Gericht | OVG Berlin-Brandenburg 80. Senat | Entscheidungsdatum | 25.04.2018 | |
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Aktenzeichen | OVG 80 D 1.16 | ECLI | ECLI:DE:OVGBEBB:2018:0425.80D1.16.00 | |
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 56 BDG, § 57 Abs 2 BDG, § 17 Abs 1 DiszG BE, § 20 Abs 1 DiszG BE, § 30 S 1 DiszG BE, § 41 DiszG BE, § 20 S 3 aF BG BE, § 40 Abs 1 aF BG BE, § 263 Abs 1 StGB, § 263 Abs 3 S 2 Nr 1 Alt 1 StGB |
Fehlt es an einem Bezug des außerdienstlich begangenen Dienstvergehens zur Dienstausübung, ist der Orientierungsrahmen jedenfalls bei Straftaten, für die ein Strafrahmen von bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe besteht, bis zur Höchstmaßnahme (Entfernung aus dem Beamtenverhältnis oder Aberkennung des Ruhegehalts) eröffnet.
Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 20. Januar 2016 wird zurückgewiesen.
Der Beklagte trägt die Kosten der Berufung.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 v.H. des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 v.H. des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Der am 1954 in B... geborene Beklagte besuchte ab 1960 die Grundschule und von 1966 bis 1971 die C...-Oberschule (Realschule). Zum 1. April 1971 wurde er von dem Kläger als Bürolehrling zur Ausbildung für den mittleren nichttechnischen Verwaltungsdienst eingestellt. Mit Wirkung vom 1. April 1972 wurde der Beklagte unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Widerruf zum Regierungsassistentenanwärter ernannt. Seine Ernennung zum Regierungsassistenten zur Anstellung unter Verleihung der Eigenschaft eines Beamten auf Probe erfolgte mit Wirkung vom 1. Januar 1974. Der Beklagte führte nach seiner Versetzung in den Dienstbereich der Universität mit Wirkung vom 1. Februar 1976 die Amtsbezeichnung eines Universitätsverwaltungsassistenten zur Anstellung. Mit Wirkung vom 10. Mai 1977 wurde er zum Universitätsverwaltungssekretär und mit Wirkung vom 1. November 1979 zum Universitätsverwaltungsobersekretär ernannt. Der Beklagte ist mit Wirkung vom 21. März 1981 zum Beamten auf Lebenszeit ernannt worden. Vom 1. Juni 1982 bis 30. Juni 1985 war er ohne Fortzahlung der Bezüge beurlaubt. Der Beklagte wurde vom 1. Juli 1985 bis zum 31. Dezember 1992 mit der Hälfte der regelmäßigen Arbeitszeit in Teilzeit beschäftigt. Im Jahre 1985 erwarb er die Fachhochschulreife und absolvierte von 1990 bis 1994 ein Studium der Sozialpädagogik. Vom 1. Januar 1993 bis zum 3. Dezember 2006 war der Beklagte erneut ohne Fortzahlung der Bezüge beurlaubt. Seit dem 1. Januar 1999 führte er die Amtsbezeichnung eines Stadtobersekretärs. Der Beklagte ist mit Wirkung vom 1. Oktober 2006 zum Zentralen Personalüberhangmanagement versetzt worden. In der Zeit vom 4. Dezember 2006 bis zum 30. April 2007 wurde er in den Bereich des Polizeipräsidenten in Berlin abgeordnet. Im Zeitraum vom 4. Dezember 2006 bis zum 3. Juni 2007 ist der Beklagte mit 75 v. H. seiner regelmäßigen Arbeitszeit teilzeitbeschäftigt worden. Vom 6. November 2007 bis 14. März 2008 erfolgte seine Abordnung an die Senatsverwaltung für Inneres und Sport. Unter dem 12. November 2007 wurde dem Beklagten Altersteilzeit vom 1. April 2009 bis 31. März 2019 bewilligt. Später wurden der Beginn der Altersteilzeit auf den 4. Dezember 2009 und die Wochenarbeitszeit auf 20 Stunden festgesetzt. Mit Ablauf des Monats März 2012 ist der Kläger wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzt worden.
Der Beklagte ist ledig und Vater eines 19 geborenen Sohnes. Er ist straf- und disziplinarrechtlich nicht vorbelastet.
Der Beklagte bezog im Zeitraum vom 1. Januar 2005 bis November 2011 jeweils auf seinen Antrag und nach entsprechender Bewilligung durch das JobCenter Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Nach Beendigung seines bis 3. Dezember 2006 fortdauernden unbezahlten Urlaubs erhielt der Beklagte wieder Dienstbezüge. Bei der A...bankAG führte der Beklagte mehrere Sparkonten, auf die er im Zeitraum vom 31. Oktober 2007 bis März 2010 diverse Barbeträge überwies und auf denen ihm Zinsen gutgeschrieben wurden; in derselben Zeit nahm er auch Barabhebungen vor. Das JobCenter hob durch Bescheid vom 15. April 2011 die Bewilligungsbescheide für den Zeitraum vom 1. Oktober 2007 bis zum 30. November 2010 auf, soweit sie die Gesamtleistungshöhe von 11.782,87 Euro betrafen, und verpflichtete den Beklagten in dieser Höhe zur Erstattung der gewährten Leistungen; von der Behörde war zuvor festgestellt worden, dass der Beklagte sein in dem besagten Bewilligungszeitraum zu berücksichtigendes Einkommen nicht angegeben hatte. Die Staatsanwaltschaft Berlin erhob unter dem 29. Juni 2011 gegen den Beklagten wegen gewerbsmäßigen Betrugs durch vier selbständige Handlungen in der Zeit vom 1. Oktober 2007 bis zum 30. November 2010 Anklage. In der Anklageschrift wurde dem Beklagten (dort als Angeschuldigter bezeichnet) Folgendes zur Last gelegt:
„Mit Antrag vom 25. Oktober 2004 und Bescheid vom 30. November 2004 sowie Folgeanträgen und Bescheiden bezog der Angeschuldigte fortlaufend auch im Tatzeitraum über das JobCenter Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach SGB II.
Der Angeschuldigte bezog in der Zeit des Leistungsbezuges das folgende Einkommen:
Datum
Betrag
31.10.07
5.000,00
23.11.07
3.000,00
14.12.07
900,00
21.12.07
1.500,00
31.12.07
13,64 Zinsen
03.01.08
1.600,00
31.03.08
44,85 Zinsen
30.06.08
33,73 Zinsen
18.07.08
2.300,00
05.08.08
2.219,17
05.08.08
2.000,00
01.09.08
50,00
30.09.08
46,39 Zinsen
31.12.08
21,17 Zinsen
31.03.09
0,17 Zinsen
30.04.09
5.000,00
30.06.09
5,13 Zinsen
19.08.09
5.000,00
11.12.09
1.000,00
Den Eingang der Gelder teilte der Angeschuldigte während des laufenden Leistungsbezugs ab dem 31. Oktober 2007 entgegen der ihm bekannten Mitteilungspflicht nicht mit und verursachte so die Auszahlung ihm nicht zustehender Gelder in Höhe von insgesamt 11.760,87 E(uro). Durch Verschweigen seiner Einnahmen wollte er sich eine fortlaufende, nicht unerhebliche Einnahmequelle verschaffen.“
Das Amtsgericht Tiergarten verurteilte den Beklagten durch Strafbefehl vom 20. März 2012 – () – zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr, deren Vollstreckung es zur Bewährung aussetzte; dabei nahm es ausdrücklich Bezug auf die Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Berlin vom 29. Juni 2011, die es dem Strafbefehl als Anlage beifügte. Der Beklagte räumte in der auf seinen Einspruch hin durchgeführten mündlichen Verhandlung vor dem Amtsgericht Tiergarten die Vorwürfe ein und beschränkte den Einspruch auf die Höhe des Strafmaßes. Das Amtsgericht verurteilte ihn am 8. November 2012 wegen gewerbsmäßigen Betrugs in vier Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von neun Monaten. Die Vollstreckung setzte es zur Bewährung aus. Zu Lasten des Beklagten berücksichtigte das Gericht die Höhe des „mit 11.000,- € hohe(n) Schaden(s)“ und dessen fehlende Anstrengungen, den Schaden wiedergutzumachen. Aus Sicht des Gerichts habe für den Beklagten gesprochen, dass die Beschränkung des Einspruchs als Geständnis wirke, er die Taten vor längerer Zeit begangen habe, nicht vorbestraft sei und sich während eines nicht unerheblichen Teils des Tatzeitraums in einer wirtschaftlich und persönlich schwierigen Lage befunden habe.
Anlässlich einer in der Wohnung des Beklagten am 12. Januar 2012 im Zusammenhang mit einer Zwangsvollstreckungsmaßnahme durchgeführten Durchsuchung entdeckten Beamte des Finanzamtes in einem Schrank mehrere DVD, auf deren Hüllen kinderpornographische Inhalte zu erkennen waren. Diese Speichermedien wurden im Anschluss durch herbeigerufene Beamte der Kriminalpolizei beschlagnahmt. Bei einer kriminalpolizeilichen Auswertung des Materials wurde festgestellt, dass sich auf acht auswertbaren DVDs 22 kinderpornographische Videoclips mit einer Gesamtlaufzeit von ca. viereinhalb Stunden befanden. Die Staatsanwaltschaft Berlin erhob wegen des Vorwurfs des Besitzes kinderpornographischer Schriften Anklage gegen den Beklagten. Der Beklagte verzichtete auf die Rückgabe der DVD. Das Amtsgericht Tiergarten stellte das Verfahren durch Beschluss vom 6. Mai 2014 – () – im Hinblick auf die rechtskräftige Verurteilung des Beklagten wegen Betruges ein.
Der Direktor des Zentralen Personalüberhangmanagements leitete unter dem 6. Januar 2009 gegen den Beklagten ein Disziplinarverfahren ein. Dabei warf er dem Beklagten im Wesentlichen vor, unentschuldigt dem Dienst ferngeblieben zu sein. Nach Ruhestandseintritt des Beklagten übernahm das Landesverwaltungsamt Berlin das Disziplinarverfahren und führte es fort. Durch den Direktor des Landesverwaltungsamts Berlin wurde das Disziplinarverfahren mit Verfügung vom 13. Dezember 2013 auf den Vorwurf des unberechtigten Bezugs von Leistungen des JobCenters ausgedehnt. Von der ihm mit Schreiben vom 16. Dezember 2013 eröffneten Möglichkeit der Stellungnahme machte der Beklagte mit E-Mail vom 3. Februar 2014 Gebrauch. Mit an den – seinerzeit noch nicht bevollmächtigten – Prozessbevollmächtigten des Beklagten gerichtetem Schreiben vom 24. Juni 2014 wiederholte der Direktor des Landesverwaltungsamts Berlin seine zuvor erwähnte Ausdehnungsverfügung und dehnte das Disziplinarverfahren darüber hinaus auf den Vorwurf des Besitzes kinderpornographischer Schriften aus; dem Beklagten wurde zugleich Gelegenheit gegeben, sich dazu mündlich oder schriftlich zu äußern, und ihm der Hinweis gegeben, dass beabsichtigt sei, nach Ablauf der Äußerungsfrist Disziplinarklage mit dem Ziel der Aberkennung des Ruhegehalts zu erheben. Auf eine entsprechende, am 5. August 2014 direkt an den Beklagten versendete E-Mail, an die das Schreiben vom 24. Juni 2014 als Dateianlage angehängt war, bestätigte der Beklagte den Empfang der elektronischen Nachricht, gab aber in einem am 11. August 2014 geführten Gespräch mit dem Direktor des Landesverwaltungsamts Berlin an, nicht in der Lage gewesen zu sein, die angehängte Datei zu öffnen. Deshalb richtete der Direktor des Landesverwaltungsamts Berlin unter dem 12. August 2014 ein mit dem Schreiben vom 24. Juni 2014 identisches Schreiben erneut an den Beklagten, nachdem er dieses Vorgehen in einem Gespräch mit dem Beklagten angekündigt hatte; dieses Schreiben wurde dem Beklagten am 13. August 2014 mit Postzustellungsurkunde zugestellt. Hierzu nahm der Beklagte, auch nachdem er seinen Prozessbevollmächtigten am 1. September 2014 mit der Vertretung in der Disziplinarangelegenheit betraut hatte, keine Stellung.
Mit der am 25. November 2014 beim Verwaltungsgericht Berlin erhobenen Disziplinarklage wirft der Kläger dem Beklagten vor,
- während des Bezugs von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II in der Zeit vom 31. Oktober 2007 bis zum 11. Dezember 2009 Dienstbezüge von mehr als 59.000,00 Euro erhalten, den Eingang dieses Einkommens entgegen der ihm bekannten Mitteilungspflicht nicht mitgeteilt und so die Auszahlung ihm nicht zustehender Gelder verursacht zu haben,
- sich am 12. Januar 2012 den Besitz kinderpornographischer Schriften (DVD mit den Titeln: ) verschafft und sie besessen zu haben.
Das Verwaltungsgericht Berlin hat dem Beklagten mit Urteil vom 20. Januar 2016 das Ruhegehalt aberkannt. Die Disziplinarklage sei zulässig. Das Schreiben des Direktors des Landesverwaltungsamts Berlin vom 12. August 2014, mit dem er den Beklagten über die Erweiterung des Disziplinarverfahrens um die Vorwürfe des unberechtigten Leistungsbezugs und des Besitzes kinderpornographischer Schriften in Kenntnis gesetzt und dazu angehört habe, enthalte zugleich die nach § 30 Satz 1 DiszG erforderliche Anhörung. Dies verdeutliche der in das Schreiben aufgenommene Hinweis des Klägers, dass er beabsichtige, nach Ablauf der Anhörungsfristen Disziplinarklage zu erheben. Er habe das Ermittlungsverfahren mithin als abgeschlossen betrachtet. Eine Verbindung der Anhörung nach § 30 Satz 1 DiszG mit der Anhörung zur Erweiterung des Disziplinarverfahrens sei zulässig, weil der Beklagte auf der Grundlage von § 21 Abs. 2 Satz 2 DiszG hinsichtlich der in die Disziplinarklage aufgenommenen Vorwürfe vollständig auf eigene Ermittlungen verzichtet und sich darauf beschränkte habe, das von der Staatsanwaltschaft in den beiden Anklageschriften Ausgeführte zu übernehmen. Die Disziplinarklage sei auch begründet. Die Kammer sei aufgrund der mündlichen Verhandlung und der ins Verfahren eingeführten Akten und DVD davon überzeugt, dass der Beklagte unberechtigt Leistungen des JobCenters bezogen, sich hierdurch eines Betrugs in einem besonders schweren Fall nach § 263 Abs. 1, Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 Alternative 1 StGB schuldig gemacht sowie kinderpornographische Schriften (DVD mit den Titeln „) besessen und hierdurch eine Straftat nach § 184b Abs. 4 Satz 2 StGB in der Fassung des Gesetzes vom 27. Dezember 2003 begangen habe. Im Hinblick auf die DVD mit den Titeln habe die Kammer die sich darauf beziehenden Handlungen nach § 41 DiszG in Verbindung mit § 56 BDG ausgeschieden, da es auf sie bei der Festsetzung von Art und Höhe der Disziplinarmaßnahme nicht ankomme. Mit dem tatsächlich festgestellten und disziplinarrechtlich zu würdigendem außerdienstlichen Fehlverhalten habe der Beklagte vorsätzlich seine Dienstpflicht zu einem achtungs- und vertrauenswürdigen Verhalten verletzt und ein einheitliches Dienstvergehen begangen, das aufgrund seiner Schwere die Aberkennung seines Ruhegehalts erfordere. Besonderes Gewicht habe wegen der schon im Grundtatbestand nach § 263 Abs. 1 StGB gegenüber § 184b Abs. 4 StGB in der Fassung des Gesetzes vom 27. Dezember 2003 höheren Höchstfreiheitsstrafe der Leistungsbetrug. Ausgehend von den nach dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 10. September 2010 (– 2 B 97.09 – juris Rn. 8) für außerdienstliche Betrugsfälle geltenden Bemessungsgrundsätzen sei dafür die Aberkennung des Ruhegehalts auszusprechen, weil die durch dieses Fehlverhalten verursachte, verfahrensgegenständliche Überzahlung und damit der Gesamtschaden in Höhe von 4.873,41 Euro nur in geringem Maße unter der höchstrichterlich vorgegebenen Grenze von 5.000 Euro blieben und als erschwerender Umstand die Verwirklichung des Regelbeispiels nach § 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 Alt. 1 StGB hinzutrete. Auf diese Maßnahme sei im Übrigen erst recht bei zusätzlicher Berücksichtigung des Besitzes der kinderpornographischen Schriften zu erkennen gewesen. Es lägen keine hinreichenden Milderungsgründe vor, die Anlass zu einer anderen Entscheidung gäben. Der Leistungsbetrug und der Besitz der kinderpornographischen DVD seien keine persönlichkeitsfremden Augenblickstaten. Nur geringfügig mildernd wiege, dass der Beklagte den Leistungsbetrug eingeräumt habe, da die Tat durch die Feststellungen des JobCenters bereits aufgedeckt gewesen sei. Angesichts der beschriebenen Schwere des Leistungsbetrugs sei den Bemühungen des Beklagten, seine beim JobCenter bestehenden Rückstände als Schadenswiedergutmachung abzutragen, kein so hohes Gewicht beizumessen, das dazu führen könnte, von der ausgesprochenen Disziplinarmaßnahme abzusehen. Ferner lasse sich nicht erkennen, dass sich der Beklagte im Tatzeitraum in einer wirtschaftlichen Notlage befunden hätte. Dass sich der Beklagte in den Zeiten des unberechtigten Leistungsbezugs und des Besitzes der kinderpornographischen DVD in einem entscheidungserheblichen Maße in einer psychischen Belastungssituation befunden habe, sei ebenfalls nicht feststellbar. Schließlich verstoße die Aberkennung des Ruhegehalts auch nicht gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit.
Der Beklagte hat gegen das ihm am 25. Februar 2016 zugestellte Urteil am 22. März 2016 beim Verwaltungsgericht Berlin Berufung eingelegt und sie wie folgt begründet: Die ausgesprochene Disziplinarmaßnahme sei rechtswidrig. Der Tatvorwurf des Besitzes kinderpornographischer Schriften habe nicht bewiesen werden können. Deshalb sei das Strafverfahren vor dem Amtsgericht Tiergarten gemäß § 153 StPO eingestellt worden. In der Beweisaufnahme des „hiesigen Verfahrens“ habe sich nichts Anderes ergeben. Er habe lange Zeit in Thailand gelebt und seine Wohnung mehreren Personen zum dauerhaften Aufenthalt zur Verfügung gestellt. Während seiner Abwesenheit müssten die im Urteil aufgelisteten Datenträger in seine Wohnung gelangt sein. Weder habe er hierfür seine Zustimmung erteilt noch habe er gewusst, dass sich dieses Material in seiner Wohnung befunden habe. Den weiteren Vorwurf des Leistungsbetruges habe er vor dem Amtsgericht Tiergarten gestanden. Die Hintergründe dieser Tat lägen in der schweren Erkrankung seines Sohnes, der an Morbus Crohn leide. Im Jahre 2004 habe der Sohn bereits in Spanien gelebt und ihm offenbart, dass er sich wegen der Erkrankung und der daraus resultierenden Lebensumstände das Leben nehmen wolle. Er – der Beklagte – habe daraufhin seinen Sohn in Spanien bis zu seinem Wiedereintritt in den Dienst betreut und ihm geholfen, zurück in das Leben zu finden. Während dieser Zeit habe er sich erheblich verschuldet und keinen anderen Ausweg für die Erhaltung seiner Existenz gesehen, als zeitweilig Gehaltszahlungen und Sozialhilfe zu beziehen. Das Geld habe er ausschließlich für seinen „sehr bescheidenen“ Lebensunterhalt und zur Bezahlung seiner hohen Schulden verwendet. Seine wirtschaftliche und persönliche Existenz sei aufgrund der Hilfestellung für seinen Sohn ernsthaft bedroht gewesen. Er habe nur diesen Ausweg aus seiner Notlage gesehen und von Anfang an beabsichtigt, die überzahlten Leistungen zu einem späteren Zeitpunkt „unbedingt“ zurückzuerstatten.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 20. Januar 2016 zu ändern und die Klage abzuweisen, hilfsweise eine mildere Disziplinarmaßnahme zu verhängen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er verteidigt das angefochtene Urteil und tritt der Berufung entgegen.
In der mündlichen Verhandlung vom 25. April 2018 hat der Senat beschlossen, die in der Disziplinarklage enthaltenen Vorwürfe betreffend kinderpornographischer Schriften auszuscheiden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte dieses Verfahrens, der beigezogenen Verwaltungsvorgänge (Personal- und Disziplinarakten) und der Akten der Staatsanwaltschaft Berlin (Az.: und) verwiesen, die – soweit erheblich – Gegenstand der mündlichen Verhandlung vor dem Senat waren.
Die Berufung des Beklagten hat keinen Erfolg. Sie ist zulässig, aber unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat der Disziplinarklage zu Recht stattgegeben und dem Beklagten das Ruhegehalt aberkannt.
I. Das behördliche Disziplinarverfahren leidet an keinem wesentlichen Mangel.
1. Der Kläger hat das behördliche Disziplinarverfahren formgerecht eingeleitet.
Zuständig für die Einleitung ist gemäß § 17 Abs. 1 Satz 1 DiszG der Dienstvorgesetzte des Beamten. Gemäß § 17 Abs. 1 Satz 3 DiszG ist die Einleitung aktenkundig zu machen. Der Beamte ist gemäß § 20 Abs. 1 Satz 1 DiszG über die Einleitung des Disziplinarverfahrens unverzüglich zu unterrichten, sobald dies ohne Gefährdung der Aufklärung des Sachverhalts möglich ist. Hierbei ist ihm zu eröffnen, welches Dienstvergehen ihm zur Last gelegt wird (§ 20 Abs. 1 Satz 2 DiszG). Er ist gleichzeitig darauf hinzuweisen, dass es ihm freisteht, sich mündlich oder schriftlich zu äußern oder nicht zur Sache auszusagen und sich jederzeit eines Bevollmächtigten oder eines Beistandes zu bedienen (§ 20 Abs. 1 Satz 3 DiszG).
Es ist zunächst nicht als mangelhaft zu bewerten, dass die (wohl) maßgebliche Einleitungsverfügung vom 10. Dezember 2008 nicht von dem Direktor des Zentralen Personalüberhangmanagements als Dienstvorgesetzten des Beklagten unterzeichnet worden ist. Erforderlich, aber auch ausreichend ist es, dass der Dienstvorgesetzte in der Disziplinarakte vermerkt, wann er die Entscheidung für die Einleitung getroffen hat. Aus dem Vermerk müssen sich die inhaltlich unmissverständliche Entscheidung und die Verantwortlichkeit des Dienstvorgesetzten hierfür ergeben. Dieser muss sich den Einleitungsvermerk jedenfalls zu Eigen gemacht haben (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 18. November 2008 – 2 B 63.08 – juris Rn. 7; und vom 28. März 2013 – 2 B 113.12 – juris Rn. 13). Diese Anforderungen sind hier (noch) als erfüllt anzusehen. Der Direktor des Zentralen Personalüberhangmanagements hat sich in seinem von ihm unterzeichneten und an den Beklagten gerichteten Schreiben vom 6. Januar 2009, mit dem er den Beamten über das gegen ihn eingeleitete behördliche Disziplinarverfahren unterrichtet hat, u.a. auf die Einleitungsverfügung vom 10. Dezember 2008 bezogen und damit unmissverständlich verdeutlicht, dass er sie veranlasst und dafür die Verantwortung übernommen hat. Dieses Schreiben, das auch die nach § 20 Abs. 1 Satz 2 und 3 DiszG notwendigen Belehrungen enthält, ist dem Beklagten bekannt gegeben worden. Zwar findet sich in den Akten kein Nachweis für eine ordnungsgemäße Zustellung des Schreibens an den Beklagten. Dieser hat aber in seiner an den seinerzeit zuständigen Ermittlungsführer adressierten E-Mail vom 9. Februar 2009 angegeben, dass ihm die Eröffnung des Disziplinarverfahrens gegen ihn bekannt geworden ist.
2. Mit dem Verwaltungsgericht ist davon auszugehen, dass der Kläger den Beklagten ordnungsgemäß nach § 30 Satz 1 DiszG angehört hat. Diese Regelung schreibt vor, dass dem Beamten nach der Beendigung der Ermittlungen Gelegenheit zu geben ist, sich abschließend zu äußern. Das ist mit dem Schreiben vom 12. August 2014 geschehen. Darin ist der Beklagte nicht nur zu der Erweiterung des Disziplinarverfahrens um die Vorwürfe des unberechtigten Leistungsbezuges und des Besitzes kinderpornographischer Schriften angehört, sondern ihm ist auch die Möglichkeit eröffnet worden, sich abschließend zu äußern. Der Hinweis des Klägers, nach Ablauf der Anhörungsfristen Disziplinarklage zu erheben, kann in diesem Sinne verstanden werden. Es ist auch nicht unzulässig, die besagten Anhörungen miteinander zu verbinden. Der Kläger hat es – worauf das Verwaltungsgericht zutreffend hinweist – dabei belassen, sich auf die in den staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren gewonnenen und im Fall des Vorwurfs des unberechtigten Leistungsbezugs auch in einem Strafbefehl verwerteten Erkenntnisse zu stützen und auf eigene Ermittlungen zu verzichten. Vor diesem Hintergrund bedarf es keiner Trennung zwischen der Erweiterungsanhörung und der Schlussanhörung (vgl. Gansen, Disziplinarrecht in Bund und Ländern, Loseblatt-Kommentar, § 30 Rn. 2, Stand: November 2014). Auf die in der Rechtsprechung streitige Frage, ob in einer Konstellation wie hier auf eine Schlussanhörung sogar (ausdrücklich) verzichtet werden könnte (pro: VGH München, Urteil vom 23. März 2011 – 16b D 09.2749 – juris Rn. 41; ebenso Weiß, GKÖD II, Loseblatt-Kommentar, M § 30 Rn. 30, Stand: Januar 2015; contra: OVG Bremen, Beschluss vom 7. Februar 2012 – DB A 78/10 – juris Rn. 11 ff.), kommt es nach alledem nicht an.
II. Die Disziplinarklage ist auch begründet. Der Beklagte hat ein Dienstvergehen begangen, das die Aberkennung seines Ruhegehalts erfordert.
Gegenstand des Disziplinarverfahrens ist nur noch der Vorwurf des Leistungsbetrugs. Der in der Disziplinarklageschrift enthaltene, kinderpornographische Schriften betreffende Vorwurf ist zunächst teilweise vom Verwaltungsgericht in seinem Urteil und im Übrigen durch den Senat jeweils nach § 56 Satz 1 BDG ausgeschieden worden. Eine Wiedereinbeziehung des erstinstanzlich ausgeschiedenen Teils kommt nicht in Betracht, weil die Voraussetzungen hierfür nicht nachträglich entfallen sind (§ 56 Satz 2 BDG), denn der den Beklagten insoweit treffende Vorwurf fällt – ebenso wie der Teil des Vorwurfs, der vom Senat ausgeschieden worden ist – für die Art und Höhe der zu erwartenden Disziplinarmaßnahme (weiterhin) nicht ins Gewicht.
1. In tatsächlicher Hinsicht legt der Senat seiner Entscheidung zunächst die durch Bezugnahme auf die Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Berlin vom 29. Juni 2011 getroffenen tatsächlichen Feststellungen in dem rechtskräftigen Strafbefehl des Amtsgerichts Tiergarten vom 20. März 2012 zugrunde, soweit sie von dem Beklagten eingeräumt worden sind. Danach hat der Beklagte in der Zeit vom 1. Oktober 2007 bis zum 30. Oktober 2010 in vier Fällen beim JobCenter C... Anträge auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) gestellt und dabei sein in dieser Zeit erzieltes Einkommen entgegen der ihm bekannten Mitteilungspflicht nicht angegeben. Dadurch verursachte er die Auszahlung ihm nicht zustehender Geldleistungen. Diese Feststellungen sind aufgrund des auf das Strafmaß beschränkten Einspruchs des Beklagten gegen den Strafbefehl rechtskräftig und deshalb nicht Bestandteil des nachfolgenden Urteils vom 8. November 2012 geworden. Zwar entfaltet der Strafbefehl keine Bindungswirkung gemäß § 41 DiszG in Verbindung mit 57 Abs. 1 Satz 1 BDG. Die ihm zugrundeliegenden Tatsachen können der Entscheidung des Senats aber gemäß § 41 DiszG in Verbindung mit § 57 Abs. 2 BDG ohne erneute Prüfung zugrunde gelegt werden, wenn sie von dem betroffenen Beamten nicht substantiiert bestritten werden (vgl. BVerwG, Beschluss vom 26. September 2014 – 2 B 14.14 – juris Rn. 10 m.w.N.). Diese Voraussetzungen liegen hier bezogen auf die wiedergegebenen tatsächlichen Feststellungen vor. Der Beklagte hat sie bereits im Verfahren vor dem Amtsgericht und darüber hinaus sowohl gegenüber dem Verwaltungsgericht als auch gegenüber dem Senat eingeräumt. Sie lassen sich darüber hinaus auch durch die bei der maßgeblichen Strafakte befindlichen Unterlagen nachweisen.
Über diese Feststellungen hinaus berücksichtigt der Senat, dass der Beklagte in dem Tatzeitraum als Beamter Dienstbezüge als für die Berechnung der beantragten Sozialleistungen berücksichtigungsfähiges Einkommen erhielt.
Entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts, auf die der Prozessbevollmächtigte des Beklagten in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat ausdrücklich Bezug genommen hat, sind dem Beklagten zur Überzeugung des Senats jedenfalls in dem Zeitraum vom 1. Oktober 2007 bis zum 31. Januar 2010 ausweislich der in der Strafakte 2... enthaltenen Bescheide des JobCenters vom 6. Juni 2007 (a.a.O., Bl. 65 und 68), 5. Juni 2008 (a.a.O., Bl. 98), 4. August 2008 (a.a.O., Bl. 106) und 5. Januar 2009 (a.a.O., Bl. 112 und 116) insgesamt 14.113,82 Euro bewilligt worden, obwohl die Voraussetzungen für einen Leistungsanspruch nach § 19 Satz 1 SGB II in der Fassung des Gesetzes vom 20. Juli 2006 (BGBl. I S. 1706) nicht vorgelegen haben; dies gilt auch für den Zeitraum der Altersteilzeit, in dem die Wochenarbeitszeit auf 20 Stunden reduziert war. Für den besagten Zeitraum sind dem Beklagten im Einzelnen die folgenden monatlichen Leistungen zuteilgeworden, die in der Summe den bereits erwähnten Betrag ergeben:
Bewilligungsbescheid | Leistungszeitraum | Monatliche Leistung |
6. Juni 2007 | 1. Juli bis 30. Nov. 2007 | 692,98 |
6. Juni 2007 | 1. Dez. 2007 bis 31. Jan. 2008 | 692,98 |
5. Juni 2008 | 1. Febr. bis 30. Juni 2008 | 382,79 |
4. August 2008 | 1. Aug. 2008 bis 31. Jan. 2009 | 386,79 |
5. Januar 2009 | 1. Febr. bis 31. Juli 2009 | 386,79 |
5. Januar 2009 | 1. Aug. 2009 bis 31. Jan. 2010 | 386,79 |
In der hier maßgeblichen Disziplinarklage wirft der Kläger dem Beklagten insoweit lediglich den Betrag von 11.760,87 Euro vor.
Der Beklagte hat sich mit diesem Verhalten nach § 263 Abs. 1 StGB wegen Betruges strafbar gemacht. Er hat den zuständigen Sachbearbeiter des Leistungsträgers mit der in den von ihm unterzeichneten vier Fortzahlungsanträgen jeweils enthaltenen Angabe, dass es keine Änderungen in seinen Einkommens- und Vermögensverhältnissen gebe, getäuscht. Hierdurch erregte der Beklagte bei dem zuständigen Sachbearbeiter die Fehlvorstellung, dass er seinen nach dem SGB II zu berücksichtigenden Lebensunterhalt nicht mit seinem anrechenbaren Einkommen sichern kann, und veranlasste den Entscheidungsträger dazu, ihm Leistungen nach dem SGB II zu bewilligen. Diese Vermögensverfügung führte zu einem Vermögensschaden bei dem Leistungsträger in der zuvor erörterten Höhe.
Der Beklagte handelte schuldhaft, insbesondere vorsätzlich. Die sowohl in den von ihm verwendeten Antragsformularen als auch in den zu seinen Gunsten ergangenen Bewilligungsbescheiden benannte Pflicht, Änderungen seiner wirtschaftlichen Verhältnisse mitzuteilen, war ihm bekannt. Zudem verwirklichte der Beklagte den objektiven Betrugstatbestand in der Absicht, sich einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen. Ihm kam es – wie das Verwaltungsgericht zutreffend festgestellt hat – auf den unberechtigten Leistungsbezug an. Seine Einlassung in der Hauptverhandlung vor dem Amtsgericht, vom geminderten Beamtengehalt habe er nur schwer leben können, bringt diese Bereicherungsabsicht hinreichend zum Ausdruck.
Der erwiesene Betrug erfüllt das Regelbeispiel eines besonders schweren Falles im Sinne des § 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 Alt. 1 StGB, weil der Beklagte gewerbsmäßig gehandelt hat. Dieses Merkmal ist zu bejahen, wenn sich der Täter aus wiederholter Tatbegehung eine nicht nur vorübergehende und nicht ganz unerhebliche Einnahmequelle verschaffen wollte (BGH, Beschluss vom 13. September 2011 – 3 StR 231/11 –, juris Rn. 23; ebenso Fischer, StGB, Kommentar, 64. Aufl. 2017, Vor § 52, Rn. 61). Das ist hier der Fall. Der Beklagte beantragte im verfahrensgegenständlichen Zeitraum bei dem zuständigen Leistungsträger insgesamt viermal eine Fortsetzung der Leistungsbewilligung (im Einzelnen am 5. Mai 2007, 18. Dezember 2007, 1. August 2008 sowie 19. Dezember 2008). Mit dem Bezug der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II hat er sich für einen Zeitraum von über zwei Jahren eine Einnahmequelle erschlossen, aus der er mit über 11.000 Euro eine erhebliche Geldsumme geschöpft hat.
2. Mit der Straftat des Leistungsbetruges hat der Beklagte schuldhaft ein außerdienstliches Dienstvergehen (§ 40 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 LBG a.F.) begangen. Dieses Verhalten verletzt die Wohlverhaltensklausel des § 20 Satz 3 LBG a.F. Das Fehlverhalten lag außerhalb des Dienstes, weil es weder formell in das Amt des Beklagten noch materiell in die damit verbundene dienstliche Tätigkeit eingebunden war (vgl. BVerwG, Urteil vom 10. Dezember 2015 – 2 C 50.13 – juris Rn. 29). Zwar ist ein Beamter außerhalb seines Dienstes grundsätzlich nur verpflichtet, der Achtung und dem Vertrauen gerecht zu werden, die sein Beruf erfordert (§ 20 Satz 3 LBG a.F.). Außerdienstliches Verhalten kann den Pflichtenkreis des Beamten nur berühren, wenn es die Achtungs- und Vertrauenswürdigkeit betrifft und dadurch mittelbar dienstrechtliche Relevanz erlangt. Das Vertrauen der Bürger, dass der Beamte dem Auftrag gerecht wird, als Repräsentant des demokratischen Rechtsstaates eine unabhängige, unparteiliche und gesetzestreue Verwaltung zu sichern, darf der Beamte auch durch sein außerdienstliches Verhalten nicht beeinträchtigen (vgl. m.w.N. BVerwG, Urteil vom 18. Juni 2015 – 2 C 9.14 – juris Rn. 11). Als Dienstvergehen ist das außerdienstliche Verhalten von Beamten gemäß § 40 Abs. 1 Satz 2 LBG a.F. dabei nur zu qualifizieren, wenn es nach den Umständen des Einzelfalls in besonderem Maße geeignet ist, das Vertrauen in einer für das Amt des Beamten oder das Ansehen des Beamtentums bedeutsamen Weise zu beeinträchtigen. Bei außerdienstlichen Verfehlungen reicht nicht bereits die Pflichtverletzung selbst zur Annahme eines Dienstvergehens aus, und zwar auch dann nicht, wenn hierdurch eine Straftat begangen worden ist. Hinzutreten müssen weitere, auf die Eignung zur Vertrauensbeeinträchtigung bezogene Umstände. Nur soweit es um die Wahrung des Vertrauens der Bürger in die Integrität der Amtsführung und damit in die künftige Aufgabenwahrnehmung geht, vermag das durch Art. 33 Abs. 5 GG geschützte Interesse an der Funktionsfähigkeit des Berufsbeamtentums die im privaten Bereich des Beamten wirkenden Grundrechte einzuschränken. Unterhalb dieser Schwelle erwartet der Gesetzgeber von Beamten kein wesentlich anderes Sozialverhalten mehr als von jedem anderen Bürger. Ob und in welchem Umfang durch das außerdienstliche Verhalten eines Beamten das für sein Amt erforderliche Vertrauen beeinträchtigt wird, hängt in maßgeblicher Weise von Art und Intensität der jeweiligen Verfehlung ab. Dabei kommt vorsätzlichen Straftaten (vgl. § 83 Satz 1 Nr. 1 LBG a.F.) eine besondere Bedeutung zu. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass außerdienstlich begangene Straftaten, deren gesetzlicher Strafrahmen bis zu einer Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren reicht, regelmäßig selbst dann ein disziplinarrechtliches Sanktionsbedürfnis auslösen, wenn das außerdienstliche Fehlverhalten keinen Bezug zur Dienstausübung aufweist. Durch die Bewertung eines Fehlverhaltens als strafbar hat der Gesetzgeber ohnehin zu erkennen gegeben, dass er dieses Verhalten als in besonderem Maße verwerflich ansieht. Dies lässt ohne Weiteres darauf schließen, dass das Fehlverhalten das Ansehen des Beamtentums in einer Weise beschädigt, die im Interesse der Akzeptanz des öffentlichen Dienstes in der Bevölkerung und damit seiner Funktionsfähigkeit nicht hingenommen werden kann. Eine derartige Straftat eines Beamten ist nur dann nicht disziplinarrechtlich relevant, wenn ihr Unrechtsgehalt nach den konkreten Umständen des Falles erkennbar an der unteren Schwelle liegt (vgl. OVG Bautzen, Urteil vom 20. Januar 2017 – 6 A 9/16.D – juris Rn. 55). Ausgehend von diesen Maßstäben ist der außerdienstlich begangene gewerbsmäßige Betrug, der mit einer Freiheitsstrafe von bis zu zehn Jahren geahndet werden kann, als erhebliche Vorsatzstraftat disziplinarwürdig. Ein Sanktionsbedürfnis besteht nicht nur wegen des entstandenen Schadens zu Lasten der Allgemeinheit und der Intensität der Tatbegehung. Zu berücksichtigen ist hierbei auch, dass der Beklagte einen öffentlich-rechtlichen Leistungsträger getäuscht und sich damit in den Augen der Bevölkerung als unredlich erwiesen hat. Wer als Beamter öffentliche Kassen betrügt, überschreitet die Schwelle zur Disziplinarwürdigkeit ohne Weiteres, auch wenn die Tat – wie hier im Fall des Beklagten – keinen Bezug zu seiner Dienstausübung aufweist.
Die Neufassung des Rechts der Landesbeamten mit Wirkung vom 1. April 2009 hat für den Beklagten gegenüber der früheren Rechtslage, die für den vor diesem Stichtag liegenden Tatzeitraum (vier Taten – aktives Tun – am 5. Mai 2007, 18. Dezember 2007, 1. August 2008 und 19. Dezember 2008) galt, keine materiell günstigere Regelung geschaffen, auf die er sich nach dem Rechtsgedanken des § 2 Abs. 3 StGB im Disziplinarverfahren berufen könnte (vgl. BVerwG, Urteil vom 29. März 2012 – 2 A 11.10 – juris Rn. 68 m.w.N.). Die hier maßgebliche Regelung des § 20 Satz 3 LBG a.F. stimmt inhaltlich mit der des § 34 Satz 3 BeamtStG überein. Auch mit der an die Stelle von § 40 Abs. 1 LBG a.F. getretenen Regelung des § 47 Abs. 1 BeamtStG hat der Gesetzgeber kein materiell günstigeres Recht geschaffen, sondern die Norm lediglich an die geschlechterneutrale Sprache angepasst.
3. Das Dienstvergehen des Beklagten erfordert unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls die Aberkennung des Ruhegehalts (§ 12 DiszG). Da der Beklagte, wäre er noch im Dienst, aufgrund seines Fehlverhaltens nach § 10 DiszG aus dem Beamtenverhältnis hätte entfernt werden müssen, ist ihm als Ruhestandsbeamten das Ruhegehalt abzuerkennen.
a) Welche Disziplinarmaßnahme im Einzelfall angemessen ist, richtet sich nach der Schwere des Dienstvergehens unter angemessener Berücksichtigung der Persönlichkeit des Beamten und des Umfangs der durch das Dienstvergehen herbeigeführten Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn oder der Allgemeinheit (§ 13 Abs. 1 Satz 2 bis 4 DiszG). Das Gewicht der Pflichtverletzung ist danach Ausgangspunkt und richtungsweisendes Bemessungskriterium für die Bestimmung der erforderlichen Disziplinarmaßnahme. Dies beruht auf dem Schuldprinzip sowie dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, die auch im Disziplinarverfahren Anwendung finden. Die gegen den Beamten auszusprechende Disziplinarmaßnahme muss daher unter Berücksichtigung aller be- und entlastenden Umstände des Einzelfalls in einem angemessenen und gerechten Verhältnis zur Schwere des Dienstvergehens und zum Verschulden des Beamten stehen (BVerwG, Urteil vom 10. Dezember 2015 – 2 C 6.14 – juris Rn. 12).
Die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis (§ 10 DiszG) als disziplinarrechtliche Höchstmaßnahme ist nur zulässig, wenn der Beamte wegen schuldhafter Verletzung einer ihm obliegenden Pflicht das für die Ausübung seines Amts erforderliche Vertrauen endgültig verloren hat (§ 13 Abs. 2 Satz 1 DiszG). Ruhestandsbeamten wird das Ruhegehalt aberkannt, wenn sie, wären sie noch im Dienst, aufgrund eines solchen Verhaltens aus dem Beamtenverhältnis hätten entfernt werden müssen (§ 13 Abs. 2 Satz 2 DiszG). Nur so können die Integrität des Beamtentums und das Vertrauen in die ordnungsgemäße Aufgabenwahrnehmung der Beamten aufrechterhalten werden. Ist die Weiterverwendung eines Beamten wegen eines von ihm begangenen schweren Dienstvergehens nicht mehr denkbar, muss er durch eine Disziplinarmaßnahme aus dem Beamtenverhältnis entfernt werden. Schwerwiegende Vorsatzstraftaten bewirken generell einen Vertrauensverlust, der unabhängig vom jeweiligen Amt zu einer Untragbarkeit der Weiterverwendung als Beamter führt (BVerwG, Urteil vom 10. Dezember 2015 – 2 C 6.14 – juris Rn. 13).
Da die Schwere des Dienstvergehens nach § 13 Abs. 1 Satz 2 DiszG maßgebendes Bemessungskriterium für die Bestimmung der erforderlichen Disziplinarmaßnahme ist, muss das festgestellte Dienstvergehen nach seiner Schwere einer der im Katalog des § 5 DiszG aufgeführten Disziplinarmaßnahmen zugeordnet werden. Bei der Auslegung des Begriffs „Schwere des Dienstvergehens“ ist maßgebend auf das Eigengewicht der jeweiligen Verfehlung abzustellen. Hierfür können bestimmend sein objektive Handlungsmerkmale (insbesondere Eigenart und Bedeutung der Dienstpflichtverletzung, z.B. Kern- oder Nebenpflichtverletzungen, sowie besondere Umstände der Tatbegehung, z.B. Häufigkeit und Dauer eines wiederholten Fehlverhaltens), subjektive Handlungsmerkmale (insbesondere Form und Gewicht der Schuld des Beamten, Beweggründe für sein Verhalten) sowie unmittelbare Folgen des Dienstvergehens für den dienstlichen Bereich und für Dritte (BVerwG, Urteil vom 10. Dezember 2015 – 2 C 6.14 – juris Rn. 16).
Nach der vom Senat geteilten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts richtet sich bei einem außerdienstlich begangenen Dienstvergehen die grundsätzliche Zuordnung zu einer der Disziplinarmaßnahmen nach dem gesetzlich bestimmten Strafrahmen. Die Orientierung am gesetzlichen Strafrahmen gewährleistet eine nachvollziehbare und gleichmäßige disziplinarische Ahndung außerdienstlicher Dienstvergehen (s. zu außerdienstlichen Untreuehandlungen eines Polizeibeamten BVerwG, Urteil vom 10. Dezember 2015 – 2 C 50.13 – juris Rn. 15).
Das Bundesverwaltungsgericht hat bei einem Strafrahmen von bis zu einem Jahr Freiheitsstrafe bei Fehlen jeglichen Dienstbezuges allenfalls eine Disziplinarmaßnahme im unteren Bereich für angemessen erachtet und bei einem Strafrahmen von bis zu zwei Jahren die Zurückstufung als Orientierungsrahmen für die Maßnahmebemessung angesehen. Kommt ein Dienstbezug hinzu, so kann der Orientierungsrahmen bei einem Strafrahmen bis zu einem Jahr ebenfalls die Zurückstufung, bei einem Strafrahmen bis zu zwei Jahren sogar die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis sein (vgl. BVerwG, Beschluss vom 21. Dezember 2010 – 2 B 29.10 – juris Rn. 14 m.w.N.; s. auch BVerwG, Urteil vom 10. Dezember 2015 – 2 C 50.13 – juris Rn. 16). Fehlt es an einem Bezug des außerdienstlich begangenen Dienstvergehens zur Dienstausübung, ist der Orientierungsrahmen nach Auffassung des erkennenden Senats jedenfalls bei Straftaten, für die ein Strafrahmen von bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe besteht, ebenfalls bis zur Höchstmaßnahme eröffnet. Das ist in der höchstrichterlichen Rechtsprechung in dieser Klarheit noch nicht entschieden worden (vgl. in diesem Zusammenhang zum speziellen Fall eines Polizeibeamten BVerwG, Beschluss vom 21. Juni 2017 – 2 B 83.16 – juris Rn. 7; ferner: VGH München, Urteil vom 5. April 2017 – 16b D 14.2336 – juris Rn. 73).
Ist auf einer ersten Stufe der maßgebliche Orientierungsrahmen bestimmt, dann kann anschließend zur Bestimmung der Schwere des im Einzelfall begangenen Dienstvergehens auf einer zweiten Stufe indiziell auf die von den Strafgerichten ausgesprochene Sanktion zurückgegriffen werden (vgl. näher BVerwG, Urteile vom 10. Dezember 2015 – 2 C 50.13 – juris Rn. 18; vom 18. Juni 2015 – 2 C 9.14 – juris Rn. 37).
Die frühere, vom Verwaltungsgericht im angegriffenen Urteil herangezogene Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur Disziplinarmaßnahmebemessung bei außerdienstlichen Betrugshandlungen mit dem in diesem Zusammenhang aufgestellten Grundsatz, dass bei einem Gesamtschaden von über 5.000 Euro die Entfernung aus dem Dienst ohne Hinzutreten weiterer Erschwerungsgründe gerechtfertigt sein könne (vgl. dessen BVerwG, Beschluss vom 10. September 2010 – 2 B 97.09 – juris Rn. 8 m.w.N.), ist nach alledem überholt (vgl. zu dieser Konsequenz BVerwG, Urteil vom 14. Dezember 2017 – 2 C 12.17 – juris Rn. 38).
Der Beklagte hat – wie bereits erörtert – den Straftatbestand des Betruges in einem besonders schweren Fall gemäß § 263 Abs. 1, Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 Alt. 1 StGB verwirklicht, dessen Strafrahmen eine Freiheitsstrafe bis zu zehn Jahren ausweist. Allein deshalb erstreckt sich der Orientierungsrahmen für die mögliche Disziplinarmaßnahme bis zur Entfernung aus dem Beamtenverhältnis bzw. Aberkennung des Ruhegehalts. Abgesehen davon weist das pflichtwidrige Verhalten des Beamten einen besonderen Bezug zu seinem Beamtenverhältnis auf. Diesem Dienst- und Treueverhältnis ist die Pflicht immanent, schonend mit öffentlichen Vermögenswerten umzugehen. Die mit dem Betrug zum Nachteil einer öffentlichen Kasse verbundene – und angesichts der Schadenshöhe nicht unerhebliche – Treuwidrigkeit rechtfertigt es aus Sicht des Senats gleichermaßen, den Orientierungsrahmen bis zur Höchstmaßnahme als eröffnet anzusehen.
b) Die in Ausfüllung dieses Rahmens zu treffende Bemessungsentscheidung nach Maßgabe des § 13 DiszG führt zu einer Aberkennung des Ruhegehalts, weil der Beklagte durch sein Dienstvergehen das Vertrauen des Klägers und der Allgemeinheit endgültig verloren hat.
aa) Die volle Ausschöpfung des in Anlehnung an die abstrakte Strafandrohung gebildeten Orientierungsrahmens ist hier wegen der besonderen Schwere des Dienstvergehens geboten. Der Leistungsbetrug wiegt sehr schwer. Hierbei handelt es sich nicht nur um ein singuläres Fehlverhalten. Vielmehr erstreckte sich das betrügerische Verhalten auf einen Zeitraum von über zwei Jahren. Belastend wirkt sich zudem aus, dass der Gesamtbetrag der durch den gewerbsmäßigen Betrug erlangten Geldbeträge eine Summe von mehr als 11.000 Euro umfasst und damit sogar weit über dem Schadensbetrag liegt, der nach früherer Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts genügte, um eine Entfernung aus dem Beamtenverhältnis ohne Hinzutreten weiterer Erschwerungsgründe zu rechtfertigen (s. BVerwG, Beschluss vom 10. September 2010 – 2 B 97.09 – juris Rn. 8). Ferner tritt erschwerend hinzu, dass der Beklagte als Beamter einen öffentlich-rechtlichen Leistungsträger betrogen und damit die Allgemeinheit geschädigt hat. Indizielle Bedeutung für die Schwere der begangenen Betrugstat kommt der strafgerichtlich verhängten Freiheitsstrafe von neun Monaten zu. Die strafgerichtliche Sanktion unterschreitet die in § 83 Satz 1 Nr. 1 LBG a.F., § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BeamtStG statuierte Schwelle, wonach die Verurteilung wegen einer vorsätzlichen Tat zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr das Beamtenverhältnis kraft Gesetzes beendet, nur um drei Monate. Dieser Strafausspruch ist Ausdruck einer strafgerichtlich angenommenen Schwere der individuellen Schuld des Beklagten.
Die Schwere des Dienstvergehens wird durch die im Berufungsverfahren erstmals geäußerten Beweggründe des Beklagten nicht maßgeblich relativiert. Der Beklagte hat in diesem Zusammenhang ausgeführt, den Betrug begangen zu haben, um seine wirtschaftliche und persönliche Existenz zu erhalten; er hätte sich infolge der von ihm für seinen an Morbus Crohn erkrankten und in Spanien lebenden Sohn erbrachten Betreuungsleistungen erheblich verschuldet und habe keinen anderen Ausweg gesehen, als zeitweilig Gehaltszahlungen und Sozialhilfe zu beziehen, um seinen Lebensunterhalt zu gewährleisten und die besagten Schulden zurückzuzahlen. Aus Sicht des Senats lässt sich dieses Vorbringen nicht nachvollziehen. Der Senat geht zwar davon aus, dass der in Spanien lebende Sohn des Beklagten an der besagten Krankheit seit dem Jahre 2004 leidet und der Beklagte sich um ihn gekümmert hat. Dem Senat erschließt sich jedoch nicht das von dem Beklagten behauptete Ausmaß der Verschuldung. Nähere Angaben zu seiner wirtschaftlichen und insbesondere finanziellen Situation hat er auch im Berufungsverfahren nicht gemacht. Dazu hätte nicht zuletzt deshalb Anlass bestanden, weil bereits das Verwaltungsgericht unter Hinweis auf die von ihm ausgewerteten Kontoausdrucke zu bedenken gegeben hat, dass von dem Beklagten allein in der Zeit vom 31. Oktober bis zum 21. Dezember 2007 – also noch zu Beginn des Tatzeitraums – Barbeträge von mehr als 10.000 Euro auf eines seiner Sparkonten eingezahlt worden sind. Die von dem Beklagten behauptete Motivation erweist sich auch sonst als unschlüssig, weil nicht zu ersehen ist, aus welchen Gründen der krankenversicherte Sohn auf Geldleistungen seines Vaters hätte angewiesen sein sollen, um etwa seine medizinische Behandlung zu bezahlen. Das Berufungsvorbringen gibt hierüber ebenso wenig Aufschluss wie über Art und Inhalt der von dem Beklagten angeblich finanzierten Betreuungsleistungen, so dass der Zusammenhang zwischen der gesundheitlichen Situation des Sohnes und der behaupteten finanziellen Notlage unklar bleibt. Nach alledem liegt die Annahme einer zu behebenden finanziellen Notlage als motivatorischer Hintergrund seines Handelns fern.
bb) Von der Verhängung der Höchstmaßnahme muss nicht deshalb abgesehen werden, weil dem Beklagten im Tatzeitraum ein durchgreifender anerkannter Milderungsgrund oder sonstige mildernde Umstände, die in ihrer Gesamtheit vergleichbares Gewicht aufweisen, zur Seite stünden.
(1) In der Rechtsprechung „anerkannte“ (klassische) Milderungsgründe greifen nicht zugunsten des Beklagten ein. Diese Milderungsgründe erfassen typisierend Beweggründe und Verhaltensweisen des Beamten, die regelmäßig Anlass für eine noch positive Persönlichkeitsprognose geben und die Verhängung der Höchstmaßnahme ausschließen. Sie sind nach dem Grundsatz „in dubio pro reo“ bereits dann einzubeziehen, wenn hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte für ihr Vorliegen sprechen (vgl. BVerwG, Urteil vom 23. Februar 2012 – 2 C 38.10 – juris Rn. 13 und 15).
Die Voraussetzungen des – nach dem Vortrag des Beklagten allenfalls in Betracht zu ziehenden – „anerkannten“ Milderungsgrundes des „Handelns in einer unverschuldeten, ausweglosen wirtschaftlichen Notlage“ (vgl. BVerwG, Urteil vom 6. Juni 2007 – 1 D 2.06 – juris Rn. 28 m.w.N.) liegen nicht vor. Dieser Milderungsgrund setzt voraus, dass das Verschaffen der Geldmittel allein zu dem Zweck erfolgt, eine für den Beamten existenzielle Notlage abzuwenden oder zu mildern (vgl. BVerwG, Urteil vom 6. Juni 2007, a.a.O., m.w.N.). Es lässt sich bereits nicht nachvollziehen, dass sich der Beklagte – wie er unter Hinweis auf nicht näher substantiierte Schulden behauptet – im fraglichen Tatzeitraum in einer derartigen „existenzbedrohenden" Notlage befunden hat. Hiergegen sprechen bereits die auf seinen Sparkonten bei der A... seinerzeit vorhandenen Geldbeträge sowie seine Einlassung, „immer relativ bescheiden gelebt“ zu haben. Ungeachtet dessen vermag eine bloße Schuldenlast eine „wirtschaftliche Notlage" regelmäßig noch nicht zu begründen, weil dem Beamten zumindest immer der pfändungsfreie Teil seines Gehalts verbleibt (vgl. § 850c, § 850 Abs. 2 ZPO), aus dem er den notwendigen Lebensunterhalt für sich und etwaige Familienangehörige bestreiten kann und muss (BVerwG, Urteil vom 25. April 1989 – 1 D 14.88 – juris Rn. 28).
(2) Auf den Milderungsgrund der „Entgleisung während einer negativen, inzwischen überwundenen Lebensphase“ (vgl. BVerwG, Beschluss vom 15. Juni 2016 – 2 B 49.15 – juris Rn. 13) kann sich der Beklagte ebenfalls nicht stützen. Danach können außergewöhnliche Verhältnisse, die den Beamten während des Tatzeitraums aus der Bahn geworfen haben, mildernd berücksichtigt werden. Dies liegt vor allem dann nahe, wenn sich der Pflichtenverstoß als Folge dieser Verhältnisse darstellt. Allerdings muss der Beamte diese Lebensphase in der Folgezeit überwunden haben (BVerwG, Beschluss vom 9. Oktober 2014 – 2 B 60.14 – juris Rn. 32). Es mangelt bereits an hinreichend belastenden Lebensumständen, die eine negative Lebensphase ausgemacht haben könnten. Die von dem Beklagten geschilderten Umstände (Erkrankung des Sohnes an Morbus Crohn, Suizidalität des Sohnes im Zusammenhang mit der Krankheit, Betreuung des in Spanien lebenden Sohnes, Schulden wegen der für den Sohn zu erbringenden Betreuungsleistungen) mögen in dieser Komplexität das Leben des Beklagten bis zu seinem Wiedereintritt in den Dienst im Dezember 2006 erheblich beeinflusst haben; bis dahin hatte er seinem Sohn zur Seite gestanden und ihm – wie er es in der Berufungsbegründung ausgedrückt hat – geholfen, wieder in das Leben zurückzufinden. Es lässt sich indes nicht erkennen, dass die beschriebene Situation auch nach Aufnahme seines Dienstes weiter fortbestanden hätte. Der Beklagte sah sich in der Lage, wieder in seinem Beruf zu arbeiten, und es bestand für ihn offenbar auch keine weitere Veranlassung, seinen Sohn in Spanien persönlich zu betreuen. An Ansätzen für die Annahme eines „Aus-der-Bahn-geworfen-seins“ im Tatzeitraum fehlt es daher von vornherein.
(3) Sonstige für den Beklagten anzuführende entlastende Umstände weisen weder für sich genommen noch in ihrer Gesamtheit das Gewicht eines „anerkannten“ Milderungsgrundes auf. Hierzu zählt zunächst, dass der Beklagte den Leistungsbetrug eingeräumt hat; dies geschah freilich erst, nachdem die Tat aufgedeckt worden war. Ferner hat sich der Beklagte bemüht, den Schaden wiedergutzumachen und ist der entsprechenden Auflage des Amtsgerichts nachgekommen; allerdings erfolgte dies bisher – ausweislich des Schreibens des JobCenters an den Kläger vom 18. April 2016 (Bl. 72 der Gerichtsakte) – nur zu einem Bruchteil. In diesem Zusammenhang ist zwar von dem Beklagten behauptet worden, sich auch darüber hinaus für eine Wiedergutmachung des Schadens eingesetzt zu haben. Belegt hat er dies aber nicht. In der Summe können diese entlastenden Momente vor dem Hintergrund der Schwere des Dienstvergehens das Absehen von der disziplinaren Höchstmaßnahme nicht rechtfertigen, auch wenn zusätzlich die bereits an anderer Stelle erörterte familiäre Situation des Beklagten in die Beurteilung einbezogen wird.
cc) Bei Berücksichtigung aller zuvor erwogenen Umstände fällt die prognostische Gesamtwürdigung für den Beklagten insgesamt negativ aus. Das außerdienstliche Dienstvergehen wiegt so schwer, dass es die Entfernung eines aktiven Beamten aus dem Beamtenverhältnis erfordern würde. Der Beklagte hat sich im Hinblick auf die Erfüllung grundlegender Dienstpflichten als in hohem Maße unzuverlässig erwiesen und damit das Vertrauen des Dienstherrn und der Allgemeinheit in seine Zuverlässigkeit und Ehrlichkeit, auf das er als Beamter angewiesen war, vollständig zerstört. Der Vertrauensverlust würde ihn für eine weitere Verwendung im Beamtenverhältnis als untragbar erscheinen lassen. Aus dem Persönlichkeitsbild des Beklagten haben sich keine Entlastungsgründe von solchem Gewicht ergeben, dass die prognostische Gesamtwürdigung den Schluss rechtfertigen könnte, das erforderliche Vertrauen sei wiederherstellbar. Dass der Beklagte über einen langen Zeitraum seine Dienstpflichten (mehr oder weniger) beanstandungsfrei erfüllt hat und er disziplinarrechtlich nicht vorbelastet ist, fällt angesichts der Schwere der Verfehlungen nicht ausschlaggebend zu seinen Gunsten ins Gewicht. Jeder Beamte ist verpflichtet, dauerhaft bestmögliche Leistungen bei vollem Einsatz der Arbeitskraft zu erbringen und sich innerhalb und außerhalb des Dienstes achtungs- und vertrauenswürdig zu verhalten. Auch die langjährige Erfüllung dieser Verpflichtung kann nicht dazu führen, dass die Anforderungen an das inner- und außerdienstliche Verhalten abgesenkt werden. Weder die langjährige Beachtung der Dienstpflichten noch (sogar) – hier indes nicht feststellbare – überdurchschnittliche Leistungen sind geeignet, schwere Pflichtenverstöße in einem milderen Licht erscheinen zu lassen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 23. Januar 2013 – 2 B 63.12 – juris Rn. 13).
Die erhebliche Gesamtdauer des Disziplinarverfahrens von inzwischen mehr als neun Jahren führt ebenfalls nicht zur Unverhältnismäßigkeit dieser Maßnahme. Die Dauer des Straf- und Disziplinarverfahrens bietet keine Handhabe, von der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis bzw. der Aberkennung des Ruhegehalts abzusehen, wenn diese Maßnahme geboten ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 28. Februar 2013 – 2 C 3.12 – juris Rn. 53).
III. Hinsichtlich des Unterhaltsbeitrages verbleibt es bei der gesetzlichen Regelung in § 12 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 1 DiszG. Der Beklagte hat keine Umstände glaubhaft gemacht, die auf der Grundlage des § 12 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 10 Abs. 3 Satz 3 DiszG eine Verlängerung der Gewährung notwendig erscheinen ließen, um eine unbillige Härte zu vermeiden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 41 DiszG, § 77 Abs. 1 BDG i.V.m. § 154 Abs. 2 VwGO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 3 DiszG i.V.m. § 167 Abs. 1 Satz 1 VwGO, § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.
Die Revision ist gemäß § 41 DiszG, § 69 BDG in Verbindung mit § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache zuzulassen.