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Landesgesetzliche Befristungsabrede


Metadaten

Gericht ArbG Cottbus 2. Kammer Entscheidungsdatum 20.08.2014
Aktenzeichen 2 Ca 186/14 ECLI
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen

Leitsatz

Die landesgesetzliche Befristungsabrede nach § 40 Bbg HochschulG ist nicht durch das Teilzeit- und BefristungsG gesperrt.

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger zu tragen.

3. Der Streitwert wird festgesetzt auf 15.150 €.

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer Befristungsabrede für die Zeit vom 1. April 2007 bis zum 31. März 2012 sowie über einen Weiterbeschäftigungsantrag.

Der Kläger war seit dem 1. April 2002 unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Zeit für die Dauer von fünf Jahren zum Professor berufen. Mit Schreiben vom 21. März 2002 übertrug das Land Brandenburg dem Kläger das Amt eines Professors an der Schule ... und wies ihn in eine Planstelle der Besoldungsgruppe C 2 ein.

Anschließend schlossen die Parteien für die Dauer von fünf Jahren am 27. März 2007 für die Zeit ab 1. April 2007 einen befristeten Arbeitsvertrag nach dem der Kläger als Professor im Angestelltenverhältnis für das Fach: Allgemeine Betriebswirtschaftslehre und Controlling eingesetzt wurde.

Die monatliche Bruttovergütung des Klägers betrug ca. 5.050 Euro.

Nachdem der Kläger sich mehrfach bemühte, im Anschluss an die Befristung ein unbefristetes Anstellungsverhältnis zu begründen, teilte das zuständige Ministerium des beklagten Landes mit Schreiben vom 14. Februar 2012 mit, dass der Vertrag nicht entfristet werden würde.

Mit seiner am 22. Februar 2012 beim Arbeitsgericht Cottbus erhobenen Klage verfolgt der Kläger die Feststellung der Unwirksamkeit seiner Befristung.

In der Güteverhandlung vom 22. März 2012 haben die Parteien einen Teilvergleich geschlossen. In diesem Vergleich verpflichtet sich das beklagte Land, „den Kläger bis zur Verkündung einer zweitinstanzlichen Entscheidung aus dem Verfahren vor dem Arbeitsgericht Cottbus ... ab dem 1. April 2012 weiter zu beschäftigen."

Das Gericht hat aufgrund beiderseitigen Antrags das Verfahren am 8. August 2012 ruhend gestellt.

Nach Wiederaufnahme des Verfahrens verfolgt der Kläger sein Ziel der Entfristung weiter. Der Kläger ist der Auffassung, die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 11. September 2013 - 7 AZR 843/11 sei nicht vergleichbar. Der Kläger sei - anders als in dem Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht nicht erstmalig und einmalig befristet beschäftigt worden, sondern sei bereits zuvor im Beamtenverhältnis auf Zeit befristet beschäftigt worden. Die Beklagte würde die Möglichkeit zur Befristung missbrauchen, wenn sie einen Professor insgesamt zehn Jahre befristet beschäftige. Eine solche mehrmalige Befristung verstoße auch gegen Unionsrecht. Auch sei bereits deshalb ein unbefristetes Arbeitsverhältnis zustande gekommen, weil der Kläger nach Ablauf des Beamtenverhältnisses auf Zeit tatsächlich weiterbeschäftigt worden sei.

Schließlich ist der Kläger der Auffassung, die Befristung sei bereits deshalb unwirksam, weil der Personalrat nicht beteiligt worden sei.

Der Kläger beantragt,

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht durch die Befristungsabrede vom 27. März 2007 zum 31. März 2012 geendet hat.

Hilfsweise für den Fall des Obsiegens mit dem Antrag zu 1) beantragt der Kläger,

das beklagte Land zu verurteilen, den Kläger über den 31. März 2012 hinaus mit Wirkung ab 1. April 2012 bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreites zu unveränderten Bedingungen auf der Grundlage des Arbeitsvertrages vom 27. März 2007 als Professor für das Fach Allgemeine Betriebswirtschaftslehre und Controlling weiter zu beschäftigen.

Das beklagte Land beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das beklagte Land ist der Auffassung, es sei nunmehr rechtskräftig entschieden, dass der Landesgesetzgeber eigene landesrechtliche Befristungstatbestände schaffen dürfe. § 40 Brandenburgisches Hochschulgesetz sei anwendbar und erlaube eine Befristung. Der Verweis des Bundesarbeitsgerichts in der vorgenannten Entscheidung vom 11. September 2013 auf die erst- und einmalige Befristung sei darin begründet, dass es sich in dem vom BAG zu entscheidenden Fall um eine solche handelte. Das beklagte Land ist weiter der Auffassung, auch im vorliegenden Fall handele es sich nicht um eine Mehrfachbefristung, denn vorgeschaltet war ein Beamtenverhältnis auf Zeit nach einer anderen Vorschrift des Brandenburgischen Hochschulgesetzes. Beide Vorschriften stünden nebeneinander. Eine Verbeamtung auf Zeit sei nach § 40 Absatz 1 Satz 4 Brandenburgisches Hochschulgesetz erlaubt, die Befristung im Angestelltenverhältnis dagegen nach § 40 Absatz 1 Satz 3 Brandenburgisches Hochschulgesetz.

Zur Personalratsanhörung trägt das beklagte Land vor, der Personalrat sei nicht zu beteiligen gewesen. § 90 des Personalvertretungsgesetzes Brandenburg schließe die Anwendbarkeit des Gesetzes für Professoren aus.

Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die wechselseitigen Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Sitzungsprotokolle verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist unbegründet. Die Befristungsabrede im Arbeitsvertrag vom 27. März 2007 ist wirksam und hat das Arbeitsverhältnis mit Ablauf des 31. März 2012 aufgelöst.

I. Die Zulässigkeit der Befristung folgt aus § 40 Absatz Satz 1, Satz 3 und Satz 6 Brandenburgisches Hochschulgesetz in der zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses geltenden und damit für die rechtliche Beurteilung maßgebenden Fassung. Diese Fassung ist zeitlich maßgeblich für die Beurteilung der Rechtswirksamkeit der Befristung. Bei der Beurteilung der Rechtswirksamkeit einer Befristung ist grundsätzlich auf die bei Abschluss des Rechtsgeschäfts geltende Rechtslage abzustellen, vergleiche bereits BAG vom 15. Januar 2003 - 7 AZR 346/02, BAGE 104,244 und BAG vom 11.9.2013 7 AZR 843/11, Juris.

Nach dieser Bestimmung können mit Professorinnen und Professoren Angestellten- oder Beamtenverhältnisse begründet werden. Ein Angestelltenverhältnis kann auf höchstens fünf Jahre befristet werden. Insbesondere zur Deckung eines vorübergehenden Lehrbedarfs soll ein befristetes Angestelltenverhältnis begründet werden.

Nach Satz 7 des § 40 Brandenburgisches Hochschulgesetz ist eine erneute Berufung oder Ernennung zur Professorin oder zum Professor auf Zeit einmal zulässig.

Danach konnte das beklagte Land den Kläger zunächst zum Beamten auf Zeit ernennen. Anschließend war ein Angestelltenverhältnis für die Höchstdauer von fünf Jahren zulässig. Beide Institute sind nebeneinander möglich und zulässig.

Die Befristungsabrede ist wirksam.

1. Die landesgesetzliche Befristungsregelung nach § 40 Brandenburgisches Hochschulgesetz ist nicht durch das Teilzeit- und Befristungsgesetz gesperrt. Der Brandenburgische Gesetzgeber war berechtigt, eine Regelung über die Befristung von Arbeitsverhältnissen der Professoren an staatlichen Hochschulen zu treffen, da er hierzu die erforderliche Gesetzgebungskompetenz besaß.

Die Bestimmungen in § 40 Absatz 1 Brandenburgisches Hochschulgesetz sind „besondere Regelungen über die Befristung von Arbeitsverträgen" nach § 23 Teilzeit- und Befristungsgesetz. Es gibt auch keine bundesgesetzlichen Vorgaben, die den landesgesetzlichen Regelungen entgegenstehen würden. Das hat das Bundesarbeitsgericht mit seiner Entscheidung vom 11. September 2013 - 7 AZR 843/11, Juris, klargestellt. Die Länder können danach die erkennbar gewollte Nichtausschöpfung der Bundesgesetzgebungskompetenz zur Regelung der Befristung von Professoren an staatlichen Hochschulen selbst nutzen und abweichende Regelungen treffen.

2. Die Befristung ist auch nicht deshalb unwirksam, weil die Regelung auf der sie beruht gegen höherrangiges Recht verstoßen würde. Die Regelung des § 40 Brandenburgisches Hochschulgesetz verstößt nicht gegen höherrangiges Recht, insbesondere Unionsrecht oder Verfassungsrecht.

a) Nach § 5 der Richtlinie 1999/70 EG des Rates vom 28. Juni 1999 zu der EGB-UNICE- CEEP Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge ergreifen die Mitgliedstaaten eine oder mehrere der folgenden Maßnahmen zur Vermeidung von Missbrauch:

a)Sachliche Gründe, die die Verlängerung solcher Verträge oder Verhältnisse rechtfertigen;
b)Die insgesamt maximal zulässige Dauer aufeinanderfolgender Arbeitsverträge oder -verhältnisse,
c)Die zulässige Zahl der Verlängerungen solcher Verträge oder Verhältnisse.

Die Mitgliedstaaten legen fest, unter welchen Bedingungen befristete Arbeits- oder Beschäftigungsverhältnisse als „aufeinanderfolgend" zu betrachten sind und als unbefristete Verträge oder Verhältnisse zu gelten haben.

Vorliegend ist nach der europäischen Richtlinie eine der oben genannten Maßnahmen zur Vermeidung von Missbrauch zu ergreifen. Die Regelung des § 40 Brandenburgisches Hochschulgesetz sieht sowohl eine maximal zulässige Dauer von aufeinanderfolgenden Befristungen vor, als auch eine Regelung zur zulässigen Zahl der Verlängerungen solcher Befristungen. Nach Satz 7 des § 40 Absatz 1 Brandenburgisches Hochschulgesetz ist eine erneute Berufung oder Ernennung zur Professorin oder zum Professor auf Zeit einmal zulässig. Ein Angestelltenverhältnis kann auf höchstens fünf Jahre befristet werden. Die Regelung des § 40 Brandenburgisches Hochschulgesetz entspricht diesen Vorgaben in der europäischen Richtlinie.

Deshalb durfte das beklagte Land zunächst den Kläger zum Beamten auf Zeit ernennen und anschließend eine Befristung einmalig im Rahmen eines Angestelltenverhältnisses für fünf Jahre abschließen. Die maximale Höchstdauer von zehn Jahren, die sich aus Satz 7 ergibt, ist damit nicht überschritten worden.

b) Die Regelung in § 40 Brandenburgisches Hochschulgesetz verstößt auch nicht gegen die in Artikel 5 GG geregelte Wissenschaftsfreiheit und auch nicht gegen die in Artikel 12 geregelte Berufsfreiheit. Nach der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 11.9.2013 - 7 AZR 843/11 ist es verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, dass der Landesgesetzgeber die Möglichkeit eröffnete, die Arbeitsverhältnisse von Professoren einmalig zu befristen. Vorliegend liegt nach der Regelung des Bbg HG lediglich eine einmalige Befristung vor. Denn dass zuvor ein Beamtenverhältnis auf Zeit geschlossen wurde, ist unschädlich. Dieses Beamtenverhältnis ist eben gerade kein befristetes Anstellungsverhältnis. Das Bundesarbeitsgericht führt ausdrücklich aus, dass der öffentlichen Gewalt bei der Ausgestaltung der Schutzpflicht aus dem Grundgesetz dem Gesetzgeber ein weiter sozialpolitischer Gestaltungsspielraum zukomme, den er zugunsten anderer grundrechtlich geschützter Interessen nutzen könne, vergleiche BAG vom 11.9.2013, a.a.O.

3. Die Befristung ist auch nicht wegen des Instituts des Rechtsmissbrauchs nach § 242 BGB unwirksam. Denn die Kammer war nicht davon überzeugt, dass das beklagte Land rechtsmissbräuchlich gehandelt hat, als es den befristeten Arbeitsvertrag mit dem Kläger im Jahr 2007 schloss.

Rechtsmissbrauch ist in der Vorschrift des § 242 BGB geregelt. Der Grundsatz von Treu und Glauben beschränkt als Gebot der Redlichkeit und allgemeine Schranke der Rechtsausübung sowohl subjektive Rechte als auch die Inanspruchnahme von Rechtsinstituten und Normen.

Die sich aus einem Rechtsinstitut oder einer Rechtsnorm an sich ergebenden Rechtsfolgen müssen zurücktreten, wenn sie zu einem mit Treu und Glauben unvereinbaren Ergebnis führen. Dies ist unter anderem der Fall, wenn ein Vertragspartner eine an sich rechtlich mögliche Gestaltung in einer mit Treu und Glauben unvereinbaren Weise nur dazu verwendet, sich zum Nachteil des anderen Vertragspartners Vorteile zu verschaffen, die nach dem Zweck der Norm und des Rechtsinstituts nicht vorgesehen sind, vergleiche BAG vom 4.12.2013 7 AZR 290/12, Juris.

Auch die Ausnutzung der durch das Brandenburgische Hochschulgesetz vorgesehenen Gestaltungsmöglichkeiten kann unter bestimmten Voraussetzungen rechtsmissbräuchlich sein.

Nach den allgemeinen Grundsätzen ist der Arbeitnehmer darlegungs-und beweisbelastet für das Vorliegen einer missbräuchlichen Vertragsgestaltung. Er hat zumindest Umstände vorzutragen, die einen Missbrauch der Befristung indizieren.

Vorliegend hat der Kläger solche Umstände nicht ausreichend vorgetragen. Die Tatsache, dass das beklagte Land den Kläger vor der Befristung zum Beamten auf Zeit ernannte, ist an sich nicht geeignet, die Rechtsmissbräuchlichkeit anzunehmen. Das beklagte Land brauchte auch keine sachlichen Gründe für eine Befristung nach diesem ausgelaufenen Beamtenverhältnis vorzutragen.

Allein die Tatsache, dass der Kläger unter Zeitdruck das befristete Anstellungsverhältnis einging, indiziert keinen Rechtsmissbrauch. Auch die Tatsache, dass das beklagte Land zusagte, über eine Entfristung möglichst zügig zu entscheiden, indiziert nicht die Missbräuchlichkeit des Abschlusses eines befristeten Anstellungsverhältnisses an sich. Ob gesundheitliche Bedenken gegen eine Ernennung zum Beamten auf Lebenszeit sprachen, hat mit der Tatsache der Vereinbarung eines befristeten Anstellungsverhältnisses nichts zu tun. Hier hätte der Kläger andere Rechtsmittel ausschöpfen können.

Schließlich ist auch in der tatsächlichen Weiterarbeit über den 31. März 2007 hinaus, also nach Ablauf des Beamtenverhältnisses auf Zeit kein Indiz für einen Rechtsmissbrauch seitens des Landes zu erkennen. Das Land wollte den Kläger weiterhin beschäftigen und hat dazu ein befristetes Anstellungsverhältnis nach § 40 Absatz 1 Brandenburgisches Hochschulgesetz gewählt. Der Kläger hätte diesen Vertrag nicht unterzeichnen müssen. Nicht jeder Abschluss eines befristeten Arbeitsverhältnisses nach Ablauf eines vorausgegangenen Beschäftigungsverhältnisses lässt auf Missbrauch schließen.

3. Schließlich ist die Befristung auch nicht deshalb unwirksam, weil der Personalrat nach § 63 Absatz 1 Nr. 4 Brandenburgisches Personalvertretungsgesetz nicht mitgewirkt hätte. Nach § 90 Absatz 1 Nr. 1 gilt dieses Gesetz nicht für Professoren und Juniorprofessoren. Der Personalrat war demnach nicht zu beteiligen.

II. Weiterbeschäftigungsanspruch

Der Kläger hat den Antrag auf Weiterbeschäftigung nur für den Fall des Obsiegens mit dem Antrag zu I. gestellt.

Dass dem Kläger aus dem gerichtlichen Teilvergleich vom 22. März 2012 ein Beschäftigungsanspruch zur Seite steht, ist davon unabhängig.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO. Der Kläger hat als unterliegende Partei die Kosten des Rechtsstreits zu tragen. Die Entscheidung über den Streitwert beruht auf § 61 Absatz 1 ArbGG in Verbindung mit § 42 GKG. Der Wert der Wirksamkeit der Befristung wurde mit drei Bruttomonatseinkommen zu je 5050,- Euro berücksichtigt.