Gericht | VG Frankfurt (Oder) 5. Kammer | Entscheidungsdatum | 04.06.2020 | |
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Aktenzeichen | 5 K 1597/17 | ECLI | ECLI:DE:VGFRANK:2020:0604.5K1597.17.00 | |
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen |
Der Abwasserbeitragsbescheid vom 10. November 2015 und der Widerspruchsbescheid vom 30. März 2017 werden aufgehoben.
Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung der Vollstreckungsgläubigerin i. H. von 110% des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin wendet sich gegen ihre Heranziehung zu einem Abwasserbeitrag durch die Beklagte.
Die Klägerin ist seit dem 22. September 2005 Eigentümerin mehrerer Flurstücke in E..., belegen in der Flur, Flurstücke 4... und 6... mit der postalischen Anschrift S... . Die Klägerin unterhält auf den genannten Flurstücken, ihrem Betriebsgrundstück, einen Werftbetrieb. Sie firmierte nach dem 01. Juni 1990 unter dem Namen O... als selbständiger Betrieb. Im Jahr 1999 ging das Unternehmen in die Insolvenz und wurde danach von einer ehemaligen Mitarbeiterin übernommen. Seitdem firmiert der Betrieb in E... als GmbH unter dem Namen N... . Vor der Insolvenz im Jahre 1999 standen neben den streitgegenständlichen weitere Flurstücke (Flurstücke 7... und 8... ) im Eigentum der Rechtsvorgängerin der Klägerin. Diese Flurstücke bildeten insgesamt das damalige Betriebsgrundstück der O... . Sämtliche Flurstücke waren ursprünglich auf dem Grundbuchblatt des Grundbuchs von E... verzeichnet; die streitgegenständlichen Grundstücke sind nunmehr sämtlich im Grundbuch von E... auf Bl. eingetragen. Die Beteiligten gehen davon aus, dass die o.g. gesamten Flurstücke bis zur Insolvenz der O... im Jahre 1999 gemäß dem wirtschaftlichen Grundstücksbegriff eine Einheit bildeten. Zufolge ihren übereinstimmenden Angaben wurde dieses Betriebsgrundstück des damaligen Betriebsteils E... des V... bereits zu DDR-Zeiten an die öffentliche Kanalisation angeschlossen.
Der Zweckverband „T... “ (T... “) gilt nach dem Feststellungsbescheid des L... vom 15. November 2000 als entstanden. Entstehungszeitpunkt ist der 27. August 1993.
Der von der Beklagten vertretene T... “ erließ erstmals im Jahre 1993 die Satzung über die Erhebung von Beiträgen und Gebühren für die Abwasserableitung und -behandlung des T... “ vom 3. September 1993 - Beitrags- und Gebührensatzung - (BS 1993; öffentlich bekannt gemacht in der „Märkischen Oderzeitung“ vom 28. Dezember 1994 – Lokalausgabe Eisenhüttenstadt). Diese Satzung mit formellem Geltungsanspruch trat am Tage nach ihrer Veröffentlichung in Kraft (§ 20 BS 1993). Gemäß ihrem § 3 unterlagen der Beitragspflicht u.a. Grundstücke, die an die zentrale öffentliche Abwasseranlage angeschlossen werden können und zwar auch solche Grundstücke, für die eine bauliche oder gewerbliche Nutzung nicht festgesetzt ist, wenn sie nach der geordneten baulichen Entwicklung in der Gemeinde zur Bebauung oder gewerblichen Nutzung anstehen (§ 3 Abs. 1 lit. a) BS 1993), ferner an die öffentliche Abwasseranlage tatsächlich angeschlossene Grundstücke (§ 3 Abs. 1 lit. b) BS 1993). Die BS 1993 sah in ihrem § 4 Abs. 3 lit. c), dieser überschrieben mit „Beitragsmaßstab, Beitragssatz“, hinsichtlich der anrechenbaren Grundstücksfläche eine pauschale Tiefenbegrenzungsregelung vor.
Erste rechtswirksame Beitragssatzung des T... “ ist die Satzung über die Erhebung von Beiträgen für die Abwasserableitung und –behandlung des T... – Beitragssatzung (BS 2011) vom 16. November 2011 gewesen, die gemäß § 14 BS 2011 am Tage nach ihrer öffentlichen Bekanntmachung, mithin am 24. Februar 2012, in Kraft getreten ist (öffentliche Bekanntmachung im „Amtsblatt für den Landkreis Oder-Spree“ Nr. 2 vom 23. Februar 2012, S. 9-14).
In ihrer Sitzung am 04. November 2013 beschloss die Verbandsversammlung des T... die z. Zt. Gültigkeit beanspruchende „Satzung über die Erhebung von Beiträgen für die Abwasserableitung und –behandlung des T... - Beitragssatzung (BS 2013) vom 04. November 2013, die zufolge § 14 BS 2013 rückwirkend zum 24. Februar 2012 in Kraft getreten ist.
Die Beklagte zog die Klägerin mit Bescheid vom 10. November 2015 zu einem Abwasserbeitrag i. H. von 47.343,12 € heran. Der von der Klägerin hiergegen erhobene Widerspruch vom 18. November 2015, den die Klägerin nachfolgend im wesentlichen mit der Verfassungswidrigkeit der Beitragserhebung wegen eingetretener hypothetischer Festsetzungsverjährung begründete, wurde von der Beklagten mit Widerspruchsbescheid vom 30. März 2017 zurückgewiesen. Die Beklagte hielt den Widerspruch für unbegründet. Der Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 12. November 2015 sei hier nicht einschlägig. Aufgrund der bis zum 31. Dezember 1999 geltenden Satzungslage, die eine Tiefenbegrenzung beinhaltet habe, hätte die wirtschaftliche Einheit des damaligen Betriebsgrundstücks – bestehend aus den auf Bl. des Grundbuchs eingetragenen Flurstücken, nur bis zu einer Tiefe von 50m veranlagt werden können (§ 4 Abs. 3 lit. c) BS 1993). Grundstücksflächen, die außerhalb der Tiefenbegrenzung gelegen hätten, mithin die streitgegenständlichen Flurstücke, seien noch nicht beitragspflichtig gewesen, da hier die sachliche Beitragspflicht aufgrund der Tiefenbegrenzungsregelung in der Satzung noch nicht entstanden sei. Erst mit der Übertragung der streitbefangenen Flurstücke auf die Klägerin im Jahre 2005 sei die sachliche Beitragspflicht entstanden. Die veranlagten Flurstücke bildeten zusammen eine neue wirtschaftliche Einheit. Zudem sei der Bescheid sachlich und rechnerisch richtig.
Die Klägerin hat am 24. April 2017 Anfechtungsklage erhoben. Sie bringt vor, es handle sich um ein sog. Altanschließer-Grundstück, für das eine Beitragserhebung nunmehr ausgeschlossen sei. Die Klägerin verweist auf die diesbezügliche Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG), die für ihre - das Betriebsgrundstück bildende - Flurstücke einschlägig sei. Entgegen der Behauptung der Beklagten hätten die veranlagten Grundstücke nach der Übertragung auf die Klägerin im Jahre 2005 keine neue wirtschaftliche Einheit gebildet.
Die Klägerin beantragt,
den Abwasserbeitragsbescheid 9... vom 10. November 2015 und den Widerspruchsbescheid vom 30. März 2017 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hält die Klage für unbegründet. Sie meint, der Grundbesitz der Rechtsvorgängerin der Klägerin habe zwar eine wirtschaftliche Einheit gebildet, der Beitragsgegenstand sei jedoch erst aufgrund der Veräußerung aus diesem Grundbesitz der Rechtsvorgängerin an die Klägerin entstanden. Die hier allein interessierenden Grundstücke seien insgesamt nach dem 31. Dezember 1999 durch die Eigentumseintragung der Klägerin im Grundbuch im Jahre 2005 beitragsrechtlich relevant und auch anschlusspflichtig geworden, da die sachliche Beitragspflicht für die klägerischen Grundstücke erst zu diesem Zeitpunkt entstanden sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und den Verwaltungsvorgang der Beklagten Bezug genommen, die vorgelegen haben und Gegenstand der Entscheidungsfindung gewesen sind.
Die zulässige Klage, über die das Gericht mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheiden konnte, § 101 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO, hat Erfolg. Der angefochtene Abwasserbeitragsbescheid vom 10. November 2015 und der Widerspruchsbescheid vom 30. März 2017 sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 S. 1 VwGO.
A.
Der angefochtene Beitragsbescheid findet die nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Kommunalabgabengesetz für das Land Brandenburg (KAG) erforderliche satzungsrechtliche Ermächtigungsgrundlage nicht in der allein in Betracht kommenden „Satzung über die Erhebung von Beiträgen für die Abwasserableitung und –behandlung des T... - Beitragssatzung (BS 2013) vom 04. November 2013, die zufolge § 14 BS 2013 rückwirkend zum 24. Februar 2012 in Kraft getreten und im „Amtsblatt für den Landkreis Oder-Spree“ Nr. 12 vom 22. November 2013 auf den Seiten 7-12 öffentlich bekannt gemacht worden ist. Diese Satzung ist zwar formell und materiell rechtmäßig und leidet nicht an Fehlern, die zu ihrer Unwirksamkeit führen würden. Sie enthält auch die nach § 2 Abs. 2 Satz 2 KAG notwendigen Bestandteile, nämlich Bestimmungen über den Kreis der Abgabenschuldner in § 6 BS 2013, den die Abgabe begründenden Tatbestand (§§ 1 Nr. 2, 2 Nr. 1 BS 2013), den Maßstab und den Satz der Abgabe in § 4 BS 2013 sowie den Zeitpunkt ihrer Fälligkeit, § 8 Nr. 2 BS 2013).
B.
Vorliegend hat das klägerische Betriebsgrundstück mit den insgesamt veranlagten fünf Flurstücken 4... und 6... nach den übereinstimmenden Angaben der Beteiligten die Anschlussmöglichkeit bzw. den tatsächlichen Anschluss an die öffentliche Abwasseranlage bereits zu DDR-Zeiten oder früher erhalten; insoweit bestimmt § 8 Abs. 7 Satz 2 KAG in der seit dem 01. Februar 2004 geltenden Fassung des „Zweiten Gesetzes zur Entlastung der Kommunen von pflichtigen Aufgaben“, dass die Beitragspflicht nicht schon mit der Anschlussmöglichkeit des betroffenen Grundstücks entsteht, sondern frühestens mit dem Inkrafttreten der (ersten) rechtswirksamen Satzung. Die erste rechtswirksame Beitragssatzung beeinflusst den nach § 8 Abs. 7 Satz 2 KAG (n.F.) gesetzlich bestimmten Zeitpunkt der Entstehung der sachlichen Beitragspflicht und legt diesen fest. Das Entstehen der sachlichen Beitragspflicht richtet sich dann nach § 8 Abs. 7 Satz 2 KAG (n.F.), wenn die erste wirksame Satzung nach dem 01. Februar 2004 in Kraft trat (OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 12. Dezember 2007, - 9 B 45.06 -, juris). So liegt der Fall hier.
I.
Denn vorliegend ist die Satzung über die Erhebung von Beiträgen für die Abwasserableitung und –behandlung des T... – Beitragssatzung – vom 16. November 2011 (BS 2011), die gemäß § 14 BS 2011 am Tage nach ihrer öffentlichen Bekanntmachung, mithin am 24. Februar 2012, in Kraft getreten ist (öffentliche Bekanntmachung im „Amtsblatt für den Landkreis Oder-Spree“ Nr. 2 vom 23. Februar 2012, S. 9-14), als - jedenfalls hinsichtlich der Beitragserhebung - erste rechtswirksame Beitragssatzung zu behandeln (vgl. Beschluss der Kammer vom 16. Oktober 2013 – VG 5 L 277/13; Urteil der Kammer vom 17. Juni 2015 – VG 5 K 1314/13, S. 4f.).
II.
Der von der Beklagten vertretene Zweckverband hat in vorherigen Rechtsstreitigkeiten geltend gemacht, dass alle zuvor erlassenen Beitragssatzungen wegen eines Verstoßes gegen das Aufwandsüberschreitungsverbot nichtig gewesen seien. Der T... “ habe es zudem versäumt, im Rahmen der Kalkulation des Beitragssatzes auch die sog. altangeschlossenen Grundstücke heranzuziehen (vgl. Urteil der Kammer vom 17. Juni 2015 – VG 5 K 1314/13, a.a.O.). Dass es sich hier anders verhalten könnte, ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.
III.
Die Klägerin kann hier indes nicht mehr zu einem Kanalanschlussbeitrag herangezogen werden, da der o.g. § 8 Abs. 7 Satz 2 KAG (n.F.) keine Anwendung findet und es bei der Regelung des § 8 Abs. 7 Satz 2 KAG (a.F.) verbleibt. Danach entstand die Beitragspflicht, „sobald das Grundstück an die Einrichtung oder Anlage angeschlossen werden kann, frühestens jedoch mit dem Inkrafttreten der Satzung; die Satzung kann einen späteren Zeitpunkt bestimmen“.
1. Denn § 8 Abs. 7 Satz 2 KAG (n.F.) entfaltet bei Anwendung in Fällen, in denen Beiträge nach § 8 Abs. 7 Satz 2 KAG (a.F.) nicht mehr erhoben werden könnten, echte Rückwirkung, verstößt also gegen das rechtsstaatliche Rückwirkungsverbot (BVerfG, stattgebender Kammerbeschluss vom 12. November 2015 - 1 BvR 2961/14 -, - 1 BvR 3051/14 -, juris Rn. 39, 51). Zwar ist die Änderung des § 8 Abs. 7 Satz 2 KAG nicht formell rückwirkend, sondern am 01. Februar 2004 in Kraft getreten. Gleichwohl hat das BVerfG den materiell rückwirkenden Charakter der Gesetzesänderung festgestellt und hierzu ausgeführt:
„Nach § 8 Abs. 7 Satz 2 KAG Bbg a.F. in seiner Auslegung durch das Oberverwaltungsgericht war für den Zeitpunkt der Entstehung der sachlichen Beitragspflicht der Zeitpunkt der ersten Beitragssatzung mit formellem Geltungsanspruch maßgeblich (OVG Brandenburg, Urteil vom 8. Juni 2000 - 2 D 29/98.NE -, juris, Rn. 43 ff.; Urteil vom 5. Dezember 2001 - 2 A 611/00 -, MittStGB Bbg. 2002, S. 126 <131> - Urteil vom 27. März 2002 - 2 A 480/00 - S. 15 f.; Urteil vom 3. Dezember 2003 - 2 A 733/03 -, LKV 2004, S. 555 <556>). Für die Frage, zu welchem Zeitpunkt die sachliche Beitragspflicht entsteht, war danach unerheblich, ob die erste Satzung wirksam war. Die sachliche Beitragspflicht für die betroffenen Grundstücke konnte, wenn die erste Beitragssatzung unwirksam war, nur noch durch eine nachfolgende wirksame Beitragssatzung begründet werden, die rückwirkend auf das Datum des formalen Inkrafttretens der ersten, unwirksamen Beitragssatzung (oder den darin geregelten späteren Zeitpunkt für die Entstehung der sachlichen Beitragspflicht) in Kraft gesetzt wurde. War zum Zeitpunkt des Erlasses der wirksamen Satzung - wie in den Fällen der Beitragsschuldnerinnen - die Festsetzungsfrist von vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die unwirksame Satzung in Kraft treten sollte, bereits abgelaufen, konnte die Beitragspflicht nur für eine "juristische Sekunde" entstehen, war dann aber gemäß § 12 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b KAG Bbg in Verbindung mit § 169 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, § 170 Abs. 1 AO sofort verjährt und damit erloschen (vgl. § 12 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe b KAG Bbg in Verbindung mit § 47 AO).“
(BVerfG, Stattgebender Kammerbeschluss vom 12. November 2015 – 1 BvR 2961/14 –, Rn. 45, juris)
§ 8 Abs. 7 Satz 2 KAG (n.F.) ist dabei nicht als „Klarstellung“ sondern als konstitutive Änderung der alten Rechtslage zu behandeln (BVerfG a.a.O. Rn. 47). Denn für den Zeitpunkt des Entstehens der sachlichen Beitragspflicht und damit auch für den Zeitpunkt des Verjährungsbeginns kam es lediglich auf das formelle Inkrafttreten der ersten unwirksamen Beitragssatzung, nicht aber auf das Inkrafttreten einer wirksamen Satzung an (BVerfG, Stattgebender Kammerbeschluss vom 12. November 2015 – 1 BvR 2961/14 –, Rn. 50, juris).
2. Soweit die sachliche Beitragspflicht mangels einer vor der Neuregelung erlassenen wirksamen Satzung noch nicht entstanden und damit auch nicht wegen Festsetzungsverjährung erloschen war (vgl. § 12 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe b KAG in Verbindung mit § 47 AO), liegt aber ein nachträglicher Eingriff in einen abgeschlossenen Sachverhalt dennoch vor, weil auch hier eine Veranlagung der Grundstücke der Klägerin zu einem Herstellungsbeitrag rechtlich nicht mehr möglich gewesen wäre, wenn es bei der seinerzeitigen Gesetzeslage geblieben wäre. Die sachliche Beitragspflicht konnte für diese Grundstücke nach § 8 Abs. 7 Satz 2 KAG (a.F.) nicht mehr wirksam entstehen. Wäre eine auf den 29. Dezember 1994 - den Tag des beabsichtigten Inkrafttretens der ersten unwirksamen Satzung über die Erhebung von Beiträgen und Gebühren für Abwasser vom 03. September 1993 - rückwirkende wirksame Beitragssatzung beschlossen worden, wäre die vierjährige Festsetzungsfrist gemäß § 12 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b KAG in Verbindung mit § 169 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, § 170 Abs. 1 AO in Lauf gesetzt worden und Festsetzungsverjährung mit Ablauf des 31. Dezember 1998 eingetreten. Die Forderungen wären dann in der "juristischen Sekunde" ihres Entstehens erloschen (s. BVerfG, Stattgebender Kammerbeschluss vom 12. November 2015 – 1 BvR 2961/14 –, Rn. 52, juris).
Dies hat im Ergebnis zur Folge, dass es in den oben genannten Fällen bei der Regelung des § 8 Abs. 7 Satz 2 KAG (a.F.) verbleibt (OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 11. Februar 2016 – OVG 9 B 1.16 -, juris Rn. 30). § 8 Abs. 7 Satz 2 KAG (a.F.) in der bereits vom Oberverwaltungsgericht für das Land Brandenburg vorgenommenen Auslegung ist mithin nach wie vor auf diejenigen Fälle anwendbar, in denen der Anschlussbeitrag zum Zeitpunkt der KAG - Gesetzesänderung (1. Februar 2004) bereits festsetzungsverjährt gewesen wäre, wenn der Satzungsgeber eine wirksame Beitragssatzung erlassen hätte, die auf den nach § 8 Abs. 7 Satz 2 KAG (a.F.) maßgeblichen Zeitpunkt zurückgewirkt hätte (Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 11. Februar 2016 – OVG 9 B 1.16 –, Rn. 30, juris). Genauso verhält es sich hier.
3. Denn vorliegend bedeutet die Anwendung der Vorschrift des § 8 Abs. 7 Satz 2 KAG (n.F.) auch im Falle der Klägerin eine echte Rückwirkung i. S. d. Rechtsprechung des BVerfG. § 8 Abs. 7 Satz 2 KAG (n.F.) eröffnet in Fällen, in denen Beiträge nach der alten Rechtslage nicht mehr erhoben werden konnten, erneut die Möglichkeit, die Beitragsschuldner zu Anschlussbeiträgen heranzuziehen (BVerfG, stattgebender Kammerbeschluss vom 12. November 2015 – 1 BvR 2961/14, 1 BvR 3051/14 –, Rn. 52, juris). Zwar war hier die sachliche Beitragspflicht mangels einer vor der Neuregelung (durch die BS 2011) erlassenen wirksamen Satzung noch nicht entstanden und damit auch nicht wegen Festsetzungsverjährung erloschen (vgl. § 12 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe b KAG in Verbindung mit § 47 Abgabenordnung - AO). Ein nachträglicher Eingriff in einen abgeschlossenen Sachverhalt liegt aber dennoch vor, weil eine Veranlagung des (derzeitigen) Betriebsgrundstücks der Klägerin zu einem Herstellungsbeitrag rechtlich nicht mehr möglich gewesen wäre, wenn es bei der seinerzeitigen Gesetzeslage geblieben wäre. Die sachliche Beitragspflicht konnte für dieses Grundstück nach § 8 Abs. 7 Satz 2 KAG (a.F.) nicht mehr wirksam entstehen, da in Anwendung dieser Vorschrift mit dem Entstehen der Beitragspflicht (eine entsprechend weit zurückwirkende und zugleich wirksame Satzung unterstellt) sogleich die Festsetzungsverjährung einträte. Wie oben dargelegt entstand gemäß § 8 Abs. 7 Satz 2 KAG (a.F.) die sachliche Anschlussbeitragspflicht eines Grundstücks nach § 8 Abs. 4 KAG, sobald das Grundstück an die Einrichtung oder Anlage angeschlossen werden kann, frühestens jedoch mit dem Inkrafttreten der Satzung, wobei die Satzung einen späteren Zeitpunkt bestimmen kann. Die Vorschrift ist nach der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Brandenburg (Urteil vom 8. Juni 2000 - 2 D 29/98.NE -, juris, Rn. 43 ff.) und der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg (u.a. Urteil vom 12. Dezember 2007 - OVG 9 B 45.06 -, Juris Rn. 54, 58 m.w.N.) dahin zu verstehen, dass eine formell oder materiell rechtswidrige und damit nichtige Beitragssatzung wegen ihrer Nichtigkeit zwar nicht ausreicht, um die sachliche Beitragspflicht entstehen zu lassen, ihr Erlass aber gleichwohl für den Zeitpunkt bedeutsam ist, zu dem die sachliche Beitragspflicht überhaupt noch durch eine nachfolgende wirksame Satzung zur Entstehung gebracht werden kann.
a) Zum einen ist das in der ersten Beitragssatzung mit formalem Geltungsanspruch geregelte Inkrafttretensdatum (oder das in ihr nach § 8 Abs. 7 Satz 2 Halbsatz 2 KAG (a. F.) geregelte spätere Datum) unbeschadet der fehlenden Wirksamkeit der Satzung der Zeitpunkt, zu dem nach dem Willen des Gesetzgebers die sachliche Beitragspflicht für alle bis dahin schon anschließbaren Grundstücke zur Entstehung gebracht werden muss.
b) Zum anderen reicht das Vorhandensein einer solchen Satzung aus, um in Bezug auf alle erst später anschließbaren Grundstücke das Datum der Schaffung der Anschlussmöglichkeit zu dem für die Entstehung der sachlichen Beitragspflicht maßgeblichen Zeitpunkt zu machen. Eine nachfolgende wirksame Satzung kann die sachliche Beitragspflicht für die genannten Grundstücke nur begründen, soweit sie mit Rückwirkung auf diese Zeitpunkte erlassen wird. Durch diese Auslegung des § 8 Abs. 7 Satz 2 KAG (a. F.) wird sichergestellt, dass der Beginn der gesetzlichen Festsetzungsfrist (§ 12 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b KAG in Verbindung mit § 170 Abs. 1 AO) nicht vom Erlass der ersten rechtswirksamen Satzung abhängt und sich damit unter Umständen um viele Jahre nach hinten verschieben kann, soweit Satzungen immer wieder wegen Rechtsfehlern unwirksam sind (vgl. zum Vorstehenden insgesamt: OVG Berlin-Brandenburg - OVG 8 B 1.16 -, juris, Rn. 29).
4. Wäre demgemäß eine auf den 29. Dezember 1994 - den (spätesten) Zeitpunkt, an dem die erste unwirksame Satzung des T... mit formellem Geltungsanspruch in Kraft gesetzt wurde - rückwirkende wirksame Beitragssatzung beschlossen worden, wäre in Bezug auf das damalige Betriebsgrundstück (der Rechtsvorgängerin der Klägerin) die vierjährige Festsetzungsfrist gemäß § 12 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b KAG in Verbindung mit § 169 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, § 170 Abs. 1 AO in Lauf gesetzt worden und Festsetzungsverjährung mit Ablauf des 31. Dezember 1998 eingetreten. Die Beitragsforderungen wären dann in der "juristischen Sekunde" ihres Entstehens erloschen.
5. Denn das Betriebsgrundstück der Rechtsvorgängerin der Klägerin war bereits zu DDR-Zeiten oder früher an die (bestehende) öffentliche Schmutzwasserkanalisation angeschlossen worden. Die schon zu DDR-Zeiten vorhandene technische Einrichtung gehörte damit rechtlich zum Anfangsbestand der zentralen Schmutzwasserbeseitigungsanlage des T... “. Mithin verfügte das damalige Betriebsgrundstück mit Anschluss an diese Anlage im Sinne der oben zitierten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts über die rechtlich gesicherte tatsächliche Inanspruchnahmemöglichkeit (vgl. Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 11. Februar 2016 – OVG 9 B 1.16 –, juris, Rn. 34).
6. Insbesondere auch für solche Grundstücke musste die Anschlussbeitragspflicht nach § 8 Abs. 7 Satz 2 KAG (a.F.) bereits zu dem Zeitpunkt zur Entstehung gebracht werden, zu dem die schon im Jahr 1993 erlassene erste Beitragssatzung mit formalem Geltungsanspruch das - wenn auch unwirksam - vorgesehen hat, mit der Folge, dass die hypothetische Festsetzungsverjährung - wie oben dargelegt - schon in den 90er Jahren eingetreten wäre. Einen rechtzeitigen Beitragsbescheid betreffend das streitgegenständliche Grundstück, der einem schutzwürdigen Vertrauen der Klägerin hätte entgegenwirken können, hat die Beklagte nicht erlassen; der Beitragsbescheid vom 10. November 2015 ist insoweit zu spät gekommen. Gilt für den Fall der Klägerin - wie dargestellt - noch § 8 Abs. 7 Satz 2 KAG (a.F.), so reicht die erst am 24. Februar 2012 in Kraft getretene erste rechtswirksame Beitragssatzung des T... schon von ihrem zeitlichen Anwendungsbereich her nicht aus, um die sachliche Beitragspflicht für das Grundstück der Klägerin zur Entstehung zu bringen; diese Satzung und die nachfolgende Beitragssatzung vom 04. November 2013 gehen für das Grundstück der Klägerin ins Leere (vgl. Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 11. Februar 2016 – OVG 9 B 1.16 –, Rn. 34f., juris).
7. Die Beklagte meint allerdings, die sachliche Beitragspflicht für das aus mehreren Flurstücken bestehende Betriebsgrundstück der Klägerin sei erst im Jahre 2005 entstanden, weil das jetzige Betriebsgrundstück der Klägerin erst nach dem Erwerb von Teilflächen des ursprünglichen Betriebsgrundstücks von der Rechtsvorgängerin der Klägerin entstanden sei. Indes verfängt dieses Vorbringen nach Auffassung des Gerichts nicht. Im Ansatz zutreffend ist zwar festzustellen, dass die für die Beitragserhebung interessierenden Flächen zu wirtschaftlichen Grundstücken zusammengefasst werden müssen. Entscheidend ist dabei die Situation zum Ende des Jahres 1999 (zum maßgeblichen Zeitpunkt vgl. bereits zusammenfassend OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 11. Februar 2016 – 9 B 1.16 – und Beschluss vom 20. Dezember 2016 – 9 S 27.16). Zu diesem Zeitpunkt bestand das Betriebsgrundstück der Rechtsvorgängerin der Klägerin unstreitig neben den das jetzige Betriebsgrundstück der Klägerin bildenden Flurstücken noch aus weiteren Flurstücken, nämlich den Flurstücken 7... und 8... . Auch die Beklagte geht davon aus, dass zum maßgeblichen Zeitpunkt eine wirtschaftliche Einheit in Bezug auf alle damals noch auf dem Grundbuchblatt verzeichneten Flurstücke bestand (vgl. zum wirtschaftlichen Grundstücksbegriff bereits OVG für das Land Brandenburg, Urteil vom 26. September 2002 – 2 D 9/02.NE; vgl. auch VG Frankfurt (Oder), Urteil vom 19. Februar 2020 – 5 K 2572/17 –, Rn. 41 - 43, juris).
8. Es trifft ferner zu, dass das damalige Betriebsgrundstück der ehemaligen O..., welches damals (und heute) vollständig innerhalb des im Zusammenhang bebauten Ortsteils belegen war (und ist), aufgrund der in § 4 Abs. 3 lit. c) BS 1993 enthaltenen Tiefenbegrenzung von 50m nicht in vollem Umfang zu einem Herstellungsbeitrag hätte veranlagt werden können. Dies betrifft indes allein die Veranlagung im konkreten Einzelfall mit Blick auf die anrechenbare Grundstücksfläche und nicht die hier allein streitentscheidende Frage der Entstehung der sachlichen Beitragspflicht. Die sachliche Beitragspflicht ist für das als wirtschaftliche Einheit aufzufassende gesamte Betriebsgrundstück entstanden. Denn die Tiefenbegrenzungsregelung ist eine nur in Ausnahmefällen widerlegbare Vermutung, dass der diesseits der Begrenzungslinie liegende Teil des Grundstücks Bauland ist. Die damit verbundene und im Recht der leitungsgebundenen Einrichtungen allgemein als zulässig angesehene Pauschalierung wirkt sich in Einzelfällen mehr oder weniger zu Lasten einzelner Beitragspflichtiger aus (vgl. Oberverwaltungsgericht für das Land Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 13. November 2001 – 4 K 16/00 –, Rn. 44, juris). Dementsprechend reicht es auch aus, im Tatbestand an das (wirtschaftliche) Grundstück als Objekt der Beitragspflicht ohne Tiefenbegrenzung anzuknüpfen; die bevorteilte Fläche (Bauland) ist auch dann bestimmbar und bei der Veranlagung in jedem Einzelfall individuell zu bestimmen (vgl. Oberverwaltungsgericht für das Land Brandenburg, Urteil vom 26. September 2002 – 2 D 9/02.NE –, Rn. 56, juris).
9. Im Übrigen hätte der T... eine auf den 29. Dezember 1994 rückwirkende wirksame Beitragssatzung nach der zugrunde zu legenden Rechtslage vor dem 31. Dezember 1999 jedenfalls nicht mit einer pauschalen Tiefenbegrenzungsregelung versehen dürfen.
Eine (pauschale) Tiefenbegrenzung war jedenfalls bis zur Änderung des KAG durch Art. 2 Ziff. 4 lit. b) des am 13. April 1999 in Kraft getretenen Gesetzes zur Verbesserung der rechtlichen Rahmenbedingungen kommunaler Daseinsvorsorge im Land Brandenburg vom 7. April 1999 (GVBl. I S. 90) und der hierdurch eingefügten Vorschrift des § 8 Abs. 6 Satz 3 KAG, dass eine Tiefenbegrenzung in der Satzung nur zulässig ist, wenn das Tiefenbegrenzungsmaß der typischen Tiefe der Bebaubarkeit oder gewerblichen Nutzbarkeit im Beitragsgebiet entspricht, nach allgemeinen Grundsätzen jedenfalls bei Grundstücken nicht zu rechtfertigen, die insgesamt dem unbeplanten Innenbereich nach § 34 BauGB zuzuordnen sind und denen daher insgesamt Baulandqualität zukommt (vgl. Oberverwaltungsgericht für das Land Brandenburg, Urteil vom 08. Juni 2000 – 2 D 29/98.NE –, Rn. 73, juris; Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 23. März 2000 – OVG 2 A 226/98 –, Rn. 67, juris). Eine wirksame Beitragssatzung, die sich Rückwirkung zum beabsichtigten Inkrafttretenszeitpunkt der ersten BS 1993 als maßgeblichen Entstehungszeitpunkt der sachlichen Beitragspflicht beimisst, hätte demnach zum einen in der Regel keine pauschale Tiefenbegrenzung enthalten dürfen und zum anderen hätte ab dem 13. April 1999 gemäß § 8 Abs. 6 S. 3 KAG (a.F.) eine satzungsmäßige Tiefenbegrenzungsregelung jedenfalls dieser Bestimmung („typische Tiefe der Bebaubarkeit“) entsprechen müssen.
Schließlich hätte der Zweckverband bei Erlass einer auf den 29. Dezember 1994 rückwirkenden wirksamen Beitragssatzung auch nicht die Regelung in § 8 Abs. 6 Satz 6 KAG (n.F.) anziehen können, wonach die Satzung für Grundstücke innerhalb im Zusammenhang bebauter Ortsteile und im Außenbereich ein pauschales Tiefenbegrenzungsmaß vorsehen kann. Diese ist erst nach dem 31. Dezember 1999 mit dem zweiten Gesetz zur Entlastung der Kommunen von pflichtigen Aufgaben vom 17. Dezember 2003 (Art. 5, Gesetz- und Verordnungsblatt für das Land Brandenburg Teil I – Nr. 16 vom 23. Dezember 2003, S. 294) eingeführt worden. Das Gesetz ist nach seinem Art. 34 am Tage nach der Verkündung in Kraft getreten, mithin am 24. Dezember 2003.
IV.
Der T... “, in dessen Gemarkung das veranlagte Grundstück liegt, war auch bereits seit den 90er Jahren (aufgrund des Gesetzes zur rechtlichen Stabilisierung der Zweckverbände für Wasserversorgung und Abwasserbeseitigung vom 6. Juli 1998, GVBl.I/98, [Nr. 12], S.162) rechtlich existent. Der Zweckverband „T... “ gilt nach dem Feststellungsbescheid des Landrates des Landkreises Oder-Spree vom 15. November 2000 als entstanden. Entstehungszeitpunkt ist der 27. August 1993 (öffentlich bekannt gemacht im „Amtsblatt für den Landkreis Oder-Spree“ vom 29. Januar 2001 Nr. 70 S. 5 -14).
1. Dass die Anlagen zur Abwasserbeseitigung des T... erst zu einem Zeitpunkt in den 2000er Jahren existent gewesen sein könnten, ist weder vorgetragen noch ersichtlich. Die Beitragssatzung vom 03. September 1993 setzt im Übrigen die Existenz einer solchen Anlage bereits voraus. Auch dürfte schon im Jahre 1993 die Aufgabe der Schmutzwasserentsorgung im örtlichen Bereich von E... faktisch wahrgenommen worden sein.
2. Die jetzige Anlage und die zum Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung - des Erlasses des Widerspruchsbescheides - sind auch mit der damaligen Anlage identisch, so dass die in den 90er Jahren erstmals gegebene Vorteilslage später nicht noch einmal neu entstanden ist. Dies gilt unabhängig davon, ob die Einrichtung infolge von Gemeindebeitritten nach Verbandsgründung in den 90er Jahren, aber auch in den Jahren nach 2000 Erweiterungen erfahren hat. Tatsächliche Veränderungen führen beitragsrechtlich nur dann zur Entstehung einer neuen Anlage, soweit das Beitragsrecht ihnen diesbezügliche Bedeutung beimisst. Ist einmal mit der Herstellung der Anlage begonnen worden, gehört begrifflich alles zur Herstellung, was als Teil ihrer Herstellung geplant ist. Auch eine der Herstellung nachfolgende Erweiterung, Erneuerung oder Verbesserung berührt rechtlich nicht die Anlagenidentität, sondern führt nur dazu, dass in Bezug auf die als solche fortbestehende Anlage (auch) ein Erweiterungs-, Erneuerungs- oder Verbesserungsbeitrag erhoben werden kann (§ 8 Abs. 2 Satz 1 KAG). Der Gesetzgeber geht insoweit selbst davon aus, dass die Anlage als solche nicht als etwas Statisches, sondern als etwas Veränderliches zu verstehen ist. Nur Maßnahmen, die nicht als Teil der einmal begonnenen Herstellung der Anlage und auch nicht als deren Erweiterung, Erneuerung oder Verbesserung einzuordnen sind, führen zur Herstellung einer beitragsrechtlich neuen Anlage und können damit aus Sicht einzelner Grundstücke eine sozusagen „zweite“ Herstellungsbeitragspflicht auslösen (s. zu alledem bereits OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 28. Juni 2017 - OVG 9 S 14.16 -, juris, Rn. 18). Namentlich die räumliche Erweiterung einer bestehenden Anlage führt nicht zur Herstellung einer rechtlich neuen Anlage, und zwar ungeachtet der Frage, ob sie von Anfang an oder erst später geplant worden ist (siehe Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 26. April 2018 – OVG 9 N 7.17 –, Rn. 20, juris). Gemessen hieran bezieht sich die angegriffene Beitragserhebung (Bescheid vom 10. November 2015) auf eine Anlage, die zwar gegenüber der bei Verbandsgründung vorhandenen Anlage Veränderungen erfahren hat, aber als solche beitragsrechtlich mit der verbandlichen Anlage identisch ist, hinsichtlich derer schon im Jahr 1994 bzw. 1999 eine Anschlussmöglichkeit für das Beitragsgrundstück bestanden hat.
3. Denn aufgrund des wohl im Jahre 2000 oder später erfolgten Beitritts der Gemeinde G... zum T... ist beitragsrechtlich keine neue Vorteilslage mit Blick auf eine durch den Beitritt erstmals begründete „neue“ Anlage zur Schmutzwasserentsorgung i. S. des „Gesamtanlagenprinzips“ entstanden. Ein rechtfertigender Grund dafür, den streitgegenständlichen Fall anders zu behandeln als die Fälle, in denen es nicht zu Veränderungen des Verbandsgebietes gekommen ist, liegt nicht vor. Anderenfalls käme es von vornherein zu einer vollständigen Entwertung der vom Bundesverfassungsgericht zuerkannten einfachgesetzlichen Rechtsposition der „hypothetischen Verjährung“. Auch hinge die Beitragspflicht jeweils von dem für den Beitragspflichtigen bloß zufälligen Ereignis ab, ob nach Eintritt der hypothetischen Verjährung infolge Beitritts einer Kommune zu einem Zweckverband oder auch durch erstmalige Gründung eines solchen oder Fusion von Zweckverbänden ein Beitrag für die erstmalige Herstellung der öffentlichen Anlage wieder in voller Höhe erhoben werden könnte (vgl. Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 26. April 2018 – OVG 9 N 7.17 –, juris; VG Potsdam, Urteil vom 22. Juni 2016 – 8 K 2979/14 –, Rn. 50, juris).
Auch hat die Abspaltung der Industrieabwasseranlage im Verbandsgebiet vorliegend nicht zur Entstehung zweier rechtlich neuer Entwässerungsanlagen geführt (Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 18. März 2020 – OVG 9 N 191.17 –, Rn. 20, juris).
C.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 167 Abs. 1 VwGO i. V. mit § 709 der Zivilprozessordnung. Gründe, die Berufung zuzulassen (§§ 124 a Abs. 1, 124 Abs. 2 Nr. 3 und 4 VwGO) sind nicht ersichtlich.