Gericht | OVG Berlin-Brandenburg 9. Senat | Entscheidungsdatum | 01.09.2014 | |
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Aktenzeichen | OVG 9 N 94.12 | ECLI | ||
Dokumententyp | Beschluss | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 124 VWGO, § 124a VWGO, § 2 KAG BB, Art 401 EGRL 112/2006 |
Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Potsdam vom 10. Mai 2012 wird abgelehnt.
Die Kosten des Zulassungsverfahrens trägt der Kläger.
Der Streitwert wird für die zweite Rechtsstufe auf 43.000 EUR festgesetzt.
Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen (§ 124a Abs. 4 Satz 1 VwGO). Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist (§ 124a Abs. 4 Satz 2 VwGO). Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 VwGO dargelegt ist und vorliegt (§ 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO).
Danach ist die Berufung hier nicht zuzulassen. Ausgangspunkt der Prüfung, ob Berufungszulassungsgründe vorliegen (§ 124 Abs. 2 VwGO), sind allein die fristgerechten Darlegungen der Rechtsmittelführer (§ 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO).
Die Darlegungen des Klägers wecken keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Er hat keinen tragenden Rechtssatz oder keine erhebliche Tatsachenfeststellung in der Weise schlüssig angegriffen.
Soweit gerügt wird, die Vergnügungssteuersatzung der Stadt Potsdam vom 30. Oktober 2006 sei mangels Genehmigung nach § 2 Abs. 2 Satz 1 KAG nichtig, kann dem nicht gefolgt werden. Einer solchen Genehmigung bedurfte es vorliegend nicht. Dies hat der Senat bereits im Eilverfahren (OVG 9 S 15.12) ausgeführt. Hieran hält er nach nochmaliger Überprüfung fest.
Eine Satzung, mit der eine Steuer im Lande erstmalig oder erneut eingeführt werden soll, bedarf zu ihrer Rechtswirksamkeit der Genehmigung des Steuergegenstandes durch das Ministerium des Innern im Einvernehmen mit dem Ministerium der Finanzen (§ 2 Abs. 2 Satz 1 KAG). Eine Steuer gilt als erstmalig eingeführt, wenn die Genehmigung nach [§ 2 Abs. 2] Satz 1 Halbsatz 2 [KAG] erteilt wurde (§ 2 Abs. 2 Satz 2 KAG). Eine bereits eingeführte Steuer, die während eines Zeitraumes von mehr als fünf Jahren im Lande nicht erhoben wurde, ist erneut einzuführen, wenn die Steuer wiederum erhoben werden soll (§ 2 Abs. 2 Satz 3 KAG).
Danach war die Vergnügungssteuersatzung vom 30. Oktober 2006 nicht genehmigungspflichtig. Durch sie ist Vergnügungssteuer auf Spielapparate im Land Brandenburg nicht erstmalig oder erneut eingeführt worden. Zwar gilt die Vergnügungssteuer auf Spielapparate nicht nach § 2 Abs. 2 Satz 2 KAG als erstmalig eingeführt, weil eine ministerielle Genehmigung insoweit nach § 2 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 KAG zuvor bereits für eine andere Vergnügungssteuersatzung erteilt worden wäre. Indessen ist die Vergnügungssteuer auf Spielapparate dadurch im Sinne des § 2 Abs. 2 Satz 1 KAG eingeführt worden, dass die Gesetzgeber ihre Erhebung durch das Vergnügungssteuergesetzes vom 27. Juni 1991 vorgesehen hat. Diese Einführung hat nach § 2 Abs. 2 Satz 3 KAG im Zeitpunkt des Erlasses der Vergnügungssteuersatzung der Stadt Potsdam zeitlich noch getragen, denn der Erlass der Vergnügungssteuersatzung vom 30. Oktober 2006 ist nur wenige Monate nach Aufhebung des Vergnügungssteuergesetzes durch das Erste Gesetz zum Abbau von bürokratischen Hemmnissen im Land Brandenburg vom 28. Juni 2006 erfolgt. Soweit der Zulassungsantrag meint, eine Steuer könne im Sinne des § 2 Abs. 2 Satz 1 KAG nur durch eine ministeriell genehmigte Satzung und nicht durch ein Gesetz eingeführt werden, überzeugt das nicht. Die Genehmigungspflicht des § 2 Abs. 2 Satz 1 KAG soll sicherstellen, dass Gemeinden keine Steuersatzungen erlassen, deren Steuergegenstand den steuerpolitischen und sonstigen Zielsetzungen des Landes widerspricht (vgl. OVG NW, Urteil vom 18. Juni 2009 - 14 A 1577/07 -, juris). Diese Prüfung hat der Landesgesetzgeber in § 2 Abs. 2 Satz 1 KAG zwar dem Innenministerium und dem Finanzministerium übertragen. Das heißt aber nicht, dass er selbst keine Steuern einführen und damit kundtun könnte, dass der betreffende Steuergegenstand mit den steuerpolitischen und sonstigen Zielsetzungen des Landes im Einklang steht; der Landesgesetzgeber ist durch das Kommunalabgabengesetz nicht gebunden. Hebt der Landesgesetzgeber die gesetzliche Regelung einer bestimmten Steuer auf, mag das darauf beruhen, dass er den Steuergegenstand nunmehr nicht mehr als im Einklang mit den steuerpolitischen oder sonstigen Zielsetzungen des Landes stehend ansieht. In diesem Fall kann er durch eine gesetzliche Formulierung klarstellen, dass er die gesetzliche Einführung des Steuergegenstandes ex nunc zurücknimmt ("Eine Steuer auf … wird im Land Brandenburg nicht erhoben."). Tut er das nicht, ist kein Grund dafür ersichtlich, warum eine einmal gesetzlich erfolgte Einführung der Steuer zeitlich weniger weit tragen sollte als die Einführung auf der Grundlage einer ministeriell genehmigten Satzung. So liegt es auch hier, wobei nur ergänzend darauf hinzuweisen ist, dass der Gesetzgeber bei Aufhebung des Vergnügungssteuergesetzes im Jahre 2006 ausweislich der Gesetzesmaterialien lediglich den Kommunen selbst die Entscheidung über die Frage überlassen wollte, ob sie für ihr Gebiet eine entsprechende Steuer erheben wollten oder nicht (vgl. die Einzelbegründung zu Art. 22 Nr. 1 des Ersten Gesetzes zum Abbau von bürokratischen Hemmnissen im Land Brandenburg, LT-Drs. 4/2735); den Steuergegenstand „Verkehrsteuer mit Blick auf Spielgeräte“ hat er erkennbar auch weiterhin als im Einklang mit den steuerpolitischen und sonstigen Zielen des Landes im Einklang stehend angesehen.
Auch die klägerische Rüge, die Vergnügungssteuer verstoße gegen europäisches Unionsrecht, greift nicht durch. Das Verwaltungsgericht hat sich hier zutreffend auf eine ständige höchstrichterliche Rechtsprechung bezogen, die von einer entsprechenden Europarechtskonformität der deutschen Besteuerung ausgeht. Zudem hat der Europäische Gerichtshof mittlerweile in anderer Sache entschieden (C-440/12), dass die deutschen Regelungen über eine Besteuerung von Spielgeräten nicht gegen europäisches Recht, insbesondere den in Bezug genommenen Art. 33 RL 77/388/EWG, jetzt Art. 401 MwStSystRL 2006/112/EG, verstoßen.
Aus vorstehenden Gründen hat die Sache auch keine grundsätzliche Bedeutung (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO). Die Frage, ob ein Steuergegenstand statt durch ministerielle Genehmigung auch durch den Gesetzgeber eingeführt werden könnte, bedarf keiner höchstrichterlichen Klärung. Vielmehr lässt sich diese Frage - wie oben geschehen - ohne Weiteres bejahen.
Auch ein Verfahrensmangel durch Missachtung rechtlichen Gehörs (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO) kommt - soweit der Kläger diesen Zulassungsgrund überhaupt selbständig neben den anderen geltend machen wollte - nicht in Betracht. Zunächst ist nicht ersichtlich, dass sich das Verwaltungsgericht mit der klägerischen Argumentation, wonach eine steuergesetzgeberische Tätigkeit die ministerielle Genehmigung nicht ersetzen könne, nicht auseinandergesetzt hätte. Allein der Umstand, dass hierzu nicht vertieft sondern nur am Rande Stellung genommen wurde, stützt nicht die Annahme eines Verfahrensverstoßes. Zudem wäre der vorgebrachten Argumentation – selbst wenn sie nicht beachtet worden wäre – nicht zu folgen gewesen, so dass das Urteil nicht auf dem Verfahrensfehler beruhen könnte.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 47 Abs. 3 und 1, § 52 Abs. 3 des Gerichtskostengesetzes (GKG).
Dieser Beschluss ist gemäß § 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 3 Satz 5 und § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG unanfechtbar.