Gericht | OLG Brandenburg 5. Senat für Familiensachen | Entscheidungsdatum | 26.03.2013 | |
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Aktenzeichen | 3 UF 1/12 | ECLI | ||
Dokumententyp | Beschluss | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 18 VersAusglG |
1. Im Verfahren über den Versorgungsausgleich ist eine Teilanfechtung grundsätzlich möglich, weil bei mehreren Anrechten der Ehegatten die Teilung innerhalb der einzelnen Versorgung erfolgt und die Entscheidungen zu den jeweiligen Anrechten nicht voneinander abhängig sind. Dies gilt auch, soweit die Anwendung von § 18 VersAusglG in Betracht kommt. Eine Teilanfechtung hinsichtlich einzelner Anrechte führt auch dann regelmäßig nicht zu untragbaren Ergebnissen. Denn die Sollvorschrift des § 18 Abs. 1, 2 VersAusglG ermöglicht regelmäßig eine billige Entscheidung in Bezug auf das Anrecht, das Gegenstand der Beschwerde ist, auch unter Berücksichtigung des nicht mehr zu korrigierenden Ausgleichs der übrigen Anrechte.
2. Bei externer Teilung bedarf es einer Prüfung der Angemessenheit der gesetzlichen Rentenversicherung als Zielversorgung mit Rücksicht auf § 15 Abs. 4 VersAusglG nicht.
3. Wird ein Anrecht im Versorgungsausgleich extern geteilt, braucht die maßgebliche Versorgungsordnung in der Beschlussformel der gerichtlichen Entscheidung nicht benannt zu werden.
Auf die Beschwerden der weiteren Beteiligten zu 3. und 4. wird der Beschluss des Amtsgerichts Rathenow vom 17. November 2011 teilweise abgeändert.
Im Wege der externen Teilung wird zulasten des Anrechts des Antragstellers bei dem A… Versorgungskasse VVaG, Versorgungsnummer …, zugunsten der Antragsgegnerin ein Anrecht in Höhe von 1.581,38 € bei der Deutsche Rentenversicherung B…, bezogen auf den 30. Juni 2008, begründet. Der A… Versorgungskasse VVaG wird verpflichtet, den vorgenannten Ausgleichsbetrag nebst Zinsen hieraus in Höhe von 3,5 % für die Zeit vom 1. Juli 2008 bis zur Rechtskraft der Entscheidung an die Deutsche Rentenversicherung … zu zahlen.
Im Wege der externen Teilung wird zulasten des Anrechts des Antragstellers bei dem A… Pensionsverein e.V., Versorgungsnummer …, zugunsten der Antragsgegnerin ein Anrecht in Höhe von 4.359,24 € bei der Deutsche Rentenversicherung B…, bezogen auf den 30. Juni 2008, begründet. Der A… Pensionsverein e.V. wird verpflichtet, den vorgenannten Ausgleichsbetrag nebst Zinsen hieraus in Höhe von 3,25% für die Zeit vom 1. Juli 2008 bis zur Rechtskraft der Entscheidung an die Deutsche Rentenversicherung … zu zahlen.
Im Übrigen bleibt es bei der Regelung des Versorgungsausgleichs im angefochtenen Beschluss.
Es bleibt bei der erstinstanzlichen Kostenentscheidung.
Die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens werden den beteiligten Ehegatten je zur Hälfte auferlegt. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Der Beschwerdewert wird auf 1.616,80 € festgesetzt.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
I.
Auf den am 18.7.2008 zugestellten Antrag hin hat das Amtsgericht die am 20.8.2004 geschlossene Ehe der beteiligten Eheleute durch Urteil vom 4.11.2008 geschieden. Das Verfahren über den Versorgungsausgleich hat das Amtsgericht seinerzeit gemäß § 2 VAÜG ausgesetzt.
Mit Verfügung vom 14.3.2011 hat das Amtsgericht das Verfahren wieder aufgenommen und den Versorgungsausgleich nach Einholung neuer Einkünfte und Anhörung der beteiligten Eheleute durch Beschluss vom 17.11.2011 geregelt. Hierbei hat es lediglich einen Ausgleich des Anrechts des Antragstellers bei der weiteren Beteiligten zu 2. hinsichtlich der in der allgemeinen Rentenversicherung erworbenen Entgeltpunkte angeordnet. Im Übrigen hat das Amtsgericht festgestellt, dass ein Ausgleich der Anrechte des Antragstellers bei der weiteren Beteiligten zu 2. bezüglich der erworbenen Entgeltpunkte (Ost) und bei der A… AG, ebenso ein Ausgleich der Anrechte der Antragsgegnerin bei der weiteren Beteiligten zu 1. sowohl in der allgemeinen Rentenversicherung als auch in der allgemeinen Rentenversicherung Ost nicht stattfinde.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde der weiteren Beteiligten zu 3. und 4. Sie machen geltend, im angefochtenen Beschluss nicht als Beteiligte aufgeführt worden zu sein. Zu Unrecht sei stattdessen die A… Lebensversicherung AG in B… genannt. Bei den Anrechten, die der Antragsteller bei ihnen erworben habe, handele es sich nicht um Anrechte aus privaten Altersvorsorgeverträgen, sondern um Anrechte der betrieblichen Altersversorgung. Die vom weiteren Beteiligten zu 4. erteilte Auskunft finde im Beschluss des Amtsgerichts keine Erwähnung.
II.
A.
Auf das vom Verbund abgetrennte und ausgesetzte Versorgungsausgleichsverfahren ist nach dessen Wiederaufnahme das seit dem 1.9.2009 geltende Recht anzuwenden, Art. 111 Abs. 4 FGG-RG, §§ 50 Abs. 1 Nr. 2, 48 VersAusglG. Nach Gewährung rechtlichen Gehörs entscheidet der Senat ohne erneute mündliche Verhandlung, § 68 Abs. 3 Satz 2 FamFG.
Die Rechtsmittel der weiteren Beteiligten zu 3. und 4. sind gemäß §§ 58 ff. FamFG zulässig. Insbesondere sind die weiteren Beteiligten zu 3. und 4. beschwerdeberechtigt im Sinne von § 59 FamFG. Denn auch ein betrieblicher oder privater Versorgungsträger wird durch eine gerichtliche Entscheidung grundsätzlich bereits dann in seinem Recht beeinträchtigt, wenn der Versorgungsausgleich mit einem im Gesetz nicht vorgesehenen Eingriff in seine Rechtstellung verbunden ist, ohne dass es auf eine finanzielle Mehrbelastung ankommt (BGH, Beschluss vom 31.10.2012 – XII ZB 588/11, BeckRS 2012, 24893 Rn. 9). Entsprechend kann auch gerügt werden, dass ein Versorgungsträger im erstinstanzlichen Beschluss völlig übergangen worden ist (vgl. BGH, a.a.O., Rn. 10).
B.
Die Rechtsmittel der weiteren Beteiligten zu 3. und 4. sind begründet. Die Beschwerdeführer hätten im Rubrum des angefochtenen Beschlusses als Beteiligte aufgeführt werden müssen. Auch hätten die bei ihnen bestehenden Anrechte im Wege der externen Teilung ausgeglichen werden müssen.
1.
Der Versorgungsausgleich ist auf der Grundlage der nach § 3 VersAusglG geltenden Ehezeit vom 1.8.2004 bis zum 30.6.2008 durchzuführen.
2.
Soweit es um die beiderseitigen, während der genannten Ehezeit erworbenen auszugleichenden Anrechte der beteiligten Ehegatten bei den weiteren Beteiligten zu 1. und 2. geht, bleibt es bei der Entscheidung des Amtsgerichts ohne weitere Prüfung. Denn die weiteren Beteiligten zu 3. und 4. haben ihre Rechtsmittel auf die bei ihnen erworbenen Anrechte beschränkt. Eine solche Teilanfechtung ist möglich, weil bei mehreren Anrechten der Ehegatten die Teilung innerhalb der einzelnen Versorgung erfolgt und die Entscheidungen zu den jeweiligen Anrechten nicht voneinander abhängig sind (BGH, FamRZ 2011, 547).
Dem steht hier nicht entgegen, dass das Amtsgericht, indem es sämtliche Anrechte der beteiligten Ehegatten, die in der Beschlussformel aufgeführt sind, mit Ausnahme desjenigen des Antragstellers in der allgemeinen Rentenversicherung, in Anwendung von § 18 VersAusglG nicht ausgeglichen hat, die vom BGH kurz nach Erlass der angefochtenen Entscheidung entwickelten Grundsätze zu der Frage, wann geringfügige Wertdifferenzen bzw. geringfügige Anrechte zu einem Absehen vom Ausgleich führen (BGH, NJW 2012, 312 Rn. 40 ff.), nicht beachtet hat. Denn dieser Umstand führt nicht zwingend dazu, unabhängig von dem mit der Beschwerde verfolgten Rechtschutzziel eine Überprüfung aller Anrechte, die § 18 VersAusglG unterfallen könnten, für erforderlich zu halten (Hahne/Munzig/Gutjahr, BeckOK FamFG, Edition 7, § 69 Rn. 39a; a.A. KG, Beschluss vom 9.6.2011 – 13 UF 86/11, BeckRS 2011, 25757; OLG Stuttgart, Beschluss vom 14.6.2011 – 15 UF 74/11, BeckRS 2011, 17583; OLG Nürnberg, Beschluss vom 12.1.2011 – 7 UF 1473/10, BeckRS 2011, 02566; vgl. auch OLG Brandenburg, 1. Familiensenat, Beschluss vom 11.7.2011 – 9 UF 77/11, NJOZ 2012, 281; OLG Nürnberg, Beschluss vom 15.11.2011 – 7 UF 1463/11, BeckRS 2011, 28514). Darüber, ob nur ein abgrenzbarer Teil der Entscheidung angefochten werden soll, befindet der Beschwerdeführer. Vorliegend haben die weiteren Beteiligten zu 3. und 4. hinreichend deutlich zum Ausdruck gebracht, dass es ihnen allein um einen den gesetzlichen Vorschriften entsprechenden Ausgleich der bei ihnen bestehenden Anrechte geht. Ein Interesse der Beschwerdeführer daran, dass das Amtsgericht die Geringfügigkeitsvorschrift des § 18 VersAusglG in Bezug auf Anrechte bei anderen Versorgungsträgern zutreffend anwendet, ist auch nicht ersichtlich.
Eine Teilanfechtung hinsichtlich einzelner Anrechte führt auch dann, wenn das Amtsgericht andere Anrechte nach § 18 VersAusglG nicht ausgeglichen hat, nicht zu untragbaren Ergebnissen. Denn die Sollvorschrift des § 18 Abs. 1, 2 VersAusglG ermöglicht regelmäßig eine billige Entscheidung in Bezug auf das Anrecht, das Gegenstand der Beschwerde ist, auch unter Berücksichtigung des nicht mehr zu korrigierenden Ausgleichs der übrigen Anrechte (Hahne/Munzig/Gutjahr, a.a.O.). So liegt es auch hier, wie sogleich unter 5. auszuführen ist.
Eine Überprüfung des Ausgleichs der Anrechte der Ehegatten in der gesetzlichen Rentenversicherung ist auch nicht mit Rücksicht auf eine Anschlussbeschwerde (siehe hierzu Borth, FamRZ 2013, 94; BeckOK Hahne/Munzig/Gutjahr FamFG § 66 Rn 5a) geboten. Denn die Antragstellerin hat durch Schriftsatz vom 20.2.2013 klargestellt, dass mit ihren diesbezüglichen Ausführungen kein Anschlussrechtsmittel beabsichtigt war.
3.
Bei dem weiteren Beteiligten zu 3. besteht ein Anrecht des Antragstellers aus einer betrieblichen Altersversorgung. Nach der Auskunft des Versorgungsträgers vom 18.8.2011 beläuft sich der Ehezeitanteil auf 3.162,75 €, der Ausgleichswert auf 1.581,38 €.
4.
Im angefochtenen Beschluss nicht erwähnt wird das weitere Anrecht des Antragstellers aus einer betrieblichen Altersversorgung beim weiteren Beteiligten zu 4. Nach dessen Auskunft vom 18.8.2011 beläuft sich der Ehezeitanteil auf 8.718,47 €, der Ausgleichswert auf
4.359,24 €.
5.
Das Anrecht des Antragstellers bei dem weiteren Beteiligten zu 3. ist geringfügig im Sinne von § 18 Abs. 2 VersAusglG. Die vorrangige Vorschrift des § 18 Abs. 1 VersAusglG findet keine Anwendung, weil ein entsprechendes Anrecht gleicher Art auf Seiten der Antragsgegnerin nicht vorhanden ist. Bei einem dem korrespondierenden Kapitalwert entsprechenden Ausgleichswert (vgl. Johannsen/Henrich/Holzwarth, Familienrecht, 5. Aufl., § 47 VersAusglG Rn. 5) von 1.581,38 € ist der Grenzwert gemäß § 18 Abs. 3 VersAusglG, der 2.982 € bei Ehezeitende am 30.6.2008 betrug (vgl. Schürmann, Tabellen zum Familienrecht, 33. Aufl., S. 27), unterschritten. Mit Rücksicht darauf, dass das Amtsgericht hinsichtlich der Anrechte der Ehegatten in der gesetzlichen Rentenversicherung die Vorschrift des § 18 VersAusglG unzutreffend angewendet hat mit der Folge, dass auf Seiten der Antragsgegnerin Anrechte mit einem korrespondierenden Kapitalwert von insgesamt 576,02 €, auf Seiten des Antragsgegners von 1.631,45 € nicht ausgeglichen worden sind, gebietet es der Halbteilungsgrundsatz nun, das Anrecht des Antragstellers beim weiteren Beteiligten zu 3. trotz der Geringfügigkeit auszugleichen. Denn andernfalls würde das Missverhältnis der nicht ausgeglichenen Werte auf Seiten der Antragsgegnerin einerseits und auf Seiten des Antragstellers andererseits noch größer werden.
6.
Der Ausgleichswert des Anrechts beim weiteren Beteiligten zu 4. beläuft sich auf einen Kapitalwert von 4.359,24 €. Die Geringfügigkeitsgrenze nach § 18 Abs. 3 VersAusglG ist damit deutlich überschritten. Dieses Anrecht ist ohne weiteres auszugleichen. Da das Amtsgericht den Ausgleich – wohl versehentlich – ohne jeglichen Ausspruch in der Sache unterlassen hat, ist dieser nun im Beschwerdeverfahren nachzuholen.
7.
Der Ausgleich der Anrechte bei den weiteren Beteiligten zu 3. und 4. hat im Wege der externen Teilung zu erfolgen. Die Voraussetzungen dafür gemäß § 14 Abs. 2 Nr. 2 VersAusglG liegen vor. Die Versorgungsträger haben diesen Ausgleich verlangt und der Ausgleichswert übersteigt nicht den Grenzwert nach der genannten Vorschrift, der sich bei Ehezeitende auf 5.964 € beläuft (vgl. Schürmann, a.a.O.).
Die Antragsgegnerin hat im Beschwerdeverfahren ihr Wahlrecht nach § 15 Abs. 1 VersAusglG dahin ausgeübt, dass bei Durchführung der externen Teilung zu ihren Gunsten Anrechte bei der weiteren Beteiligten zu 1., bei der sie ohnehin ihr Versicherungskonto unterhält, begründet werden sollen. Einer Prüfung der Angemessenheit dieser Versorgung bedarf es mit Rücksicht auf § 15 Abs. 4 VersAusglG nicht (vgl. auch Götsche, in: Kaiser /Schnitzler/Friederici, NK-BGB, Band 4, 2.Aufl., § 15 VersAusglG Rn. 15 f.). Dementsprechend ist anzuordnen, dass die weiteren Beteiligten zu 3. und 4. die Ausgleichsbeträge von 1.581,38 € bzw. 4.359,24 € auf das vorhandene Konto der Antragsgegnerin bei der weiteren Beteiligten zu 1. zu zahlen haben.
Ferner ist anzuordnen, dass die Beträge vom Ende der Ehezeit an bis zur Rechtskraft der Entscheidung über den Versorgungsausgleich in Höhe des Rechnungszinses der auszugleichenden Versorgung zu verzinsen sind. Dieser beträgt nach der Auskunft vom 16.4.2012 bei der weiteren Beteiligten zu 3. 3,5 % und bei der weiteren Beteiligten zu 4. 3,25 %.
Bei der externen Teilung eines Anrechts im Versorgungsausgleich bedarf es keiner Benennung der maßgeblichen Versorgungsordnung in der Beschlussformel der gerichtlichen Entscheidung (BGH, Beschluss vom 23.1.2013 – XII ZB 541/12, BeckRS 2013, 03640). Soweit der Senat bislang – etwa in seinen Beschlüssen vom 21.6.2012 (3 UF 6/12) und vom 19.11.2012 (3 UF 15/12) - etwas Abweichendes vertreten hat, hält er hieran nicht fest.
8.
Die Kostenentscheidung beruht, da das nach § 50 VersAusglG wieder aufgenommene Versorgungsausgleichverfahren keine Folgesache mehr ist (vgl. BGH, FamRZ 2011, 635), auf § 81 FamFG.
Die Wertfestsetzung folgt aus § 50 FamGKG, wobei dem Beschwerdeverfahren mit Rücksicht auf die Teilanfechtung der weiteren Beteiligten zu 3. und 4. nur zwei Anrechte unterliegen.
Die Rechtsbeschwerde wird gemäß § 70 FamFG im Hinblick auf die nicht abschließende geklärte Rechtsfrage zugelassen, ob der Annahme einer Teilanfechtung entgegen steht, dass Anrechte, die vom Beschwerdeziel nicht erfasst sind, der Ermessensausübung nach § 18 VersAusglG unterliegen.