Gericht | LSG Berlin-Brandenburg 3. Senat | Entscheidungsdatum | 20.09.2012 | |
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Aktenzeichen | L 3 U 207/10 | ECLI | ||
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 62 SGB 1, § 65 SGB 1, § 66 SGB 2, § 48 SGB 10, § 101 SGG |
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Neuruppin vom 27. September 2010 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Klägerin verpflichtet ist, sich einer von der Beklagten vorgegebenen klinischen stationären Untersuchung zu unterziehen.
Die im Jahr 1948 geborene Klägerin hat in der ehemaligen DDR den Beruf einer Gärtnerin erlernt und bis Februar 1968 ausgeübt. Nach Beschäftigungen als Reinigungskraft, Lagerarbeiterin und Maschinennäherin nahm sie am 01. September 1975 bei dem VEB Schuhreparatur Berlin die Tätigkeit als Produktionshilfsarbeiterin/Stepperin auf, welche sie bis zum 04. August 1980 ausübte, und bei welcher sie schädigenden Allergenen ausgesetzt war. Im Anschluss war sie als ungelernte Verkäuferin und ab dem 28. September 1982 als Hauswirtschaftspflegerin bis zum 31. Oktober 1992 tätig. Seit dem Jahr 2001 bezieht die Klägerin eine Rente wegen voller Erwerbsminderung.
Mit Empfehlung der Arbeitshygieneinspektion des Magistrats von Berlin vom 09. Januar 1980 war bei der Klägerin, die bereits seit Kindheit an erheblichen anlagebedingten Hauterscheinungen litt, eine allergische Hautkrankheit als Berufskrankheit (BK) nach Ziffer 20 (später 80) der Liste zur Verordnung über die Melde- und Entschädigungspflicht bei Berufskrankheiten vom 14. März 1956 (Verordnung [VO] Bl. I Nr. 18 Seite 69) mit einem Körperschaden in Höhe von 20 % ab dem 07. März 1978 anerkannt worden. Dem lag ein Gutachten der Dres. S, H und des beratenden Dermatologen R vom 12. Dezember 1979 zugrunde, die als Ursachen des bei der Klägerin diagnostizierten Ekzems nannten: 1. Kolophonium, 2. Formalin, 3. ASM PBN, 4. Vulkazit AZ und 5. ASM MB. Eine Sensibilisierung gegen Terpentinöl stehe nicht mit der BK im Zusammenhang. Die Klägerin wurde in regelmäßigen Abständen erneut begutachtet und bei der vierten Nachbegutachtung am 29. Juni 1983 wurde der Körperschaden der Klägerin, die zu diesem Zeitpunkt keine entzündlichen Hautveränderungen an den Händen, allerdings durch selbst angebrachte Pflaster verursachte allergische Reaktionen an den Innenarmen aufwies, auf unter 20 % angesetzt und die Rentenzahlung eingestellt. Die behandelnde Ärztin teilte mit, dass die Klägerin nicht – wie behauptet – Injektionen erhalten habe und sie ohnehin „oft belügen würde“. Einen Vorgang des DDR-Unfallversicherungsträgers für die Klägerin hat die Beklagte nicht übernommen.
Am 29. November 1993 stellte die Klägerin unter Vorlage eines Allergie-Passes vom 15. Oktober 1993 bei dem Gemeinde-Unfallversicherungsverband Sachsen-Anhalt den Antrag, ihr eine Rente aufgrund der anerkannten BK zu gewähren. Zur Begründung führte sie aus, sie habe während ihrer Tätigkeit im Zeitraum von 1975 bis 1980 im VEB Schuhreparaturwerk B dieses endogene Hautekzem bekommen.
Der vom Unfallversicherungsverband beauftragte Dr. R führte im Gutachten vom 21. Juli 1997 aus, bei der Klägerin bestehe ein sog. Hybrid-Ekzem nach Malten (Kombination zwischen exogen-allergischem Kontaktekzem und atopischer Dermatitis). Als Folgen der BK seien noch geringe, aber rezidivierende entzündliche Hautveränderungen im Bereich der Hände feststellbar sowie eine höchstgradige Sensibilisierung gegenüber Kolophonium und Hydroxyabietylalkohol, Formaldehyd, P-Hydroxybenzoesäureester. Dem Sozialversicherungsausweis sei zu entnehmen, dass die Klägerin bereits vor ihrer Tätigkeit als Hilfskraft in dem VEB Schuhreparaturen, etwa ab 1964, gelegentlich an entzündlichen Hautveränderungen gelitten habe. Auch die Behandlung in der Charité sei registriert. Die Klägerin selbst habe angegeben, dass sie seit dem Kleinkindesalter juckende entzündliche Hautveränderungen gehabt habe. Es sei eine Allergie gegenüber Berlocombien, Berlicetin (Chloramphenicol) und Penicillin bekannt. Zudem würden Nivucin und Rivanol nicht vertragen und es bestehe eine Heftpflasterunverträglichkeit. Entzündliche Hautveränderungen an den Händen hätten sich allerdings erst seit der Tätigkeit im VEB Schuhreparaturen eingestellt. Die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) betrage 20 v. H..
Durch Bescheid vom 27. März 1998 erkannte die Beklagte entsprechend dem Gutachten von Dr. R vom 21. Juli 1997 als Folgen der BK an: Allergisches Kontaktekzem in Folge von Sensibilisierungen gegenüber Kolophonium, Formaldehyd, P-Hydroxybenzoesäureester. Hautsensibilisierungen gegenüber Perubalsam, Nitrofural, Rivanol und Berlocombin wurden nicht als Folge der BK der Klägerin anerkannt. Wegen der BK bestehe ab dem 01. Januar 1992 ein Anspruch auf Zahlung einer Rente nach einer MdE von 20 v. H..
In weiteren Gutachten vom 10. April 2002 und vom 11. Dezember 2004 stellte Dr. R fest, dass eine wesentliche Änderung nicht eingetreten sei. Die Trennung der Anteile der allergischen, berufsbedingten Hauterscheinungen von denjenigen der anlagebedingten Hautentzündungen sei zumindest im Hinblick auf die Hände nicht möglich, so dass das Handekzem weiterhin als Folge der anerkannten BK zu werten sei. Alle anderen Partien (Elle, Knie, Hals, Ohren, Bauch) seien als anlagebedingt – mithin nicht als berufsbedingt – zu werten. Die MdE betrage weiterhin 20 v.H..
Die Klägerin stellte sich in den Jahren 2006 und 2007 mindestens einmal pro Monat bei Dr. R vor, wobei den von Dr. R erstellten Gutachten und BB ist eine Besserung nicht zu entnehmen ist (z. B. BB vom 17. Februar, 11. und 22. Oktober 2007 und vom 10. Januar 2008: schwere Hauterscheinungen, vermutlich aus außerberuflicher Ursache, Klägerin vermute die Einwirkungen von Schokolade, Äpfeln und Milchpulver).
Auch der auf Veranlassung der Beklagten tätig gewordene Dipl.-Med. K stellte in seinem Zusammenhangsgutachten vom 16. April 2008 fest, dass im Hautzustand der Klägerin hinsichtlich Klinik, Verlauf und Sensibilisierung keinerlei wesentliche Veränderung eingetreten sei, obgleich die Klägerin bereits seit 1994 keinerlei versicherte Tätigkeit mehr ausgeübt habe. Es sei unmöglich, die anzuerkennenden Folgen der BK einerseits und den Zusammenhang zwischen den bestehenden Hauterscheinungen und den anerkannten Sensibilisierungen andererseits unter ambulanten Bedingungen festzustellen. Da im langjährigen Verlauf keine Besserung der Hauterkrankung eingetreten und auch in Zukunft nicht zu erwarten sei, schlage er die Beibehaltung der MdE von 20 v. H. vor.
Mit diversen Schreiben (vom 13. März, 14., 29. Juni, 17. Juli, 20. November, 10. Dezember, 20. Dezember 2007 und 02. Juni und 28. Oktober 2008) bot die Beklagte der Klägerin eine stationäre Reha-Maßnahme an, wobei sie der Klägerin die Wahl zwischen dem Universitäts-Klinikum O, Fachbereich Dermatologie, und der Universitätsklinik H, Institut für klinische Sozialmedizin, ließ. Es sei von einer Dauer von bis zu 4 Wochen auszugehen. Die Klägerin lehnte dieses Angebot trotz dieser mehrfachen, aufklärenden Schreiben sowie geführter fernmündlicher Gespräche ab. Ihr Ehemann habe einen Schlaganfall erlitten und könne nicht allein gelassen werden, sie wisse mit ihrer Erkrankung umzugehen, habe schlechte Erfahrungen aus früheren stationären Aufenthalten gemacht und wisse nicht, wie sie zu den vorgeschlagenen Kliniken in O oder H kommen solle. Auch der behandelnde Arzt Dr. R lehne einen stationären Reha-Aufenthalt aus medizinischen Gründen ab.
Mit Schreiben vom 02. Juni 2008, welches zugleich als Anhörungsschreiben nach § 24 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) diente, bot die Beklagte der Klägerin an, ihren Ehemann zu Lasten der Beklagten stationär mit aufnehmen zu lassen, etwaige Kosten der Pflege in dieser Zeit zu übernehmen und gegebenenfalls für die Versorgung des Hauses/Hofes die Kosten zu tragen. Außerdem nahm die Beklagte eine erneute Gutachterauswahl nach § 200 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) vor und erläuterte, warum die eigene Benennung eines Arztes der Klägerin nicht anheim gestellt werden könne. Soweit die Klägerin sich nicht für einen Gutachter entscheide, werde dies als verweigerte Mitwirkung gewertet. Für den Transport nach O oder H wurde ein Taxi angeboten. Die Beklagte wies unter Fristsetzung auf die Folgen fehlender Mitwirkung hin und teilte zugleich mit, dass die Einwände der Klägerin unter Berücksichtigung der Gegenvorschläge keine triftigen Gründe für die fehlende Mitwirkung darstellten.
Die Klägerin lehnte die stationäre Reha-Maßnahme mit Schreiben vom 11. November 2008 ab und schlug nochmals die ambulante Begutachtung durch Frau Chefärztin Dr. A, V Klinikum B, Klinik für Dermatologie und Allergologie, vor, da diese nicht befangen sei.
Die Beklagte erließ am 12. Dezember 2008 den hier angefochtenen Bescheid, in welchem sie die Klägerin nach § 62 i. V. m. § 65 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) zur Mitwirkung dergestalt aufforderte, dass die Klägerin einer Begutachtung unter stationären Bedingungen nachkommen solle, und zwar entweder im Universitäts-Klinikum O, Fachbereich Dermatologie, oder in der Universitätsklinik H, Institut für klinische Sozialmedizin. Dabei sei von einer Dauer von bis zu 4 Wochen auszugehen. Die stationäre Begutachtung solle gleichzeitig der Prüfung der anerkannten Folgen der BK und der MdE-Bemessung dienen. Zugleich wurde die Klägerin unter Fristsetzung bis zum 28. Februar 2009 darauf hingewiesen, dass ihre Rente aus der gesetzlichen Unfallversicherung aufgrund der anerkannten BK mit Ablauf des 28. Februar 2009 ab dem 01. März 2009 zunächst für 3 Monate zur Hälfte und ab dem 01. Juni 2009 in voller Höhe so lange entzogen werde, bis die Klägerin ihrer Mitwirkungspflicht nachgekommen sei (§ 66 Abs. 1 SGB VI).
Mit ihrem Widerspruch machte die Klägerin geltend, dass die vorgesehene stationäre Reha mit einem mehrwöchigen Aufenthalt längst geklärte Sachverhalte klären solle. Das Verlangen auf eine derartige Duldung könne nur als Strafe mit Freiheitsentzug bewertet werden und sei daher weder erforderlich noch zumutbar.
Mit Widerspruchsbescheid vom 18. März 2009 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Der Klägerin seien der stationäre Aufenthalt und die durchzuführenden Testungen zumutbar und stellten keine Ablehnungsgründe im Sinne des § 65 Abs. 2 SGB I dar. Da die beruflichen Tätigkeiten, aus welchen die schädigenden beruflichen Allergene stammten, spätestens im Jahr 1980 aufgegeben worden seien, sei eine Begutachtung unter stationären Bedingungen indiziert (vgl. § 62 SGB I). Hierbei seien die anerkannten Sensibilisierungen an sich, aber auch der Zusammenhang zu den gegenwärtig bestehenden Hauterscheinungen und die MdE zu überprüfen. Auch Dr. R beschreibe in seinen BB und Gutachten außerberufliche Allergene als vermutete Ursache der Hauterscheinungen und weise auf die Problematik der Testungen unter ambulanten Bedingungen hin. Die Überprüfung der beruflichen Sensibilisierung, der Zusammenhang zu den Hauterscheinungen könne nur durch kontrollierbare Vermeidung der Allergene unter stationären Bedingungen erfolgen, worauf Dr. K in seinem Gutachten vom 16. April 2008 hingewiesen habe. Aufgrund dieser schwierigen Problematik sei eine Einrichtung zu wählen, welche über umfangreiche Kenntnisse der Berufsdermatologie verfüge und darüber hinaus in der Lage sei, eine Abgrenzung von anlagebedingten zu berufsbedingten Erkrankungen der Haut vorzunehmen. Die vorgeschlagenen Kliniken seien in dieser Thematik kompetent und verfügten über ein entsprechendes medizinisches Wissen, insoweit sei auf die Gutachterauswahl vom 02. Juni 2008 verwiesen.
Die geforderte Mitwirkungspflicht stehe auch in einem angemessenen Verhältnis zu der in Anspruch genommenen Sozialleistung. Auch könne sich die Beklagte die erforderlichen Kenntnisse nicht durch einen geringeren Aufwand selbst beschaffen (vgl. § 65 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 SGB I). Als Sozialleistung erhalte die Klägerin hautfachärztliche Behandlungen sowie weitere Leistungen wie Reisekosten und eine Rente auf unbestimmte Zeit nach einer MdE von 20 v. H.. Demgegenüber stehe das Verlangen der Beklagten nach einer Begutachtung unter stationären Bedingungen. Zur Wahrung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes (§ 65 Abs. 1 Nr. 1 SGB I) sei der Klägerin angeboten worden, den Ehegatten zu Lasten der Beklagten stationär mit aufzunehmen, etwaige Pflegekosten zu dieser Zeit zu übernehmen und ggf. für die Versorgung des Hauses/Hofes die Kosten zu tragen. Für den Transport nach O oder H sei ein Taxi anheim gestellt worden. Die vorgetragenen schlechten Erfahrungen aus früheren stationären Aufenthalten – gesichert seien aus dem Sozialversicherungs-Buch ambulante Behandlungen in der C in 1968 und eine stationäre Behandlung in der Universitäts-Klinik der H-Universität, B, ohne Diagnosen im August 1968 – hätten zu Beginn des Aufenthaltes thematisiert werden können. Darüber hinaus sprächen die häufigen ärztlichen Behandlungen grundsätzlich nicht für einen ausgeprägtes Wissen im Umgang mit der Hauterkrankung. Bei der Ermessensausübung habe das Interesse der Solidargemeinschaft, keine Mittel für eine möglicherweise unrechtmäßige Rente bzw. ärztliche Heilbehandlung zuzüglich ergänzender Leistungen (z. B. Fahrtkosten, Zuschuss, Medikamente) aufbringen zu müssen, im Vordergrund gestanden. Bei der Rente und der Heilbehandlung handele es sich um eine Dauerleistung, welche die Solidargemeinschaft stärker belaste, als eine einmalige Leistung.
Bei der Androhung der Sanktion bei verweigerter Mitwirkung sei entschieden worden, dass ein Entzug der fachärztlichen Behandlung nicht sachgerecht wäre. Um der Gefahr einer möglichen Verschlimmerung vorzubeugen, würden daher weiterhin die Kosten für die hautärztliche Behandlung übernommen. Es werde daher sanktionierend die Rente aus der gesetzlichen Unfallversicherung herabgesetzt bzw. entzogen. Mit der erneuten Fristsetzung bis zum 28. Februar 2009 sei der Klägerin nochmals die Möglichkeit gegeben worden, ihre Einstellung zu überdenken. Dem vollen Entzug der Rente ab dem 01. Juni 2009 habe die Erwägung zu Grunde gelegen, dass die Leistung oder der Teil der Leistung, welcher ohne die Mitwirkung sicher feststellbar sei, nicht entzogen werden könne. Da hier ohne die Mitwirkung der Klägerin über die Rente im Ganzen nicht entschieden werden könne, sei diese in voller Höhe zu entziehen. Mit der zunächst erfolgten hälftigen Entziehung der Rente für 3 Monate sei der Klägerin ein gleitender Übergang gewährt worden. Schließlich sei sie mit Schreiben vom 02. Juni 2008 gemäß § 66 Abs. 3 SGB I auf die Folgen der fehlenden Mitwirkung – den Entzug der Rente – schriftlich hingewiesen worden.
Mit ihrer bei dem Sozialgericht (SG) Neuruppin erhobenen Klage hat die Klägerin an ihrer Auffassung festgehalten, dass die Beklagte von ihr eine Mitwirkung verlange, die weder erforderlich noch zumutbar sei, und hat das Vorliegen von Veränderungen in ihren Krankheitsverhältnissen unter Hinweis auf die Gutachten bestritten. Für sie sei ein Aufenthalt in einer Klinik über einen längeren Zeitraum vergleichbar mit einem Aufenthalt im Gefängnis, auch wenn die Beklagte für einen Aufenthalt des Ehemannes mit aufkomme.
Das SG Neuruppin hat einen ausführlichen BB des Facharztes für Dermatologie Dr. R vom 20. November 2009 eingeholt. Hieraus ergibt sich, dass sich ausweislich der im Verlauf nahezu lückenlos dokumentierten Befunde nichts Wesentliches geändert habe. Die Ausprägung des Ekzems sei wechselnd. Allerdings lasse sich beim jeweiligen Wiederauftreten nur gelegentlich unterscheiden, ob die vorgenannten beruflich bedingten Sensibilisierungen oder anlagebedingte Faktoren für den jeweiligen Schub bedeutungsvoll gewesen seien.
Mit Gerichtsbescheid vom 27. September 2010 hat das SG Neuruppin – nach Durchführung eines Erörterungstermins am 23. September 2010 – die Klage unter Bezugnahme auf die Begründung des Widerspruchsbescheides vom 18. März 2009 (§ 136 Abs. 3 SGG) abgewiesen und ergänzend ausgeführt, die der Klägerin obliegende Mitwirkungspflicht, nämlich die Bereitschaft, sich einer Untersuchung unter stationären Bedingungen zu unterziehen, stehe weder in unangemessenem Verhältnis zu den bezogenen Leistungen noch sei deren Erfüllung ihr unzumutbar. Soweit die Klägerin weiterhin Leistungen begehre, sei eine neue vergleichende stationäre Begutachtung erforderlich. Ekzematische Erscheinungen würden oft verfrüht ursächlich auf eine gleichzeitig vorgefundene Sensibilisierung gegen einen beruflichen Schadstoff zurückgeführt. Einer eingehenden Untersuchung und Erörterung bedürfe es insbesondere bei der Frage, ob es sich tatsächlich um ein allergisches Kontaktekzem oder um ein Zusammentreffen eines Abnutzungsekzems mit bisher klinisch stummer beruflicher Schadstoff-Sensibilisierung handele. Auch der behandelnde Arzt Dr. R habe in seinem BB vom 20. November 2009 ausgeführt, dass die zeitweilig auftretenden Hautveränderungen nur zum Teil auf die beruflichen oder durch die Behandlung erworbenen Sensibilisierungen zurückzuführen seien. Gründe, die dem Erfordernis einer stationären Begutachtung entgegenstehen würden, seien nicht erkennbar. Es gebe keine ausreichenden Ansatzpunkte dafür, dass die erforderlichen Erkenntnisse ausschließlich durch ambulante Begutachtungen gewonnen werden könnten. Die Mitwirkungspflicht der Klägerin sei auch nicht durch einen wichtigen Grund gem. § 65 Abs. 1 Nr. 2 SGB I eingeschränkt. Die Meinung der Klägerin, der Sachverhalt lasse sich bereits aus den vorliegenden medizinischen Unterlagen feststellen, gehe aus den genannten Gründen fehl. Auch ein Freiheitsentzug liege nicht vor. Werde die Mitwirkung nachgeholt und lägen die Leistungsvoraussetzungen vor, könne der Leistungsträger die Sozialleistungen, die er nach § 66 SGB I versagt bzw. entzogen habe, nachträglich noch ganz oder teilweise erbringen (§ 67 SGB I).
Mit ihrer vor dem Landessozialgericht (LSG) Berlin-Brandenburg erhobenen Berufung hält die Klägerin an ihrer Auffassung fest, eine stationäre Begutachtung sei nicht notwendig. Bei der Verhältnismäßigkeitsprüfung seien nicht die mit einem stationären Klinikaufenthalt verbundenen psychischen Belastungen gewürdigt worden. Allenfalls sei sie zu einer stationären Untersuchung der Hautklinik Bad R für einen Zeitraum von maximal 2 x 8 Tagen bereit. Unabhängig vom Ergebnis der Untersuchung sei sie ferner bereit, auf ihre Ansprüche für den Zeitraum vom 01. März 2009 bis zur Aufnahme der Untersuchung bei Zahlung eines Betrages von 5 000,00 Euro (zuvor verlangte Beträge 22 000,00 Euro, 8 000,00 Euro) zu verzichten.
Die Klägerin hat einen Beitrag „Unfallversicherungsrechtliche (Nach-)Begutachtung bei atopischer Dermatitis – Ein Diskussionsbeitrag“ aus der Zeitschrift Dermatologie in Beruf und Umwelt, Jahrgang 2957 Nr. 1/2009, Seite 18 ff. auszugsweise vorgelegt.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 20. September 2012 haben die Beteiligten auf Anregung des Gerichts nachfolgenden Vergleich geschlossenen:
1. Die Beklagte hebt den Bescheid vom 12. Dezember 2008 mit der in ihm enthaltenen Entziehung der Verletztenrente für die Zeit ab 23. Januar 2012 auf, sobald sich die Klägerin nach Vermittlung der Beklagten einer Begutachtung stationär im vom Gutachter für notwendig erachteten zeitlichen Umfang bis höchstens 4 Wochen unterzogen hat, wobei die Beklagte die pflegerische Versorgung des Ehemannes der Klägerin durch eine Unterbringung in der Klinik, in welcher die Begutachtung stattfindet, oder durch Übernahme ambulanter oder stationärer Pflegekosten für die Zeit der Begutachtung sicherstellt und bei einer länger als zwei Wochen dauernden Begutachtung der Klägerin eine Taxiheimfahrt nach 14 Tagen am Wochenende seit Beginn der Begutachtung übernimmt; im Übrigen bleibt es bei den Bedingungen im Anhörungsschreiben der Beklagten vom 02. Juni 2008.
2. Die Beklagte erstattet der Klägerin ¼ ihrer notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klage- und Berufungsverfahrens.
3. Die Klägerin behält sich den Widerruf des Vergleiches durch einfache schriftliche Anzeige bei Gericht bis zum 04. Oktober 2012 vor.
4. Für den Fall des Widerrufs des Vergleichs erklären die Beteiligten ihr Einverständnis mit einer Entscheidung der Berichterstatterin anstelle des Senats ohne mündliche Verhandlung.
Die Klägerin hat den Vergleich widerrufen.
Die Klägerin hat schriftsätzlich beantragt,
1. den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Neuruppin vom 27. September 2010 sowie den Bescheid vom 12. Dezember 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. März 2009 aufzuheben,
sowie
2. die Beklagte zu verurteilen, ihr Rente in Höhe von 109,67 € ab dem 01. März 2009 bis zum 31. Mai 2009, ab dem 01. Juni 2009 in Höhe von mindestens 219,33 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz ab dem 01. März 2009, bezogen auf den Betrag von 109,67 €, ab dem 01. Juni 2009, bezogen auf den Betrag von mindestens 219,33 €, zu zahlen,
Die Beklagte hat beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie führt unter Bezugnahme auf einen ergänzend eingeholten BB des Dr. R vom 14. Januar 2011 aus, dass nach wie vor ein beruflich erworbenes, rezidivierendes Kontaktekzem mit Befall der Hände, zeitweilig auch anderer Körperpartien in Kombination mit einem endogenen Ekzem, bestehe. Am chronisch rezidivierenden Verlauf seien insbesondere die beruflich erworbenen Sensibilisierungen gegenüber Terpentinöl und Kolophonium mit Reagibilität (Kreuzreaktion) auf zahlreiche modifizierte Kolophoniumderivate, ferner die zur Zeit geringfügige berufliche Sensibilisierung gegenüber Formaldehyd (Reagibiltät auf zwei Formaldehydfreisetzer) sowie arbeitsbedingte Sensibilisierungen gegenüber bestimmten Gummichemikalien beteiligt. Die des Weiteren bestehenden nicht beruflich erworbenen Sensibilisierungen gegenüber Nitrofural, Perubalsam, Rivanol, Chloramphenicol und Berlocombin hätten jedoch bereits seit 1997 wegen fehlender Exposition keine erkennbaren klinischen Auswirkungen mehr gehabt. Der Behandlungsverlauf sei wechselnd. Eine vollständige Abheilung des Hybridekzems sei auch künftig nicht zu erwarten, da die Arbeitsallergene der Klägerin auch weit verbreitet in der allgemeinen Umwelt vorkämen. Ein Abbruch der spezialisierten arbeitsdermatologischen Betreuung sei deshalb nicht vertretbar.
Die Beklagte hat unter Berücksichtigung dieser ärztlichen Stellungnahme an ihren Bescheiden festgehalten und betont, dass eine stationäre Begutachtung der Klägerin erforderlich sei. Die Heilbehandlungskosten würden aber nach wie vor getragen.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 20. September 2012 haben die Beteiligten ihr Einverständnis mit einer Entscheidung der Berichterstatterin anstelle des Senats ohne weitere mündliche Verhandlung erklärt.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie der Verwaltungsakten (2 Bände), die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.
Die Berichterstatterin kann nach dem im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 20. September 2012 erklärten Einverständnis der Beteiligten anstelle des Senats ohne weitere mündliche Verhandlung entscheiden (§§ 155 Abs. 3 und 4, 153 Abs. 1 i. V. m. § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz [SGG]).
Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht erhobene Berufung der Klägerin ist unbegründet.
Zulässigerweise hat die Klägerin gegen die streitigen Verwaltungsentscheidungen die Anfechtungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1 Regelung 1 SGG) in Verbindung mit einer allgemeinen Leistungsklage (§ 54 Abs. 5 SGG) erhoben. Denn es lag eine bindende Bewilligung eines Anspruchs auf Zahlung einer Rente wegen der anerkannten BK vor, die durch die von der Beklagten mit Ablauf des 28. Februar 2009 vorgenommene Entziehung wegen fehlender Mitwirkung nach § 66 SGB I (teilweise) vernichtet worden ist. Effektiver Rechtsschutz setzt daher voraus, dass derjenige, in dessen bindend zuerkannten Leistungsanspruch die Verwaltung ohne Aufhebung des Leistungsbescheides, aber bei Leistungseinstellung eingegriffen hat, nicht nur den Rechtseingriff abwehren, sondern auch einen vollstreckbaren Leistungstitel erlangen kann (vgl. hierzu Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 22. Februar 1995, 4 RA 44/94, in juris).
Die Klage ist jedoch unbegründet. Der angefochtene Bescheid vom 12. Dezember 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. März 2009, mit dem die Beklagte die Klägerin unter gleichzeitiger Androhung des Entzugs der durch Bescheid vom 27. März 1998 nach einer MdE von 20 v. H. gewährten Rente (§§ 212, 215 Abs. 1 SGB VII i. V. m. § 1150 Abs. 2 Satz 1 RVO) nach §§ 62, 65 SGB I aufgefordert hat, sich einer stationären Begutachtung zu unterziehen, erweist sich als rechtmäßig. Das Gericht nimmt zunächst auf die ausführliche Begründung in dem angefochtenen Bescheid vom 12. Dezember 2008 und dem Widerspruchsbescheid vom 18. März 2009 Bezug (§ 136 Abs. 3 SGG).
Ermächtigungsgrundlage für die Aufforderung der Klägerin, einer Begutachtung unter stationären Bedingungen für die Dauer von bis zu 4 Wochen nachzukommen, andernfalls ihre Unfallrente bis zum Antritt des stationären Aufenthaltes ab dem 01. März 2009 zunächst für 3 Monate zur Hälfte und ab dem 01. Juni 2009 in voller Höhe entzogen werde, sind die §§ 62, 65, 66 Abs. 1 Satz 1 SGB I. Danach kann der Leistungsträger ohne weitere Ermittlungen die Leistung bis zur Nachholung der Mitwirkung ganz oder teilweise (versagen oder) entziehen, soweit die Voraussetzungen der Leistung nicht nachgewiesen sind, wenn derjenige, der eine Sozialleistung erhält, seinen Mitwirkungspflichten aus den §§ 60 – 62, 65 SGB I nicht nachkommt und hierdurch die Aufklärung des Sachverhaltes erheblich erschwert wird. Die Entziehungsbefugnis nach § 66 Abs. 1 SGB I stellt weder Straf- noch Schadenersatz-, sondern Präventionsrecht dar, d. h. es kommt nicht auf ein Verschulden des Betroffenen an. Die Leistungsansprüche gehen vom Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Entziehungsentscheidung an für deren Dauer unter. Die Entziehung nach § 66 Abs. 1 Satz 1 SGB I wegen fehlender Mitwirkung des Leistungsberechtigten wird rechtswidrig, sobald die Mitwirkungspflicht nachgeholt wird oder aus sonstigen Gründen entfällt. Dann ist der Entziehungsbescheid gemäß § 48 Abs. 1 Satz 1 und 2 Nr. 1 SGB X aufzuheben. Dies hat jedoch wegen der vernichtenden Wirkung der Entziehung nicht zur Folge, dass die Ansprüche, die während der Geltungszeit der Entziehungsentscheidung erloschen waren, rückwirkend wieder aufleben. Vielmehr entsteht, sobald die Mitwirkung nachgeholt wird, gemäß § 67 SGB I i. V. m. § 39 Abs. 1 SGB I ein Recht des Bürgers auf ermessensfehlerfreie Entscheidung (vgl. ausführlich BSG, Urteil vom 22. Februar 1995, a. a. O.; ferner BSG, Urteil vom 14. Dezember 1994, 4 RA 42/94, in juris). Durch die Möglichkeit, eine Leistung nach § 66 Abs. 1 Satz 1 Regelung 2 SGB I zu entziehen, wird einerseits die Versichertengemeinschaften vor der Bewirkung von Leistungen, die dem (vermeintlich) Berechtigten nicht zustehen, geschützt; andererseits schützt sie den (wirklich) Berechtigten, der „nur" seine Mitwirkungspflichten verletzt hat, durch den Fortbestand des subjektiven Leistungsrechts i. V. m. dem Recht auf fehlerfreien Ermessensgebrauch nach § 67 SGB I vor einem endgültigen Rechtsverlust. Vor diesem Hintergrund ist es verfassungsrechtlich auch unbedenklich, dass die Entziehungsbefugnis tatbestandlich allein daran anknüpft, dass der Leistungsempfänger seinen Mitwirkungspflichten nach §§ 60 – 62, 65 SGB I objektiv nicht nachgekommen ist; ein Verschulden wird nicht vorausgesetzt. Gleichwohl werden die individuellen Verhältnisse des Leistungsempfängers berücksichtigt, denn sie werden bei der Prüfung der Entstehung von Mitwirkungspflichten, deren Grenzen (§§ 60 – 65 SGB I) und der Prüfung der Zumutbarkeit der Entziehung im Rahmen der Ermessensbetätigung (§ 66 Abs. 1 Satz 1 SGB I) berücksichtigt.
Nach Maßgabe dieser Grundsätze erweist sich der Bescheid vom 12. Dezember 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18. März 2009 als rechtmäßig.
Die formalrechtlichen Voraussetzungen sind erfüllt. Insbesondere leidet der Bescheid vom 12. Dezember 2008 nicht an einem Anhörungsfehler. Gem. § 66 Abs. 1 und 3 SGB I, der die Vorschrift des § 24 SGB X verdrängt, muss die Behörde vor Erlass eines Entziehungsbescheides wegen fehlender Mitwirkung den Betroffenen auf seine Mitwirkungspflicht hinweisen und ihm eine angemessene Frist zur ihrer Nachholung setzen. Hierdurch wird ihm Gelegenheit gegeben, sich auch zur Frage des Bestehens der Mitwirkungspflicht zu äußern und er wird vor Überraschungsentscheidungen geschützt. Die Beklagte hatte der Klägerin mit Schreiben vom 13. März, 14. und 29. Juni, 17. Juli, 20. November, 10. Dezember und 20. Dezember 2007 zunächst eine stationäre Reha-Maßnahme angeboten, die diese ebenso wie ein persönliches Gespräch und eine Begutachtung unter stationären Bedingungen trotz aufklärender Schreiben und fernmündlicher Gespräche unter Hinweis auf den Schlaganfall ihres Ehemannes, ihre schlechten Erfahrungen aus früheren stationären Aufenthalten und der weiten Entfernung abgelehnt hatte. Schließlich hat die Beklagte die Klägerin mit dem zugleich als Anhörungsschreiben nach § 24 SGB X bezeichneten Schreiben vom 02. Juni 2008 unmissverständlich und konkret darauf hingewiesen, dass sie die Zahlung der Rente für die Zukunft einstellen werde, wenn die Klägerin nicht bis zum 20. Juni 2008 (bei dem Datum 2006 handelt es sich augenscheinlich um einen Schreibfehler) eine der beiden benannten Einrichtungen und Gutachter ausgewählt haben würde, und dass bei Nichtbeantwortung davon auszugehen sei, dass die Klägerin einen stationären Aufenthalt ablehne.
Dass die Beklagte in dem angefochtenen Bescheid vom 12. Dezember 2008 die letztmalige Aufforderung der Klägerin, sich nunmehr bis zum 28. Februar 2009 für die Dauer bis zu vier Wochen in den stationären Aufenthalt in einer der beiden im Bescheid genannten Einrichtungen zu begeben, zugleich mit der Ankündigung verbunden hat, ihre Rente aufgrund der anerkannten BK werde gemäß § 66 Abs. 1 SGB VI mit Ablauf des 28. Februar 2009 ab dem 01. März 2009 so lange entzogen, bis die Klägerin ihrer Mitwirkungspflicht nachgekommen sei, die Beklagte also nicht außerdem nach fruchtlosem Ablauf der gesetzten Frist einen Entziehungsbescheid erteilt hat, erscheint unter Berücksichtigung der jahrelangen, vorausgegangenen und letztlich fruchtlosen Korrespondenz nicht zu beanstanden. Der Bescheid vom 12. Dezember 2008 ist auch nicht deshalb zu unbestimmt, weil die Beklagte die Dauer des stationären Aufenthalts auf „bis zu 4 Wochen“ bemessen hat. Die Korrespondenz lässt erkennen, dass die von der Beklagten angefragten Ärzte sich nicht in der Lage sahen, die für die Durchführung der Testungen erforderliche Zeit von vornherein einzuschätzen. Dass die Klägerin ohnehin jedwede stationäre Begutachtung jedenfalls zur damaligen Zeit abgelehnt hat, zeigt sich an ihrem Schreiben vom 04. August 2008, in welchem sie zum wiederholten Mal vorschlug, sich statt eines stationären Aufenthalts ambulant durch Frau Dr. A, V Klinikum B, Klinik für Dermatologie und Allergologie, begutachten zu lassen. Nur der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass Bemühungen der Beklagten, entsprechend dem Willen der Klägerin von der Berufsgenossenschaftlichen Klinik für Berufskrankheiten Feine vorherige Aussage über die wahrscheinliche Verweildauer zur Abklärung der Genese der Hauterscheinungen zu erlangen, gescheitert sind, weil die Ärzte der Klinik sich hierzu nicht in der Lage sahen.
Die von der Klägerin verlangte Mitwirkung ist auch entscheidungserheblich. Die Untersuchung und die stationär durchzuführenden Maßnahmen (Allergentestungen) sind erforderlich, um festzustellen, ob die Folgen der BK bei der Klägerin manifest sind und ob berufsbedingte oder anlagebedingte Hauterkrankungen dominieren. Insoweit ist zu beachten, dass im Streitfall die Beklagte beweisen muss, dass eine Besserung im Gesundheitszustand der Klägerin nach § 48 SGB X eingetreten ist. Eine Umkehr der Beweislast besteht auch in Fällen verweigerter Mitwirkung nicht. Je nach dem Ergebnis der Untersuchung hätte die Beklagte entschieden, ob nach wie vor ein Anspruch der Klägerin auf die ihr rückwirkend seit dem 01. Januar 1992 gezahlte Rente besteht oder – falls berufsbedingte Sensibilisierungen zurücktreten – ob sie unter Durchbrechung der Bestandskraft den Rentenbescheid wegen wesentlicher Änderung der Verhältnisse (§ 48 Abs. 1 SGB X), d. h. wegen Besserung der Folgen der BK, den Renten gewährenden Bescheid zurücknimmt. Angesichts der Diagnose im Zusammenhangsgutachten des Dipl.-Med. K vom 16. April 2008, wonach im Hautzustand der Klägerin hinsichtlich Klinik, Verlauf und Sensibilisierung trotz Einstellung der versicherten Tätigkeit in 1992 (letzter Kontakt mit möglichen Allergenen bereits 1980) keine wesentliche Änderung eingetreten sei, und der Unmöglichkeit, den Zusammenhang zwischen den bestehenden Hauterscheinungen und den als BK anerkannten Sensibilisierungen unter ambulanten Bedingungen festzustellen, war der Aufenthalt in einer auf Hauterkrankungen spezialisierten Klinik zur Durchführung von zu überwachenden Testungen notwendig. Dies gilt insbesondere auch deshalb, weil die Klägerin in ihrem Haushalt zahlreichen Allergenen ausgesetzt ist, die Hauterscheinungen hervorrufen können und die nicht in Zusammenhang mit der beruflich erworbenen Sensibilisierung stehen, ferner, weil die Klägerin gezeigt hat, dass sie weder ausreichend mitwirkt noch zutreffende Auskünfte über die von ihr verwendeten, möglicherweise allergenen Substanzen zu geben vermag. Die Beklagte hat zutreffend im Rahmen ihrer Ermessensausübung auch das Interesse der Versichertengemeinschaft, keine Mittel für eine möglicherweise unrechtmäßige Rente aufbringen zu müssen, mit dem Interesse der Klägerin abgewogen.
Das Verlangen nach einem stationären Aufenthalt der Klägerin überschreitet auch nicht die Grenzen der Mitwirkungspflicht. Nach § 65 Abs. 1 SGB I bestehen die Mitwirkungspflichten u. a. nach § 61 SGB I nicht, soweit ihre Erfüllung nicht in einem angemessenen Verhältnis zu der in Anspruch genommenen Sozialleistung steht oder soweit ihre Erfüllung den Betroffenen aus einem wichtigen Grund nicht zugemutet werden kann oder soweit der Leistungsträger sich durch einen geringeren Aufwand als der Leistungsberechtigte die erforderlichen Kenntnisse selbst beschaffen kann. Es gibt im Fall der Klägerin – wie eben ausgeführt - kein zur Abklärung der weiterhin bestehenden Hauterkrankung gleichermaßen geeignetes, aber weniger belastendes Mittel als die Begutachtung unter stationären Bedingungen. Dies wird auch noch einmal deutlich aus der beratungsärztlichen Stellungnahme von Dr. N, Hautschutzzentrum GmbH, L vom 02. August 2012, der einen längeren Aufenthalt als acht Tage für wünschenswert hält und darauf hinweist, dass für eine erfolgreiche Testung im Vorfeld ein guter Hautbefund und eine mindestens sechswöchige UV-Lichtkarenz erforderlichen seien. Hiernach hätte die von der Klägerin angebotene ambulante Begutachtung den Zweck eines stationären Aufenthalts nicht erfüllen können. Dass die Beklagte der Klägerin lediglich zwei, örtlich von ihrem Wohnsitz entfernte Einrichtungen zur Auswahl gestellt hat, hat seinen anzuerkennenden Grund darin, dass es für die durchzuführende Begutachtung nur wenige, auf BK’en der Haut spezialisierte Einrichtungen gibt. Bei der Ermessensausübung hat die Beklagte auch berücksichtigt, dass die Entziehung der Rente die Klägerin nur bis zur Nachholung der fehlenden Mitwirkung belastet hätte, d. h., Dauer und Ausmaß der Belastung hingen vom Verhalten der Klägerin ab.
Es wird nicht verkannt, dass auch eine unter Beachtung obiger Grundsätze getroffene Entscheidung über eine erforderliche Mitwirkungshandlung im Einzelfall außer Verhältnis stehen kann. Die Klägerin hat insoweit vor allem die Erkrankung ihres Ehemannes angeführt. So teilte sie mit Schreiben vom 19. März 2007 mit, dass ihr Gatte einen Schlaganfall gehabt habe, so dass sie auch aus diesem Grund nicht wegfahren könne. Abgesehen davon, dass die Krankheit ihres Ehemannes nicht durch ein Attest des behandelnden Arztes belegt ist, hat die Klägerin in ihrem Schreiben auch deutlich gemacht, dass die Krankheit ihre Ehemannes nur als weiterer, nicht aber als alleiniger Grund, den stationären Aufenthalt nicht anzutreten, geltend gemacht wird. Vor allem aber hat die Beklagte im Rahmen ihrer Ermessensbetätigung den persönlichen Verhältnissen und Problemen der Klägerin in der Form Rechnung getragen, als sie mit ihrem Schreiben vom 02. Juni 2008 der Klägerin angeboten hat, ihren Ehemann zu Lasten der Beklagten stationär mit aufnehmen zu lassen, etwaige Kosten der Pflege in dieser Zeit sowie für die Versorgung des Hauses/Hofes und für ein Taxi zwecks Transportes zu den vorgeschlagenen Einrichtungen in O oder H zu übernehmen. Die nunmehr bei dem Ehemann der Klägerin im Vordergrund stehende Demenz-Erkrankung, die allerdings erst durch ein Pflegegutachten des MDK Berlin-Brandenburg vom 12. September 2011 belegt ist, konnte die Beklagte bei Erlass der angefochtenen Bescheide noch nicht in ihre Ermessenserwägungen einbeziehen. Besondere Umstände des Einzelfalles und damit die persönlichen Belange der Klägerin konnten im Rahmen der zu treffenden Ermessensentscheidung nur insoweit in den Abwägungsprozess der Beklagten eingehen, als sie dieser ohne weitere Ermittlungen und bis zum Abschluss des Widerspruchsverfahrens bekannt geworden waren (vgl. so ausdrücklich BSG, Urteil vom 22. Februar 1995, 4 RA 44 /94, Rdz. 35, in juris). Eine Demenz des Ehemannes war jedoch bei Erlass des Bescheids vom 12. Dezember 2008 bzw. bei Erlass des Widerspruchsbescheids vom 18. März 2009 der Beklagten nicht bekannt gewesen. Davon abgesehen wird die Alltagskompetenz des Ehemannes der Klägerin in dem Pflegegutachten erst seit März 2011 als erheblich eingeschränkt bezeichnet, ohne dass sich aus dem Gutachten Anhaltspunkte dafür ergeben, dass die Erkrankung des Ehemannes einer Begleitung der Klägerin zu einem stationären Aufenthalt im Jahr 2009, aber auch in der Zeit danach, bei Unterbringung und entsprechender Versorgung des Ehemannes unüberwindbar entgegen gestanden hätte.
Die Beklagte hat schließlich der Klägerin auch eine angemessene Frist zur Mitwirkung gesetzt. Diese betrug insgesamt fast acht Monate; denn die Klägerin hatte unter Berücksichtigung der Aufforderung der Beklagten vom 02. Juni 2008, sich für eins der genannten Krankenhäuser zu entscheiden, ausreichend Gelegenheit, sich auf den Antritt des stationären Aufenthalts vorzubereiten. Bei der Androhung der Sanktion wegen verweigerter Mitwirkungspflicht hat die Beklagte sich ermessensgerecht dahingehend entschieden, aufgrund der Hauterscheinungen bei der Klägerin weiterhin die Kosten für die hautärztliche Behandlung zu übernehmen. Hinsichtlich des Entzugs der Rente aus der gesetzlichen Unfallversicherung hat die Beklagte einen gestaffelten Übergang gewählt, indem bei Verweigerung der Mitwirkung die Rente für drei Monate zunächst zur Hälfte herabgesetzt und erst ab dem 01. Juni 2009 voll entzogen werde. Damit hat sie sich im Rahmen der vom Gesetz zugelassenen Rechtsfolgen gehalten (§ 66 Abs. 1 Satz 1 SGB I).
Abschließend ist darauf hinzuweisen, dass es dem Gericht nicht erlaubt ist, seine Einschätzung, welches Verhalten zweckmäßig wäre, an die Stelle der Einschätzung der Verwaltung zu setzen. Bei der Überprüfung von Ermessensverwaltungsakten ist den Verwaltungsträgern ein Entscheidungsspielraum eingeräumt, den die Gerichte zu achten haben. Gemäß § 54 Abs. 2 Satz 2 SGG dürfen sie nur prüfen, ob die Verwaltung die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht wurde. Gerichtlicher Kontrolle unterliegt daher nur, ob ein zur Verwirklichung (bzw. Förderung) des Gesetzeszwecks eindeutig ungeeignetes Mittel eingesetzt wurde, ob von mehreren gleichgeeigneten Mitteln eines nicht gewählt wurde, das den Einzelnen und die Allgemeinheit eindeutig weniger belastet hätte, und ob ein mit dem gewählten Mittel verbundener Nachteil zu dem vom Gesetz verfolgten Zweck eindeutig außer Verhältnis steht. Dies ist hier nicht der Fall.
Soweit die Klägerin schließlich im Rahmen ihrer Berufung mehrere Vergleichsvorschläge gemacht (zunächst Zahlung von 22. 0000,00 Euro zur Abgeltung ihrer Ansprüche ohne Untersuchung) und dann angeboten hat, sie lasse sich – neben weiteren Bedingungen - allenfalls maximal für 2 x 8 Tage in der Klinik Fbzw. in der Hautklinik Bad Rstationär untersuchen, hat sie dieses Angebot mit erheblichen Zahlungsforderungen für Zeiten ab dem 01. März 2009 verknüpft (erst 8 000,00 Euro, dann 5 000,00 Euro), worauf die Beklagte nicht eingegangen ist, denn diese Geldforderungen hätten einer Nachzahlung für einen großen Teil des Zeitraumes der nicht erbrachten Mitwirkung und der Sanktion entsprochen. Im Übrigen lässt sich aus diesen Angeboten der Klägerin auch schließen, dass eine Begleitung durch den Ehemann bei entsprechender Fürsorge durchaus möglich gewesen wäre.
Dass der Senat in der mündlichen Verhandlung vom 20. September 2012 gleichwohl einen Vergleich des Inhalts angeboten hatte, die Beklagte möge den Bescheid vom 12. Dezember 2008 mit der in ihm enthaltenen Entziehung der Verletztenrente für die Zeit ab 23. Januar 2012 (Einladung zur Regelbegutachtung in der Klinik F) aufheben, sobald sich die Klägerin einer Begutachtung stationär im vom Gutachter für notwendig erachteten zeitlichen Umfang, bis höchstens 4 Wochen, unterzogen haben würde, entsprang dem Bemühen, der Klägerin entgegen zu kommen und den Rechtsstreit vergleichsweise zu erledigen. In dem Umstand, dass der Beklagtenvertreter sich auf den Vergleich eingelassen hat, liegt kein Teilanerkenntnis, denn die Bereitschaft auf Aufhebung des angefochtenen Bescheides für die Zeit ab 23. Januar 2012 mit der Folge auf Nachzahlung der Rente war ja gerade verknüpft mit der Bereitschaft der Klägerin, sich der Begutachtung in einer geeigneten Klinik nach Vermittlung der Beklagten zu unterziehen. Dass die Klägerin diese Bereitschaft nicht hat, hat sie mit dem Widerruf des Vergleichs gezeigt. Mit dem Vergleich hat das Gericht nicht zum Ausdruck gebracht, dass es in dieser Form auch geurteilt hätte. Die Sache wurde vielmehr mit der rechtskundigen Bevollmächtigen der Klägerin und dem Vertreter der Beklagten in der mündlichen Verhandlung vor Schließung des Vergleichs abschließend erörtert. Da die Klägerin den Vergleich widerrufen hat, ist dieser unwirksam und entfaltet keine Bindungswirkung. Die - nach im Termin vom 20. September 2012 erklärten Einverständnis der Beteiligten - nunmehr zuständige Berichterstatterin entscheidet daher in der Sache, wobei die Beteiligten zudem ihr Einverständnis zur Entscheidung ohne weitere mündliche Verhandlung erteilt haben (§§ 155 Abs. 3 und 4, 153 Abs. 1 i. V. m. § 124 Abs. 2 SGG).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und folgt dem Ausgang des Rechtsstreits in der Sache selbst.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil Zulassungsgründe nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG nicht vorliegen.