Toolbar-Menü
 
Sie sind hier: Gerichtsentscheidungen Nachversicherung; Säumniszuschläge; Versicherung; Verjährung

Nachversicherung; Säumniszuschläge; Versicherung; Verjährung


Metadaten

Gericht LSG Berlin-Brandenburg 17. Senat Entscheidungsdatum 28.04.2011
Aktenzeichen L 17 R 789/09 ECLI
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen § 24 SGB 4, § 25 SGB 4

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 07. Mai 2009 aufgehoben.

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Streitig ist die Verpflichtung des Klägers zur Zahlung von Säumniszuschlägen in Höhe von 5.808,79 Euro wegen verspäteter Abführung von Beiträgen zur gesetzlichen Rentenversicherung im Rahmen der Nachversicherung.

Am 19. November 1999 endete die Amtszeit des Bezirksstadtrats T S, geboren 1958, der dem Kläger, dem Bezirksamt S der Stadt B, seit dem 30. November 1995 angehörte. Mit Schreiben vom 20. Juni 2000 zeigte der Kläger der Beklagten das Ende des Beamtenverhältnisses des T S an. Für den Zeitraum des versicherungsfreien Dienstverhältnisses seien Beiträge zur Rentenversicherung gemäß § 8 Abs. 2 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) nachzuentrichten. Unter Berücksichtigung der Dynamisierung gemäß § 181 Abs. 4 SGB VI ergebe sich für den Zeitraum vom 30. November 1995 bis zum 19. November 1999 ein Nachversicherungsbeitrag in Höhe von 114.351,01 DM. Die Beklagte wurde zwecks Überweisung des Nachversicherungsbeitrags um Mitteilung einer Kontonummer und des entsprechenden Aktenzeichens gebeten. Ausweislich eines Telefonvermerks vom 11. Juli 2000 teilte eine Mitarbeiterin der Beklagten dem Kläger die Versicherungsnummer bzw. das Bearbeitungskennzeichen für die Nachversicherung, die Bankverbindung und Angaben zum Verwendungszweck mit. Die Nachversicherungsbeiträge gingen am 14. Juli 2000 bei der Beklagten ein. Mit Schreiben vom 22. August 2000 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass ein Betrag von 35.323,87 DM zuviel überwiesen worden sei und dieser Betrag zurückgezahlt werde.

Die bei dem Kläger zuletzt als Stadtoberinspektorin tätig gewesene G S, geboren 1953, schied mit Ablauf des 31. Mai 2000 gegen Zahlung einer Prämie in Höhe von 91.890,- DM gemäß der Verwaltungsvorschrift über Prämien zur Realisierung von Personalkosteneinsparungen aus dem Beamtenverhältnis zu dem Kläger aus. GS war vom 01. April 1972 bis zum 28. Februar 1987 zunächst beim Polizeipräsidenten in B und anschließend vom 01. März 1987 bis zum 31. Januar 1991 bei dem Landeseinwohneramt Berlin tätig, bevor sie dann zur Abteilung Personal und Wirtschaft bei dem Bezirksamt S von B wechselte. Nachdem dem Kläger die Angaben über den Nachversicherungszeitraum und die beitragspflichtigen Entgelte von dem Landeseinwohneramt und dem Polizeipräsidenten B zugegangen waren und nach Prüfung der Zuständigkeit beim Wechsel der Behörde durch die Beamtin innerhalb des Landes B teilte der Kläger der Beklagten mit Schreiben vom 26. Oktober 2000 mit, dass G unter Inanspruchnahme einer Prämiezahlung mit Ablauf des 31. Mai 2000 aus dem Dienst entlassen worden und die Nachversicherung für die Zeit vom 01. April 1972 bis zum 31. Mai 2000 durchzuführen sei. Unter Berücksichtigung der Dynamisierung gemäß § 181 Abs. 4 SGB VI ergebe sich für den genannten Zeitraum ein Nachversicherungsbeitrag in Höhe von 249.815,15 DM. Auch hier wurde zur Überweisung des Nachversicherungsbeitrags um Mitteilung der Kontonummer und des entsprechenden Kassenzeichens gebeten. Ausweislich eines Telefonvermerks vom 22. November 2000 teilte eine Mitarbeiterin der Beklagten die Kontonummer und Bankleitzahl sowie die Versicherungsnummer als erforderliches Kassenzeichen mit. Die Nachversicherungsbeiträge gingen am 27. November 2000 bei der Beklagten ein.

Am 03. Juni 2003 leitete die Beklagte die Prüfung der Nachversicherung nach § 212 SGB VI u. a. bei den Bezirksämtern ein. Die Prüfung wurde am 08. November 2004 durchgeführt, geprüfter Zeitraum war die Zeit vom 01. Dezember 1999 bis zum 31. August 2004. Die Schlussbesprechung mit dem Kläger als Nachversicherungsstelle fand am 08. November 2004 statt mit dem Ergebnis, dass der Kläger die Erhebung von Säumniszuschlägen für die Zeit ab Kenntnis darüber, dass die Beklagte Säumniszuschläge erheben wolle, anerkannte. Im Fall S sei sogar zu viel gezahltes Geld zurückgezahlt worden.

Mit Bescheid vom 14. Dezember 2004 setzte die Beklagte nach § 24 Abs. 1 Satz 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) für die nicht bis zum Ablauf des Fälligkeitstages gezahlten Beträge Säumniszuschläge in Höhe von 5.808,79 Euro fest (3.830,09 Euro für die verspätet gezahlten Nachversicherungsbeiträge in Sachen G S und 1.978,79 Euro für verspätet gezahlte Nachversicherungsbeiträge in Sachen T S). Dem Vorbringen im Abschlussgespräch, die Erhebung der Säumniszuschläge werde erst für die Zeit ab Kenntnis darüber, dass die Beklagte künftig Säumniszuschläge erheben wolle (März 2003), anerkannt, sei mit dem Hinweis zu begegnen, dass § 24 SGB IV seit dem 01. Januar 1995 kein Ermessen mehr bei der Erhebung von Säumniszuschlägen vorsehe und im Interesse der Versichertengemeinschaft nach § 76 SGB IV die entstandenen Ansprüche vollständig zu erheben seien.

Dagegen legte der Kläger Widerspruch ein, zu dessen Begründung er zunächst darauf verwies, dass ein Widerspruch wegen der Regelung in § 78 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) nicht zulässig sei, weil es keines Vorverfahrens bedürfe, wenn – wie hier – ein Land klagen wolle. Vorsorglich werde jedoch Widerspruch eingelegt und die Auffassung vertreten, der Anspruch auf Säumniszuschläge sei verwirkt. Offenbar habe die Beklagte selbst nach der Gesetzesänderung im Jahre 1995 diese nicht ausgeführt und keine Säumniszuschläge erhoben. Dies ergebe sich zum einen aus dem Rückschluss der Formulierung des Schreibens vom 28. März 2003, dass künftig Säumniszuschläge auf verspätete gezahlte Nachversicherungsbeiträge erhoben würden. In einem diesem Anschreiben beiliegenden Rundschreiben habe die Beklagte darauf hingewiesen, dass sie ihre bisherige Rechtsauffassung aufgegeben habe und künftig in allen Fällen der verspäteten Zahlung von Nachversicherungsbeiträgen Säumniszuschläge erheben werde. Außerdem habe die Beklagte in den hier maßgeblichen Fällen, auch nach dem die Nachversicherungsbeiträge vom Bezirksamt verspätet gezahlt worden seien, niemals auf Säumniszuschläge hingewiesen oder diese eingefordert. Im Fall S sei sogar am 22. August 2000 ein Betrag von 35.323,87 DM zurückerstattet worden, da die Berechnung der Nachversicherung nicht korrekt gewesen sei. Hierdurch habe die Beklagte zu erkennen gegeben, dass sie grundsätzlich keine Säumniszuschläge erhebe und auch keine erheben wolle, denn sonst hätte sie die Rückzahlung mit den Säumniszuschlägen aufrechnen können. Aufgrund des langen Zeitablaufs (über vier Jahre) sei das für eine Verwirkung erforderliche Zeitmoment gegeben. Das Umstandsmoment sei in der Rückzahlung der überzahlten Beiträge zu sehen, ohne aufzurechnen oder wenigstens auf Säumniszuschläge hinzuweisen. Die in dem angefochtenen Bescheid vorgenommene Erhebung von Säumniszuschlägen aus dem Jahr 2000, gerade einmal 10 Tage vor Ablauf der vierjährigen Verjährungsfrist und ohne sie jemals einzufordern, sei verwirkt, denn die Beklagte verstoße gegen ihre eigene langjährige Verwaltungspraxis, gegen ihr früheres Verhalten und damit gegen Treu und Glauben.

Mit eben dieser Begründung hat der Kläger am 20. Januar 2005 außerdem Klage bei dem Sozialgericht Berlin erhoben. Ergänzend hat er das Schreiben der Beklagten vom 28. März 2003 über die Erhebung von Säumniszuschlagen nach § 24 Abs. 1 SGB IV bei zu spät gezahlten Nachversicherungsbeiträgen (Eingangsdatum bei dem Kläger 03. April) nebst beigefügtem Informationsblatt vorgelegt.

Am 09. Dezember 2005 hat die Beklagte den von ihr für erforderlich gehaltenen Widerspruchsbescheid erlassen, in dem sie unter anderem ausgeführt hat, die Nachversicherungsbeiträge seien im Fall S am 01. Juni 2000 und im Fall S am 20. November 1999 fällig geworden und erst im November 2000 bzw. Juli 2000 gezahlt worden. Es gebe keinen Vertrauensschutz auf die Nichterhebung von Säumniszuschlägen. Die Pflicht zur Zahlung sei gesetzlich zum 01. Januar 1995 eingeführt worden. Der Forderungsbescheid datiere vom 14. Dezember 2004, sei also erst nach der Veröffentlichung des Informationsblattes vom 28. März 2003 erteilt worden. Speziell im Fall S sei anzuführen, dass der Akt der Rückzahlung des durch den Kläger überzahlten Betrags an Nachversicherungsbeiträgen im August 2000 keine Entscheidung über die Prüfung und Erhebung von Säumniszuschlägen darstelle. Das Verfahren der Rückzahlung und der Prüfung und Erhebung von Säumniszuschlägen sei vom verwaltungstechnischen Ablauf getrennt zu betrachten. Aus dem Unterlassen der sofortigen Prüfung bezüglich der Erhebung von Säumniszuschlägen auf verspätet gezahlte Nachversicherungsbeiträge zum Zeitpunkt der Rückzahlung des zuviel überwiesenen Betrages könne eine Verwirkung von zu einem späteren – noch nicht verjährten – Zeitpunkt geforderten Säumniszuschlägen nicht hergeleitet werden.

Der Kläger hat ergänzend vorgetragen, aus dem Informationsschreiben der Beklagten und der Formulierung „dass sie ihre bisherige Rechtsauffassung aufgibt“ folge eindeutig, dass die Beklagte in den Jahren zuvor niemals Säumniszuschläge erhoben habe. Dies werde auch dadurch belegt, dass bei ihm, dem Kläger, in den Jahren 1995 bis 2004 diverse Nachversicherungen durchgeführt worden seien, wobei in mehreren Fällen die Dreimonatsfrist nicht eingehalten worden sei. In keinem dieser Fälle habe die Beklagte Säumniszuschläge geltend gemacht. Erst nachdem die Beklagte am 08. November 2004 beim Kläger eine Prüfung durchgeführt habe, würden für die beiden einzigen noch nicht verjährten Fälle, nämlich die hier im Streit stehenden, Säumniszuschläge erhoben.

Am 03. März 2008 hat der Kläger unter Bezugnahme auf das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 16. November 2007 – L 4 R 2218/05 – hinsichtlich der für T S erhobenen Säumniszuschläge die Einrede der Verjährung erhoben. Dieser sei am 19. November 1999 aus dem Dienst ausgeschieden. Die vierjährige Verjährungsfrist des § 25 Abs. 1 Satz 1 SGB IV habe somit am 01. Januar 2000 zu laufen begonnen und am 31. Dezember 2003 geendet. Die Forderung auf Säumniszuschläge mit Bescheid vom 14. Dezember 2004 sei somit verjährt.

Durch Urteil vom 07. Mai 2009 hat das Sozialgericht den Bescheid vom 14. Dezember 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 09. Dezember 2005 aufgehoben und dem Beklagten die Kosten des Rechtsstreits auferlegt. Zur Begründung hat es ausgeführt, der angefochtene Bescheid sei rechtswidrig und daher aufzuheben gewesen. Soweit die Forderung von Säumniszuschlägen im Fall des T S in Höhe von 1.978,70 Euro betroffen sei, sei Verjährung eingetreten, denn die nach § 25 Abs. 1 SGB IV geltende vierjährige Verjährungsfrist sei bei Erlass des angefochtenen Bescheides bereits abgelaufen gewesen. Die 30jährige Verjährungsfrist sei hier nicht maßgeblich, da deren Voraussetzungen nicht vorgelegen hätten. Der Kläger müsse sich nicht vorwerfen lassen, der Beklagten die entstandenen Säumniszuschläge vorsätzlich vorenthalten zu haben. Denn schon die Beklagte selbst sei zunächst nicht sicher gewesen, ob § 24 SGB IV in der ab dem 01. Januar 2005 geltenden Fassung auch auf die öffentlich-rechtlichen Nachversicherungsschuldner anzuwenden sei. Offenbar habe diesbezüglich auch unter den gesetzlichen Rentenversicherungsträgern selbst kein Konsens bestanden und dieser sei auch erst 2003 herzustellen gewesen. Eine erste Entscheidung des Bundessozialgerichts (BSG) sei diesbezüglich auch erst am 12. Februar 2004 ergangen.

Im Übrigen berufe sich der Kläger zu Recht auf die Verwirkung der von der Beklagten geltend gemachten Ansprüche. Denn die Forderung von Säumniszuschlägen sei hier als unbillig anzusehen, da die Beklagte als Gläubigerin der Nachversicherungsforderung seit dem 01. Januar 1995 über Jahre hinaus das geltende Recht tatsächlich nicht angewendet habe. Das Rechtsinstitut der Verwirkung sei als Ausprägung des in § 242 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) zum Ausdruck gekommenen allgemeinen Grundsatzes, wonach der Schuldner eine Leistung so zu bewirken habe, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erforderten, grundsätzlich auch im Sozialversicherungsrecht anwendbar. Eine Verwirkung scheitere hier auch nicht etwa daran, dass ein Verwirkungsverhalten der Beklagten als Rentenversicherungsträger, das zum Zeitablauf hinzutreten müsse, nicht vorliegen würde. Es treffe zwar zu, dass im Regelfall zu einem bloßen Nichthandeln ein aktives Handeln, das nahe lege, dass die Forderung auch nicht mehr geltend gemacht werde, hinzu treten müsse. Hier habe die Beklagte allerdings seit dem 01. Januar 1995 gegenüber den öffentlich-rechtlichen Nachversicherungsschuldnern langjährig darauf verzichtet, überhaupt Säumniszuschläge anzufordern oder diese mittels Bescheid geltend zu machen und beizutreiben. Gleichzeitig habe die Beklagte aber regelmäßig Nachversicherungsbeiträge entgegengenommen und die entsprechenden Vorgänge bearbeitet. Selbst auf das Schreiben der Beklagten vom 28. März 2003 sei diese zunächst weiter untätig geblieben. Die Beklagte müsse sich zudem entgegenhalten lassen, dass ihr Schreiben nicht eindeutig abgefasst gewesen sei und für die Nachversicherungsschuldner nicht klar ersichtlich sei, dass nunmehr alle, also auch bereits abgeschlossene Nachversicherungsfälle, wieder aufgegriffen würden. Im Übrigen sei dies offenbar auch tatsächlich nicht der Fall gewesen. Vorliegend seien die Säumniszuschläge erst im Rahmen einer von der Beklagten separat durchgeführten Prüfung nach § 212 SGB VI erhoben worden. Nach alledem sei für die Kammer das für die Annahme einer Verwirkung erforderliche Verwirkungsverhalten hier in der jahrelang ausgeübten Verwaltungspraxis der Beklagten zu sehen. Letztlich müsse sich der Kläger nicht entgegenhalten lassen, dass er über bessere oder sicherere Rechtskenntnisse verfügen müsse, als der Träger der gesetzlichen Rentenversicherung selbst, die jahrelang nicht in der Lage gewesen seien, sich hinsichtlich der ab dem 01. Januar 1995 geltenden Rechtslage auf eine einheitliche Rechtspraxis zu einigen.

Gegen das am 06. Juli 2009 zugestellte Urteil richtet sich die am 23. Juli 2009 eingelegte Berufung der Beklagten. Zur Begründung führt sie aus, zur Frage der Verjährung des Säumniszuschlages auf Nachversicherungsbeiträge sei seit dem BSG-Urteil vom 17. April 2008 – B 13 R 123/07 R – klargestellt, dass zunächst unter Beachtung des § 24 Abs. 2 SGB IV zu beurteilen sei, ob ein Anspruch auf einen Säumniszuschlag bestehe. Könne der Beitragsschuldner glaubhaft machen, dass er innerhalb der kurzen Verjährung des § 25 Abs. 1 Satz 1 SGB IV unverschuldet keine Kenntnis von der Zahlungspflicht gehabt habe, bestehe kein Anspruch auf einen Säumniszuschlag. Die Frage nach der Verjährung erübrige sich dann. Gelinge dem Beitragsschuldner die Glaubhaftmachung nach § 24 Abs. 2 SGB IV nicht, sei für den Anspruch auf einen Säumniszuschlag regelmäßig von der 30jährigen Verjährung nach § 25 Abs. 1 Satz 2 SGB IV auszugehen. In beiden streitbefangenen Fällen habe der Kläger zwar innerhalb der Frist des § 25 Abs. 1 Satz 1 SGB IV, aber deutlich nach der Fälligkeit die Nachversicherungsbeiträge gezahlt. Er habe deshalb innerhalb von vier Jahren Kenntnis von seiner Zahlungspflicht gehabt, so dass eine Exkulpation nach § 24 Abs. 2 SGB IV von vornherein ausscheide und die 30jährige Verjährungsfrist anzuwenden sei.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 07. Mai 2009 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Kläger ist weiterhin der Auffassung, dass die Säumniszuschläge zu Unrecht erhoben worden seien und das Sozialgericht zu Recht davon ausgegangen sei, dass die Ansprüche auf Säumniszuschläge verwirkt bzw. verjährt seien.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten sowie auf die Auszüge aus den Personalakten des Klägers bezüglich G S und T S verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die Berufung der Beklagten bedurfte nicht der Zulassung wegen Unterschreitens der Beschwer von 10.000,- Euro gemäß § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG), denn vorliegend handelt es sich nicht um einen Erstattungsstreit zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts. Säumniszuschläge dienen vor allem dem Zweck, der Säumnis bei Erfüllen von Zahlungspflichten entgegenzuwirken. Sie sind ein Druckmittel zur Sicherstellung eines geordneten Verwaltungsablaufs und der Beschaffung der hierfür benötigten Finanzmittel (vgl. Urteil des BSG vom 01. Juli 2010 – B 13 R 67/09 R – m. w. N.). Die Beschwer übersteigt vorliegend mit 5.808,79 Euro den Betrag von 750,- Euro, der für eine zulassungsfreie Berufung nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG erforderlich ist.

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig und begründet. Das Urteil des Sozialgerichts vom 07. Mai 2009 war aufzuheben und die Klage abzuweisen, denn die Beklagte hat zu Recht die Zahlung von Säumniszuschlägen wegen verspätet gezahlter Nachentrichtungsbeiträge von dem Kläger gefordert.

Die Klage wäre zwar zulässig gewesen, ohne dass es der Durchführung eines Vorverfahrens vor Erhebung der Anfechtungsklage § 54 Abs. 1 Satz 1 SGG) bedurft hätte. Denn der Kläger führt die Klage als Land i. S. von § 78 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGG. Ein – wie hier – gleichwohl durchgeführtes Widerspruchsverfahren, das mit Erteilen des Widerspruchsbescheids vom 09. Dezember 2005 abgeschlossen worden ist, steht der Zulässigkeit der Klage jedoch nicht entgegen. Zudem ist die Klage vom 20. Januar 2005 gegen den Bescheid vom 14. Dezember 2004, dem Kläger nach seinen eigenen Angaben am 21. Dezember 2004 zugegangen, auch ohne Widerspruchsbescheid fristgerecht erhoben worden.

Die Beklagte hat die geforderten Säumniszuschläge zu Recht durch Verwaltungsakt festgesetzt. Der für die Nachversicherung zuständige Rentenversicherungsträger ist berechtigt, auch gegenüber öffentlich-rechtlichen Arbeitgebern die Nachentrichtung der Beiträge durch Verwaltungsakt einzufordern (vgl. BSG in SozR 2400 § 124 Nr. 6). Gleiches gilt für die im Nachversicherungsverfahren anfallenden Säumniszuschläge (vgl. BSG in SozR 4 - 2600 § 186 Nr. 1 und Urteil des BSG vom 01. Juli 2010 – B 13 R 67/09 R -, zitiert nach juris).

Rechtsgrundlage für die Erhebung von Säumniszuschlägen durch die Beklagte als Beitragsgläubiger ist § 24 Abs. 1 SGB IV. Gemäß § 24 Abs. 1 Satz 1 SGB IV ist für Beiträge, die der Zahlungspflichtige nicht bis zum Ablauf des Fälligkeitstags gezahlt hat, für jeden angefangenen Monat der Säumnis ein Säumniszuschlag von 1 v. H. des rückständigen, auf 50 Euro nach unten abgerundeten Betrags zu zahlen. Die Fälligkeit der Beiträge zur Nachversicherung richtet sich gemäß § 23 Abs. 4 SGB IV nach § 184 Abs. 1 Satz 1 SGB VI (§ 184 Abs. 1 Satz 2 und 3 SGB IV ist erst mit Wirkung vom 01. Januar 2008 eingefügt und gilt nicht rückwirkend, vgl. Urteil des BSG vom 01. Juli 2010 – B 13 R 67/09 R -). Danach werden die Beiträge gezahlt, wenn die Voraussetzungen für die Nachversicherung eingetreten sind und insbesondere keine Gründe für den Aufschub der Beitragszahlung vorliegen. Säumniszuschläge in Nachversicherungsfällen sind auch von Körperschaften des öffentlichen Rechts zu entrichten (vgl. BSG in SozR 4 - 2400 § 24 Nr. 2 und SozR 4 - 2400 § 25 Nr. 2). Die Voraussetzungen für die Nachversicherung liegen regelmäßig mit dem unversorgten Ausscheiden aus einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis vor (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VI).

Nachversicherungsschuldner und damit zahlungspflichtig ist der Kläger als ehemaliger Dienstherr von G S und T S. Die ehemalige Stadtoberinspektorin G S und der ehemalige Bezirksstadtrat T S sind unversorgt aus der Beschäftigung bei dem Kläger ausgeschieden und waren deshalb nachzuversichern. Gründe für einen Aufschub der Beitragszahlung (§ 184 Abs. 1 Satz 1 2. Halbsatz SGB VI, § 184 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 bis 3 SGB VI) sind nicht geltend gemacht worden und liegen nach Aktenlage auch nicht vor. Daher waren die Nachversicherungsbeiträge für G S mit dem Tag nach ihrem Ausscheiden aus dem Beamtenverhältnis am 31. Mai 2000 seit dem 01. Juni 2000 fällig, die Nachversicherungsbeiträge für T S mit dem Tag nach seinen Ausscheiden aus dem Beamtenverhältnis am 19. November 1999 seit dem 20. November 1999. Der hiervon dem Rundschreiben des Bundesministers des Innern vom 27.4.1999 (DII6-224012/55) entsprechend abweichend festgesetzte spätere Beginn der Säumnis – im Fall S am 22. Februar 2002 und im Fall S am 01. September 2000 - begünstigt den Kläger und ist daher nicht zu beanstanden. Die Nachversicherungsbeiträge sind im Fall S erst am 27. November 2000, im Fall S am 14. Juli 2000 und damit verspätet bei der Beklagten eingegangen.

Der Erhebung des Säumniszuschlags steht auch keine unverschuldete Unkenntnis von der Zahlungspflicht entgegen (§ 24 Abs. 2 SGB IV). Dabei ist zu berücksichtigen, dass dabei auf die Kenntnis von der Zahlungspflicht der Nachversicherungsbeiträge abzustellen ist.

Anhaltspunkte für eine solche Unkenntnis sind den Akten nicht zu entnehmen und werden von dem Kläger auch nicht vorgetragen. Den Auszügen aus den Personalakten ist vielmehr zu entnehmen, dass der Kläger unmittelbar mit Ausscheiden der beiden Beamten aus dem Dienst das Nachversicherungsverfahren einleitete. Warum die Verfahren so lange dauerten, ist den Teilakten nicht zu entnehmen, allerdings ist festzustellen, dass die Nachversicherungsmitteilung an die Beklagte bei beiden Mitarbeitern erst nach Ablauf des durch das Rundschreiben des Bundesministers des Innern vom 27. April 1999 (DII6-224012/55) festgesetzten späteren Beginns der Säumnis erfolgte. Im Fall S erfolgte die Mitteilung mit Schreiben vom 20. Juni 2000, im Fall S mit Schreiben vom 26. Oktober 2000. Die Ursache für die Säumnis ist damit nicht von der Beklagten, etwa wegen verspäteter Reaktion auf die Frage nach dem Konto etc., gesetzt worden.

Auch das Schreiben der Beklagten vom 28. März 2003 und das beigefügte Informationsblatt stehen ihrem Anspruch auf Erhebung des Säumniszuschlags nicht entgegen. Das Schreiben enthält weder eine Zusicherung gemäß § 34 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch, dass sie die Festsetzung des Säumniszuschlags für verspätet eingegangene Nachversicherungsbeiträge unterlassen werde, noch einen Verzicht. Hierfür gibt der Wortlaut weder des Schreibens noch des Informationsblattes etwas her, insbesondere auch nicht das in beiden verwendete Wort „künftig“, aus dem der Kläger herauslesen will, die Beklagte werde Säumniszuschläge nicht für zum Zeitpunkt des Schreibens abgeschlossene Nachversicherungsfälle geltend machen. Eine derartige Einschränkung kann den Texten gerade deshalb nicht entnommen werden, weil die Beklagte dort ihre Erkenntnis mitteilt, sie sei - seit dem 01. Januar 1995 - gesetzlich verpflichtet, Säumniszuschläge auch in Nachversicherungsfällen zu erheben, und die Nachversicherungsschuldner seien verpflichtet, diese (auch ohne Aufforderung seitens der Beklagten) zu zahlen. Wenn die Beklagte damit gleichzeitig auf einen Teil der Säumniszuschläge hätte verzichten wollen, hätte dies in den Texten deutlich zum Ausdruck kommen müssen, etwa durch Angabe eines Stichtags. Dies ist hier nicht geschehen (vgl. zu alle dem das Urteil des BSG vom 01. Juli 2010 - B 13 R 67/09 R -).

Schließlich ist der Anspruch auf Erhebung von Säumniszuschlägen für die verspätet durchgeführte Nachentrichtung für die beiden ehemaligen Beamten S und S nicht verjährt. Nach § 25 Abs. 1 Satz 1 SGB IV verjähren Ansprüche auf Beiträge in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem sie fällig werden. Dies gilt auch für die auf die Nachversicherungsbeiträge entfallenden Nebenforderungen wie Säumniszuschläge (vgl. BSG in SozR 3 - 2400 § 25 Nr. 4). Dabei kann sich der Beitragsschuldner auch nur wegen der Nebenforderung auf Verjährung berufen, wie es der Kläger hier mit am 03. März 2008 bei Gericht eingegangenen Schriftsatz bezüglich der Erhebung von Säumniszuschlägen in Sachen S getan hat. Wie Beiträge verjähren auch Nebenforderungen erst in 30 Jahren, wenn die Beiträge vorsätzlich vorenthalten werden (§ 25 Abs. 1 Satz 2 SGB IV). Einer vorsätzlichen Vorenthaltung auch der Nebenforderung bedarf es hingegen nicht (BSG in SozR 3 - 2400 § 25 Nr. 4 und SozR 4 - 2400 § 25 Nr. 2).

Die Nachversicherungsbeiträge für T S waren ab dem 20. November 1999 fällig. Es bedarf keiner Frage, dass der Kläger von seiner Nachentrichtungspflicht wusste, denn in dem Aktenvermerk vom 19. November 1999 ist auf die Verpflichtung zur Nachentrichtung bei der Beklagten hingewiesen worden. In der Verfügung vom 15. Dezember 1999 ist unter Punkt 6. die Durchführung der Nachversicherung aufgeführt, unter Punkt 10 die Wiedervorlage sofort angeordnet worden mit dem Klammervermerk: Nachversicherung durchführen. Erst am 14. Juni 2000 sind die beitragspflichtigen Bruttoentgelte aufgestellt und am 15. Juni 2000 geprüft worden. Am 20. Juni 2000 erging dann die Nachversicherungsmitteilung an die Beklagte, am 14. Juli 2000 erfolgte die Überweisung des Nachversicherungsbeitrags. Der Senat kann offen lassen, ob der Kläger die Nachversicherung absichtlich verzögert hat, denn nach dem Wortlaut der Vorschrift reicht Vorsatz aus und damit auch ein bedingter Vorsatz. Der bedingte Vorsatz liegt jedoch schon dann vor, wenn der Beitragsschuldner seine Beitragspflicht nur für möglich gehalten, die Nichtabführung der Beiträge aber billigend in Kauf genommen hat (vgl. BSG in SozR 3 – 2400 § 25 Nr. 7). Steht – wie hier – fest, dass der Schuldner zu irgendeinem Zeitpunkt innerhalb der kurzen Verjährungsfrist Kenntnis von der Beitragspflicht hatte und die Zahlung nicht sichergestellt hat, obwohl er hierzu in der Lage war, indiziert dies den im Sinne des § 25 Abs. 1 Satz 2 SGB IV erforderlichen Vorsatz (so BSG in SozR 3 – 2400 § 25 Nr. 7 und SozR 4 – 2400 § 25 Nr. 2). Umstände, die diesen Vorwurf entkräften könnten, hat der Kläger nicht vorgetragen und sind nach Aktenlage auch nicht ersichtlich. Die Nachversicherungsbeiträge für G S waren ab dem 01. Juni 2000 fällig. Die Erhebung von Säumniszuschlägen mit Bescheid vom 14. Dezember 2004 erfolgte damit noch innerhalb der Vier-Jahres-Frist.

Letztlich widerspricht das Geltendmachen des Säumniszuschlags entgegen der Auffassung des Klägers nicht dem Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB); es liegt keine Verwirkung als Fall der unzulässigen Rechtsausübung vor.

Das Rechtsinstitut der Verwirkung ist als Ausprägung des Grundsatzes von Treu und Glauben (§ 242 BGB) auch im Sozialversicherungsrecht und insbesondere für die Nachforderung von Beiträgen zur Sozialversicherung für zurückliegende Zeiten anerkannt (vgl. Urteil des BSG vom 01. Juli 2010 - B 13 R 67/09 R – m. w. N.).

Die Verwirkung setzt als Unterfall der unzulässigen Rechtsausübung (vgl. Heinrichs in Palandt, BGB, 69. Aufl. 2010, § 242 RdNr. 87) voraus, dass der Berechtigte die Ausübung seines Rechts während eines längeren Zeitraumes unterlassen hat und weitere besondere Umstände hinzutreten, die nach den Besonderheiten des Einzelfalls und des in Betracht kommenden Rechtsgebiets das verspätete Geltendmachen des Rechts nach Treu und Glauben dem Verpflichteten gegenüber als illoyal erscheinen lassen. Solche, die Verwirkung auslösenden „besonderen Umstände“ liegen vor, wenn der Verpflichtete infolge eines bestimmten Verhaltens des Berechtigten (Verwirkungsverhalten), an das strenge Anforderungen zu stellen sind, darauf vertrauen durfte, dass dieser das Recht nicht mehr geltend machen werde (Vertrauensgrundlage) und der Verpflichtete tatsächlich darauf vertraut hat, dass das Recht nicht mehr ausgeübt wird (Vertrauenstatbestand) und sich infolge dessen in seinen Vorkehrungen und Maßnahmen so eingerichtet hat (Vertrauensverhalten), dass ihm durch die verspätete Durchsetzung des Rechts ein unzumutbarer Nachteil entstehen würde (vgl. Urteil des BSG vom 01. Juli 2010 - B 13 R 67/09 R – m. w. N.).

An der Anwendbarkeit der Grundsätze der Verwirkung auch auf Säumniszuschläge hat das BSG in seinem Urteil vom 01. Juli 2010 - B 13 R 67/09 R – keine grundlegenden Zweifel geäußert. Für die Anwendbarkeit spreche bereits, dass die Hauptforderung (der durch Verwaltungsakt festgesetzte Nachversicherungsbeitrag) grundsätzlich der Verwirkung unterliege, so dass dies erst recht für die Nebenforderung (Säumniszuschlag) gelten könnte. Letztendlich hat das BSG diese Frage aber unentschieden gelassen. Es hat auch unentschieden gelassen, ob der Anwendbarkeit des Grundsatzes der Verwirkung bereits entgegensteht, dass die seit 1995 geltende Neufassung des § 24 SGB IV eine gebundene Norm ist, die der Behörde keine Ermessensausübung mehr einräumt. Auch der erkennende Senat brauchte diese Fragen nicht abschließend zu entscheiden, weil die o. g. tatsächlichen Voraussetzungen der Verwirkung im vorliegenden Fall nicht erfüllt sind.

Das geforderte Verwirkungshandeln, das bei dem Kläger das Vertrauen erwecken konnte, die Beklagte werde künftig keine Säumniszuschläge erheben, liegt im Fall der ehemaligen Beamtin S nicht vor. Die Beklagte hat schlicht unterlassen, ihre seit 1995 bestehende Pflicht zur Erhebung von Säumniszuschlägen umzusetzen. Ein „bloßes Nichtstun“ als Verwirkungsverhalten reicht aber regelmäßig nicht aus. Es ist kein konkretes Verhalten der Beklagten hinzukommen, welches bei dem Kläger die berechtigte Erwartung begründet haben könnte, dass eine Forderung nicht besteht oder nicht geltend gemacht wird. Vielmehr im Gegenteil hat die Beklagte durch das Schreiben vom 28. März 2003 auf ihre Verpflichtung zur Erhebung von Säumniszuschlägen verwiesen. Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte es bewusst und planmäßig unterlassen hat, Säumniszuschläge zu erheben, liegen nach Aktenlage nicht vor und werden vom Kläger auch nicht behauptet. Der Kläger hat zudem nicht ausgeführt, welches schutzwürdige Vertrauensverhalten sich in dem Zeitraum von der Fälligkeit bis zur Erhebung der Säumniszuschläge aufgebaut hat.

Nichts anderes gilt für die behauptete Verwirkung im Fall S, der sich von dem Fall S nur insoweit unterscheidet, als die Beklagte zuviel gezahlte Nachentrichtungsbeiträge zurückgezahlt hat. Dem Schreiben der Beklagten vom 22. August 2000 sind keine Äußerungen zur (Nicht-)Erhebung von Säumniszuschlägen zu entnehmen. Die Äußerung in dem Schreiben dazu, dass Nachentrichtungsbeiträge als rechtzeitig entrichtete Pflichtbeiträge gelten, entspricht lediglich der Wiedergabe der Rechtslage in § 185 Abs. 2 Satz 1 SGB VI. Die Fiktion stellt den Nachzuversichernden so, wie wenn sein Arbeitgeber rechtzeitig laufende Pflichtbeiträge entrichtet hätte. Dass die Beklagte die Nachzahlung nicht gegen Säumniszuschläge aufgerechnet hat, stellt kein Verwirkungshandeln dar, denn hierbei handelt es sich um schlichtes Nichthandeln, das nicht ausreicht, um eine Vertrauensgrundlage zu begründen. Außerdem fehlt es auch hier an der Darlegung des Vertrauensverhaltens durch den Kläger.

Der Kläger kann sich auch nicht darauf berufen, die Verwaltungspraxis der Beklagten habe ihn in seinem Vertrauen bestärkt, es würden keine Säumniszuschläge erhoben. Wie das BSG in seiner Entscheidung vom 01. Juli 2010 – B 13 R 67/09 R – dazu ausdrücklich ausgeführt hat, sind die Beteiligten als Träger öffentlicher Verwaltung gemäß Art. 20 Abs. 3 Grundgesetz an das Prinzip der Rechtmäßigkeit der Verwaltung gebunden. Deshalb kann sich der Schuldner nicht auf den Fortbestand eines rechtwidrigen Zustands berufen, sondern muss ebenso wie der Gläubiger darauf achten, dass öffentliche Mittel rechtmäßig und sachgerecht verwendet werden. Die Beteiligten unterliegen beide dem Gebot der rechtzeitigen und vollständigen Erhebung der Einnahmen und der Fälligkeit der Ausgaben (§ 67 Abs. 1, 76 Abs. 1 SGB IV; § 11 Landeshaushaltsordnung Berlin <in der Fassung vom 20. November 1995 - GVBl. S. 805 -, zuletzt geändert durch Gesetz vom 23. September 2005 - GVBl. S. 475 ->). Ein Vertrauen auf die Beibehaltung einer als rechtswidrig erkannten Verwaltungspraxis verdient im Verhältnis zwischen Behörden regelmäßig keinen Vertrauensschutz (vgl. BVerwGE 23; 27, 215; 60, 208). Das BSG hat sich aus den dargelegten Gründen auch nicht der Rechtsmeinung des Sozialgerichts Dresden (rechtskräftiges Urteil vom 01. November 2005 - S 32 R 661/05 -) angeschlossen, wonach die geänderte Verwaltungspraxis der Beklagten für „alle künftigen Sachverhalte“ (ab Kenntnis vom Informationsblatt der Beklagten am 02. April 2003) und nicht rückwirkend auf vor diesem Zeitpunkt gezahlte Nachversicherungsbeiträge Anwendung finden solle. Eine solche - rechtswidrige - Praxis verdient wie dargelegt keinen Vertrauensschutz.

Damit hat der Kläger der Beklagten die geforderten Säumniszuschläge von 5.808,79 Euro zu zahlen. Die Richtigkeit der Höhe der Forderung ist von dem Kläger nicht bestritten worden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 SGG, da die Beteiligten nicht zu den in § 183 SGG genannten Personen gehören. Dem Kläger waren gemäß § 154 Abs. 1 und 2 Verwaltungsgerichtsordnung i. V. m. § 197a Abs. 1 3. Halbsatz SGG die Kosten des gesamten Rechtsstreits aufzuerlegen. Der Kläger ist als Land von der Zahlung der Gerichtskosten gemäß § 2 Abs. 1 des Gerichtskostengesetzes befreit.

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.