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Gewerbesteuer und Gewerbesteuermessbetrags 2007 bis 2012


Metadaten

Gericht FG Berlin-Brandenburg 6. Senat Entscheidungsdatum 06.05.2014
Aktenzeichen 6 K 6091/12 ECLI
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen

Tenor

Die Bescheide über

• den Gewerbesteuermessbetrag und die Gewerbesteuer für 2007, zuletzt geändert am 11. September 2012,

• den Gewerbesteuermessbetrag und die Gewerbesteuer für 2008, zuletzt geändert am 12. Mai 2011,

• den Gewerbesteuermessbetrag und die Gewerbesteuer für 2009, zuletzt geändert am 12. Mai 2011,

• den Gewerbesteuermessbetrag und die Gewerbesteuer für 2010, zuletzt geändert am 28. Juni 2012,

• den Gewerbesteuermessbetrag und die Gewerbesteuer für 2011 vom 6. August 2012 und

• den Gewerbesteuermessbetrag und die Gewerbesteuer für 2012, zuletzt geändert am 6. Dezember 2013,

alle in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 1. Februar 2012, werden dahingehend geändert, dass nach Anwendung der erweiterten Gewerbesteuerkürzung gem. § 9 Nr. 1 Satz 2 ff GewStG die Gewerbesteuermessbeträge jeweils in Höhe von 0,- € festgesetzt werden.

Die Revision zum Bundesfinanzhof wird zugelassen.

Die Kosten des Verfahrens werden dem Beklagten auferlegt.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs der Klägerin abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

Tatbestand

Streitig ist die erweiterte Gewerbesteuerkürzung gem. § 9 Nr. 1 Satz 2 ff. des Gewerbe-steuergesetzes -GewStG-.

Die Klägerin, eine Familiengesellschaft, wurde im Dezember 2006 im Handelsregister eingetragen. Gegenstand des Unternehmens der Klägerin sind nach dem Gesellschaftsvertrag vom 20. Dezember 2006 die Entwicklung und Verwaltung eigenen Vermögens, insbesondere Immobilienvermögens, und das Halten von Beteiligungen an Immobiliengesellschaften.

Komplementärin der Klägerin ist die am Vermögen nicht beteiligte B… GmbH. Gründungskommanditist war Herr C…, der seine Einlage auf seine Kinder Frau D… (Beteiligung am Kapital der Klägerin: 60 %) und Frau E… (Beteiligung am Kapital der Klägerin: 40 %) übertrug. Zur Geschäftsführung und Vertretung der Klägerin ist allein die Komplementärin befugt, die ihrerseits durch Herrn C… und Frau D… vertreten wird.

Herr C… brachte mit notarieller Urkunde vom 21. Dezember 2006 Beteiligungen an vier Immobiliengesellschaften in der Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts -GbR- in die Klägerin ein. Es handelte sich um folgende Gesellschaften:

 F… GbR

        

 Beteiligung der Klägerin: 50%

 G… GbR

        

 Beteiligung der Klägerin: 45%

 H… GbR

        

 Beteiligung der Klägerin: 45%

 I… GbR

        

 Beteiligung der Klägerin: 40%

Schriftliche Gesellschaftsverträge liegen für die GbR nach Auskunft der Klägerin nicht vor. Die anteiligen Einheitswerte der Grundstücke betrugen:

F…-str. 98 / J…-str. 5

        

324.261,- €

H…-str. 26 / K…-str. 5

        

220.763,- €

I…-str. 112

        

326.572,- €

G…-str. 110/110a

        

4.808.470,- €

L…-str. 7-9, K…-str. 3

        

151.117,- €

                

5.831.183,- €           

Ausweislich der Gewinn- und Verlustrechnungen der Klägerin bezog sie in den Streitjahren ihre Erträge nahezu ausschließlich aus diesen Beteiligungen sowie – in geringem Umfang – aus Zinsen. Die GbR erzielten ihrerseits Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung gem. § 21 EStG, die von den zuständigen Finanzämtern einheitlich und gesondert festgestellt wurden. Die auf die Klägerin entfallenden Einkünfte der GbR wurden auf Ebene der Klägerin in gewerbliche Einkünfte umqualifiziert.

In ihren Gewerbesteuererklärungen für die Jahre 2007 bis 2009 machte die Klägerin die erweiterte Gewerbesteuerkürzung gem. § 9 Nr. 1 Satz 2 ff. GewStG geltend, und der Beklagte setzte den Gewerbesteuermessbetrag zunächst unter Berücksichtigung der erweiterten Kürzung mit jeweils 0,- € fest. Die Bescheide standen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gem. § 164 Abs. 1 Abgabenordnung -AO-.

Am 12. Mai 2011 erließ der Beklagte geänderte Bescheide über den Gewerbesteuermessbetrag und die Gewerbesteuer für 2007 bis 2009, in denen er nunmehr die erweiterte Kürzung versagte (Gewerbesteuermessbetrag 2008: 38.300,- €; Gewerbesteuermessbetrag 2009: 48.692,- €). Auch die einfache Kürzung in Höhe von 1,2 % des anteilig auf die Klägerin entfallenden Einheitswerts der Grundstücke der GbR gem. § 9 Nr. 1 Satz 1 GewStG nahm der Beklagte nicht vor. Zudem erließ der Beklagte Bescheide zur Festsetzung von Gewerbesteuervorauszahlungen für 2010 bis 2012.

Der Beklagte begründete dieses Vorgehen damit, dass es sich bei der Klägerin um eine Beteiligungsgesellschaft handele. Das Halten einer Beteiligung an einer grund-stücksverwaltenden Mitunternehmerschaft schließe die erweiterte Kürzung aus (Verweis auf Bundesfinanzhof -BFH-, Urteil vom 17. Oktober 2002 I R 24/01, Bundessteuerblatt -BStBl.- II 2003, 355).

Mit Schreiben vom 3. Juni 2011 legte die Klägerin Einspruch gegen die genannten Bescheide ein, der jedoch keinen Erfolg hatte und durch eine Einspruchsentscheidung des Beklagten vom 1. Februar 2012 zurückgewiesen wurde. Allerdings teilte der Beklagte der Klägerin im Einspruchsverfahren mit, dass die einfache Kürzung gem. § 9 Nr. 1 Satz 1 GewStG zu gewähren sei, und bat die Klägerin um Mitteilung der Einheitswerte des Grundbesitzes der GbR.

Mit ihrer am 1. März 2012 bei Gericht eingegangen Klage begehrt die Klägerin weiterhin die Anerkennung der erweiterten Gewerbesteuerkürzung.

Am 29. Februar 2012 hat der Beklagte Bescheide über den Gewerbesteuermessbetrag und die Gewerbesteuer für 2010 erlassen. Am 12. Juni 2012 und am 28. Juni 2012 hat der Beklagte die Bescheide für 2010 geändert, nachdem die Klägerin die Gewerbesteuererklärung eingereicht hatte (Gewerbesteuermessbetrag 2010: 3.878,- €). Am 6. August 2012 hat der Beklagte Bescheide über den Gewerbesteuermessbetrag und die Gewerbesteuer für 2011 erlassen (Gewerbesteuermessbetrag 2011: 27.461,- €). Am 6. Dezember 2013 sind die Bescheide für 2012 ergangen (Gewerbesteuermessbetrag 2012: 11.273,- €). Am 27. August 2012 und am 11. September 2012 hat der Beklagte geänderte Bescheide über den Gewerbesteuermessbetrag und die Gewerbesteuer für 2007 erlassen (Gewerbesteuermessbetrag 2007: 41.650,- €). Der Beklagte hat in sämtlichen Bescheiden für 2010 bis 2012 die erweiterte Kürzung nicht berücksichtigt.

Die Klägerin macht geltend, dass es sich bei den GbR im Streitfall nicht um Mitunternehmerschaften handele. Die gemeinschaftliche Verwaltung von Miteigentum sei für die erweiterte Kürzung unschädlich. Die Frage, ob es sich um eigenen Grundbesitz der Klägerin handele, sei nicht nach zivilrechtlichen, sondern nach ertragsteuerlichen Kriterien zu entscheiden. Nach § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO werde die Gesamthandsbeteiligung in „ideelle Anteile“ an den einzelnen Wirtschaftsgütern umqualifiziert. Deshalb halte die Klägerin eigenen Grundbesitz. Auch die Entscheidung des BFH vom 19. Oktober 2010 (a. a. O.) sei auf den hier vorliegenden Fall nicht übertragbar; denn in dem vom BFH entschiedenen Fall habe es sich um eine Beteiligung an einer vermögensverwaltenden Kommanditgesellschaft gehandelt. Zudem habe die GmbH in dem vom BFH entschiedenen Fall schon deshalb eine kürzungsschädliche Tätigkeit ausgeübt, weil sie Komplementärin der KG gewesen sei. Die Sicht der Klägerin werde auch durch den Beschluss des Großen Senats vom 11. April 2005 (GrS 2/02, BStBl. II 2005, 679) gestützt, wenn dort für den betrieblich beteiligten Gesellschafter ausgeführt werde, dass „die Anteile dieses Gesellschafters an den Wirtschaftsgütern der Gesellschaft bei ihm Betriebsvermögen“ seien.

Die Klägerin beantragt,

die Bescheide über

· den Gewerbesteuermessbetrag und die Gewerbesteuer für 2007, zuletzt geändert am 11. September 2012,

· den Gewerbesteuermessbetrag und die Gewerbesteuer für 2008, zuletzt geändert am 12. Mai 2011,

· den Gewerbesteuermessbetrag und die Gewerbesteuer für 2009, zuletzt geändert am 12. Mai 2011,

· den Gewerbesteuermessbetrag und die Gewerbesteuer für 2010, zuletzt geändert am 28. Juni 2012,

· den Gewerbesteuermessbetrag und die Gewerbesteuer für 2011 vom 6. August 2012 und

· den Gewerbesteuermessbetrag und die Gewerbesteuer für 2012, zuletzt geändert am 6. Dezember 2013,

alle in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 1. Februar 2012, dahingehend zu ändern, dass nach Anwendung der erweiterten Gewerbesteuerkürzung gem. § 9 Nr. 1 Satz 2 ff GewStG die Gewerbesteuermessbeträge jeweils in Höhe von 0,- € festgesetzt werden,

hilfsweise, die einfache Kürzung gem. § 9 Nr. 1 Satz 1 GewStG zu gewähren.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die erweiterte Gewerbesteuerkürzung sei zu versagen. Das Halten einer Beteiligung an einer Kommanditbeteiligung an einer gewerblich geprägten, vermögensverwaltenden KG verstoße gegen das Ausschließlichkeitsgebot des § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG. Es fehle an der Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes. Das Halten der Beteiligung stelle eine kürzungsschädliche Tätigkeit dar. Dies gelte nach dem Urteil des BFH vom 19. Oktober 2010 (I R 67/09, BFHE 232, 914, BStBl II 2011, 367) selbst dann, wenn es sich um eine nicht gewerblich geprägte, vermögensverwaltende KG handele. Maßgebend sei nach der Entscheidung des BFH, dass die Komplementär-GmbH aufgrund der Fiktion des § 8 Abs. 2 Körperschaftsteuergesetz -KStG- kürzungsschädliche gewerbliche Einkünfte erziele. Der Grundbesitz der Untergesellschaft werde vom BFH nicht als anteiliger Grundbesitz der Obergesellschaft betrachtet. Damit sei nach der Rechtsprechung des BFH das zivilrechtliche Eigentum und nicht die wirtschaftliche Zurechnung entscheidend. Die Entscheidung des Großen Senats vom 11. April 2005 beinhalte keine Aussage zur erweiterten Kürzung. Die Klägerin berufe sich zu Unrecht darauf, dass zwischen einer Beteiligung an einer KG und der an einer GbR zu unterscheiden sei; denn auch eine GbR sei zivilrechtlich rechtsfähig und verfüge über eigenes Gesamthandsvermögen. Im Übrigen stelle auch das Halten der Beteiligung an der GbR eine schädliche Tätigkeit dar, weil die Klägerin als gewerblich geprägte Personengesellschaft Einkünfte aus Gewerbebetrieb gem. § 15 EStG erziele. Aufgrund der BFH-Entscheidung vom 19. Oktober 2010, a. a. O., sei davon auszugehen, dass generell jede Beteiligung an einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft den Gesellschaftern keinen eigenen Grundbesitz vermittele.

Ob bei vermögensverwaltenden Gesellschaften die Bruchteilsbetrachtung gelte, sei nicht a priori vorgegeben, sondern richte sich nach den Erfordernissen der konkreten steuerlichen Norm (Verweis auf BFH-Urteil vom 26. April 2012 IV R 44/09, BStBl II 2013, 142). Bei der erweiterten Kürzung sei die zivilrechtliche Betrachtung vorrangig. Dies stehe auch nicht in Widerspruch zu § 20 der Gewerbesteuerdurchführungsverordnung -GewStDV-, denn dort sei lediglich geregelt, dass das Bewertungsgesetz nicht anzuwenden sei. Die Auffassung des Beklagten werde durch die Entscheidungen der Finanzgerichte Hessen (Urteil vom 7. Mai 2012 8 K 2580/11, juris) und Köln (Urteil vom 10. Februar 2011 13 K 2516/07, EFG 2011, 1492) bestätigt. Die Klägerin verwalte auch fremden Grundbesitz.

Der Senat hat mit Beschluss vom 8. Mai 2012 (6 V 6142/12) die Vollziehung der Bescheide über den Gewerbesteuermessbetrag 2007 bis 2009 sowie die Festsetzung von Gewerbesteuervorauszahlungen 2010 bis 2012 bis zur Entscheidung in der Hauptsache ausgesetzt.

Die Beteiligten haben auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.

Es ist zwischen den Beteiligten unstreitig, dass bei Anwendung der erweiterten Gewerbesteuerkürzung die Gewerbesteuermessbeträge der Streitjahre mit 0,- € festzusetzen wären. Es ist weiter unstreitig, dass jedenfalls die einfache Kürzung gem. § 9 Nr. 1 Satz 1 GewStG zu gewähren ist.

Entscheidungsgründe

I. Die Klage ist unzulässig, soweit sie gegen die Gewerbesteuerbescheide gerichtet ist; denn insoweit handelt es sich um Folgebescheide der Gewerbesteuermessbescheide, die nicht mit Einwendungen gegen den Grundlagenbescheid angegriffen werden können (§ 42 der Finanzgerichtsordnung -FGO- in Verbindung mit § 351 Abs. 2 AO).

II. Hinsichtlich der Streitjahre 2010 bis 2012, für die zunächst Vorauszahlungsbescheide zum Gewerbesteuermessbetrag und zur Gewerbesteuer ergangen sind, die die Klägerin angefochten hat, hat sich das Einspruchsverfahren an den während des gerichtlichen Verfahrens ergangenen Bescheiden über den Gewerbesteuermessbetrag und die Gewerbesteuer fortgesetzt (BFH-Urteil vom 23. April 2009 IV R 73/06, BFHE 225, 343, BStBl II 2010, 40).

III. Im Übrigen ist die zulässige Klage begründet. Die angefochtenen Gewerbesteuermessbescheide für 2007 bis 2012 sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO). Der Beklagte hat zu Unrecht die erweiterte Kürzung gem. § 9 Nr. 1 Satz 2 ff. GewStG versagt. Denn in den Streitjahren beschränkten sich die Aktivitäten der Klägerin auf die Verwaltung eigener Grundstücke.

1. Die Klägerin unterhält als gewerblich geprägte Personengesellschaft (§ 15 Abs. 3 Nr. 2 Satz 1 EStG) einen Gewerbebetrieb und unterliegt gemäß § 2 Abs. 1 GewStG mit diesem Betrieb der Gewerbesteuer.

2. Gemäß § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG tritt auf Antrag bei Unternehmen, die ausschließlich eigenen Grundbesitz oder neben eigenem Grundbesitz eigenes Kapitalvermögen verwalten und nutzen oder daneben Wohnungsbauten betreuen oder Einfamilienhäuser, Zweifamilienhäuser oder Eigentumswohnungen errichten und veräußern, an Stelle der Kürzung gemäß Satz 1 der Vorschrift (= 1,2 v.H. des Einheitswerts des zum Betriebsvermögen gehörenden Grundbesitzes) die Kürzung um den Teil des Gewerbeertrages, der auf die Verwaltung und Nutzung des eigenen Grundbesitzes entfällt. Begünstigt sind nur die Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes (Vermögensverwaltung). Zweck der sog. erweiterten Kürzung ist es, die Erträge aus der bloßen Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes der kraft ihrer Rechtsform gewerbesteuerpflichtigen Gesellschaften von der Gewerbesteuer aus Gründen der Gleichbehandlung mit Steuerpflichtigen freizustellen, die nur Grundstücksverwaltung betreiben (dazu grundlegend BFH-Urteil vom 18. April 2000 VIII R 68/98, BFHE 192, 100, BStBl II 2001, 359, m.w.N.). Eine Betätigung, die nicht zu den in § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG genannten unschädlichen Nebentätigkeiten zählt, schließt daher die sog. erweiterte Kürzung aus.

3. Die mitunternehmerische Beteiligung eines grundstücksverwaltenden Unternehmens an einer ebenfalls grundstücksverwaltenden, aber gewerblich geprägten Personengesellschaft verstößt nach ständiger Rechtsprechung gegen das Ausschließlichkeitsgebot des § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG. Es fehle an der Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes, weil Wirtschaftsgüter, die bürgerlich-rechtlich oder wirtschaftlich Gesamthandsvermögen einer gewerblich tätigen oder einer gemäß § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG gewerblich geprägten Personenhandelsgesellschaft seien, einkommensteuerrechtlich grundsätzlich zu deren Betriebsvermögen und nicht zu dem ihrer Gesellschafter gehörten. Zudem soll das Halten der Beteiligung nicht zum Katalog der prinzipiell unschädlichen Tätigkeiten in § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG gehören und auch deshalb der erweiterten Kürzung entgegen stehen (BFH-Urteile vom 22. Januar 1992 I R 61/90, BFHE 167, 144, BStBl II 1992, 628; vom 19. Oktober 2010 I R 67/09, BFH 232, 194, BStBl II 2011, 367).

Nach der Entscheidung des BFH vom 19. Oktober 2010, a. a. O., soll dies auch gelten, wenn die Beteiligung an einer nicht gem. § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG gewerblich geprägten, sondern einer vermögensverwaltend tätigen A… GmbH & Co. KG besteht. Da es sich bei der A… GmbH & Co. KG um eine sog. Zebragesellschaft handele, erwirtschafte die Komplementär-GmbH in diesem Rahmen kürzungsschädliche gewerbliche Einkünfte, nicht aber – wie die KG – solche aus Vermietung und Verpachtung. Der von der Untergesellschaft verwaltete und genutzte Immobilienbestand sei trotz des § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO auch nicht als ausschließlich eigener Grundbesitz der Obergesellschaft anzusehen. Denn bei dem von der Untergesellschaft genutzten Grundbesitz handele es sich um deren Gesamthandsvermögen, und die bei einer sog. Zebragesellschaft vorzunehmende Einkunftsqualifikation auf Gesellschafterebene führe dazu, dass jedenfalls teilweise von fremdem Grundbesitz ausgegangen werden müsse, da der Grundbesitz der grundstücksverwaltenden Personengesellschaft nur im Rahmen der Beteiligung an jener Gesellschaft dem Betriebsvermögen der Gesellschafter zuzurechnen sei.

Auch wenn die Entscheidung des BFH zu einer KG und nicht zur GbR ergangen ist, wird sie überwiegend so verstanden, dass der BFH für sämtliche vermögensverwaltende Gesellschaften davon ausgeht, dass diese ihren Gesellschaftern keinen eigenen Grundbesitz vermitteln können (vgl. Wendt, Finanzrundschau -FR- 2011, 435).

4. Der Senat ist der Auffassung, dass im Streitfall die Beteiligung der Klägerin an den vermögenverwaltenden GbR die erweiterte Kürzung nicht ausschließt (kritisch zu der Rechtsprechung des BFH auch Schmidt/Mertgen, FR 2011, 468; Demleitner, Betriebsberater -BB- 2011, 1190; Borggräfe/Schüppen, Der Betrieb -DB- 2012, 1644; Sanna, Deutsches Steuerrecht -DStR- 2012, 1365 und 1989; Fröhlich, DStR 2013, 377).

a) Aufgrund ihrer gewerblichen Prägung (§ 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG) erzielte die Klägerin zwar gewerbliche Einkünfte, während die GbR vermögensverwaltend tätig waren und Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung gem. § 21 EStG erzielten. Dass die ihr zuzurechnenden Einkünfte der GbR bei der Klägerin in gewerbliche Einkünfte umqualifiziert werden, schließt die erweiterte Kürzung aber nicht aus, weil es gerade deren Funktion ist, nur aufgrund der Rechtsform gewerbliche Einkünfte zu entlasten.

b) Die Klägerin verwaltete eigenen Grundbesitz. Dem steht nicht entgegen, dass die Grundstücke zivilrechtlich im Eigentum der GbR standen; denn es kommt für die erweiterte Gewerbesteuerkürzung nicht auf das zivilrechtliche Eigentum der GbR an, sondern auf die ertragsteuerliche Zurechnung der Wirtschaftsgüter zum Betriebsvermögen der Klägerin, die im Streitfall zu bejahen ist.

aa) Eigener Grundbesitz im Sinne des § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG ist der zum Betriebsvermögen des Unternehmers gehörende Grundbesitz. Die Begriffe „eigener Grundbesitz“ und „zum Betriebsvermögen des Unternehmers gehörender Grundbesitz“ sind bedeutungsgleich (BFH-Urteil vom 22. Januar 1992 I R 61/90, BFHE 167, 144, BStBl II 1992, 628, m.w.N; Borggräfe/Schüppen, DB 2012, 1644, 1645). Ob und inwieweit Grundbesitz zum Betriebsvermögen des Unternehmers gehört, richtet sich nach den Vorschriften des EStG (BFH-Urteil vom 22. Januar 1992 I R 61/90, BFHE 167, 144, BStBl II 1992, 628, m.w.N.); denn gem. § 20 GewStDV ist die Frage, ob und inwieweit im Sinne des § 9 Nr. 1 GewStG Grundbesitz zum Betriebsvermögen des Unternehmers gehört, nach den Vorschriften des Einkommensteuergesetzes oder des Körperschaftsteuergesetzes zu entscheiden. Entgegen der Auffassung des Beklagten regelt § 20 GewStDV, wie sein Wortlaut belegt, nicht nur die Unanwendbarkeit des Bewertungsgesetzes, sondern verweist konkret auf die einkommensteuerliche Zuordnung.

bb) Wirtschaftsgüter, die mehreren zur gesamten Hand zustehen, werden den Beteiligten nach § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO anteilig zugerechnet, soweit eine getrennte Zurechnung für die Besteuerung erforderlich ist. In einem solchen Fall ist der steuerrechtlichen Beurteilung nicht das Gesamthandsvermögen zugrunde zu legen; dieses ist nach der Bruchteilsbetrachtung in entsprechende Anteile der Gesellschafter an den Wirtschaftsgütern der Gesamthand umzuwandeln (Fischer in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 39 AO Rz 242). Die Bruchteilsbetrachtung ist nach § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO anzuwenden, wenn die maßgebliche steuerrechtliche Norm dies erfordert (Wacker, DStR 2005, 2014). Es besteht insoweit weitgehend Einigkeit, dass zu differenzieren ist:

(1) Bei gewerblichen Personengesellschaften wird das Gesamthandsvermögen den mitunternehmerisch Beteiligten für Zwecke der Besteuerung nicht anteilig zugerechnet (BFH-Urteile vom 3. Februar 2010 IV R 26/07, BFHE 228, 365, BStBl II 2010, 751, unter II.4.a; vom 28. November 2002 III R 1/01, BFHE 201, 133, BStBl II 2003, 250; vom 22. Januar 1992 I R 61/90, BFHE 167, 144, BStBl II 1992).

(2) Anders ist dies bei vermögensverwaltenden Personengesellschaften: Wird ein Gesellschaftsanteil an einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft von einem Gesellschafter im Betriebsvermögen gehalten, führt dies dazu, dass die Anteile an den Wirtschaftsgütern der vermögensverwaltenden Gesellschaft bei dem Gesellschafter Betriebsvermögen sind (Beschluss des Großen Senats des BFH vom 11. April 2005 GrS 2/02, BFHE 209, 399, BStBl II 2005, 679, unter C.2.; BFH-Urteil vom 26. April 2012 IV R 44/09; BFHE 237, 453, BStBl II 2013, 142; Schmidt/Wacker, EStG, 33. Aufl. 2014, § 15 Rn. 201, Paul in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, § 15 EStG Anm. 1473).

Der Senat sieht keinen Grund, von dieser grundsätzlichen ertragsteuerlichen Zuordnung des Vermögens vermögensverwaltender Gesellschaften im Rahmen der erweiterten Kürzung abzuweichen. Zwar stellt – worauf der BFH in diversen Entscheidungen zu Recht hingewiesen hat – die erweiterte Kürzung ein Privileg dar, dessen Voraussetzungen eng zu interpretieren sind. Gleichwohl müssen bei der Auslegung die anerkannten ertragsteuerlichen Grundsätze berücksichtigt werden.

cc) Der Annahme eigenen Grundbesitzes steht auch nicht entgegen, dass an den GbR neben der Klägerin weitere Gesellschafter mit einem Anteil am Vermögen beteiligt waren. Dies folgt wiederum aus § 20 GewStDV. Nach § 20 Abs. 2 GewStDV ist der Kürzung nach § 9 Nr. 1 des Gesetzes nur der entsprechende Teil des Einheitswerts zugrunde zu legen, wenn der Grundbesitz nur zum Teil zum Betriebsvermögen im Sinne des Absatzes 1 gehört. Dies muss entsprechend für die erweiterte Kürzung gelten, die also nicht schon deshalb ausgeschlossen ist, weil das Grundstück nur teilweise dem Betriebsvermögen des von der erweiterten Kürzung potentiell Begünstigten angehört (a. A. wohl BFH-Urteil vom 19. Oktober 2010, a. a. O.).

c) Die Klägerin hat auch keine Nebentätigkeiten ausgeübt, die die erweiterte Kürzung ausschließen würden.

aa) Der Senat schließt sich der Prämisse des BFH im Urteil vom 19. Oktober 2010, a. a. O., nicht an, wonach das Halten einer Beteiligung an einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft eine kürzungsschädliche Tätigkeit sei.

Diese Auffassung des Senats beruht insbesondere darauf, dass schon der Gesellschaftsanteil an einer (mitunternehmerischen) Personengesellschaft kein eigenständiges Wirtschaftsgut darstellt (BFH-Urteile vom 6. Mai 2010 IV R 52/08, BFHE 229, 279, BStBl II 2011, 261; vom 26. April 2012 IV R 44/09; BFHE 237, 453, BStBl II 2013, 142). Dies gilt erst recht für Beteiligungen an nur vermögensverwaltenden Gesellschaften. Es liegt in der Konsequenz der vollständigen ertragsteuerlichen Transparenz vermögensverwaltender Gesellschaften, dass es ertragsteuerlich gar keine Beteiligungen an solchen Gesellschaften gibt. Vielmehr werden die Gegenstände des Gesamthandsvermögens der vermögensverwaltenden Gesellschaftern den Gesellschaftern unmittelbar zugerechnet. Es liegt daher ertragsteuerlich gar keine Beteiligung vor, die gehalten werden könnte. Vielmehr hält der Gesellschafter der vermögensverwaltenden Personengesellschaft unmittelbar deren Wirtschaftsgüter. Der Anteil am Vermögen der vermögensverwaltenden Gesellschaft ist das Wirtschaftsgut im Betriebsvermögen des Gesellschafters.

Im Übrigen stellt das Halten einer Beteiligung nach Auffassung des Senats schon begrifflich keine Tätigkeit dar; denn es ist nicht mit einer Aktivität verbunden. Das „Halten einer Beteiligung“ umschreibt vielmehr einen Zustand und bringt die rechtliche Zuordnung der Beteiligung zum Gesellschafter zum Ausdruck.

bb) Die erweiterte Kürzung ist auch nicht deshalb ausgeschlossen, weil die Klägerin die Geschäftsführung der GbR übernommen hat.

Allerdings wäre die entgeltliche (Mit-)Verwaltung fremden Grundbesitzes eine Nebentätigkeit, die die erweiterte Gewerbesteuerkürzung ausschließen würde. Denn eine solche Tätigkeit wäre weder der Verwaltung eigenen Grundvermögens zuzurechnen, noch läge eine der Tätigkeiten gem. § 9 Nr. 1 Sätze 2 und 3 GewStG vor, die zwar ihrerseits nicht begünstigt sind, die Gewährung der erweiterten Kürzung aber nicht ausschließen. Der abschließende Katalog der als unschädlich anzusehenden Nebentätigkeiten umfasst die Verwaltung und Nutzung eigenen Kapitalvermögens, die Betreuung von Wohnungsbauten und die Errichtung und Veräußerung von Einfamilienhäusern, Zweifamilienhäusern, Eigentumswohnungen und Teileigentum.

Es liegt aber im Streitfall keine entgeltliche Mitverwaltung fremden Grundbesitzes, nämlich des Grundbesitzes der anderen GbR-Gesellschaften, vor:

Zwar war die Klägerin gem. § 709 des Bürgerlichen Gesetzbuchs -BGB- zur Geschäftsführung und gem. § 714 BGB zur Vertretung der GbR berechtigt. Sie hat diese Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnisse aber tatsächlich nicht genutzt; denn tatsächlich wurden die Geschäfte der GbR durch Herrn C… und Frau D… sowie durch die M… GmbH geführt. Auch wenn hinsichtlich des Herrn C… und der Frau D… eine Personenidentität zur Geschäftsführung der Komplementär-GmbH der Klägerin besteht, die auch durch weitere Vereinbarungen gesichert wurde, kann daraus nicht abgeleitet werden, dass Herr C… und Frau D… dabei für die Klägerin tätig geworden sind.

Im Übrigen wäre selbst eine aktive Verwaltung des Gesamthandsvermögens durch die Klägerin unschädlich, wenn dies – wie im Streitfall – unentgeltlich geschieht. Kürzungsschädlich sind nämlich nur mit Gewinnerzielungsabsicht ausgeübte Tätigkeiten. Denn bei Tätigkeiten ohne Gewinnerzielungsabsicht liegt schon der Art nach keine gewerbesteuerpflichtige Tätigkeit vor (vgl. BFH-Urteile vom 22. Januar 1992 I R 61/90, BFHE 167, 144, BStBl II 1992, 628; vom 31. Juli 1980 I R 30/77, BFHE 130, 543, BStBl II 1980, 662; Roser in Lenski/Steinberg, GewStG, § 9 Nr. 1 Rn. 126; a.A. wohl BFH-Urteil vom 5. März 2008 I R 56/07, BFH/NV 2008, 1359). Da die erweiterte Kürzung auf Erträge abstellt, ist nicht die weitere Tätigkeit als solche kürzungsschädlich, sondern nur etwaige Erträge aus dieser weiteren Tätigkeit (Roser in Lenski/Steinberg, GewStG, § 9 Nr. 1 Rn. 126).

IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO in Verbindung mit § 136 Abs. 1 Satz 3 FGO, weil die Klägerin nur in geringem Umfang unterlegen ist. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 151 FGO in Verbindung mit § 708 Nr. 10, § 711 Zivilprozessordnung.

V. Der Senat hat die Revision zugelassen, weil die Frage, ob die Beteiligung an einer vermögensverwaltenden Gesellschaft die erweiterte Gewerbesteuerkürzung ausschließt, grundsätzliche Bedeutung hat (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO). Zudem weicht der Senat wohl von der Rechtsprechung des BFH ab (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO).