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Übergangsgeld; Stipendium für Forschungstätigkeit; Erwerbseinkommen; (kein) eigenständiger versorgungsrechtlicher Begriff; (keine) Einkünfte aus nichtselbständiger oder selbständiger Tätigkeit; stipendienfinanzierte Forschung ohne Gewinnerzielungsabsicht


Metadaten

Gericht OVG Berlin-Brandenburg 4. Senat Entscheidungsdatum 23.02.2012
Aktenzeichen OVG 4 B 30.10 ECLI
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen § 47 Abs 5 BeamtVG, § 53 Abs 7 BeamtVG, § 18 Abs 1 S 1 Nr 1 EStG, § 19 Abs 1 S 1 Nr 1 EStG

Tenor

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 v.H. des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 v.H. des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob ein Forschungsstipendium auf das dem Kläger gewährte Übergangsgeld anzurechnen ist.

Der Kläger ist 1968 geboren, verheiratet und hat zwei Kinder. Er stand vom 1. Oktober 2001 bis zum 30. April 2008 als wissenschaftlicher Assistent im Dienst der beklagten Universität. Mit Bescheid vom 11. April 2008 setzte die Beklagte für den Kläger ein Übergangsgeld für die Zeit vom 1. Mai 2008 bis zum 31. Oktober 2008 in Höhe von monatlich 3.899,13 Euro (3.318,97 Euro netto) fest und wies in diesem Zusammenhang auf die Regelung in § 47 Abs. 5 BeamtVG hin; zu dem Erwerbseinkommen in diesem Zusammenhang gehörten auch Stipendien. In den Monaten Mai und Juni 2008 zahlte die Beklagte das Übergangsgeld in dieser Höhe aus. Nachdem die Beklagte Kenntnis davon erlangt hatte, dass der Kläger ein Forschungsstipendium erhalte, stellte sie die Zahlung des Übergangsgeldes zum 1. Juli 2008 vorsorglich ein.

Am 27. Juni 2008 übersandte der Kläger nach Aufforderung der Beklagten eine Bescheinigung der A…-Stiftung vom 17. Juni 2008, wonach ihm ein F…-Forschungsstipendium (Kurzzeitstipendium) verliehen worden war, um im Ausland u.a. in der Zeit vom 1. Juni bis zum 31. August 2008 ein Forschungsvorhaben durchzuführen. Der monatliche Stipendienbetrag belaufe sich einschließlich Auslandszulage auf durchschnittlich 3.077 Euro. Der Kläger vertrat mit Schreiben vom 1. Juli 2008 die Auffassung, es handele sich hierbei nicht um Erwerbseinkommen. Er stehe während des Forschungsaufenthaltes in keinem Beschäftigungsverhältnis und habe keinen Beschäftigungsauftrag von der A…-Stiftung erhalten. Es handele sich bei dem Stipendium um solche Einkünfte, die nach § 53 Abs. 7 BeamtVG nicht als Erwerbseinkommen gelten würden, da seine wissenschaftliche Forschungstätigkeit nach Art und Umfang Nebentätigkeiten im Sinne des § 42 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 BRRG entspreche. Zumindest müssten auch die negativen Einkünfte wie seine Reise-, Übernachtungs-, Verpflegungskosten usw. bei der Berechnung des zu kürzenden Betrages Berücksichtigung finden.

Mit Bescheid vom 15. Juli 2008 kürzte die Beklagte das Übergangsgeld um den Betrag des monatlich gewährten Stipendiums in Höhe von 3.077 Euro und setzte das Übergangsgeld für die Zeit vom 1. Juni bis zum 31. August 2008 neu auf monatlich 822,13 Euro fest (3.899,13 Euro abzüglich 3.077 Euro). Stipendien seien versorgungsrechtlich als Einkünfte zu werten. Dies entspreche dem Sinn und Zweck des Übergangsgeldes, einen nicht auf eigenen Antrag entlassenen Beamten vorübergehend wirtschaftlich abzusichern. Ein Stipendium fördere grundsätzlich den wissenschaftlichen Nachwuchs durch eine finanzielle Unterstützung für bestimmte Projekte oder Forschungsvorhaben, die gerade in Zeiten ohne Erwerbstätigkeit die Kosten für den Lebensbedarf während der Forschungstätigkeit abdecken solle. Die Wahrnehmung eines Stipendiums sei nach Art und Umfang keine Nebentätigkeit im Sinne des § 42 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 BRRG, da die Tätigkeit das Ausmaß einer zulässigen Nebentätigkeit übersteige und regelmäßig „hauptberuflich“, also ausschließlich wahrgenommen werde. Die eingetretene Überzahlung für den Monat Juni 2008 in Höhe von 3.077,00 Euro führe unter Berücksichtigung des dem Kläger noch für Juli 2008 zustehenden Übergangsgeldes in Höhe von 822,13 Euro zu einer Überzahlung von 2.254,87 Euro brutto (= netto 1.674,71 Euro). Er sei zur Rückführung des ohne Rechtsgrund gezahlten Betrages verpflichtet.

Im Juli 2008 erfolgte an den Kläger keine Zahlung, im August 2008 erhielt er 822,13 Euro.

Mit Schreiben vom 6. August 2008 erklärte die Beklagte die teilweise Aufrechnung der mit Bescheid vom 15. Juli 2008 festgesetzten Restforderung des Übergangsgeldes in Höhe des monatlich pfändbaren Betrages von 674,20 Euro mit dem (ungekürzten) Übergangsgeld in den Monaten September und Oktober 2008. Mit Bescheid vom 6. August 2008 setzte die Beklagte die nach Abzug des pfändbaren Teils des Übergangsgeldes in Höhe von 1.348,40 Euro verbleibende Restforderung des zu Unrecht gezahlten Übergangsgeldes auf 326,31 Euro netto fest und forderte den Kläger auf, diesen Betrag bis zum 2. September 2008 zurückzuzahlen.

Gegen die Bescheide vom 15. Juli 2008 und 6. August 2008 erhob der Kläger jeweils Widerspruch, den er mit anwaltlichem Schriftsatz vom 30. September 2008 unter Vertiefung seiner bisherigen Argumentation und Bezugnahme auf ein Urteil des Bundessozialgerichts vom 23. Januar 2008 (B 10 LW 1/07 R) begründete. Als Erwerbseinkünfte würden Einkünfte aus selbständiger und nichtselbständiger Tätigkeit gelten. Für eine selbständige Tätigkeit im Sinn des § 18 EStG fehle es an einer weisungsunabhängigen und nachhaltigen Teilnahme am wirtschaftlichen Verkehr mit Gewinnerzielungsabsicht. Eine nichtselbständige Tätigkeit liege deshalb nicht vor, weil der mit einem Stipendium verbundene Zweck nicht wie bei einem Arbeitnehmer durch eine Weisungsbindung abgesichert werde.

Die Widersprüche wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 11. Februar 2009 zurück. Zur Begründung führte sie im Wesentlichen an, dass § 53 Abs. 7 BeamtVG die Funktion einer Legaldefinition habe, welche Einkünfte Erwerbseinkommen oder Erwerbsersatzeinkommen seien. Der versorgungsrechtliche Begriff des Einkommens sei an das Einkommensteuerrecht angelehnt, dessen konkretisierende Regelungen herangezogen würden, soweit sie mit der Zielsetzung des § 53 BeamtVG vereinbar seien. Auf den sozialversicherungsrechtlichen Einkommensbegriff komme es nicht an. Im steuerrechtlichen Sinn werde mit einem Stipendium Einkommen erzielt. Die Rückforderung des zu viel gezahlten Übergangsgeldes richte sich gemäß § 52 Abs. 2 BeamtVG nach den Vorschriften des BGB über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung. Von der Rückforderung der überzahlten Bezüge könne nicht im Rahmen der Billigkeitsprüfung nach § 52 Abs. 2 S. 3 BeamtVG abgesehen werden.

Der Kläger hat hiergegen am 17. März 2009 Klage erhoben, mit der er unter Aufhebung der Bescheide die Zahlung des restlichen Übergangsgeldes nebst Zinsen seit Rechtshängigkeit begehrt hat.

Das Verwaltungsgericht Berlin hat der Klage durch Urteil vom 24. August 2010 stattgegeben und die Beklagte unter Aufhebung der angefochtenen Bescheide vom 15. Juli und 6. August 2008 sowie des Widerspruchsbescheides vom 12. Februar 2009 dazu verpflichtet, an den Kläger Übergangsgeld in Höhe von 6.154,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5% über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen. Zur Begründung hat es ausgeführt, § 53 Abs. 7 BeamtVG präge einen eigenständigen Begriff des Erwerbseinkommens, der sich an das Steuerrecht anlehne, die steuerrechtliche Einordnung jedoch nur dann übernehme, wenn dies mit seiner besonderen Zielsetzung vereinbar sei. Aufgrund der Anknüpfung an die steuerrechtlichen Begrifflichkeiten sei die steuerrechtliche Behandlung in die Auslegung einzubeziehen. Danach liege kein anrechenbares Einkommen vor. Zwar könne es sich um Erwerbseinkommen in Gestalt von Einkünften aus selbstständiger Arbeit handeln, da hierzu auch diejenigen aus freiberuflicher wissenschaftlicher Tätigkeit gehörten. Wissenschaftliche Stipendien seien allerdings nach § 3 Nr. 44 EStG steuerfreie Einnahmen. Nach Auffassung des Bundessozialgerichts stellten Forschungsstipendien kein Arbeits- oder Erwerbseinkommen dar. Nach den allgemeinen Gewinnermittlungsvorschriften des Einkommensteuerrechts gehöre nur der ermittelte Gewinn zu dem Einkommen aus einer selbstständigen Tätigkeit. Einnahmen aus dem Stipendium müssten den Verlusten (z.B. Aufwand für Auslandsreise, Kosten der doppelten Haushaltsführung, Arbeitsmaterialien) gegenübergestellt werden. Bei einem Forschungsstipendium sei jedoch eine Gewinnerzielungsabsicht nicht zu erkennen. Ein Einkommen aus nichtselbständiger Tätigkeit liege nicht vor, da der Kläger in keinem Arbeitsverhältnis zu dem Stipendiumsgeber gestanden habe. Auch um Erwerbsersatzeinkommen handele es sich nach § 53 Abs. 7 Satz 3 BeamtVG nicht. Der Zinsanspruch ergebe sich aus §§ 288, 291 BGB analog.

Gegen dieses Urteil wendet sich die Beklagte mit der vom Verwaltungsgericht zugelassenen Berufung, zu deren Begründung sie geltend macht: Die besondere Zielsetzung des § 53 BeamtVG sei bei der Auslegung der Begriffe Erwerbs- bzw. Erwerbsersatzeinkommen nicht berücksichtigt worden. Abzustellen sei auf den „Absicherungszweck“ von § 47 BeamtVG. Der wirtschaftlichen Absicherung bedürfe es in dem Maße nicht, in dem der entlassene Beamte Erwerbs- oder Erwerbsersatzeinkommen beziehe. Dies werde u.a. durch die nach § 107 BeamtVG erlassenen Verwaltungsvorschriften deutlich, wonach den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit alle Einnahmen zuzurechnen seien und zwar auch dann, wenn sie steuerfrei seien, so z.B. Stipendien (Nr. 53.7.1 BeamtVGVV). Es komme nicht darauf an, ob ein Stipendium dem Einkommensteuerrecht unterliege oder ob ein Arbeitsverhältnis zwischen dem Kläger und dem Stipendiumsgeber vorgelegen habe. Der Verweis auf das Urteil des Bundessozialgerichts gehe fehl, da das Urteil nur ausführe, dass „die wissenschaftliche Tätigkeit eines Stipendiaten grundsätzlich keine entlohnte abhängige Beschäftigung i.S.d. Sozialversicherungsrechts darstellt“. Um eine sozialversicherungsrechtliche Bewertung von Stipendien gehe es im BeamtVG jedoch nicht. Die Förderung des Stipendiaten solle die Kosten für den Lebensbedarf während der Forschungstätigkeit abdecken und orientiere sich mit einem monatlichen Festbetrag an den Kosten des Lebensbedarfs des Stipendiaten einschließlich einer monatlichen Pauschale für Sach- und Reisekosten und eines Familienzuschlags, abhängig vom Lebensbedarf der Ehefrau und der unterhaltsberechtigten Kinder. Mit der vorgenommenen Anrechnung habe der Dienstherr die Pflicht, den Lebensunterhalt des ausgeschiedenen Beamten zu sichern, nicht verletzt. Eine „doppelte“ Sicherung des Lebensunterhaltes solle nach dem Willen des Gesetzgebers durch § 53 Abs. 7 BeamtVG verhindert werden.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 24. August 2010 zu ändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das angefochtene Urteil und macht geltend: Der Bezug auf die Nr. 53.7.1 BeamtVGVV passe nicht. Dort gehe es nur um Stipendien, die im Rahmen eines Beschäftigungsverhältnisses gezahlt würden. Ein Stipendium werde nicht für eine bestimmte Tätigkeit erzielt, es werde auch keine Tätigkeit zu Erwerbszwecken ausgeübt. Für den Begriff des Erwerbsersatzeinkommens sei nach der bis zum Frühjahr 2009 geltenden Gesetzeslage derjenige des Sozialrechts maßgebend. Der Kläger beziffert die in Zusammenhang mit dem Stipendium getätigten Aufwendungen unter Vorlage einer Kostenaufstellung auf 9.210 Euro.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte sowie die Verwaltungsvorgänge (drei Bände Personalakten) Bezug genommen, die vorgelegen haben und deren Inhalt – soweit wesentlich – Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.

Entscheidungsgründe

Die Berufung der Beklagten ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage zu Recht stattgegeben. Die angefochtenen Bescheide sind rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Er hat einen Anspruch gegen die Beklagte auf Zahlung in Höhe von 6.154 Euro brutto zuzüglich Prozesszinsen (§ 113 Abs. 4 VwGO).

1. Der Anspruch des Klägers auf Zahlung des ungekürzten Übergangsgeldes für die Monate Juli und August 2008 in Höhe von (mindestens) noch 6.154 Euro folgt aus dem Festsetzungsbescheid der Beklagten vom 11. April 2008. Die Neufestsetzung des Übergangsgeldes unter Anrechnung des Forschungsstipendiums des Klägers für die Monate Juni bis August 2008 durch Bescheid vom 15. Juli 2008 war rechtswidrig. Das Verwaltungsgericht hat diesen Bescheid im Ergebnis zutreffend aufgehoben, so dass der Ausgangsfestsetzungsbescheid wieder auflebt und der Kläger Anspruch auf Zahlung des sich daraus ergebenden Übergangsgeldbetrages hat.

Zwar bedurfte es für die Neufestsetzung des Übergangsgeldes nicht eines Rücknahmeverfahrens nach § 48 VwVfG i.V.m. § 1 Abs. 1 BlnVwVfG. Die Festsetzung und die Zahlung von Versorgungsbezügen stehen nämlich unter dem zeitlich nicht beschränkbaren Vorbehalt, dass die Bezüge infolge späterer Anwendung der Ruhensvorschriften gekürzt und überbezahlte Bezüge zurückgefordert werden können, ohne dass der Bewilligungsbescheid zuvor nach den Grundsätzen des § 48 VwVfG ganz oder teilweise aufzuheben ist. Der Festsetzungsbescheid bedarf also dann keiner Rücknahme, wenn sich die für die Rechtslage erheblichen Tatsachen ändern und daher nachträglich Ruhens- oder Anrechnungsvorschriften anzuwenden sind (vgl. BVerwG, Urteil vom 5. Dezember 1968 - BVerwG II C 41.67 -, ZBR 1969, 243, 245; Stadler, in: GKÖD I, Stand Juni 2003, O § 53 Rn. 83). Aufgrund der (eigenständigen) Anrechnungsregelung des § 47 Abs. 5 BeamtVG gelten diese Grundsätze auch für das Übergangsgeld als Versorgungsbezug im Sinne des Gesetzes (§ 2 Abs. 1 Nr. 5 BeamtVG).

Die Beklagte hat sich zur Neuberechnung des Übergangsgeldes auf § 47 Abs. 5 BeamtVG in der maßgeblichen Fassung der Norm vom 16. März 1999 (BGBl. I S. 322, berichtigt S. 847, 2033) gestützt. Bezieht der entlassene Beamte Erwerbs- oder Erwerbsersatzeinkommen im Sinne des § 53 Abs. 7, verringert sich das Übergangsgeld nach § 47 Abs. 5 BeamtVG um den Betrag dieser Einkünfte. Der Kläger hat in den streitgegenständlichen Monaten jedoch weder Erwerbs- noch Erwerbsersatzeinkommen im Sinne dieser Vorschrift bezogen. Das ihm von der A…-Stiftung für die Monate Juni bis August 2008 gewährte F…-Forschungsstipendium (Kurzzeitstipendium) in Höhe von durchschnittlich 3.077 Euro monatlich für einen Forschungsaufenthalt im Ausland fällt nicht in den Anwendungsbereich des § 53 Abs. 7 BeamtVG.

a) Gemäß § 53 Abs. 7 Satz 1 BeamtVG in der maßgeblichen Fassung der Norm vom 10. September 2003 (BGBl. I S. 1798) sind Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit einschließlich Abfindungen, aus selbständiger Arbeit sowie aus Gewerbebetrieb und aus Land- und Forstwirtschaft Erwerbseinkommen. Während das Bundesverwaltungsgericht zunächst von einem eigenständigen beamtenversorgungsrechtlichen Einkommensbegriff ausgegangen ist (vgl. Urteil vom 19. Februar 2004 - BVerwG 2 C 20.03 -, juris Rn. 35 bis 37; ebenso noch OVG Münster, Urteil vom 4. April 2011 - 1 A 1521.09 -, juris Rn. 29; Brinktrine, in: Kugele, BeamtVG, 2011, § 53 Rn. 14), hat es jetzt entschieden, dass hinsichtlich dieser Begriffe die Bestimmungen des Einkommensteuergesetzes maßgebend sind (vgl. für die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit BVerwG, Urteil vom 26. Mai 2011 - BVerwG 2 C 8.10 -, juris Rn. 11 - 14; für die Einkünfte aus Gewerbebetrieb BVerwG, Urteil vom 25. August 2011 - BVerwG 2 C 31.10 -, juris Rn. 11). Es seien der Entstehungsgeschichte der Norm keine Anhaltspunkte dafür zu entnehmen, dass der Gesetzgeber trotz des mit dem EStG übereinstimmenden Wortlauts nicht die aus dem Einkommensteuerrecht stammenden Begriffe übernehmen, sondern einen eigenständigen versorgungsrechtlichen Begriff des Erwerbseinkommens habe einführen wollen. Dem schließt sich der Senat an.

Nichts anderes kann bei Anwendung des § 47 Abs. 5 BeamtVG gelten. Dieser verweist ohne jede Einschränkung auf die Begrifflichkeiten „im Sinne des“ § 53 Abs. 7 BeamtVG. Dass das Übergangsgeld der vorübergehenden wirtschaftlichen Absicherung eines nicht auf eigenen Antrag entlassenen Beamten dienen soll, wessen es nicht bedarf, wenn der entlassene Beamte ein Einkommen aus einem neuen Beschäftigungsverhältnis erhält (vgl. BT-Drs. 13/9527, S. 39 zu Nr. 19), führt angesichts des eindeutigen Verweises der Norm zu keiner anderen Betrachtungsweise, zumal § 53 BeamtVG zeitgleich neu gefasst wurde und die Begriffe „Erwerbs- oder Erwerbsersatzeinkommen“ in Abs. 7 erstmals definiert wurden (vgl. BT-Drs. 13/9527, S. 40 f. zu Nr. 23). Für ein hiervon abweichendes Begriffsverständnis in § 47 Abs. 5 BeamtVG ist danach nichts ersichtlich.

Nach diesen Maßstäben unterfällt das Forschungsstipendium des Klägers nicht dem Begriff des Erwerbseinkommens des § 47 Abs. 5 i.V.m. § 53 Abs. 7 Satz 1 BeamtVG. Dies gilt selbst dann, wenn hierzu sämtliche Einkünfte gezählt würden, die auf dem Einsatz von Arbeitskraft beruhen und – zumindest auch – auf den Erwerb gerichtet sind (vgl. OVG Münster, a.a.O., Rn. 31).

aa) Ist für den Begriff der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG, hier in der im Jahr 2008 geltenden Fassung vom 13. Dezember 2006 (BGBl. I S. 2878), zur Beurteilung der Einkommensanrechnung im Rahmen von § 47 Abs. 5 i.V.m. § 53 Abs. 7 Satz 1 BeamtVG maßgebend, ist das dem Kläger gewährte Stipendium nicht auf das Übergangsgeld anzurechnen. Mit § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG werden sämtliche vermögenswerte Leistungen des Arbeitgebers erfasst, die Arbeitnehmer aufgrund des Beschäftigungsverhältnisses als Gegenleistung für die geschuldete Arbeitsleistung erhalten (vgl. BVerwG, Urteil vom 26. Mai 2011, a.a.O., Rn. 11; Plog/Wiedow, BBG, Stand Juni 2011, § 53 BeamtVG Rn. 31). Die stipendienfinanzierte Forschungstätigkeit des Klägers während seines Auslandsaufenthaltes von Juni bis August 2008 ist jedoch keine nichtselbstständige Arbeit in diesem Sinn. Der Kläger war in dieser Zeit nicht abhängig beschäftigt. Er war weder gegenüber der A…-Stiftung noch dem ausländischen Forschungsinstitut gegenüber zu Arbeitsleistung verpflichtet oder auf andere Art weisungsgebunden für diese tätig. Nach den „Richtlinien und Hinweisen für F…-Forschungsstipendiaten“ der A…-Stiftung ermöglicht das Programm Nachwuchswissenschaftlern aus Deutschland Forschungsaufenthalte in aller Welt (www.h….de/pls/web/docs/F27762/flf_richtlinien.pdf). Die Forschungsstipendien sind zur Durchführung eines Forschungsprojektes eigener Wahl in Kooperation mit einem wissenschaftlichen Gastgeber bestimmt, der die erforderlichen Forschungsmöglichkeiten am Gastinstitut bereit stellt. Der Schwerpunkt des Auslandsaufenthaltes muss in der selbständigen Durchführung eines Forschungsvorhabens liegen. Die wirtschaftliche Abhängigkeit ändert nichts daran, dass durch die Annahme des Forschungsstipendiums gerade kein Beschäftigungsverhältnis entstanden ist (vgl. BAG, Urteil vom 24. Februar 1994 - 6 AZR 505/93 -, juris Rn. 25 ff.).

bb) Die stipendienfinanzierte Forschungstätigkeit des Klägers unterfällt nicht dem Begriff der Einkünfte aus selbständiger Arbeit im Sinn des § 18 EStG in der im Jahr 2008 geltenden Fassung vom 7. Dezember 2006 (BGBl. I S. 2782). Denn nach der insoweit allein in Betracht kommenden Nr. 1 des § 18 Abs. 1 EStG sind Einkünfte aus selbständiger Arbeit Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit. Hierzu gehört die selbständig ausgeübte wissenschaftliche Tätigkeit, die auch dann steuerpflichtig ist, wenn sie nur vorübergehend ausgeübt wird (§ 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2, Abs. 2 EStG). Eine wissenschaftliche Tätigkeit liegt vor, wenn grundsätzliche Fragen oder konkrete Vorgänge methodisch nach streng sachlichen Gesichtspunkten in ihren Ursachen erforscht und in einen Verständniszusammenhang gebracht werden (vgl. Wacker, in: Schmidt, EStG, 30. Auflage 2011, § 18 Rn. 62). Forschung ist die Suche nach neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen und damit ein Ausschnitt der Wissenschaft (vgl. Heinicke, in Schmidt, a.a.O., § 3 „Stipendien“, S. 114 f.). Der dreimonatige Forschungsaufenthalt des Klägers am C… in Paris diente nach diesem Maßstab zwar unstreitig wissenschaftlichen Zwecken. Dass das Forschungsvorhaben des Klägers den in den „Richtlinien und Hinweisen für F…-Forschungsstipendiaten“ beschriebenen Anforderungen an ein selbständig durchgeführtes Forschungsvorhaben Kriterien genügte, ist nicht zweifelhaft.

Eine freiberufliche Tätigkeit als Unterfall der selbständigen Tätigkeit liegt aber nur dann vor, wenn die Merkmale eines Gewerbebetriebes gegeben sind, wozu neben anderen die Teilnahme am wirtschaftlichen Verkehr und die Gewinnerzielungsabsicht gehören (vgl. Wacker, a.a.O., Rn. 5). Die Erzielung von Einkünften nach § 18 EStG setzt daher eine auf Vermögensmehrung gerichtete Tätigkeit voraus, d.h. die Tätigkeit muss auf die Erzielung positiver Gewinne gerichtet und von einer entsprechenden Absicht begleitet sein. Letzteres scheidet für die Durchführung eines Forschungsprojektes aus, welches – wie hier – unabhängig von einem Arbeit- oder Auftraggeber allein im eigenen (Forschungs)Interesse durchgeführt wird. Die Finanzierung des Lebensunterhaltes während des Forschungsvorhabens mittels eines Stipendiums ändert daran nichts. Denn der Stipendiumsnehmer ist in einem solchen Fall nicht wissenschaftlich tätig, um durch das Stipendium seinen Lebensunterhalt zu sichern und Gewinn zu erzielen. Vielmehr schafft das Stipendium erst die Grundlage dafür, sich hauptberuflich dem Forschungsvorhaben widmen zu können, ohne sich daneben den Lebensunterhalt auf andere Weise sichern zu müssen. Dem tragen die Richtlinien und Hinweise für F…-Forschungsstipendiaten Rechnung, wonach das Forschungsstipendium zur Durchführung des Forschungsprojektes verliehen wird und zur Deckung des Lebensunterhaltes dient; die Ausübung einer hauptamtlichen Tätigkeit während der Förderung ist nicht möglich (A.1). Bei Nebeneinkünften wird geprüft, ob die Nebentätigkeit den Stipendienzweck gefährdet (A.1.7). Die Ausübung einer sonstigen hauptamtlichen Tätigkeit widerspricht dem Stipendienzweck und führt zur Unterbrechung oder zum Abbruch des Stipendiums (A. 1.12).

Dass Stipendien, die zur Förderung der Forschung oder zur Förderung der wissenschaftlichen oder künstlerischen Ausbildung gewährt werden, nach § 3 Nr. 44 Satz 1 EStG unter den Voraussetzungen des Satzes 2 der Vorschrift – die hier vorliegen – steuerfrei sind, ist nach dem Vorstehenden nur folgerichtig, wenn auch nicht entscheidungserheblich.

Dass sich die Beklagte zur Begründung auf Nr. 53.7.1. BeamtVGVV in der nicht in Kraft getretenen Entwurfsfassung von 2006 (veröffentlicht in Deutsches Beamtenjahrbuch, Berlin, Ordner 2, Walhalla Fachverlag, BeamtVG B 400 VwV, S. 129) bezogen hat, wonach den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit alle aus dem Beschäftigungsverhältnis zufließenden Einnahmen zuzurechnen sind, und zwar auch dann, wenn sie steuerfrei sind (zum Beispiel Stipendien), rechtfertigt die Kürzung des Übergangsgeldes nicht. Dies folgt bereits daraus, dass es sich bei der Tätigkeit des Klägers wie dargestellt nicht um eine nichtselbständige Arbeit handelte, unabhängig davon, dass es sich lediglich um eine norminterpretierende Verwaltungsvorschrift ohne Bindung der Verwaltungsgerichte handeln könnte, wenn sie denn in Kraft getreten wäre.

Ob es sich bei dem Forschungsstipendium um Einkünfte für eine Tätigkeit handelt, die nach Art und Umfang Nebentätigkeiten im Sinn des § 42 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 BRRG (jetzt § 63 Abs. 1 Nr. 2 LBG) entsprechen, woran angesichts der damaligen Vollzeit(forschungs)tätigkeit des Klägers erhebliche Zweifel bestehen, ist unerheblich. Dementsprechend kommt es vorliegend auf den von der Beklagten angesprochenen Beschluss des OVG Magdeburg vom 14. Mai 2009 - 1 L 43.09 - (juris), der sich allein mit dem hieran anknüpfenden Anrechnungstatbestand des § 53 Abs. 7 Satz 2 BeamtVG befasst, nicht an.

b) Bei dem streitgegenständlichen Forschungsstipendium handelt es sich auch nicht um Erwerbsersatzeinkommen nach § 53 Abs. 7 Satz 3 BeamtVG a.F.. Danach sind Leistungen Erwerbsersatzeinkommen, die auf Grund oder in entsprechender Anwendung öffentlich-rechtlicher Vorschriften kurzfristig erbracht werden, um Erwerbseinkommen zu ersetzen (§ 18 a Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch). Hierunter fallen nach § 18 a Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 SGB IV das Krankengeld, das Verletztengeld, das Versorgungskrankengeld, das Mutterschaftsgeld, das Übergangsgeld, das Kurzarbeitergeld, das Arbeitslosengeld, das Insolvenzgeld, das Krankentagegeld und vergleichbare Leistungen. Das dem Kläger gewährte Stipendium stellt offensichtlich keine der explizit aufgezählten Sozialleistungen dar. Es wird auch nicht aufgrund oder in entsprechender Anwendung öffentlich-rechtlicher Vorschriften erbracht.…

2. Rechtsgrundlage des Zinsanspruches ist § 291 Satz 1 BGB analog. In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist geklärt, dass die Regelung über Prozesszinsen des § 291 Satz 1 BGB im öffentlichen Recht analog Anwendung findet, wenn der Gesetzgeber für den Zinsanspruch bei Geldforderungen im einschlägigen Fachgesetz – wie hier – keine gegenteilige Regelung getroffen hat (vgl. BVerwG, Urteil vom 28. Juni 1995 - BVerwG 11 C 22.94 -, juris Rn. 9 m.w.N.). Die Höhe der Prozesszinsen von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ergibt sich aus § 291 Satz 2 i.V.m. § 288 Abs. 1 Satz 2 BGB.

3. Die auf der Neufestsetzung des Übergangsgeldes wegen der Anrechnung des Forschungsstipendiums beruhende Rückforderung des (vermeintlichen) Überzahlungsbetrages durch die Bescheide vom 15. Juli und 6. August 2008 ist danach ebenfalls rechtswidrig.

4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 VwGO in Verbindung mit § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.

5. Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der in § 132 Abs. 2 VwGO, § 127 BRRG genannten Gründe vorliegt, insbesondere keine grundsätzliche Bedeutung gegeben ist. Es handelt sich um eine Einzelfallentscheidung, die auf der Anwendung der maßgeblichen Vorschriften und der hierzu ergangenen höchstrichterlichen Rechtsprechung beruht.