiten von dreimal täglich jeweils 6 Minuten des An- und Auskleidens der Strümpfe und Unterwäsche anzusetzen wären, würde der gesetzlich vorgesehene Mindestpflegeaufwand nicht annähernd erreicht. Der Senat hat auch keine Zweifel daran, dass insoweit eine wesentliche Verbesserung des Gesundheitszustandes in Verbindung mit dem zunehmenden Lebensalter der Antragstellerin die Ursache für das Absinken des Pflegebedarfs gesetzt hat.

Vorliegend nicht zu prüfen war, ob mittlerweile ein Ansteigen des Pflegebedarfs zu verzeichnen war, denn maßgeblich ist der Zeitpunkt des Erlasses der letzten Verwaltungsentscheidung, d. h. des Widerspruchsbescheids vom 1. März 2012. Zu diesem Zeitpunkt besuchte die Antragstellerin nicht die Schule; dies ist vielmehr nach einem Schulwechsel erst mit Unterrichtsbeginn des neuen Schuljahres seit dem 6. August 2012 der Fall. Mögliche erhöhte Pflegebedarfe wegen Pflegeleistungen im Bereich der Mobilität seit Schuljahresbeginn waren vorliegend nicht zu prüfen. Die Antragstellerin ist im Termin zur Erörterung des Sachverhalts vom 13. August 2012 darauf hingewiesen worden, dass diese gegebenenfalls durch einen Neufeststellungsantrag eine Klärung des aktuellen Pflegebedarfs erreichen kann.

Auch ansonsten sind für den Senat keine Umstände erkennbar, die ausnahmsweise für einen Vorrang des Aufschubinteresses der Antragstellerin gegenüber dem öffentlichen Vollzugsinteresse sprechen können.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und entspricht dem Ausgang des Verfahrens in der Sache selbst.

Dieser Beschluss ist gemäß § 177 SGG nicht anfechtbar.