Gericht | OVG Berlin-Brandenburg 2. Senat | Entscheidungsdatum | 04.03.2015 | |
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Aktenzeichen | OVG 2 S 8.15 | ECLI | ||
Dokumententyp | Beschluss | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 80 Abs 5 VwGO, § 80 Abs 7 VwGO, § 123 VwGO, § 146 Abs 4 S 3 VwGO, § 146 Abs 4 S 4 VwGO, § 146 Abs 4 S 6 VwGO, § 5 Abs 1 AufenthG, § 5 Abs 2 AufenthG, § 2 Abs 3 AufenthG, § 16 Abs 1 AufenthG, EGRL 114/2004 |
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Berlin vom 3. Februar 2015 wird zurückgewiesen.
Die Kosten der Beschwerde trägt der Antragsteller.
Der Wert des Beschwerdegegenstandes wird auf 2.500 Euro festgesetzt.
Die Beschwerde bleibt im Haupt- und Hilfsantrag ohne Erfolg.
1. Die Beschwerde hat jedenfalls im Ergebnis keinen Erfolg, soweit der Antragsteller den Antrag weiterverfolgt, den Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 11. November 2014 – VG 24 L 236.14 – (vgl. dazu bereits Beschluss des Senats vom 19. Dezember 2014 – OVG 2 S 79.14 –) gemäß § 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO abzuändern und die aufschiebende Wirkung seiner Klage – VG 24 K 215.14 – hinsichtlich der Abschiebungsandrohung im Bescheid des Antragsgegners vom 11. August 2014 anzuordnen.
Ebenso wie das Verwaltungsgericht lässt der Senat offen, ob es sich bei den vom Antragsteller unter Berufung auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 10. September 2014 – Rs. C-491/13 – (abgedruckt in NVwZ 2014, Heft 21 vom 1. November 2014, S. 1446; Ls. abgedruckt in NJW 2014, Heft 50 vom 11. Dezember 2014, S. 3634) angeführten Gründen um im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachte Umstände (§ 80 Abs. 7 Satz 2, 2. Alternative VwGO) handelt.
Im Ergebnis unerheblich ist, dass aus den von dem Antragsteller zur Begründung der Beschwerde dargelegten Gründen (vgl. § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO) Bedenken an der auf Art. 3 Abs. 2 der Richtlinie 2004/114/EG gestützten Annahme des Verwaltungsgerichts bestehen können, die Richtlinie sei nicht anwendbar, soweit es um vollziehbar ausreisepflichtige Ausländer gehe. Dahingestellt bleiben kann auch die gleichfalls nicht bedenkenfreie Ansicht des Antragsgegners, die Richtlinie regele ausschließlich die Erteilung eines Aufenthaltstitels vor Einreise in das Bundesgebiet.
Diese Fragen bedürfen im vorliegenden Verfahren keiner Entscheidung, da der hinsichtlich der Abschiebungsandrohung statthafte Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung (vgl. Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 11. November 2014, S. 2 f.) auch bei einer das erstinstanzliche Vorbringen des Antragstellers einbeziehenden Überprüfung jedenfalls im Ergebnis ohne Erfolg bleibt.
Der Antragsteller macht zusammengefasst geltend, nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 10. September 2014 stehe Drittstaatsangehörigen, die die Bedingungen der Art. 6 und 7 der Richtlinie 2004/114 erfüllen, ein Rechtsanspruch auf Erteilung eines Aufenthaltstitels für Studienzwecke zu. Aufgrund seiner Einschreibung für einen englischsprachigen Studiengang an der a... Hochschule B... habe er einen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis. Sein nach Ablauf der Geltungsdauer der bisherigen Aufenthaltserlaubnis am 17. Juni 2014 gestellter Antrag stelle einen Antrag auf Neuerteilung im Sinne der ersten Alternative des Art. 12 Abs. 1 Satz 1 der Richtlinie 2004/114 dar. Der Antragsgegner habe die Versagung zu Unrecht auf § 5 Abs. 2 AufenthG gestützt. Bei richtlinienkonformer Auslegung sei diese Vorschrift nicht anwendbar, da die Mitgliedstaaten nach der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs nicht berechtigt seien, die Erteilung eines Aufenthaltstitels für Studienzwecke von zusätzlichen Bedingungen abhängig zu machen. Jedenfalls habe der Antragsgegner den ihm nach § 5 Abs. 2 Satz 2 AufenthG zustehenden Ermessenspielraum verkannt, denn er habe nicht erkannt, dass der Antragsteller einen Anspruch auf Erteilung des beantragten Aufenthaltstitels besitze.
Dieses Vorbringen reicht nicht aus, um einen der Vollziehung der Abschiebungsandrohung entgegenstehenden Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zu Studienzwecken zu belegen. Unabhängig davon, dass nach der im Beschwerdeverfahren vorgelegten Bescheinigung der a... Hochschule B... vom 14. Februar 2015 das Studium, für das der Antragsteller eingeschrieben sei, erst im April 2015 beginnt – erster Vorlesungstag ist nach der Hochschulbescheinigung der 27. April 2015 – hat der Antragsteller nicht belegt, dass er die Bedingung nach Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2004/114 erfüllt. Danach muss ein Drittstaatsangehöriger, der seine Zulassung zu Studienzwecken beantragt, den von einem Mitgliedstaat verlangten Nachweis erbringen, dass er während seines Aufenthalts über die nötigen Mittel verfügt, um die Kosten für seinen Unterhalt, das Studium und die Rückreise zu tragen. Nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 2 Abs. 3 AufenthG setzt die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis in der Regel voraus, dass der Ausländer seinen Lebensunterhalt einschließlich ausreichenden Krankenversicherungsschutzes ohne Inanspruchnahme öffentlicher Mittel bestreiten kann. Nach § 2 Abs. 3 Satz 5 AufenthG gilt der Lebensunterhalt für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 16 AufenthG als gesichert, wenn der Ausländer über monatliche Mittel in Höhe des monatlichen Bedarfs verfügt, der nach den §§ 13 und 13a BAföG zu bestimmen ist. Daraus ergibt sich für ein Hochschulstudium, soweit nicht eine Unterkunft nachgewiesen ist, deren Miet- und Nebenkosten geringer sind als 224 Euro, ein Betrag von monatlich 659 Euro (vgl. Bekanntmachung des Bundesministeriums des Innern vom 9. Dezember 2014, BAnz vom 16. Dezember 2014). Zum Nachweis der Lebensunterhaltssicherung hat der Antragsteller Unterlagen über ein von ihm bei der Deutschen Bank eingerichtetes Sperrkonto vorgelegt. Die von ihm für dieses Konto zuletzt eingereichten Kontoauszüge vom 16. Juni 2014 (VV Bl. 83) über ein Guthaben von 3.001,26 Euro und vom 8. Dezember 2014 (Bl. 55 der Streitakte VG 24 L 236/14 bzw. OVG 2 S 79.14) über ein Guthaben von 6.101,16 Euro genügen nicht den vom Antragsgegner für die Ersterteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 16 AufenthG regelmäßig vorausgesetzten Anforderungen. Danach kann der Nachweis hinreichender Mittel zur Sicherung des Lebensunterhalts für die Ersterteilung durch ein Sperrkonto erbracht werden, auf das der zwölffache Monatsbetrag des vom Bundesministerium des Innern im Bundesanzeiger veröffentlichten Betrages eingezahlt ist (VAB Nr. 2.3.5, vgl. dazu auch Nr. 16.0.8.1 f. AVwV-AufenthG, GMBl. 2009, S. 878). Der Antragsteller hätte daher für die begehrte Neuerteilung einer Aufenthaltserlaubnis zu Studienzwecken ein Guthaben auf einem Sperrkonto in Höhe von 7.908 Euro belegen müssen. Die jeweils belegten Guthaben bleiben unter diesem Betrag. Zudem weckt die auf dem Beleg vom 16. Juni 2014 aufgeführte Überweisung eines Betrages von 1.400 Euro Zweifel daran, ob es um ein Sperrkonto handelt, von dem monatlich nur 1/12 des eingezahlten Betrages ausgezahlt werden darf (vgl. Nr. 16.0.8.1 AVwV-AufenthG). Daneben ist der Antragsgegner nach § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 2 Abs. 3 AufenthG und Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2004/114 berechtigt, einen Nachweis über die notwendigen Mittel zur Begleichung der von der privaten Hochschule berechneten Studiengebühren zu verlangen (vgl. Beschluss des Senats vom 8. Januar 2015 – OVG 2 S 87.14 –). Diese belaufen sich nach der von dem Antragsteller vorgelegten Bescheinigung der Hochschule auf 1.400 Euro pro Trimester und können in monatlichen Raten von 500 Euro, fällig ab Studienbeginn, bezahlt werden. Auf die vom Antragsgegner aufgeworfene Frage, ob sich der Antragsteller überhaupt auf den Aufenthaltszweck der Ausbildung berufen könne, nachdem er bislang keine Nachweise einer entsprechenden auch durchgeführten Maßnahme habe erbringen können, kommt es unter diesen Umständen nicht entscheidungserheblich an.
2. Der im Beschwerdeverfahren gestellte, auf den Erlass einer einstweiligen Anordnung gerichtete Hilfsantrag mit dem Ziel, den Antragsgegner vorläufig zur Aussetzung der Abschiebung zu verpflichten, bleibt ebenfalls ohne Erfolg.
Der Antrag ist bereits wegen der damit verbundenen Antragsänderung unzulässig. Die Regelung des § 146 Abs. 4 Satz 3 und 4 VwGO lässt für eine Antragsänderung im Beschwerdeverfahren keinen Raum, da die Beschwerde danach nur zulässig ist, soweit sie der Überprüfung der erstinstanzlichen Entscheidung dient (ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. zuletzt Beschluss vom 22. August 2014 – OVG 2 S 48.14 –; vgl. Meyer-Ladewig/Rudisile in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand: März 2014, § 146 Rn. 13 c, sowie Ortloff/Riese, ebd., § 91 Rn. 93).
Auch unabhängig davon käme der Erlass einer einstweiligen Anordnung mit dem Ziel der vorübergehenden Aussetzung der Abschiebung (Duldung) nicht in Betracht. Duldungsgründe nach § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG macht der Antragsteller nicht geltend. Zur Sicherung eines Anspruchs auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis kann die Erteilung einer Duldung regelmäßig nicht beansprucht werden, denn vor dem Hintergrund der in § 81 Abs. 3 und 4 AufenthG geregelten Voraussetzungen, unter denen ein Antrag auf Erteilung oder Verlängerung eines Aufenthaltstitels zu einem vorläufigen Bleiberecht führt, bleibt für den Erlass einer die Ausländerbehörde zur vorläufigen Duldung verpflichtenden einstweiligen Anordnung jenseits der dort geregelten Fälle grundsätzlich kein Raum (vgl. zuletzt Beschlüsse des Senats vom 5. Januar 2015 – OVG 2 S 5.15 – und vom 22. August 2014, a.a.O.; Samel in: Renner/Bergmann/Dienelt, AuslR, 10. Aufl. 2013, § 81 AufenthG Rn. 43). Dass hier ausnahmsweise eine andere Beurteilung geboten wäre, legt der Antragsteller nicht entsprechend dem Darlegungsgebot des § 146 Abs. 4 Satz 3 AufenthG dar.
Schließlich hat der Antragsteller einen die beantragte einstweilige Anordnung tragenden Anordnungsgrund nicht schlüssig dargelegt und einen Anordnungsanspruch nicht entsprechend § 123 Abs. 5 VwGO, § 920 Abs. 2 ZPO glaubhaft gemacht. Zum Anordnungsgrund verweist der Antragsteller auf die mit Beschluss des Amtsgerichts Tiergarten vom 26. Februar 2015 – 381 XIV 24/14 B – angeordnete einstweilige Freiheitsentziehung zur Sicherung der Abschiebung. Damit legt er indes nicht schlüssig dar, dass bei einer Verweisung auf ein erneut durchzuführendes Visumsverfahren die Gefahr besteht, dass durch die Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines ihm zustehenden Rechts vereitelt oder wesentlich erschwert wird. Wegen des Anordnungsanspruchs kann auf die obigen Ausführungen zum fehlenden Nachweis der Sicherung des Lebensunterhalts verwiesen werden.
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 1 und 2, § 52 Abs. 2, § 45 Abs. 1 Sätze 2 und 3 GKG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).